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186S. Mittwoch, den 1. Deeember MM Ur Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes und -es Ata-trathe» zu Kifchofswer-a. DiHe Aeitschrrft erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 12'l,. Nat. Inserate werden bis Dienstags und Freitags früh tS Uhr angenommen. * Nun-sch au. Ist das sächsische Cultusministerium wirklich so schwarz, als man es fast allgemein hält? Oder ist diese Meinung übertrieben? Die Antwort ist einigermaßen schwer. Thatsache ist, daß die Geist lichkeit zum größten Theile der orthodoxen Richtung angehört und daß diese nicht gerade von oben gemiß- billigt wird, lehrt z. B. der Fall in Riesa. Aderer- seits aber entsprechen die Thaten des Culusministers v. Falkenstein durchaus nicht dem schlimmen Rufe, in welchem er steht. Seiner Fürsorge ist es nament lich zu danken, daß unsere Leipziger Universität, wie allgemein bei der Berathung in der Kammer an erkannt wurde, sich des blühendsten Zustandes erfreut und wenn auch in den Seminarien, wie allerdings ebenfalls in der Kammer behauptet wurde, die streng gläubige Richtung bis vor Kurzem mit Vorliebe ge pflegt wurde, so hat doch derselbe Minister zwei Ge setze jetzt dem Landtage vorgelegt, die Zeugniß ab legen, daß er mit der Zeit vorwärts geht und ein Gegner der kirchlichen, finstern Reaction ist. Sein neues Volksschul-Gcsetz erweitert die Gegenstände, die an den Volksschulen gelehrt werden, es ermöglicht eine größere Bildung, es hebt den Lehrersta'nd, indem es den Lehrer zum stimmfähigen Mitglieds des Schulvorstandes macht, es nimmt ihm das Gesetz von 1851, welches wie eine Zuchtruthe über ihm hing, hinweg, und es stellt den Lehrer pecuniär besser. Was will man mehr? Ein weiteres Gesetz des Cultusministers führt die Civil-Ehe facultativ ein, hebt das Verbot von Ehen zwischen Christen und Nichtchristen auf, schafft Anerkennung für solche Personen, welche keiner staatlich anerkannten Religions gesellschaft angehören, führt für deren Geburts- und Sterbefälle bei den bürgerlichen Gerichten Register ein und gestattet den Austritt aus einer Confession, cchne den Betreffenden zu nöthigen, einer anderen Confession beizutreten. Alles das sind Forderungen des Liberalismus, die uns nahelegen, wenigstens über die im Cultusministerium vertretene Richtüng (von der der Herren Geistlichen wollen wir hier nicht sprechen) nicht das landläufige Urtbeil zu stillen, daß Lieruadjwaniigster Jahrgang. es der kirchlichen Reaction huldige. — Die zweite Kammer bewilligte denn auch das Budget dieses Ministeriums ohne jeden Abstrich; ferner genehmigte sie die Umwandlung von 6 Millionen 4procentiger Staatspapiere in 5procentige, um die im Bau be griffenen Eisenbahnen kräftig fortführen zu können. Eine Menge Anträge, wie Umwandlung der gesumm ten sächsischen Staatsschuld in eine Rentenschuld, oder gar in Prämien-Anleihen, oder auch in Ausgabe 4Hprocentiger Papiere wurden dem Finanzminister zur Erwägung anheimgegeben. Man wollte jetzt zu nächst das Eisenbahnbedürfniß decken und da ein fortgesetzter Verkauf der 4-Procenter, deren Cours noch mehr drückt und früheren Staarsgläubigeru, Mündeln und Stiftungen die schwersten Verluste zu fügt, so scheint auch uns die ergriffene Maßregel unter allen Uebeln das Geringste. Im Uebrigen erkannte man von allen Seiten die Vorzüglichkeit der sächsischen Finanzverwaltung und die Festigkeit des Staats-Crcdits an. Denn nur durch die Ueber- schwemmung des Geldmarktes mit unzählbaren aus ländischen Anleihen, nicht durch eigene von Sachsen selbst veranlaßte Umstände hat sich der Cours unserer Staatspapiere so herunterdrücken lassen müssen. Wenn wir noch mit einem Worte auf den May'schen Ab rüstungs-Antrag zurückkommen, so ist es, um der Selbstüberhebung des Abgeordneten Israel entgegeu- zutreten; es gehört ein starkes Stück Einbildung dazu, von sich selbst mit seines Namens Unterschrift zu sagen: „vr Pfeifer, Hausse und ich sind die einzigen Lausitzer Abgeordneten, welche eine wahrhaft deutsche Gesinnung bethäligcn." Diese nationalliberale Ketzer richterei überschreitet denn doch die Grenze des Er laubten unv ein so unerfahrener Abgeordneter, wie Israel, sollte zunächst etwas Bescheidenheit lernen. Gehörig abgestrasl ist er in der Kammer schon werden; helfen wird's freilich bei seinem national-liberalen Fanatismus wenig. Vom Nil-Strom schiffen jetzt die hohen Herr schaften von der Eröffnung des Suez-Canals wieher heim nach ihren Ländern. Allerdings ist der Caual nunmehr der Schifffahrt übergeben, allein.es ist offenes Geheimniß, daß noch diele Millionen dazu verwendet werden »süssen, um denCanol zu jvWichen