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sächsische Sonnabend, de» 21. März, slavischen Nationalitäten zu hören, so mußte erst die Zeit lehren, ob man sich in diesem Glauben täuschte oder nicht. Der Ausgleich mit Ungarn bildete also die größte Sorge des Grafen Beust. Er mußte, um es zu frieden zu stellen , ihm den Löwenantheil an Zuge ständnissen bewilligen, während sich das deutsch- slavische, westliche Reich mit mehr theoretischem als practisch gehandhabtem Liberalismus vorläufig be gnügte. So fand der Staat wieder Ruhe, eine gewisse Zufriedenheit, welche Hoffnungen für seine Zukunft entstehen ließ. Aber über diese erste Einrichtung des aus den Fugen gegangenen Ganzen hinaus blieb die Sorge der Fortbildung und Fortentwickelung. Das gekräf tigte, fast wieder selbstständig gemachte Königreich Ungar» neigte sich naturgemäß dem ausschließlichen Machtgelüste hin ; es möchte am liebsten fast nichts Oesterreichisches mehr an sich haben, sondern trachtet, ganz ungarisch zu sein. Die Schwebepolitik zwischen Ungarisch und Deutsch behagt ihm nicht. In Wien- sträubt man sich natürlich, den Ungarn so unbedingt sich hinzugeben, daß man alle übrigen Kronländer nur wie auswärtigen Besitz betrachten soll. Man möchte- Oesterreich, wenn auch in zwei Hälften, doch immer noch als einen einheitlichen Staat angesehen wissen. Die Partei des alten Deal, welche damals die große Mehrheit im ungarischen Landtage bildete^ war dieser Idee vollauf zugeneigt; ebenso Andrassy, der jetzige ReichScanzler, welcher vor zwei Jahren die Erbschaft die Grafen Beust antrat. Wie dis Deakisten die eigentlichen FriedenSbedingungen an die Wiener Hofburg stellten, waren sie auch gewillt, dieselben einzuhalten und dem Compromiß unga rischer und allgemein österreichischer Interessen Rechnung zu tragen. Während diese Partei früher unbedingt herrschte und aus ihrer Mitte die Minister für Ungarn lieferte, wiesen bereits die Wahlen irn Jahre 1869 ein Niedergehen derselben auf. Ihre bisherige Ueberlegenheit ward vernichtet und die Dauer ihrer Herrschaft in Frage gestellt. Sie hat sich seit jener Zeit nicht nur nicht erholt, sondern der ZersetzungSproceß ist weiter gegangen, so daß sie heute kaum noch der Schatten ihrer früheren Größe und Bedeutung ist. Dafür wuchs die Linke mit ihren nationalen Forderungen zu einer dem Ausgleich gefahrdrohenden Macht heran. Trägt man sich doch schon mit dem Gedanken, Colomav Tisza, den eifrigsten Bekämpf« für Bifchofswer-a, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt dev Königlichen Verichtsamtes «vd des Stadtrathe» zu Kifchsfstberda. Dies» Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mai, Mittwoch« und Sonnabend«, und kästet einschließlich der Sona» «dend« erscheinende» „belletristische» Beilage" vierteljährlich IS Rgi. Inserate «erden bi« Dien«tag« und Freitag« früh 0 Uhr angenommen und kostet die gespaltene Sorpuszeile «der deren Raum 1 Rgr. 11874. Abonnements - Einladung. Geneigte Bestellungen auf den „Sächsischen Erzähler" für das H. Quartal 1874 werden in der Expedition dieses Blattes, sowie von allen Postanstalten und unseren Zeitungsboten ange nommen. Die Erpkditioll der „Sächsischen Erzähler»". Die Krisis in Ungarn. Um die politischen Wetterwolken, welche gegen wärtig von Ungarn aus am Horizonte des öster reichischen Kaiscrstaates Heraufziehen, richtig beurtheilen zu können, ist es uölhig, einen kurzen Rückblick auf die jüngste Vergangenheit dieses dualistischen StaalS- gebildeS zu werfen. Ohne Zweifel hat der ehemalige ReichScanzler Graf Beust in dem größeren Wirkungs kreise, der ihm nach dem Königsgrätzer Fiasco des KaiserstaateS 1866 eröffnet wurde, sich als ein Mann von staatsmännischen Eigenschaften bewährt, indem <r die inneren politischen Verhältnisse Oesterreichs so gut und friedlich ordnete, als es nur nachher allge meinen Zerfahrenheit derselben möglich war. Ohne -den Ausgleich mit Ungarn konnte Oesterreich zu keiner Ermannung gelangen. Nachdem dem Kaiser staate die deutsche Basis förmlich weggezogen war, mußte Ungarn, als das kräftigste politische Volk, bie neue Grundlage werden, von der aus man weiter bauen konnte. In einem fünfzehnjährigen Kampfe, <in einem fortwährenden Würgen, Ringen und Drücken hatte die Wiener Hofburg erkennen gelernt, daß es den magyarischen Sinn und SelbftstänvigkcitSgedauken nicht zu brechen vermöge. Geschlagen, besiegt, ver einsamt, auS Deutschland gewiesen — waS bot sich ihm in seinem Völkergemisch Anderes, als Ungarn i» seiner nationalen Geschlossenheit, wollte «S den verlornen Schwerpunkt wieder gewinnen! Oesterreich als ein wesentlich deutscher Staat, auf deutscher Grundlage, wie seither, hätte der natur- gemäßen Fühlung und des Zusammenhanges mit Deutschland bedurft, um gegenüber seiner nationalen Zerrissenheit kraftvoll zu sein. Da die« seil 1866 unmöglich war, so dlieb nur Ungarn al» Kronland übrig, und in Wirklichkeit mußten alle anderen Länder des KaiserstaateS zu Zugehörigkeiten dieses König reich- Ungarn werden. Glaubte man sich dann stark LMM um nicht allzuviel auf die Forderungen der MhpvaaKgßrr 3-hrga»«.