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204 vielmehr mit unverkennbarer Entschiedenheit gegen die bechey Hpuptgruppen der reich-feindlichen Oppo sition: gegen Äe sogenannte staatsrechtlich«, welche gegen die Verfassung Sturm laust, und gegen die klerikale, welche sich in diesen Tagen vermaß, den freiheitlichen Reformen mit offener Auflehnung zu drohen. Mit einem Schlage haben sich dem in letzter Zeit heftig angefeindeten Ministerium die Sympathien aller Verfassungstreuen wieder zugewandt ; die alten Kämpen schäareo sich auf'S Heue um dasselbe und zwar zahlreich genug, um auf der rin- geschlagenen Bahn trotz Römlinge und Ausgleicher unentzweit vorwärts zu schreiten. In Ungarn sieht es weniger hoffnungsreich auö. Trotz der Anwesenheit Franz Joseph'S in Pest ist die Ministerkrisis noch nicht beendet. Ob der Besuch des Kaisers bei dem greisen Deak in der schwierigen Situation irgend eine erfolgreiche Äenderung herbeiführen wird, wer vermöchte dies auch nur vermuthungSweise auszusprechen? Infolge der vollständigen Zersetzung der ehemals das Unter haus beherrschenden Deak-Partei giebt eS eben keine Majorität mehr, deren das Ministerium allezeit sicher wäre. Aus derselben Ursache leiten sich auch die Schwierigkeiten her, ein parlamentarisch sicher gestelltes neues Cabinit zu bilden, Man denkt ja bereits an die Bildung eines sogenannten CoalitionS- Ministeriums mit Coloman Thisza! Allein das Bünd- niß der Regierung mit diesem Manne, der den AuS- gleichsmodus von 1867 so bitter bekämpft, kann unmöglich von langer Dauer sein. Nachdem die italienische Deputirtenkammer sich in der bekannten Papiergeldfrage schlüssig ge macht, tritt der Kriegeminister mit seinen Forderungen vor das Haus. Wie schon im vorigen Jahre das Parlament die Forderungen des Kriegsministers zu gering fand und ihm eine größere Summe auf drängen wollte, so ist die Budgetcommission auch diesmal nicht zufrieden, daß der Minister zur Lande»- vertheidigung nur 79,700,000 Frcs. fordert, welche Summe auf die Budgets von 1874 bis 1882 ver- theilt werden soll. Sie will der Regierung außer jener Summe noch 88,500,000 FrcS. bewilligt wissen. Wie deutlich aus der Generaldebatte hervorleuchtete, richtet sich das Mißtrauen der Italiener haupt sächlich gegen Frankreich. Die Befestigung der nach diesem Lande führenden Alpenpässe wurde für eine Sache äußerster Nothwendigkeit erklärt. Trotzdem acceptirte schließlich das Parlament nur die Regie rungsvorlage. In Frankreich ging eS vorige Woche ziemlich still her. Die endlosen Steuerdebatten der Versailler Rational-Versammlung verlieren allmälig jedes In teresse. Allein trotz dieser Stille ist die Lage des Ministeriums Broglie durchaus nicht gesicherter, als zuvor. ES bereiten sich, namentlich seitens der Coterie Roucher's, ernsthafte Attaquen gegen das Cabinet vor. Man spricht davon, daß unwittel bar nach Erledidung der Geldangelegenheiten, die zwischen der Ex-Kaiserin und dem französischen FiScuS schweben, der ehemalige sogenannte Vice-Kaiser Rouher seinen Angriff auf das Cabinet eröffnen werde. In England schweigt die Politik über den Doppeljubel infolge veS beendigten Aschanti-Kriege» und de« feierlichen Einzuge» de« Herzogs von Edin- bürg mit seiner Gattin in die Hauptstadt de« Landes. — Die Holländer dürfen sich solchem freudigen Gefühl noch nicht hingeben, denn der Krieg auf Sumatra ist mit der Einnahme des Cratons noch keineswegs beendet. Die Atchinesen sind vielmehr entschlossen, den Kampf im Innern fortzusetzen. Zur Feier des Geburtstages de» Kaiser» (dem 22. März) werten außer deyi Großherzog vom Baven und dessen Gemahlin, welche letztere schon am Sonntag in Berlin eintrifft, der Großherzog, von Mecklenburg mit seiner Familie, der Groß herzog von Weimar, der Herzog von Anhalt und der Fürst von Waldeck, sämmtlich mit Familie, am Berliner Hofe erwartet. Ueber das Befinden des ReichScanzler» verlautet Folgende«: Fürst Bismark leidet an einer Neuralgie des rechten Schcnkelnerven und befindet sich auf dem Wege der Besserung. Der Reichstag hat in seiner am 16. März ab gehaltenen Sitzung in definitiver Schlußabstimmung das Jmpfgesetz und die Strandungsordnung ange nommen, ebenso in dritter Lesung das Gesetz über die Einschränkung der Gerichtsbarkeit der Consüln de» deutschen Reiches in Egypten. Sodann wurde die zweite Lesung des PreßgesetzeS begonnen. Der Reichstags-Abgeordnete vr. Räß ist erkrankt und wird auf ärztlichen Rath demnächst vorläufig nach dem Elsaß zurückkehre». Nach einem in London am 14. März einge gangenen Telegramm aus Capr-Coast-Castle vom, 22. v. M. waren fast alle Truppen des englischen Expeditionscorps bereit» nach England cingeschifft.. General Wolseley sollte sich am 7. d. M. an Bord begeben, um die Rückfahrt anzutreten.- Er erwartete das Eintreffen des neuen Gouverneurs Berceley. Die Truppen hatten auf dem Rückmarsch von Kumässie mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, welche ihnen die infolge der starken Regengüsse sehr «»geschwollenen Flüsse bereiteten. Bayonne, 15. März. Marschall Serrano hat dem Vernehmen nach jetzt 34,000 Mann und 90 Geschütze zu seiner Verfügung, die Streitkräfte, der Carlistrn bei Bilbao sollen 35,000 Mann be tragen, die Stärke ihrer Artillerie ist nicht bekannt. General Loma hat ein Corps von etwa 8000 Mann bei Miranda concentrirt und steht, wie e« heißt,, im Begriff, von der Rückseite aus einen Angriff/ auf die Carlistcn auszuführen. Paris, 16. März. Bon der spanischen Grenze wird der „Agence HavaS" gemeldet, daß der General Nouvila« und seine ganze Truppenabtheilung aus dem Marsche nach Olot von dem Carlistenanführer SaballS überfallen wordert und von ihm gefangen genommen sind. - London, 1b. März. Die zur Untersuchung der Guanolager im Süden von Jquique niederge setzte Commission hat ihren Bericht erstattet. Nach derselben beträgt der Bestand de- Guanölaaer» über 10 Millionen Tonnen von der besten Qualität. Lissabon, 15. März. Nach hier einaegangenen Nachrichten aus Rio de Janeiro vom W, y. Äk ist der Bischof von Pernambuko wegen Üngehor-