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1874. Sonnabend, den 7. Marz. 19. Wahrscheinlich eingeschüchtert durch die Versiche rung officiöser Blätter, baß die Civilehe am Vel ber Negierung scheitern werre, wenn man dem Pfarrer nicht die Führung der Civilstanrsregister überweise, ließ sich das preußi'cke Abgeordnetenhaus die selt same Combination gefallen, um unmittelbar nachher durch das Votum de« Herrenhauses belehrt zu werken, daß die Regierung auch nachzugeben versteht, sofern sie nur auf energischen Widerstand stößt. Genug, Dank dem preußischen Herrenhaus« wird die Civilehe unverfälscht in Preußen eing-führt und es bleibt nur noch der Wunsch übrig, daß die« auch in den Bor Allem würde die« in Gaiern und zwar recht« des Rheins nothwendig sein, wo das tzherecht noch ganz und gar iu den Banden der Kirche liegt, dergestalt, raß zwar für christliche Dissidenten die Noch - Civilehe besteht, die Verheirathung zwischen Protestanten und Katholiken aber äußerst erschwert und die zwischen Chr.sten und Juden geradezu uo- möglich ist, wenn nicht, wie e« dieser Tage in München geschah, beide The,le bis nach vollzogener Trauung^ au« ihren respecciven ReltgionSgenossenschasten au«- scheiden. Solche Zustände sind ebenfalls unhaltbar. Die bairische Regierung wird aber das preußische Beispiel noch in ter gegenwärtigen Legislaturperiode befolgen müssen, falls sie der Reichstag dessen nicht überhebt, weil sie in der folgenden einer ultramon tanen Kammerutehrheil sich gegenüber befinden könnte, welche derartige Reformen sicherlich vereiteln würde. In den übrigen deutschen Staaten würde die Sache, selbst wenn das praktische Bedürfniß nicht so dringend als in Preußen und Baiern wäre, ernsten Schwierigkeiten richt begegnen. Im Reichs tage bereitet man gegenwärtig einen Antrag vor, die Civilehe auf ganz Deutschland auszudehnen. E» ist nur dabei nicht recht klar, auf welchen Para graphen der Reichsverfafsung die Antragsteller eine Berechtigung des Reiche« zu derartiger Intervention stützen wollen,uud wir glauben daher auch nicht au einen Erfolg des Antrag«. Aber selbst ohne dieses Intervention halten wir die Ausdehnung der Livil- rhe auf ganz Deutschland lediglich nur für eine Frage der Zeit, der sich auch unser engere« Battt- Die Ausdehnung der Civilehe auf ganz Deutschland. Die obligatorische Civilehe hat in Deutschland «ne ganz merkwürdige, noch nicht abgeschlossene Ge schichte. Diejenigen Staaten, welche diese Institution al» eia Erbkheil der französischen Revolution mit übernehmen mußten, thaten Vie« nicht gern. Aber die Civilehe ist an sich so vernünftig und zweckmäßig, daß sie da, wo sie einmal eingeführt war, nicht mehr beseitigt werten konnte. Schon bei früherer Gele genheit haben wir darauf verwiesen, daß jene Zeit ja hinter uns liegt, in welcher die Kirche nicht vlo« anderen deutschen Staaten geschehen möge, für das himmliche Glück der Gläubigen, sondern auch schon für das irdische Dasein derselben sorgen wollte. Daher griff auch in den Ländern, wo die Ehe ihres kirchlichen Charakter» entkleidet und als ein rein bürgerlicher Act aufgefaßt wurde, sehr bald die Ueberzeugung Platz, an der neuen Einrichtung mit aller Beharrlichkeit festhalten zu müssen. Die Civilehe blieb namentlich in den rheinischen Gebieten Preußens, BaiernS und Hessen« in Kraft. Im Grunde genomuien weiß Niemand, warum eigentlich in Berlin, München und Darmstadt eine so ent schiedene Abneigung bestand, diese zweckmäßige Ein richtung auf da« ganze Land auszudebncn, zumal bei derselben alle die großen U-belsiände Wegfällen, di« mit der Privileg»«» Eheschließung verknüpft sind. Wie oft hat die Kirche nickt Ehen gebrand- markt, oder geradezu verhindert! Wenn ein Geist licher in seinem Gewissen sich verpflichtet fühlte, traute er einfach nicht. Die Civilehe schließt alle diese und andere Unzuträglichkeiten aus und wenn sie trotzdem in Preußen und anderen Ländern schwer Eingang fand, so lag dir« einfach im Belieben der Regenten, die von der kirchlichen Trauung Gott weiß welche« Heil für den Staat erwarteten. Erst al« die Rebellion der katholischen Hierarchie seit der Verkündigung de« Dogma'« von der päpstlichen Un fehlbarkeit auch auf dem Gebiete de« Ehrwesens völlig unerträgliche Zustände schuf und gar kein anderer Ausweg mehr offen stand, entschloß man sich in Berlin zur Einführung der obligatorischen Etvll- ehe, behielt sich aber die Beibehaltung der geistlichen „ „ . , Etandesbuchführung vor, wa« ungefähr se klingt, land Sachsen nickt wird emzieheo köuum. wie die Republik mit dem Großherzog, oder die - Preßfreiheit mit Eeusur. Mmmmdzwaachst« Jahrgang d«r sächsische Wr;äßser, Wochenblatt > - ' für .. Bischofswerda, Stolpen und Umgegende Amtsblatt des Königlichen Verichtsamteo und -es Stadtrathes zu Aischokswerda. Stete Arttschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, und kostet «inschlkestlich »er G»»ch abend« erscheinenden „belletristischen Beilage« vierteljLbrlich IS Na». Inserate werden bi« Vienrrag« und Freitag früh 0 Utzr angenommen «ad kostet die gespaltene tkoqm«!«»* «der deren Nau« t Ngr.