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4t fächftschr MejSDe« Wochenblatt , für Bischofswerda, Stolpe» und Umgegi nd. Amtsblatt de» Königlichen Gerichtsamte» »nd des Atadtrathe» zn Kischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» und Sonnabends, «nd testet einschließlich der Sonn» «den»« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich IS Rge. Inserate werden bi« Dienttag« and Kreit»«« früh v Uhr angenommen «nd kostet di« gespaltene SorpuHeile oder deren Raum 1 Rgr. > j Sonnabend, de» SL. Februar» 1874. Aus dem Reichstage. Das neue Militärgesetz . ries vorigen Montag im Reichstage nur eine verhältnißmäßig kurze Debatte hervor, die nicht einmal die Stellung sämmtlicher Parteien zur Vorlage erkennen ließ, denn die Clerikalen schwiegen gänzlich. Es wäre sicherlich falsch, dieses Schweigen für bloßen Zufall zu be trachten. Schon vor der ersten Lesung versicherten öfficiöse Stimmen aus Berlin, gerade das Militär gesetz könne möglicherweise den Boden zu einer Versöhnung der Regierung mit ver Centrumspartei bilden ; denn wenn die Liberalen dem Entwürfe zu viel Schwierigkeiten machten, werde die Reichsregierung über ihre Köpfe hinweg den Clerikalen die Hand zur Versöhnung bieten. Als wir diese Auseinandersetzungen eines Ber liner officiösen Correspondenten zuerst in der „Bresl. Ztg " zu Gesicht bekamen, hielten wir sie einfach für einen Drücker, um die Liberalen zu größerer Nach giebigkeit zu veranlassen. Das Schweigen der Clerikalen aber bei der Generaldiscussion des Reichs- milirärgesetzes läßt doch wohl vermuthen, daß ein solcher Versöhnungsplan überhaupt existirt. Die sonst so redelustigen Herren Wiudhorst, Mallinckrodt u. s. w binden sich vorläufig nach keiner Seite hin, um freie Hand für alle Fälle zu behalten. Die reichsfreundlichen Parteien werden diese Gefahr hoffentlich nicht unterschätzen. Ueber die Verhandlung selbst geben wir folgenden kurzen Abriß. Der Sprecher der Fortschrittspartei, Abg. Richter, erklärte: lieber noch 10 Jahr ein Pauschquantum, als zwei Jahre einen eiserne« Präsenzstand, wie ihn tz 1 des Gesetzes fordert. 8 1 lautet: „Die Friedenspräsenzstärke des Heeres an Unteroffizieren und Mannschaften beträgt bis zum Erlaß einer anderweitigen gesetz lichen Bestimmung 401,659 Mann." Bei solchen Fragen sind auch die wirthschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Einnahmen de jungen deutschen Reiches find durchaus noch nicht so sicher consolidirt, der gewerbliche Aufschwung hat einen argen Rückschlag erlitten; und da will sich nun die Militärverwaltung eine Position wie auf einer Cita- delle durch diese eiserne Präsenz schaffen, wo sie mit Ruhe auf alles Getriebe unter sich herabsehen kann. Die Fortschrittspartei ist stet» bereit, für die Siche rung unserer Heereskraft Alle« zu bewilligen , aber jigsta Jahrgang. auf ß 1 können wir nicht eingchen. Zeigen Sie mir doch eine parlamentarische Versammlung, ein Land in Europa, der man eine solche eiserne Friedens präsenzstärke zugemuthet hätte. Im Budget wird sie alljährlich festgestellt, und das ist das Richtige, selbst die alljährliche Recrutirung wird dadurch normirt. Die Wehrkraft des deutschen Volkes hängt nicht allein von der Größe und Zahl seiner Friedens präsenz ab, sondern noch von ganz anderen Factorea. Abg. Graf Moltke: Der 8 1 ist allerdings der Kern der Sache ; die großen Lasten, die Deutsche land tragen muß, finden darin eine feste Fixirung. Das deutsche Reich muß fest und gerüstet dastehen; es wehrlos machen, wäre ein Verbrechen. Was wir im Kriege gewonnen, wollen und werden wir auch schützen. Wir haben seit unseren glücklichen Kriegen an Achtung viel, an Liebe wenig gewonnen. (Sehr wahr!) Frankreich ist genöthigt gewesen, seine Or ganisation gänzlich zu ändern, im Kriege hatten wir seine Armee gefangen genommen und haben sie nachher wieder unbeschädigt herausgegeben. Was zu uns von Frankreich herüberschallt, ist ein wüstes Geschrei nach Revanche. Wir fühlen uns sicher demselbeu. gegenüber mit unfern bestehenden Einrichtungen, doch- weder die Dienstzeit noch die Präsenzstärke darf herabgesetzt werden. Wir haben im französischen Kriege gesehen, wie das Elan, dir Masse, der Patriotismus aufgeboten wurde, nachdem die Heere vernichtet waren; es schwebt noch ein gewisser Nhmbus um solche Erhebungen, allein ein Franzose selbst hat darüber seine Beobachtungen ausgesprochen, daß keine zusammengebrachte Massen noch so tapferer, noch so patriotischer Männer einer geschulten Armee gewachsen sind. Hinsichtlich der FriedtnSpräsenz nun meint man, es werde durch eine Fixirung derselben das unbestreitbare Steuerbewilligungsrecht des Par laments geschädigt, aber es ist nicht nöthig, daß eine gewisse feste Organisation da ist. Gerüstet müssen wir sein, um unsere Größe zu wahren. Wir sind jedoch eine friedliebende Nation, und ich wüßte wirklich nicht, was wir mit einem eroberten Stück von Rußland oder Frankreich anfangen sollten; aber unsere errungene Stellung in Europa werden und wollen wir bewahren. (Lebhaftes Bravo von allen Seiten). Nachdem noch Graf Bethush-Huc für, Abg. Hasenclever gegen den Entwurf gesprochen und vr. Lasker die Verweisung desselben an eine Commission