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fük . . Bifchofswer-a, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt de» Königlichen Gerichtsamres und des ^kadtrnthe» zu Difchosswerda. erscheint wöchentlich zwei M-l, Mittwoch« und Sonnabends, und k.»it einschließlich der Von», -oben«« erscheinenden ,/belletristischen Beilage" vierteljährlich IL Ra>. Inserate werden bi« vienöragt und Freitag« früh v Uhr angenommen und kostet die gespaltene Sorpuizelle oder deren Raum 1 Rgr. 7. ! Sonnabend, den 24. Januar ! 1874» Die Schweiz. Es ist wohl sehr natürlich, daß wir einem Staate erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden, der augenblicklich Mitkämpfer im Streite gegen Rom ist. Zwei be deutende Aufgaben, den Kirchenstreit und die Revision der Bundesverfassung, nahm die Schweiz aus dem alten in da» neue Jahr herüber. Die Energie, mit welcher die Bundesregierung, sowie die betroffenen Cantonsregierungcn gegen die Uebcrgriffe Roms von vornherein aufgetreten find, hat bereits Früchte ge tragen, um welche wir das kleine Alpenland beneiden könnten. Wenn die römische Curie zuerst an der Schweiz versuchen wollte, was der moderne Staat sich bieten lasse, so sieht sie diesen Versuch vollkommen ge scheitert. Dem Bischof Lachat, sowie dem Pfarrer Mermillod ist der Stuhl vor die Thür gesetzt und der päpstliche Nuntius Agnozzi wurde auf die eleganteste Weise zum Lande hinauscomplimentirt, indem die BundeSbehörde ganz einfach bei ihm an fragen ließ, wann er seine Reise nach Rom anzu treten gedenke. Der Nuntius verstand den Wink und empfahl sich. Einzelne Cantone haben die gesetzliche Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche resolut in die Hand genommen und mit rebellischen Pfarrern kein Federlesen gemacht. Ganz im Stillen organisirten sich dabei auf allen Haupt punkten der Schweiz altkatholische Gemeinden. Wenn auch die Wogen des kirchlichen Kampfes namentlich im Berner Jura noch hoch gehen, so strengen die dortigen liberalen Katholiken all' ihre Kräfte an, um das Feld zu behaupten. Die Abstimmung über das neue Kirchengesrtz, welche vorigen Sonntag erfolgte, ist eine Lebensfrage für sie. In richtiger Würdigung dieses Umstandes erließen sie einen Aufruf an die Liberalen im alten Cantontheil, worin es heißt: „Das neue Kirchengesetz ist die nothwendige Ergän zung alle« Dessen, wa« seit einem Jahre gegen di aufrührerische Geistlichkeit im Jura zum Schutze der Bürger gethan worden ist. Wird aber der durch die bisherigen Verordnungen der administrativen Be hörde geschaffene neue Zustand nicht für die Zukunft gesichert, so fällt Alle« zusammen wir ein Gebäude, das keine genügende Stützen Hat. Von diesem Grund- satze ausgehend, betrachten wir da» Kirchengesetz al» eine polltische Rothwendigkeit und nehmen daffelbe Remmstdzwaa zigster Jahrgang. unbedingt an. Wir allein sind aber zu schwach. Der Papst verdammt das neue Kirchengesetz; wer für daffelbe stimmt, wird verflucht; die Bevölkerung wird förmlich terrorisirt und ein solcher Druck aus geübt, daß das Gesetz im katholischen Jura ver worfen werden dürfte. Helft Brüder im allen CantonStheile! Von Euch hängt es abl Zü Hause bleiben hieße diesmal das Vaterland verrakhen! Stimmt herzhaft Ja! Es muß sein! Wenn' der Telegraph uns dann die Kunde bringt, da« Gesetz sei angenommen, dann werden wir Mit aller Wärme unsere Herzens Euch zurufen: Wir danken Euch, werthe Mitbürger, Ihr habt uns und das Vater land gerettet." Das Resultat der Abstimmung über das neue Kirchengesrtz liegt nun zwar in seiner Gesammiheit noch nicht vor, wenigstens uns nicht in dem Augen blicke, wo wir diese Zeilen schreiben; allein wie auch der Ausfall sein möge, so viel steht fest, daß schon die Bildung altkatholischer Gemeinden dem Papste schwet auf's Herz gefallen ist. Denn da« schweizerische Volk, welches er hinter sich zu haben glaubte, ließ dies und viele andere Dinge, die dem Vatikan ein Gräuel sind, mit größter Gemüthsruhe geschehen. Selbst die ultramontane, Regierung von Luzern schrieb dem Erzbischof Lachat einen Denkzettel, den dieser würdige Mann schwerlich hinter denSpicgel gesteckt hat. Darum genießt die Schweiz jetzt verhältnißmäßig mehr Ruhc vor den Schwarzen, wie Deutschland. Rom steckt,ein Loch zurück. Die Bischöfe von St. Gallen, Chur, Freiburg und Sitten machen sich so klein als mög lich. Dem Abschnitt der VcrfassungSrevision, der die kirchlichen Verhältnisse regeln soll, wird der frühere Widerstand nicht mehr begegnen, zumal die Ver handlungen der eidgenössischen Räthc über die Re vision schon jetzt zu Resultaten gediehen ist, angesichts deren die Allianz zwischen den Ultramontanett und den radikalen Föderalisten sich aufgelöst hat. Gerade diese Allianz brachte da» erste Revisionswerk zum Fall. Dieses neue Werk - die zweite große Aufgabe der Schweiz — wird ei» Compromiß zwischen Li beralen und Föderalisten sein, welches dir RechtS- einheit, Vie militärische Einheit und wahrscheinlich auch den Uebergang der Oberleitung de» Schulwesen» auf den Bund zwar der Zukunft vorbehält, t« Uebxigen aber wesentliche Fortschritte begründ^, namentlich die Bunde-gewalt der Kirch« gqunübtzc