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egt 11874. Mittwoch, den 14. Januar Politische Weltschau. Eine ziemlich aufgeregte Woche liegt hinter uns. Nicht nur in andern Ländern, auch in unserm deutschen Baterlande erwartete man die Dinge, die da kommen würden, mit Ungeduld. Die Wahlen zum Reichstage sind vorüber, allein der Ausfall derselben läßt sich zur Stunde nicht im ganzen und muß vorerst abgewartet werdend vollen Umsange übersehen. Doch so viel steht heute schon fest, daß die Reichsfeinde — Ultramontane und Socialisten — kein bedenkliches Schwergewicht in die parlamentarische Waagschale werfen werden. Die überwiegen« Mehrzahl der neuen Reichstags« abgeordneten gehört den liberalen, reichsfreumlichen Parteien an, obwohl nicht geläugnet werden kann, daß namentlich die Socialisten eine nicht zu unter schätzende Gegnerschaft durch die Wahlen.documeniirt haben. Wo sie früher in verschwindender Minorität blieben, zeigte sich diesmal ein bedeutender Zuwachs für sie, so daß es ihnen beispielsweise in der Resi denz unseres Landes gelang, ihren Cändidaten 0r. Joh. Jacoby mit über 3500 Stimmen in die engere Wahl zu bringen. Freilich ist auch die Betheiligung an den Wahlen im Allgemeinen noch keineswegs befriedi gend. Im Ganzen werden etwa 50 Prcc. der Bevölkerung an den Urnen erschienen sein; also die eine Hälfte der Nation. Die andere Hälfte ist leider noch immer geistig stumpf genug, um gleichgiltigen Blicks an den großen Aufgaben der Gegenwart vorüber zugehen , wie der Sclave, der nur zwangsmäßige Arbeit und leibliche Bedürfnisse kennt. Das gr»ße Ideal der Einigkeit Deutschlands, wonach unsere Edelsten vergeblich geseufzt, wovon unsere Dichter gesungen und wofür unsere Tapfer« geblutet, cs hat diese theilnamlosen Naturen noch nicht aus dem politischen Winterschlafe zu erwecken vermocht. Der große Moment diese« Jahrhunderts findet noch immer ein kleines Geschlecht! Der alte Solon wollte Jeden mit dem Tode bestraft wissen, der zur Zeit bürgerlicher Konflikte nicht Partei nähme; Jahr tausende später weiset da« aufgeklärte Deutschland noch 50 Procent Männer auf, die indifferent genug find, von ihiM politischen Wahlrechte keinen Ge brauch zu »achey, Da« ist betrübend genug. In Oesterrei ch schickt sich di« Linke de« Ab-' grorduetrnhaust» an, de« Enltnchminister Gtrrmahr -«egen der cvafesfionelle» Gesetze schärfer zu Leibe zu Reurumstwanzichikr Jahrgan». , fee sächsM MeMer, Wochenblatt ' > für - ° - , Umgeben- Amtsblatt de» Königlichen Gerichtsamtes nnd de* Ktadtrathes zu Kischos-werda. Di»l< Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mil, Mittwoch« nnd Sonnabends-, und tostet einschließlich »er Sonn» «stnd« erscheinenden „belterristischen Beilage" vierte!jährlich 15 Rar. Inserate werden hi« Dirn«tag« und Areiraa« früh » Uhr angenommen und kostet die gespaltene SorpuSzeile »der deren Stau« t Rgr. gehen. Dieser ehemalige Demokrat > zeigt sich in letzterer Zeit dienstbeflissener gegen die Clerikalen,- als man von ihm jemals vermuthct hätte. Viele Anzeichen deuten überhaupt einen erhöhten Einfluß der Römlinge in den Kreisen der Wiener Hofburg an. Ob die Nachricht über Ernennung eines Mi nisters für Böhmen damit im Zusammenhang« steht, Wie richtig man in der Schw-iz das Wesen des Ultramontanismu« und die aus demselben drohenden Gefahren erkennt, davon giebt folgende Stelle des Berner „Bundes" Zeugniß: Schon seit Jahren besteht eine entschiedene Solidarität der Ultramontanen aller Länder; es giebt keine specifisch schweizerischen Ultramontane, keine deutschen, keine französischen, sondern nur Ultramonrane im Allge meinen. In allen Ländern setzen sich diese Herren über das Vaterland hinaus in Verbindung mit den Gleichgesinnten der übrigen Nationen; sie Alle ge horchen nur dem einem Befehle, der von Rem auS- kommt. Das Interesse der römischen Herrschaft ist es, das sie pflegen und hegen, möge es dann dem Vaterlande zum Nutzen oder Schaden gereichen, wenn es nur dem großen politischen Kirchenthum nützt. Daher ist ein erfochtener Sieg für sie ein allgemeiner, ein universeller, wie auch die Mittel zum Siege von der ganzen Partei geliefert werden. Der Sieg Don Carlos in Spanien w>rd nicht erfochten von den Spaniern selbst. Die Ultramontanen de« Erdkreise« liefern dje Mittel dazu, die schweizerischen Ultramonta nen nicht ausgenommen. Ja, noch mehr, selbst wo da« Vaterland in Gefahr ist, stellen sich .diese Herren auf Seite de« Feindes. Bor dem Juteresse der Kirche, sagen sie, tritt das Interesse für das Vater land zurück. Der Staat hat für sie nur so wett Werth , al« e« der römischen DtSpotie nützt. Wo aber der EosmopolitiSmuS ansängt, hört der Pa triotismus auf; diese beiden Standpunkte find sich feind." Aus Italien wird jetzt eine merkwürdige Ge schichte bekannt. Papst Ptu« soll eine Bulle erlassen haben, worin er alle bisher für die Papstwahl be stehenden Gesetz« und Gebräuche umwirst, Diese Bulle wurde dieser Tage von der veröffentlicht. Rwl sitzt aber die«" bestehe allrrdin^Zrine auf die, Bulle , abet es s^ Ächt di« von der