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Amts- M AiMUdlatt für den Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. einschlietzl. deS „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen-' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. ir.77 : —r 50. Jahrgang. — — . Dienstag, den 10. März «»schein» wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag ». Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeil- 30 Pf. Unter Bezugnahme auf den nachstehende! abgedruckten Aufruf zur Errichtung einer König Albcrt-Gedächtnis-Ltiftnng zur Unterstützung von Kranken und Notleidenden erklärt sich die Königliche Amtshauptmannschaft bereit, Beiträge behufs Weiterbeförderung an die Hauplsammelstelle entgegenzunehmen. Schwarzenberg, am 7. März 1903. Königliche Amtshauptmannschiift. Demmering. G. Bitte! Mit allerhöchster Erlaubnis Seiner Majestät des Königs. Unauslöschlich ruht in jedem Sachsenherzen die dankbare Erinnerung an König Alberti Ties eingegraben für alle Zeiten steht sein Name auf den Tafeln der deutschen und sächsischen Geschichte als der hervorragende Heerführer, der Mitbegründer deutscher Einheit und als einer der besten, edelsten, gütigsten Fürsten unseres Sachsenlandes. Denk male in Erz und Stein werden der Nachwelt von der Liebe Seines Volkes Zeugnis geben. Aber vielen ist es ein Herzensbedürfnis, das Gedächtnis des Heimgegangenen Herrschers noch in besonderer Weise zu ehren durch Errichtung einer Stiftung, die den Kranken und Bedürftigen unseres Volkes Heilung und Hilfe in ihrer Not und Bedrängnis gewähren soll. Die zu solchem Zwecke zu sammelnden Beiträge sollen mit Allerhöchster Genehmigung zu einer „König Alöert-Kedächlnis-Stistung" vereinigt und Ihrer Majestät der Königin-Witwe am 19. Juni 1903, ein Jahr nach dem Tode unseres unvergeßlichen Königs, zur freien Verfügung zu Gunsten der von Allerhöchst ihr begründeten Liebeswerke überreicht werden. Indem wir auf solche Weise das Gedächtnis König Alberts ehren, helfen wir die Er füllung der Lebensaufgabe Seiner hohen Gemahlin, werktätige Menschenliebe zu pflegen, fördern und für die Zukunft sicherzustellen. Auch der Erfüllung des vielfach kundgegcbenen Wunsches in diesen für unser Land so schweren Tagen der Treue und Anhänglichkeit an unser Königshaus einen sichtbaren Ausdruck geben zu können, zeigt sich hier ein Weg. Müßen sich, das erbitten wir, in allen Teilen unseres Landes freundliche Mithelfer finden, die das Werk des Sammelns soweit nötig unter Bildung von Ortsausschüssen in die Hand nehmen, und möchten dann in treuem, dankbarem Gedenken an den über alles geliebten König der „König Albert-Gedächtnis-Stistung" namhafte und zahlreiche Gaben für die Armen und Hilfsbedürftigen zuslietzen. Die Sächsische Bank mit ihren Filialen hat sich bereit erklärt, als tzanpt- sammelstrll« tätig zu sein. Der Landesausschuß. Die in Gemäßheit von 8 9 Absatz 1 Ziffer 3 des ReichsgesctzcS über die Natural leistungen für die bewaffnete Riacht im Frieden in der Fassung vom 24. Mai 1898 — Reichs gesetzblatt Seite 361 finde. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise der Haupt- marktortc des hiesigen Regierungsbezirks im Monat Februar dss. Js. festgesetzte und uin Fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Ouartierwirten im Monat März dieses Jahres an Militärpserde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt: für je 50 leg Hafer 8 Mk. 40 Pf. „ „ „ „ Heu 6 „ 56 „ „ „ „ „ Stroh 3 „ 68 „ Königliche AmtShauMaimschaft Schwarzenberg, am 7. März 1903. I. A.: I»r. Jani, Bezirksassessor. Fr. „Arolwucher." Das Gruseln überläuft einen, wenn man solch ein schreck liches Wort hört wie Brotwucher. Man sieht im Geiste abge zehrte, hungernde Gestalten, denen die bösen Landwirte das Ge treide nur zu unerhörten Preisen abgeben wollen. Und doch ist die Geschichte vom Brotwucher nur ein von den Demokraten er fundenes Märchen, das gar keinen wirklichen Hintergrund hat, jonvern lediglich zur Verhetzung dienen soll. Die Demokraten erzählen eS der leichtgläubigen Menge, um sie zum Kampfe gegen die Getreidezölle zu ködern. Zunächst handelt cs sich bei der Erhöhung der GetrcidlWlc im Zolltarif des Grafen Bülow keineswegs, wie die Demokratm glauben machen wollen, um eine ungeheuerliche, nie dagewesenc Mehrbelastung der Brotesser. 2m Gegenteil: Für die Haupt- brotjrucht des deutschen Volkes, den Roggen, soll in den nächsten Handelsverträgen der Zoll für den Doppelzentner von 3'/., Mk. auf k> Mk. erhöht und damit ein Zollsatz wieder hergestcllt werden, der volle drei Jahre bereit« in Kraft war und für den der ärmern Bevölkerung durch Steuer-Erleichterungen und sozial politische Fürsorge ein weitgehender Ausgleich gewährt worden ist. Unrichtig ist auch das, was die Demokraten über die Wirkung der Getreidezölle sagen. Da wird z. B. auf Mark und Pfennig ausgerechnet, wieviel Mehrbelastung auf eine Arbeiter familie jährlich entfällt, wenn die neuen LebenSmittel-Zölle Gesetz werden. Die Demokraten suchen recht hohe Summen heraus- zufindcn, um gegen die Zollreform aufzuhetzen. Dor vernünftige Arbeiter oder Handwerker aber wird sich durch diese Zahlenkünste nicht verblüffen lassen, sondern sich klar machen und vor Augen halten: 1. ES ist nicht wahr, daß der Brotpreis um den ganzen Betrag der Zoll-Erhöhung steigt: ein Teil des Zolle» wird vom AuSlandc getragen, sonst würde sich ja das Ausland nicht so sehr gegen die Zoll-Erhöhung wehren. 2. Aus den Getreide- und Brotpreis wirkt das Ergebnis der Ernte viel stärker ein als der Zoll. Wir haben schon den 5 Mark-Zoll gehabt, wir haben auch schon andere, starke Steiger ungen der Zollsätze erlebt. Im Jahre >885 wurden die Ge- Ireidczöllc verdreifacht, und die Preise gingen zurück. Im Iabre 1887 sand eine abermalige Heraufsetzung dieser Zölle von 3 auf 5 Mark statt, also auf den jetzt festgesetzten Satz, und die Preise stiegen keinen Pfennig. Wohl aber trat der glänzende, wirt schaftliche Aufschwung ein, dessen Wirkungen wir noch heute dankbar empfinden. Zu keiner Zeit sind da« Getreide und da« Brot so billig gewesen, wie in den letzten zehn Jahren — trotz der Zölle. Dagegen haben wir unter der Herrschaft de« Frei handel» in den siebziger Jahren Hungcrlöhnc und hohe Brot preise gehabt. 3. Die Getreidepreise haben die Neigung zu sinken. Da hat sogar der sozialdemokratische Abgeordnete Schippel, der jetzt auch gegen die Getreidezölle wühlt, zugegeben, indem er auf dem sozialdemokratischen Parteitage in Stuttgart im Jahre 1898 wörtlich sagte: „Um so diel teurer ist da» Brot durch die Ge- «reidczöüc gar nicht geworden; die Gelreidepreise aus dem Welt märkte sind so heruntergegangen, daß wir heute trotz de» Zolle» noch ebenso billige und billigere Gelreidepreise im Durchschnitt haben wie damals." Die Zoll Erhöhung wird also, zumal da sic sich auf der Mittlern Linie bewegt, höchsten» zu einer Ab schwächung der Verbilligung, aber nicht zu einer Verteuerung führen. 4. Der Mann au» dem Volke muß nicht nur auf die Au«gabeseile seine» Hau»haltung»buche« sehen, sondern auch die Einnahmen in» Auge fassen. Ob der Arbeitslohn hoch oder niedrig ist, ob er feste Arbeit hat oder bald hier, bald dort sich den Brotverdicnst suchen muß, ob aus seiner Werkstelle regelmäßig weitergearbeitet wird, oder ob Feierschichten und dergleichen ein gelegt werten, das fällt viel schwerer in« Gewicht, als die kleine Erhöhung der Brotprcisc, die möglicherweise einireteu kann. Die Höhe der Brotpreise kann dem Arbeiter gleichgültig sein, wenn er nur gute dauernde Arbeit hat und die Löhne de» Brot preisen folgen. Diese Vorteile bringt in Deutschland die Politik des Schutzes der nationalen Arbeit mit sich, die von der Sozialdemokratie al» „Brotwucher" in gehässigster Weise verdächtigt wird. TlMsgeschichte. — Deutschland. An diesem Montag morgen waren 15 Jahre vergangen, seit der erste deutsche Kaiser de« neu ge einten Reiche« das milde Hcrrscherauge schloß, seit die Zügel der Regierung den nimmermüden Händen Wilhelms de« Großen entfielen. Ein reiches, gottbegnadete« Fürstenlcben hatte sein Ende gesunden. Was unser Volk an dem Heimgegangenen Kaiser besessen hat, weiß und fühlt es selbst am besten Seine Taten und Eigenschaften haben ihm in allen Herzen ein Denkmal er richtet, das die Kunstwerke weit überstrahlt, mit denen sich viele Städte, um sein Gedächtnis zu ehren, geschmückt haben. — Bei der immer größeren Zerfahrenheit, welche sich unter den bürgerlichen Parteien kundgibt, verdienen folgende Erinner ungen um so mehr Beherzigung: Bei den ReichstagS- Wahlen im Jahre l898 sind im ganzen von 11 44l 094 Wahl berechtigten 7 752 693 gütige Stimmen abgegeben Worten. ES haben also rund drciunddreiviertcl Millionen Wähler von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht. Jeder gewissenhafte Mann aber muß heutzutage die Ausübung de« Wahlrechts al« eine staatSbürgerliche Pflicht erachten. Leider muß man in dieser Beziehung auf da- gute Beispiel der Sozialdemokratie verweisen. Sie hat vor fünf Jahren eine Stiinmenzahl von 2 107 076 zusammengcbracht, da« ist über ein Viertel sämtlicher abgcgebenen Stimmen, aber noch lange nicht ein günjtel der Stimmen aller Wahlberechtigten. Die Sozialdemokraten brüsten sich damit, daß sic diesmal mindesten» den dritten Teil sämtlicher gütigen Stimmen auf ihre Kandidaten vereinigen wollen. Zu diesem Zwecke stellen fic in allen Wahlkreisen, auch in völlig aus sichtslosen, Mandatbewerber auf. Sie wollen mit einer möglichst hohen Wahlstimmcnzisfer der Welt wciSmachcn, ihr Anhang re präsentiere den dritten Teil aller deutschen Staatsbürger. Seit dem Jahre >890 sind die Zeiten für die Sozialdemokratie unge wöhnlich günstige geworden. Unter dem Sozialistengesetz im Jahre >887, wo bei den Kartellwahlen die bürgerlichen Parteien allerdings außerordentliche Anstrengungen machten, zählte die Sozialdemokratie noch 763 IM Wahlstimmen. Im Jahre >890 schnellte die sozialdemokratische Stimmenzahl auf > 427 300 hinaus, erreichte >893 1 786 700 und >898 endlich 2 107 >00. In der Zeit von zwölf Jahren hat sich also die sozialdemokratische Stiinmenzahl fast verdreifacht. Diese Tatsache enthält doch wahr lich die ernsteste Mahnung! — Köln, 7. März. Einem Brüsseler Telegramm der „Kölnischen Zeitung" zufolge wird in Giro n nahestehenden Kreisen aus» bestimmteste versichert, daß kein wahre« Wort an den Mel dungen von dem Abbruch der Beziehungen der Prinzessin Luise zu Giro« sei. Letzterer werde sich noch vor Ende August Schwieger sohn de» Herzog« von To»kana nennen. Falsch seien auch die Nach richten von Abmachungen zwischen der Prinzessin Luise und ihren Eltern und dem sächsischen Hofe, wonach sie gegen da» Versprechen, da» zu erwartende Kind dem Kronprinzen auSznliesern, die Er laubnis erhalten solle, ihre Kinder im Sommer wiedcrzusehen. Im Gegenteil werde die Prinzessin noch vor Ende de« Monat« Lindau verlassen, um den „Nachstellungen" des sächsischen Hofe« zu entgehen. Die Prinzessin werde sich nicht nach Schlackeuwcrt in Oesterreich zurückzichen, sondern ins Ausland gehen, wo sic für ihre „Multerrechie" Schutz findet. — Oesterreich-Ungarn. Nach einer Meldung des „N. W. Tgbl." wird König Georg von Sachsen dem Kaiser Franz Josef im Monat April einen mehrtägigen Besuch abstatten. Anläßlich dieses Besuche» werden große Hof- sestlichkeiten vorbereitet, darunter ein tüöntrn pun-. Der Em pfang de« König« wird besonder- festlich und herzlich gestaltet werden zum Beweise, daß die Beziehungen zwischen dem Kaiser Franz Joses und dem sächsischen Hofe durch die jüngsten Ereig nisse in keiner Weise getrübt werden konnten. — Rußland. Finanzminister v. Wittes Bericht über seine sibirische Reise wird jetzt in russischen Blättern veröffentlicht. Er ist an den Kaiser gerichtet, und verweilt dementsprechend mit Enthusiasmus bei den Verdiensten des Zaren und seiner Vorgänger um den Bahnbau. Auch wird die allge meine wirtschaftliche Bedeutung de« Unternehmen« hcrvorgehodcn. Daneben muß aber auch von den Opfern, die Rußland gebracht hat, die Rede sein. „Es ist," so sagt darüber Witte, „nicht zu leugnen, daß diese Opfer wirklich groß und schwer für die russischen Finanzen waren. In einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum mußte der Staatsschatz zum Bau de« eigentlichen Sibirischen Schienenweges zusammen mit der Chinesischen Ostbahn, der Perm-KotlaS- und der Jekaterinburg Tscheljabinsker Linie und allen HilfSunternchmcn 758955 907 Rubel verausgaben, wobei die Äesamtkosten de« ganzen Unternehmen» zusammen mit den Ausgaben für die Baikal-Ringbahn eine Milliarde Rubel er reichen werden. Doch sind hiermit natürlich die Ausgaben des Staate« nicht erschöpft, da der Bahnbau viele Nebenkosten nach sich gezogen hat, die in der Verstärkung der Administration und der Militär-Strcitkräsie in dem östlichen Grenzgebiet, der Ver größerung der Flotte im Stillen Ozean, dem Bau von Häfen u. s. w. zu Tage traten. ES liegt daher nicht» erstaunliche» darin, daß der Bau der Sibirischen Bahn sehr lange nament lich wegen Erwägungen finanziellen Charakter» hinausgeschoben wurde, und daß solche hervorragende Staatsmänner, wie die ehemaligen Finanzminister Bunge und Whschncgradski, e« nicht wagten, den Staatsschatz mit dieser Bürde zu belasten." Der Minister weist aber auch auf die Notwendigkeit hin, mit Kolo nisierung de» Lande» noch sehr viel weiter, als bisher geschehen ist, zu gehen. Erst seit der Mitte der Neunziger Jahre sei in den maßgebenden Kreisen die Ansicht durchgedrungen, daß man in der Bauern-llebcrsiedclung keine besondere Gefahr sehen müsse, und daß das Bestreben der Regierung nur darauf gerichtet sein müsse, daß die Uebersievelung mit mehr Bewußtsein erfolge und eine vollständig geregelte Organisation erhalte. Seitdem wuchs die Zahl der Einwanderer; jährlich etwa 200000 Seelen. Aller dings, die zweimalige Getreide-Mißernte, die Sibirien in den letzten zwei Jahren heimsuchic, zog ein gewisse» Zurückgehcn der Uebersictclung nach sich, doch ist es unzwcifelhast, raß die erste günstige Nachricht über eine reiche Ernte in den Gebieten Sibirien» die jährliche Ncbcrsiedlerzahl wieder auf die frühere Norm zurücksühren wird. Doch auch diese Dimension der Ucber- siedelung» Bewegung entspricht weder dem tatsächlichen Bedürfnis der Existenz-Organisation der landarmen Bauernschaft der inneren Gouvernement», noch dem Bedarf der unermeßlichen Gebiete Sibirien« an landwirtschaftlicher Kolonisation."