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Bischofswerda, Stolpen und UmgegeWK .—: Amtsblatt des Königlichen Verichtsamtes uv- -es Sta-trathrs zu PifchofsMer-a. M- Diese Keilschrift erschrint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und koket vierteljährlich 12'j, Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen. Z 63.^ Mittwoch, den 11. August. Nun-fchau. Wir können heute einen Rückblick auf die Er eignisse der jüngsten Vergangenheit nicht werfen, ohne vorher der erschütternden Catastrophe zu gedenken, welche im Burgker Kohlenrevier namenloses Unglück hervorgerufen. Man muß persönlich an Ott und Stelle gewesen sein, um nur annähernd sich eine Vorstellung von der Größe dieses traurigen Ereignisses, sowie von den Wirkungen desselben auf die Bewohnerschaft der Gegend zu machen. Auf dem sonst so anmuthigen Wege von Potschappel nach Burgk und weiter hinauf zum „Hoffnung«-" und „Gottes-Segen-Schacht" begegnet man fast durchweg nur wimmernden Menschen und leeren Särgen. Oben angelangt, wo die Rettungsarbeiten ununter brochen Tag und Nacht fortgchen, harren Kinder, Frauen, Greise rc., um noch einen letzten Abschieds blick dem so plötzlich entrissenen Ernährer bei seiner Ankunft aus dem unterirdischen großen Grabe zu zuwenden, noch mit einem letzten Händedruck dm Zoll der Liebe und Dankbarkeit abzustatten. Allein in den wenigsten Fällen sind die Leichen kenntlich ; die furchtbare Gewalt der Explosion hat — ab gesehen von der später hinzugetretenen Verwesung — Arme und Beine, selbst Köpfe vom Körper der Ver unglückten getrennt, so daß es sich wohl sehr schwer feststellen läßt, ob ein Sarg auch nur immer die Ueberreste einer Person umschließt. Nur die Kleidungsstücke geben für die Recognoscirung einigen Anhalt, und es ist Herzzerreißmd, wenn Mutter und Kinder endlich nach langem Harren die Sachen des geschiedenen Gatten und Vaters finden. Das Jammern und Weheklagm nimmt gar kein Ende. Ungefähr 50 Schritt in südwestlicher Richtung vom Maschinenhause des „Gottes - Segm-Schachtes" be findet sich ein reizendes Plateau, welches, zum Kirch hofe eingerichtet, die Gebeine der Verunglückten in fein steinigte« Felsengrab aufnimmt. Je 20 Särge stehen immer in einer Reihe. Wie bereit« bekannt,. P die Zahl der Verunglückten jetzt auf 272 Per- dnev.sest^stellt., Wüberall rüstet sich die Wohl- thötigkch, dqs Werk christlicher Nächstenliebe gleich Bürrmdzwavzigstkr Jahrgang. einem deckenden Mantel über die Unglücksstätte zst breitm. Thue Jeder nach Kräften das Seine, denq wenn irgendwo, dann tönt hier das Wort des Herr« in seiner vollsten Bedeutung an jedes Menschmherz'r „Alles, was ihr gethan habt einem dieser meiner , geringsten Kleinen, das habt ihr mir gethan I" Indem wir mit irvischm Gütern der Noth wehren, noch! Einzug in die Hütten gebrochener Herzen zu halten, be gehen wir ein ächtes Samariterwerk, welche« seinem, größten Lohn in sich selbst trägt. Darum noch ein mal: Helfe Jeder nach besten Kräften — wer bald giebt, giebt doppelt! Der norddeutsche BundeSrath hat jetzt den Entwurf eines künftigen norddeutschen Straf gesetzbuchs veröffentlicht, damit — wie in der Vor bemerkung gesagt wird — alle Diejenigm Kritik an demselben üben können, welche dm Beruf dazu in sich empfinden. Leider würde der Entwurf, wenn er in seiner jetzigen Fassung Annahme fände, unsere bis herige Gesetzgebung eines Vorzug« berauben, denn die Todesstrafe, bei uns kaum abgeschafft, würde wieder eingeführt werden. Hoffentlich sorgt der Reichstag dafür, daß dies nicht geschieht. Die Todesstrafe, welche das preußische Strafgesetz gegen 14 Verbrechen zuläßt, beschränkt der (Äitwurf auf die drei Verbrechen: des Mordes, des Hochverrats und der schweren Thätlichkeit gegen die Person eines norddeutschen Landesherrn. Dagegen zieht die Ver- urtheilung zur Zuchthausstrafe nicht mehr von Rechts wegen den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich. Sowohl beim Zuchthaus, wie in den sonst zu lässigen Fällen hat der Richter nach der Individua lität der strafbaren Handlung zu ermessen, ob der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte eintreten soll oder nicht. Unbäüngt eintreten soll er bei den Ver brechen des Meineids, der Kuppelei und der schwerer Erpressung, aber nur auf eine Zeit von höchsten« 10 Jahren, Mit dem Inkrafttreten de« betreffend« Entwurfs erlöschen alle bisherigen Strafgesetzbücher in dm einzelnen Staaten de« norddeutschen Bunde«. Nut - solche Bestimmungen bleibm noch ferner be steh«, rüMchtlich derrn das neue! StrafgeseHuch Nicht« enthält, z. B. Vorschriften über die Bestraft«- von Personen, welche den. Preß-, . Post--, Steuer-: nah