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1869 Mittwoch, den S. Mai baren Männer nicht einen Einzigen besitzt, der Intelligenz, Vaterlandsliebe und Vertrauen genug bei seinen Mitbürgern hat, um durch den ehrenvollen Ruf eines Abgeordneten ausgezeichnet zu werden, Wahrlich ein Armuthszeugniß für dm Wahlbezirk. Wie müssen aber die Männer beschaffen sein, auf welche wir unser Augenmerk für die Wahl zu lenken haben? Festigkeit des Characters muß sich mit ehrenwerther Gesinnung und Intelligenz ver einigen. Wählen wir nicht dm ersten Besten, welcher sich uns aufdrängt, weil er zu Hause nichts oder nicht genug zu thun hat und es deshalb vorzieht, mit Hilfe der Diäten ein angenehmes Leben in der Re sidenz zu führen, vielleicht auch auf diese Weise Carriere zu machen und auf Kosten des Landes für seine Eitelkeit Lorbeeren zu pflücken hofft. Ungleich höher muß uns der Mann stehen, welcher nur un gern Geschäft und Familie verläßt und uns ein Opfer bringen muß, was ihm durch Diäten nicht ausgewogen werden kann. Hüten wir uns vor Denjenigen, welche nichts als die Schlagwörter der Zeit im Munde führen; sie kaffen erkennen, daß ihnen die eigenen Gedanken fehlen und sie sich deshalb mit fremden Federn schmücken müssen. Hüten wir uns vor Denjenigen, welche Zuviel und Unmögliches versprechen; sie lassen dadurch er kennen, entweder daß sie selbst nicht wissm, was sie sagen oder daß sie uns zu selbstsüchtigen Zwecken zu täuschen beabsichtigen. Welche politische Gesinnung müssen unsere Ab geordneten haben? Nach dem Friedensschlüsse mit Preußen hat unser König erklärt, er wolle offenen und ehrlichen Anschluß an den norddeutschen Bund. Dieses königliche Wort muß auch für den Abgeordneten zur Richtschnur dienen. Er darf weder sinnlos gegen gegebene Verhältnisse ankämpfen, noch darf er willkürlich weiter gehen,, als es der Frieden mit Preußm bestimmt hat Md muß mit aller Kraft für die MS verbliebene Selbstständig keit einstehen. Sollten in unsere Landesvertretung Männer A- wählt werden, welche, diesen Thatsachen ihre Augen verschließen, wahrlich unser Volk würde sich dadurch Vies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und koket vierteljährlich 12'j, Ngr, Inserate werden bi« Dienstags und Freitags stütz b» Uhr angenommen. Die nächsten Landtagswahlen. Laut Bekanntmachungen in heutiger Nummer werden in Gemäßbeit des Gesetzes vom 3. Decbr. 1868 die Wahlen für unseren Landtag ausge schrieben. Je wichtiger und entscheidender dieser Landtag werden kann, um so sicherer ist es die Pflicht eines Jeden, welcher es mit dem Vaterlande wohl meint, sich mit den Grundsätzen unseres neuen Wahlgesetzes bekannt zu machen und zu rechter Zeit dazu mitzuwirken, daß geeignete Männer in unsere Landesvertretung gewählt werden. Das Versäumte würde sich nicht nachholen lassen und wir würden jedenfalls Veranlassung haben, es bitter zu bereuen. Hauptsächlich kommen die Wahlen zur zweiten Kammer in Betracht. Nach dem neuen Wahlgesetze ist jeder 25 Jahr alte Sachse, der nicht nach 8 2 des Gesetzes vom Stimmrechte ausgeschlossen ist, zur Abstimmung be rechtigt, dafern er entweder s) Eigenthümer an einem mit Wohnsitz versehenen Grundstücke am Orte ist oder d) an directen Staatsabgaben mindestens einen Thaler jährlich entrichtet. Da nur Diejenigen zur Wahl zugelassen werden, welche in der Wahlliste stehen, mag man sich recht zeitig vergewissern, ob auch der Name in der Liste enthalten ist. Wählbar zur zweiten Kammer ist jeder stimm berechtigte Sachse, welcher an directen Staats abgaben mindestens zehn Thaler jährlich entrichtet. Der Bezirkszwang hat zwar aufgehört, doch ist es leicht einzusehen, wie Wünschenswerth es ist, wenn der Abgeordnete aus seinem Wahlbezirke ist. Unser Landtag hat nicht den Beruf, hohe Politik zu machen. Sein Beruf ist es, für das Wohl, für das intellek tuelle, moralische und materielle Wohlbefinden unseres Vaterlandes Sorge zu tragen. Dafür ist es aber nothwendig, daß jeder Abgeordnete die Interessen Md Wünsche seines Wahlbezirkes kennt. Ein Fremder kMir diese nicht so kennen, nur ein Einheimischer. Wird ein Fremder gewählt, so wird man daraus unwillkürlich schließen müssen, daß dieser Wahlbezirk Wer dm Hunderten Md Tausenden seiner Wahl- M... Bierundzwonjigstor Jahrgang. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes und -es Stadtrathev zu Kifchofower-a. Wochenblatt W MM