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Mitglieder sind über ganz Sachsen verstreut. Zum Besuche der Generalversammlung in Eibenstock haben sich ca. 50 Personen gemeldet. Die Beratungen sinden im „Feldschlüßchcn" statt und beginnen nachmittags 3 Uhr. Abend» von 3 Uhr an ist im gleichen Lokale eine Abendunterhaltung vorgesehen. — Wenn sich unsere Stadt den willkommenen Güsten zur jetzigen Jahreszeit auch nicht von der vorteilhaftesten Seite zeigen kann, so wollen wir doch hoffen, daß dieselben trotzdem einen guten Eindruck von hier mit sortnchmen und sich auch später noch gern der in Eiben stock verlebten Stunden erinnern. — Eibenstock. Am nächsten Montag, den 16. Februar, abend» 8 Uhr gedenkt der OrtSverein zur Förderung christlicher Liebe-werke zu Eibenstock im Saale de« Feldschlößchens einen Familienabend zu veranstalte», welcher vornehmlich den Werken de» Gustav-Adolf-Verein« und de« cvangcl. Bunde», d. h. derjenigen Vereine dienen soll, die sich den armen evang. Glaubensgenossen in der Zerstreuung beizustchen zur Aufgabe gestellt haben. Gan; besonders nahe gelegt sind un», den nahe der Grenze de« Böhmerlande» Wohnenden, jene Liebeswerke durch die im österreichischen Nachbarstaate und namentlich im deutschen, nördlichen Böhmerlande vor einigen Jahren entstandene evang. Bewegung, die LoSvonroiubewegnng. Eine ganze Reihe von evang. Gemeinden sind mitten im Katholizismus entstanden, die, vielfach angescindet und überdies zu allermeist arm, um ihre Existenz ringen und unserer brüderlichen Hilfe bedürfen. Solche Hilfe zu gewähren haben u. a. die Ephorien unserer cv.-luth. Landeskirche sich insofern entschlossen, al» sie den Gehalt für die Seelsorger der ärmsten unter den neuentstandencn evang. Ge meinden in Böhmen für einige Jahre aufbringen wollen. So ist von der Ephorie Schneeberg vorläufig als Pflegekind die kleine edangel. Gemeinde zu Falkenau an der Eger ins Auge gefaßt. Der Seelsorger dieser Gemeinde, Vikar Vespermann, ist c«, der im bevorstehenden Familienabend einen Vortrag über die evang. Bewegung in Oesterreich überhaupt und über Ent stehung, Verhältnisse, Aussichten und Bedürfnisse der armen evang. Gemeinde Falkenau insbesondere zugcsagt hat, und diese Gemeinde ist es, zu deren Förderung an ihrem Teile eine Samm lung dienen soll, Vie für den gedachten Familienabend beabsichtigt ist. Nach dem Vortrage des Herrn Vikar PeSpermann gedenkt der JünglingSverei» zu Eibenstock ein kürzeres RcformationS- Festspicl „Junker Görg" auszusühren, während der Kirchenchor verein durch mehrfache gesangliche Darbietungen zum Gelingen des FamilicnabcndS bcizutragen sich bereit gesunden hat. Näheres im Anzeigenteile der nächsten Nummer d. Bl. - Dresden, 10. Februar. Im Befinden de« Prinzen Friedrich Christian war heute von neuem eine geringe Besserung zu verzeichnen. Der Prinz hatte den Tag über mehrere Stunden ruhig geschlafen. Das Fieber schwankte. Im allgemeinen verläuft die Krankheit normal. — Dresden, 10. Februar. Neber die Gründe der Uebersiedelung der Prinzessin Luise in da» Sanatorium La Melanie wird von bestunterrichteler Seite folgende» mitgc- teilt: Sowohl der geistige wie der körperliche Zustand der Prin zessin ließ c» seit längerer Zeit bereits wünschenswert erscheinen, ihr vom rein medizinischen und psychiatrischen Standpunkt an« eine angemessene ärztliche Behandlung zu teil werden zu lassen. Die erste Anregung zu einem Aufenthalt im Sanatorium ging von der Kronprinzessin selbst aus. ES ist unzutreffend, wenn behauptet wird, daß Leopold Wölfling in dieser Beziehung aus die Prinzessin irgendwelchen Einfluß ausgeübt habe. Sein Aufenthalt in Genf zur Zeit der Uebersiedelung nach La Mctairie war völlig ;usälliger 'Natur. Die Kronprinzessin hatte, bevor sie nach Nyon ging, eine lange Konferenz mit ihren Anwälten Lachenal und l)r. Zehn». Da« Ergebnis derselben war, daß beide RecktSbeistLndc ihr den Aufenthalt im Sanatorium vorschlugen. Die Kronprinzessin willigte ein. Die Heilanstalt bei Nyon wurde gewählt, weil der Zustand der Prinzessin eine längere Reise nicht zuließ. Die Uebersiedelung erfolgte im Beisein beider Anwälte. Unmittelbar nach ihrer Ankunft wurde ein ausführliches Protokoll über die Tatsache der Uebersiedelung ausgenommen. Hierbei wurde neben dem Direktor der Anstalt Professor Martin und dem bekannten Psychiater und Irrenarzt Professor Forel der Professor der Gynä kologie an der Universität Genf I)r. meck. Jentzer zugezogen. Diese letzte Tatsache ist deswegen von großer Bedeutung, weil die ganze Leidensgeschichte der Kronprinzessin — wie von einer Seite versichert wird, die, obwohl der Prinzessin sehr nahestehend, doch in der Lage ist, vorurteilsfrei zu sprechet! — auf dem Ge biet der Gynäkologie liegt. Nach Beendigung der mit den An wälten gepflogenen Konferenzen erklärten sich die drei Aerzte be reit, die Prinzessin in die Anstalt La Metairie ausznnehmcn und ihr eine sachgemäße Behandlung angedeihcn zu lassen. Daß der sächsische oder toskanische Hos die Uebersiedelung mit veranlaßt habe, wird entschieden bestritten. Der Akt wird vielmehr al« ein völlig freiwilliger Entschluß der Kronprinzessin dargestellt. Diese hatte allerdings noch kurze Zeit vor der Uebersiedelung die feste Absicht gehabt, nach Dresden zurückzukehrcn. Sie hat in dessen auf die eindringlichen Vorstellungen ihrer beiden Anwälte davon Abstand genommen. — Leipzig, 9. Februar. Eine für kaufmännische Kreise interessante Streitfrage zeitigte der Leip ziger Bankkrach. E« handelt sich um die Frage: ob ein Bürge mit einer ihm selbst zustehenden Forderung, auch ohne Zustimm ung de« Gläubigers, ausrechnen Lars? Der Kaufmann G. in Leipzig stand in Geschäftsverbindung mit der Leipziger Bank und im Jahre 1900 hatte sich sein Schwiegervater, der Kommerzienrat B., für ihn bei der Bank al» Sclbstschuldner in Höhe von 60 000 Mark verbürgt. Zur Zeit de» KonkurSauSbruche« der Leipziger Bank im Juni 1901 hatte G. Verbindlichkeiten in Höhe von 78 035 M.; als diese Forderung geltend gemacht wurde, teilte der Kommerzienrat B. am 11. August 1901 der Konkursver waltung der Bank mit, daß er mit seinem Guthaben an der Bank von 72 937 M. für die Verpflichtungen de« G. aufrechne. Die KonkurSverwaltung wollte sich hierauf nicht cinlassen und strengte gegen G., ihren Schuldner, eine Klage an auf den ganzen Betrag, 78 035 M. nebst Zinsen. Da« Landgericht Leipzig hat aber dahin erkannt, daß G. an die Konkursmasse 18 035 Mark nebst Zinsen zu zahlen habe, im übrigen wurde die Klage abge wiesen, weil für die 60 000 Mark die Bürgschaft hastet. Die gegen diese» Urteil eingelegte Berufung beim ObcrlandeSgcricht Dresden hatte keinen Erfolg, indem da» Gericht von der Ansicht au-ging, daß die 888 1142. und 1223, 1224 Bürger!. Gesetzbuch auf den Bürgen anzuwenden seien und diesem die Befugnis zu stehe, den Gläubiger mit einer ihm zustehendcn Forderung zu befriedigen. Gegen diese» Urteil legte die Konkurtverwaltung Revision beim Reichsgericht ein, welche geltend machte, daß der Bürge mit seiner Forderung selbst Gläubiger der Leipziger Bank sei und al» solcher nur einen prozentualen Satz au» der Masse erhalte. Wenn da» Guthaben de« Bürgen voll aufgerechnet würde, erlitte die Konkursmasse einen Schaden von circa 24000 Mark. Der Vertreter de« Beklagten stützte sich darauf, daß man davon absehen müsse, daß der Gläubiger (hier die Leipziger Bank) in Konkurs ist. Wenn der Bürge vor dem Ausbruch de« Kon kurse« seine Ansprüche abgetreten hätte, so wären dieselben doch sicher von der Bank voll angenommen. Der erste Zivilsenat de» Reichsgericht» Hal sich dem Urteile de« Vorderrichter» angeschlossen und hat die Revision kostenpflichtig zurückgewicsen, indem er für zulässig erkannte, daß der Bürge seine eigene Schuld kompensieren und gegen die Forderung de» Gläubiger» ausrechncn kann. Der Gläubiger war also nicht berechtig«, den Hauptschuldner in diesem Falle zu verklagen. — Leipzig. Eine LiebeStragödic hat sich am Sonn tag abend in der Wohnung de» Metallarbeiter» Spath im Grund stück Merseburger Straße 29 abgespielt. Spath wollte mittag» mit seiner Frau zu einer Kindtaufe gehen, al» die 3l Jahre alte Hebamme Ottilie Mertkc au» dem nahen Liebertwolkwitz bei dem Ehepaar erschien, mit der Bitte, sich etwa» au-ruhen zu dürfen, da ihr unwohl sei. Da» Ehepaar Spath bemühte sich um die Frau, und "da Spaths mit ihr befreundet waren, ließ man sie auch schließlich allein in der Wohnung zurück. Al« Frau Spath abends heimkam, bot sich ihr ein gräßlicher Anblick. Auf dem Sofa lehnte Frau Menke, und ein Mann hielt sie um schlungen. Beide waren tot. Auf dem Tisch standen zwei Gläser, welche Karbolsäure enthalten halten. Frau Mertke hinterließ in einem Briefe da» Geständnis, daß sie mit ihrem Mann in Un frieden gelebt habe und deshalb mit ihrem Liebhaber, dem 27- jährigcn Orgelbauer Sisscn, freiwillig in den Tod gegangen sei. — Plauen. In einer von den Vorständen deS Vogt ländisch - Erzgebirgischen JndustrievereinS und de» Fabrikanten verein» der Stickerei- und Spitzen in duslrie einberufenen Versammlung hiesiger Großindustrieller erklärten die Anwesenden einstimmig eS für eine Ehrenpflicht der hiesigen Industrie, an der nächstjährigen Weltausstellung in St. Louis sich in hervorragender Weise zu beteiligen. ES erfolgte bereit« eine Anzahl Zusagen für die Beteiligung. — Annabcrg, 9. Februar. Auf dem hiesigen Bahnhose wurde heute nachmittag gegen 4 Uhr der Schaffner Stieberi au« Schwarzenberg, welcher anscheinend von einem Wagen herab gestürzt ist, von einem Rangierzuge überfahren und dadurch sofort getötet. Der Verunglückte hinterläßt die Ehefrau und acht Kin der, von denen erst drei der Schule entwachsen sind. — OelSnitz i. V., 10. Februar. Auf dem Rückwege vom hiesigen Wochenmarkte, woselbst der Roßschlächter Weck au« Treuen allwöchentlich seine Waren feilhält, ist am Montag gegen Abend die 20 jährige Tochter Weck« in der Nähe von Theuma üb er fallen, vom Wagen herabgerissen und ihr das Geld ab genommen worden. In Verdacht kommt ein früherer Knecht Wecks, der nach der Tat die Flucht ergriff. Fräulein Weck ist bei dem Ueberfall erheblich verletzt worden und mußte mittels Wagens nach Hause transportiert werden. — Hainichen, 6. Februar. Gerade 60 Jahre sind es am heutigen Tage, daß sich in unserer Stadt ein Ereignis zu trug, welches vielleicht einzig in seiner Art genannt zu werden verdient: Die Mitglieder de« damaligen Stadtrate« wurden in ihrer Eigenschaft als solche am 6. Februar 1843, nachmittag 5 Uhr, sämtlich vom hiesigen Patriinonialgerichte im Auftrag des König!. JustizamleS zu Nossen ausgepfändet. Diese Maßregel sand statt, weil der Stadtrat in vollem Einver ständnisse mit dem Stadtverordnetenkollegium sich geweigert hatte, ein von der oberen Behörde geforderte» Lokalslatut anzusertigen, bevor nicht zahlreiche Beschwerden und Streitigkeiten gegen die damals v. Schönbcrgschc PatrimonialgerichtSherrschaft von der Staatsbehörde ausgeglichen wären. Die» Verfahren war von der vorgesetzten Behörde mit einer Strafe von 65 Talern belegt und später aufs neue noch mit einer dergleichen von 40 Talern be droht worden Während dieser Zeit war von den städtischen Kollegien in derselben Angelegenheit eine Petition an den Land tag gerichtet worden, gleichzeitig aber auch da» Ersuchen an die obere Behörde um Nachsicht bezüglich der auserlcgten Strafen bis zur Erledigung dieser Petition. Die vorher schon angcdrohtc Auspfändung erfolgte aber trotzdem noch vor erfolgter Petitions erledigung. Da sich die Itadträte mit Würde in das Unver meidliche fügten, so ging trotz der ungemeinen Aufregung im Publikum die Pfäi.vung ruhig vor sich. — Aue i. E., 8. Februar. Stürmen vom Turme, Horn- und Dampfpfeifensignale gaben am Sonnabend abend gegen 8 Uhr Großfcueralarm. Da« Feuer war auSgebrochen in der Werkstatt des Gkasermeisler» Rengcr, Wettinerstraße, und griff mit rapider Geschwindigkeit um sich, da das Holzlager reichlichen Nahrungsstoff bot. Der scharse Wind gefährdete da« Wohn gebäude sehr stark, weshalb auf dessen Deckung seitens der Lösch mannschaften besondere» Augenmerk gerichtet wurde. Bemerkens wert ist, daß in dieser Werkstatt innerhalb Jahresfrist schon drei mal Feuer ausbrach, aber stet« rechtzeitig entdeckt wurde, während dieses vierte Feuer nicht geringen Schaden anrichtete. - Au» Anlaß der sächsischen Personentarifresorm kommt ein Fachmann in einer längeren Ausführung in der amtlichen Zeitung de» Vereine» Deutscher Eisenbahnverwaltungcn zu dem Ergebnis, daß die Personenzüge einen höheren Betriebs aufwand verursachen als die Schnellzüge, während man bisher immer das Gegenteil angenommen hatte. Wenigsten« trifft die« für die sächsischen Schnellzüge zu. So braucht der V-Zug von Leipzig nach Hos 190 Minuten bei fünfmaligem Aufenthalt, der Personenzug aus derselben Strecke 314 Minuten bei 26maligcm Aufenthalt. Maschine, Wagen und Personal de» Personcnzuge« ist also 2,! Stunden länger im Dienst al« bei dem Schnellzuge. Alle davon abhängigen Kosten verhalten sich also wie 6 : 10 und der Schnellzug ist von diesem Gesichts punkte aus 40 Prozent billiger al» der Personenzug. Die Ver nichtung der lebendigen Kraft durch Bremsen und Wiederanfahrcn erfolgt beim 0 - Zug 5 mal, beim Personcnzug 26 mal. Hier ist der Aufwand beim Personcnzug 5 mal höher al« beim Schnellzug. Allerdings sind die Kosten für Kohlen bei dem schneller fahrenden V-Zugc etwa 25 Prozent höher al« beim Personenzug, wa» aber für den ganzen Zuglauf nur 7 M. 43 Pf. ausmacht. Der Mehraufwand beim Personcnzug wegen der längeren Jnbetrieb- haltung wird dagegen auf mindesten» 15 M. veranschlagt. E» wird ferner angenommen, daß da« moderne bessere Material de« Schnellzuge« den Oberbau und die Betriebsmittel weniger an greift al« da« alte Material de« Personenzuge«. Man kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß die sächsischen Schnellzüge billiger zu fahren sind al« die Personenzüge. — Einkommen st euer zuschlag. Die Erhebung de« vom Landtag auch für dieses Jahr festgesetzten Zuschläge« von 25 Proz. der Staats-Einkommensteuer aus einen besonderen Ter min (im vorigen Jahre am 15. Juli) hat nicht nur für die SkeucibuchhaltungS- und Kassenbeamten eine ganz bedeutende Arbeit herbeigeführt, ferner auch ganz erhebliche Kosten verursacht, sondern war auch für die Steuerzahler höchst lästig, da besondere Bemühungen verursacht wurden und der Termin aus einen Zeit punkt fiel, an dem schon viele in Sommerfrischen oder aus Sommerreisen sich befanden. Wie da« „S. T." vernimmt, be absichtigt deshalb da» Finanzministerium, die Erhebung de» Zu schläge« in diesem Jahre mit den beiden gewöhnlichen Terminen (30. April und 30. September d. I.) zu verbinden und zwar in der Weise, daß am ersten Termine 13, am zweiten aber 12 Proz. zu dem Normal-Steuerbetrag zugcschlagen werden sollen. E« ist von Wichtigkeit, hierauf hinzuweisen, damit beim Empfange der neuen Steuerzettel die Empfänger nicht in den Irrtum geraten, übermäßig hoch eingeschätzt zu sein. 1. Aiehnng 2. Ak« sie 14S. Ainigk. SLchs. L««»es -F,tterie gezogen am 9. Februar 1903. 40 voo Mark aus Nr. 22089. 30 000 Mark aus Rr. 8532». 10 voo Mark auf Nr. 4878. 5000 Mark aus Nr. 23382. 3000 Mark aus Nr. 7888 58518 72334. 2000 Mar« aus Rr. 15079 17865 SSW» 3823» 3918« 40220 48342 80820 38338 88882 71888. lOOO Mark auf Nr. 7378 18948 27889 49230 83128 8788» 78727 80099 88120 98997 99843. 300 Mark aus Nr. 7034 8908 9899 14883 18887 18779 2339« 28282 29338 29812 33973 38018 38489 39989 47817 48838 49218 49394 31848 38730 80039 88978 70181 72083 73128 77217 77221 78038 79934 8297» 88887 93024 94378 94883 98807. 230 Mark aus Nr. 439 1828 2100 2394 2984 »77» 8377 8828 8803 9178 9438 10804 10782 IIIO» 18184 18388 187II 18030 I8I47 19934 20233 21274 21843 21788 22314 23331 23733 25472 28123 27858 28983 29981 30242 30880 31850 32428 3345» 34II8 »4173 8t»98 38153 38958 37439 37498 38579 39358 40453 40998 42039 42534 42539 43511 44882 45089 45420 48499 48705 47723 49107 49179 50279 50418 51272 5178» 51784 53917 33953 54707 55824 58018 58098 58210 58255 58559 58»»3 59080 80903 »3312 13823 85773 88889 87I7I 70488 710,8 7II10 71409 71464 71803 74281 77418 78247 79219 »4438 85489 88279 88372 88802 90173 90579 91203 91280 91807 91838 92140 94485 95033 95195 95319 95405 95580 97702 99337 99848. Marokko. Land- und Bollsbtlder von vi. Mat 1 hias Korsch. Im Vorvergrunde des Tagesinteresses steht gegenwärtig ein Land Norbwest-Afrikas, das von jeher ein verd der float liehen Wirren und „Volksunruhen" und „Aufstände" war. Es ist das „Sultanat" oder der „Kaiscrstaat" Marokko. Wir wollen in folgender Schilderung dieses Land und seine Bewohner, die heule wieder gegen den Sultan rebellieren, kennen lernen. Marokko ist ungefähr so groß, wie Spanien und Italien zusammen, lieber dem Lande breitet sich ein herrlicher Him mel, wie ein tiefblauer Riescnbaldachm aus. Sengende Sonnengluk brütet über Marokkos Gefilden und schafft dort eine gar eigenartige Natur. Anders ist dort in den lauen Nächten der Sternenglanz als bei uns. Schwellender, üppi ger sind dort die Pflanzengebilde, die im süßen Schmelz der Farben prangen und in lieblichen wunderbaren Formen un ser Auge entzücken. Aber auch die Bäume unserer Heimat findet man in jenem heißen Lande; besonders sind es die herrlichen Eichenwaldungen, die mit ihrem grünen Schimmer jenen Gegenden ein eigentümliches Kolorit verleihen. Oliven wälder ziehen sich allenthalben durch die Landschaft: auch Maisfelder trifft man fast überall; sie geben den Gefilden ein seltsames Gepräge. Mit Vergnügen ruht des Europäers Auge auf den prächtigen, schlankaufstrebenden Palmen, die bald in kleinen Wäldchen, bald in kleineren Gruppen oder einzeln stehen. Ihre Fliederblätter gewähren einen schönen Anblick, zumal, wenn sic im Winde bewegt zittern. Südfrüchte aller Art werden in den einzelnen Gegenden gebaut und dann in den Städten zu Markt gebracht; und so hat die Natur dieses Land reichlich mit dem versorgt, was zu des Leibes Bedarf notwendig ist. Aber wie lall kommt dieser reich spen denden 'Natur der Mensch hier entgegen! Kaum, daß er sich bemüht, die Gaben einzuhcunsen, die sie ihm sozusagen in den Schoß wirft. Durchwandern wir Marokko, so stelle» sich uns prächtige Naturszenen dar. Uns grüßt der schnee bedeckte Atlas, der in den blauen Himmel hineinragt. Vor uns dehnen wildzerklüftete Berge sich aus; auf engen, steilen Pfaden klimmen wir auf den Felsenhängen hinaus. Uns be gegnen Maultierzüge, die gar langsam und bedächtig hinauf, hinab trotten. Wilde Menschengestalten, halbnackt und mit dunklem Gesicht und blitzenden Augen sprengen auf ihren flinken Rossen an uns vorüber. Eseltreiber ziehen an uns vorüber; es sind verdächtige, zerlumpte Gestalten, denen wir gern auswcichen. Auf unserer Wanderung treffen wir hier und da, mitten in der Wildnis der Bergwelt, auch kleine, niedrige StcinhäuSchen, die an den Abhängen wie Raubnester kleben. Und in der Tat hält sich bei, an und auf den Ber gen mancher verwegene Stamm von Räubern auf. Auch an den Küsten, die meist sandig und öde sind, begegnen wir fragwürdigen Gestalten der verschiedensten „Stämme" des Landes. DaS herrschende Element der Bewohner sind die 'Araber. Sic lieben die Freiheit über alles und mögen sich den Launen und Befehlen des Sultans selten oder gar nicht fügen. Zu den von den Ureinwohnern abstammendcn Ein wohnern des Landes gehören die Berber und die schweifenden Kavyleu, die beständig im Aufruhr gegen den Sultan sind. Sic bewohnen die unwegsamen Gebirgsgegenden der Küste und den Atlas, sowie die glutdurchhanchten Wüsten. Die Berber leben meist in Zelten und sind kühne Reiter, aber auch in Dörfern findet man sie; sie halten sich, wenn sie nicht auf Raub aus sind, in kleinen Steinhäuschen ans. Während die Araber gastfreundlich sind, meiden die Berber und Kabyleu jeden Fremden und sehen ihn nicht gerne bei sich. Zn den größeren Städten Marokkos treffen sich alle 'Ab arten des arabischen Menschenschlages, der an imponierender, hoheitsvoller Erscheinung, an Adel der Gesichtsbildung den mongolisch-tatarischen Stamm der Türken weit Übermut. Auf Eseln oder Pferden; seltener auf dem Kamel, zieht der ernste Kabyle daher. Aus dem Innern des Landes kom men die braunen Gestalten der Biskris; sie sind in weite Gewänder gehüllt; auch ebenholzschwarze 'Neger zeigen sich bald da bald dort. Am saubersten an Körper und Kleidung hält sich der Araber, zumal der Araber reiner Abstammung. Er windet streifige oder golddurchwirkte Krepptücher turbanartig um den Fez; oder er schlingt Schnüre von braunem „Kamelgarn" unzählig oft um die blendendweißcn Kopftücher. Sein Bur nus ist von farbig gestreiftem Stoffe oder von feinem Hellen Tuch mit farbiger Seide gestickt. Eine kurze, mit Stickerei bedeckte Zacke, weite Puinphosen von Tuch und die gestickte Gürteltasche, in der kostbare Waffen, Dolche, Messer, kunst voll eingelegt und ziseliert, stecken, vervollständigen den An zug. Unscheinbarer, in dunkle Gewandung sind die Juden gekleidet, während die schwarzen und brauneu Bewohner des Landes mit der primitivsten Kleidung zufrieden sind. Ein Hemd oder ein Schurz um die Lenden, oder auch sonst ein Stück Zeug — meist ein Lappen — genügt ihnen, iyres Lei des Bloße zu bedecke«. Und wie steht es in Marokko mit den Baulichkeiten der Bewohner in Dorf und Stadt? — Wie das ganze Land, so machen auch die Städte einen gar ernsten Eindruck, man merkt, daß der „Verfall" an allem nagt. Die Städte sind