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schien, sagte er zu ihm: „Nimm diesen Gegenstand, bewahre ihn als Andenken, er hat einem Bicekönig gehört, welcher glücklicher war als ich." Die Nordamerikaner haben den Mexikanern die Hinrichtung Kaiser Max's sehr übel genommen. Sie, sagen sie, hätten ihren.furchtbaren Gegner Davis, den Präsidenten der Südstaaten, nach einem blutigen Kriege nicht hingerichtet, sondern auf freien Fuß ge setzt, das hätte ein Beispiel für die Mexikaner sein sollen. Mexico habe der Hilfe Nordamerikas viel zu verdanken und habe dennoch der Fürbitte Nord amerikas kein Gehör geschenkt, — das werde sich rächen. Den Verrath liebt, den Berräther verachtet man. Das hat sich auch an dem Berräther Lopez erprobt. Präsident Juarez hat das Uebereinkommen Escobedo'S mit Lopez, für 3000 Unzen Goldes den Max zu überliefern, für „unwürdig der Republik" erklärt und die Zahlung verhindert. Den republikanischen General Gallardo bat Lopez um Verwendung, daß er in der republikanischen Armee angestellt werde, und erhielt die Antwort: Wenn man mich wegen Ihrer Be förderung befragen sollte, so würde ich rathen, Sie mittels eines Strickes an einen Baum zu befördern. — Seitdem ist Lopez verschwunden. Aus New-Jork vom 13. Juli wird gemeldet, daß Freischaarenzüge in amerikanischen Städten gegen Juarez organisirt werden. Die Regierung der Vereinigten Staaten beabsichtigt eine Intervention in der mexikanischen Angelegenheit. Vermischtes. — Aus Lemberg wird berichtet, daß der Schaden, den die jüngst stattgehabte Überschwemmung nur allein der Carl-Ludwigsbahn zugefügt, auf 3 Mil lionen Gulden veranschlagt worden ist. Die Wieder eröffnung dieser Bahn für den Personenverkehr findet am 29. Juli statt, die des Frachtverkehrs wird nicht vor Mitte September erwartet. — Die Stadt Warschau, welche erst kürzlich von der Weichsel-Ucberschwemmung furchtbar heimgesucht worden ist, wobei viele Hunderte der Einwohner all' ihr Hab und Gut verloren, wird jetzt von der Cholera aufs Neue in Furcht und Schrecken versetzt. Die Zahl der seit Anfang dieses Monats an der Seuche Gestorbenen betrug bis zum 20. Juli 550. — In Köln nimmt die Cholera einen immer drohenderen Charakter an. Es erfolgen täglich 10 bis 12 Todesfälle. Die furchtbare Seuche herrscht namentlich in den von den ärmeren Bolksclassen be wohnten Gassen. - — Bei der Ausstellung her Reliquien in Aachen hat'S im Dome unter den frommen Wallfahrern Prügelei gegeben; die wunderlichen Heiligen hatten sich so in einander verbissen, daß das MUitär sie trennen mußte. Dann warfen sie sich auf die Kniee und beteten. — Auch das AuSwandern nach Amerika hat seine Zeit und die jetzige Zeit scheint nicht die beste. Der Brief eines jungen Böhmen au seinen Vater in der .Bohemia" lautet gar jämmerlich. Der junge Mann hatte drüben gehofft, al» Maurer Arbeit zu finden, müßte über froh fein, daß er Holz zu spalten bÄam. Die Bekannten, die er in Amerika traf und auf deren Beistand er gezählt hatte, sand er alle in großer Noch, und als er einen derselben fragte, warum er denn seinen Leitern geschrieben habe, er lebe in Amerika wie ein Fürst, erwiderte dieser, man brauche zu Hause nicht zu wissen, wie e« ihm hier gehe. „Lieber da heim m Lumpen gehen, als jetzt hierher auswandern", schr« er. Ich wünsche, daß ihr das Elmd vieler Auswanderer-Familien sehet; ich habe nicht so viel Haare auf dem Kopfe, als ich hier schon Thränen darüber vergossen habe, daß ich den lügenhaften Briefen amerikanischer Wichte mehr geglaubt habe als meinen guten Aeltern. — Bei Solingen hat sich ein französischer Luft ballon niedergelassen. Er gehört dem Kaiser der Franzosen, wird unter der Direktion des Astronomen Professors Camille Flamarion zu wissenschaftlichen Reisen und meteorologischen Beobachtungen benutzt und durch den kaiserlichen Aeronauten Eugene Godard geleitet. Nur die lichten Stellen zwischen den Wol ken gestatteten es, den Ballon zu erblicken ; die Insassen der Gondel unterschieden unterhalb derselben drei kleine Wolkenschichten. Der Ballon stieg am Sonn tag Nachmittag 5H Uhr in Paris auf, befand sich während der ganzen Nacht zwischen den Wolken, flog dann in nordöstlicher Richtung von Frankreich über Belgim, setzte seinen Lauf zwischen Holland und Luxemburg fort, passirte den Rhein gegen fünf Uhr und senkte sich etwas später zwischen Solingen und Langenfeld zur Erde. Daselbst blieb das Luftschiff den ganzen Tag über lustgefüllt und Tausende von Menschen strömten bis spät Abends herbei, um das Ungeheuer der Luft auzuschauen. Man glaubte sich auf einem Kirmesplatze zu befinden. Cigarrenver käufer etablirten rasch ihre Tische, Buffets wurden errichtet, Verkäufer und Verkäuferinnen von Erfrisch ungen aller Art sanden sich ein. — Man hat ausgerechnet, daß es unmöglich sei, alle Gegenstände, welche die große Pariser Ausstel lung enthält, während ihrer sechsmonatlichen Dauer zu besehen. Die Aussteller sind 45,000 an der Zahl; angenommen, daß jedem nur fünf Minuten gewidmet werden, was doch ein Minimum ist, so macht das 225,000 Minuten, gleich 3750 Stunden, gleich 156 Tage und 6 Stunden, gleich 5 Monate 3 Tage 6 Stunden, die Tage zu 24 Stunden gerechnet. Nun kann man aber die Ausstellung nur während 8 Stunden täglich besuchen, also brauchte man 468 Tage 6 Stunden, gleich 15 Monate 8 Tage 6 Stunden, dann müßte man aber täglich von der Er öffnung bis zum Schluffe da sein und keine Minute an die sonstigen Schaustellungen, Cafes, Chantants, Restaurants, Bierhäuser rc. verwenden. — Es ist etwas ganz Außerordentliches um den gesteigerten Verkehr und die Vermehrung und Ver besserung der Verkehrsmittel in den letzten 30 Jahren. Don 1842—1860 hat sich die Einfuhr in Belgien um 272 Proc., in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika nm 247 Proc., in England um 237 Proc., in Frankreich um 169 Proc. vermehrt. Die Zahl der Postdampfer und Kauffahrer, welche den Verkehr nach allen HinnnelSgegenden imd zwischen