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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 01.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190201011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19020101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19020101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-01
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Monat
1902-01
-
Jahr
1902
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der erstgenannten Staaten ein Gesetz erlassen worden, da« den Förderungen eine« wirksamen Vogelschutz?« genügen würde. Den unablässigen Bemühungen de« verdienten Bogelschützer« Frhrn. v. Berlepsch und der deutschen ornithologischen Gesellschaft ist e« aber nunmehr gelungen, die maßgebenden RcgierungSkreise in Deutschland von der Nothwendigkeit de« Erlasse« eine« neuen Vogelschutz-Gesetze« zu überzeugen und in Gemeinschaft mit den selben einen Entwurf vorzubereiten, dessen Annahme schon jetzt al« gesichert gelten kann. Neu au demselben und al« wirklicher Fortschritt zu begrüßen sind die Bestimmungen, die da« Verbot der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Vögeln und Vogelbälgcn, so wie de« Krammet«vogel< und Finkensange« betreffen, außerdem die Aufstellung einer Liste schädlicher Vögel. Alle Vögel, die in dieser Liste nicht enthalten sind, werden durch da« Gesetz geschützt. - Südafrika. Die englischen Verluste bei dem Angriss Dewet« aus die Stellung der Engländer bei Twec- fontein betrugen: 6 Offiziere und 52 Mann todt, 9 Offiziere verwundet, 4 Offiziere werden vermißt. Meldungen über die sonstigen Verluste sind noch nicht eingegangcn. — Ein Telegramm Kitchener» gicbt folgende Einzelheiten über den Kamps bei Tweefontein: Major William«, der in Abwesenheit Firma»« den Oberbefehl führte, hatte am südlichen Abhang eine» ziemlich steilen Berge« ein Lager errichtet. Die englischen Vorposten hielten einen Höhenzug besetzt, eine schon von Natur starke Stellung, und hatten sich außerdem noch ver schanzt. E« hat sich ergeben, daß die Buren den Südabhang de« Berge« hinauf geklettert sind und sich in der 'Nähe de« Gipfel« gesammelt haben. Dann haben sie die obenbefindlichen Picket« der Engländer um 2 Nhr srüh plötzlich mit Ilebcrmacht angegrisscn. Bevor noch die im Lager befindlichen Engländer au« ihren Zelten herau«kommen konnten, stürmten die Buren schon durch da« Lager und schossen die Leute nieder, wie sie au« den Zelten herauSstürztcn. Die englischen Offiziere schossen in dem Bemühen, dem Ansturm Einhalt zu thun, aber die Buren waren zu stark und hatten, nachdem einmal die Picket« überwältigt waren, alle Vortheilc für sich. Die Zahl der Gefallenen, der Verwundeten und der jetzt in ElandSrivcr Bridge in Sicherheit befindlichen Engländer beträgt etwa die Hälfte der ganzen Kolonne; die klebrigen sind gefangen. Ein britischer Offizier, der ent kommen ist, berichtet, er habe zwei Wagen mit getödtetcn und verwundeten Buren gesehen. Zur Verfolgung der Buren war leichte Kavallerie abgegangen. Es ist jedoch den Buren gelungen, in durchbrochene« Gelände zu kommen. Und nachdem die Buren einmal den Langberg erreicht hatten, waren die Engländer nicht mehr im Stande, in solchem Gelände und gegen überlegene feind liche Streitkräfte irgend etwas auszurichten. — Lord Kitchener meldet aus Johannesburg vom 29. Dezember: Die bei Twcesontein von den Buren gefangen genommenen Engländer sind wieder freigclassen worden und heute in Bethlehem eingetrofsen. — Marokko. Tanger, 30. Dczbr. Eine Wasser hose ging über Safir nieder und bedeckte die niedrig gelegene Stadt mit einer bis 3 Nieter steigenden Wasscrmengc. Das Unwetter währte 10 Stunden. Sämmtliche Läden in den Haupt straßen wurden zerstört und die Maaren nach dem Meere zu geführt. lieber 200 Menschen sind ertrunken, Europäer befinden sich nicht darunter. Das Zollhaus und die Zollspeicher sind vollständig fortgesckwcmmt. Der Schaden ist sehr bedeutend. — China. Peking, 30. Dezbr. Meldung de« „Reuter scheu Bureau«." » 2000 Mann chinesische Truppen sind am letz ten Freitag in Peking eingezogen. Alle Schutzwachen für die Gesandtschaften, mit Ausnahme der amerikanischen, haben jetzt Artillerie. Da« Programm de« Eintreffen« de« kaiserlichen Hofe« bestimmt, daß der Kaiser von Paotingsu mit Sonderzug hierher komme. Ein zweiter Zug bring» die Kaiserin Wittwc nach Peking, wo sie vom Kaiser aus dem Bahnhof mit großen Ehren empfangen werden wird. Locale und sächsische Nachrichten. — 'Eibenstock, 30. Dezbr. Die Gesellschaft „Freundschaft" feierte am 28. und 29. Dczbr. er. da« Fest ihre« äOjährigcn Bestehen«. Der erste Abend brachte eine Vorfeier, bestehend in musikalischen und gesanglichen Darbietungen durch die ver stärkte Oescr'schc Kapelle und den gemischten Gesangverein in der Gesellschaft Freundschaft, Prolog, Festrede und Aufführung der komischen Operette „Zweierlei Tuch". Außerdem fand aber noch eine besondere Auszeichnung der sechs ältesten GescllschaftS- Mitglicder, welche dem Verein seit 3b—bO Jahren angehören, durch Verleihung der Ehrenmitgliedschast skat». Es sind die«: Herr Thierarzt Gottlieb Ernst Tamm und Frau Ernestine verw. Louis Unger (beide seit Bestehen der Gesellschaft Mitglieder), Herr Musikdirektor Gustav Oescr, Herr Zinngießermcister Ernst Flach, Frau Marie verw. Bretschncider Wolfsgrün und Herr Kaufmann Richard Rau. Den anwesenden Ehrenmitglie dern wurde ein schön auSgeführtc« Diplom überreicht, der durch einen Bcinschadcn abgchaltenen Frau Bretschncider wird dasselbe noch nachträglich überreicht werden. Der 29. Dezember, al« Hauptsesttag, wurde durch einen stark besuchten Spciseball gefeiert, an welchem sich 232 Personen bctheiligtcn. Der Verlaus des selben, welcher durch zwei herrliche Tafellieder und eine große Zahl von Toasten verschönt wurde, gab Veranlassung, nicht nur der Ehrenmitglieder, sondern auch der Vorstandsmitglieder für die gehabten Mühen lobend zu gedenken. In erster Linie gebührt die Anerkennung dem vielfach bewährten Vorsteher Herrn Kauf mann A. Wedelt, der in unermüdlichster Weise sich nicht nur der Pflichten eine« umsichtigen Vorstehers mit großem Geschick unterzogen, sondern auch die Gesellschaft zu großer Blüthe ge bracht hat. Ein bei Kiefer Feier verabfolgtes Erinnerungsblatt in Buchform enthält nicht nur ein erschöpfendes Programm de« Feste«, sondern auch eine kurze Ehronik der Gesellfchast seit Be ginn ihres Bestehen«. Wenn wir nun noch der guten Küche und Weine beiüt Festmahle gedenken, so können wir den Aus spruch nicht untcrlasjcn, daß da» seltene schöne Fest in herrlich ster Weise verlausen ist. Möge die Gesellschaft „Freundschaft" noch lange Jahre blühen und gedeihen! — Eibenstock. Unterm 28. Dezbr. erhalten wir folgende Zuschrift: In der heutigen Nummer Ihre» w. Blatte« befindet sich eine Notiz betreff« Umschreibung von Fahrkarten auf hiesiger Station, die wohl nicht ganz richtig sein dürfte. Ersten« waren wir früher nicht berechtigt, Fahrkarten von einer anderen Station umzuschreiben, wie angegeben und zweiten» haben diejenigen Reisenden, die im Besitze einer Rückfahrkarte Zwickau-Schönheide oder Ober-Schönheide sind und von hier die Rückreise antreten wollen, eine Rückfahrkarte Eibenstock-Bockau nachzulösen, da die überschicßenden Kilometer der längeren Strecke nachzuzahlen sind. Also ohne Nachzahlung geht die« nicht. Die Strecke Zwickau- Schönheide odcr Obrr-Schönheide beträgt 3k> lein und die dcrgl. Zwickau-Eibenstock über Aue 48 km, demnach die Hälfte von 13 7 kni — l Rückfahrkarte Eibenstock-Bockau. — Eibenstock. Da« scheidende Jahr hat unserer Bürger schule mancherlei schöne Zuwendungen gebrach», unter Anderen auch die neueste Auflage von Meyer» Konversationslexikon in Prachtausgabe. E« wird hierdurch allen den edlen Schenkgebern der herzlichste Dank zum Ausdruck gebracht. Möge auch im kommenden Jahre unsere Anstalt sich de» Wohlwollen« vieler Freunde und Gönner erfreuen — Eibenstock. Der Assessor beim hiesigen Kgl. Amts gerichte, Herr ltr. jur. Grüllich wird vom I. Februar 1902 ab an da« Kgl. Amtsgericht Zittau versetzt; dagegen wird dem hiesigen Kgl. Amtsgerichte vom I. Januar >902 ab Herr Assessor Freiherr von Bernewitz, bisher beim Kgl. Amtsgerichte Seb nitz, zugewiesen. — Wilden thal. Bei einer am l. WeihnachtSfciertage von Wildenthalcr Einwohnern nach Hirschcnstand unternommenen Schlittenfahrt kam c« in Hirschenstand mit dortigen jungen Leu ten vor der Passig'schen Gastwirthschast zu einer großen Schlä gerei, ivobei auch da« Messer eine Rolle spielte. Waldarbeiter P. au« Wildcnthal wurde hierbei durch drei Stiche in« Gesicht und l in die Brust, seine ihm zu Hilfe eilende Frau durch drei Stiche in den rechten Arm verletzt, sodaß sich beide in ärztliche Behandlung begeben inußten. — Dresden, 29. Dezbr. Ihre Majestäten der König und die Königin besuchten heute Vormittag den Gottesdienst in der katholischen Hoskirche und nahmen Nachmittag« 5 Nhr an der Familientafel bei dem Prinzen und der Prinzessin Johann Georg in der Parkstraße Theil. — Grimma, 28. Dezember. In dem benachbarten Orte Grcchwitz brachen gestern Nachmittag vier Schulmädchen im Alter von 7—lO Jahren durch da« Ei« de« DorftcicheS. Zwei herbei eilende Studenten brachten ein« der Mädchen lebend ans Land, die drei andere» wurden todt au« dem Wasser gezogen. — Zwickau, 27. Dezember. Heute Nachmittag in der zweiten Stunde tummelten sich auf dem Teich hinter dem E. G. Falck'schcn Stcinkohlenwerk in Bockwa eine Anzahl Knaben. Hier bei brach die dünne Eisdecke und die ö Knaben Grießbach, Floß, Vogel, Groß und Brückner, die im Alter von 10 bi« zu 12 Jahren standen, ertranken. — Zwickau. Seit Mitte dieses Monats ist der Gc- mcindcvorstand des benachbarten Orte« Eckersbach, Paul Ehrler, spurlos verschwunden. Derselbe ist verheirathet und Vater mehrerer Kinder. Seiner Angabe nach wollte er eine Geschäftsreise nach Johanngeorgenstadt antreten ; er ist auch vom Zwickauer Bahnhof abgefahren, aber am Bestimmungsort nicht eingetrosfen. Die Nachforfchungen nach seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort sind erfolglos geblieben. Während man erst an nahm, daß ihm ein Unglück zugestoßen sei, taucht neuerdings da« Gerücht aus, daß er sich an amtlichen Geldern vergriffen und auch sonst noch Unregelmäßigkeiten begangen habe. Er soll Urkunden fälschungen und Unterschlagungen von gegen 40,000 Mark amt licher Gelder begangen haben und man nimmt an, daß er bereits über das Wasser entkommen ist. — Scheibenberg. Auf schreckliche Weise verunglückte da« fünfjährige Töchterchen eines hiesigen Jnstrumentcnmachers, c« fiel mit einer 20 ein langen Fransendrchnadel so unglücklich vom Stuhle, daß ihm diese tief in den Hals eindrang. Da« Kind wurde in da« ItadlkrankenhauS gebracht, und hier gelang es unter Assistenz eine« herbeigerufcncn zweiten Arzte«, nachdem vom Nacken her auf die Spitze der Nadel eingeschnuren und der am freien Ende befindliche Blciknopf abgefeilr worden war, die Nadel durch den Hals hindurchzustoßen und mit einer starken Zange au« der Einschnittösfnung herauSzuzichcn. Obwohl große Gefäße und auch die Speiseröhre mit verletzt waren, befindet sich da« Kind bi« jetzt fieberfrei und der Arzt hofft, e« am Leben zu erhalten. — Aucrbach, 27. Dezbr. Eine Gemeinheit sondergleichen ist in vergangener Nacht hier verübt worden, indem Bubenhände unser Bismarckdenkmal in recht erheblicher Weise be schädigt haben, und zwar ist der von der Statue in Stütz ge haltene Säbel bis zur Hälfte abgebrochen worden. Die Gemeinde Untersachsenbcrg steht gegenwärtig im grellsten Gegensatz zu den allgemein ungünstigen Gcldvcrhält- nissen. Während bereits allen Steuerzahlern der letzte Termin der Centralsteucr erlassen werden konnte, womit denselben eine unverhoffte Wcihnachtsfreute bereitet wurde, ist auch sämmtliche» Gemeindebcamten eine Gehaltsaufbesserung zugebilligt wurden. Die erste deutsche Ia-ne. Eine Erinnerung an Reujapr I8S4 (historisch) von Friedrich Sieck. Mit dem Tode Friedrich Vis. von Dänemark ging die Däncnherrschaft in den Herzogthümcrn Schleswig-Holstein zu Ende. Der Regierungsantritt König Christian« IX. hatte den Einzug der deutschen BundeStruppcn in die Elbherzogthümer zur Folge. In den Tagen zwischen Weihnacht und Neujahr 1864 ver ließen die Dänen die Hcrzogthümer, um in dem für die damaligen Verhältnisse riesigen Dänemark Posto zu fassen. Aber wie zogen die Dänen ab? Mit einer Hast und Eile, al« würden sie von Furien verfolgt. Nun, Furien waren es nicht, die sie trieben, wohl aber die deutschen BunbeStruppen, Sachsen und Hannoveraner. Da« sonst so stille und freundliche Dorf W ... an der Heerstraße in Mittel-Holstein, wo damals noch ein Zug echt patriarchalischer Gemüthlichkeit herrschte, war stark in Aufregung gerochen, die sich stündlich steigerte im Anblick immer neuer Ab- khcilungen dänischer Truppen, die da« Dorf odcr die nächste Um gegend auf ihrem Abzug passirten. Bor den Thüren und auf der Straße sah man in größeren und kleineren Gruppen die Dörfler zusammen stehen, die sich bald zu einer großen Gruppe aus freiem Dorsplatz vereinigten, um Hinrich Sievers, dem wackeren Kämpen von 1848/bo, zuzuhören. Sicver« war von mittelgroßem Körperbau. Aus ocn beiden Schultern ruhte ein Kops, der außergewöhnliche GcisteSsähigkcit verrieth. Um die hohe, gewölbte Stirn legte sich ein seideweiches Flachshaar in romantischer Unordnung und unter den buschigen flachsfarbigen Brauen blitzten ein Paar Augen, in welchen es nur so wetter leuchtete, wenn er angesichts der abziehenden Dänen die Schlachten episoden au« dem Kriege 1848/bO mit glühenden Worten schilderte und von der Befrciungsstunde prophetisch sprach, die jetzt anbrechen werde für da« Vaterland Schleswig-Holstein. Man sah c« ihm alsdann wohl an, daß die Morgcnröthe einer schöneren Zeit be reit» die Schwingen seine» Geiste» gestreift hatte. Vor seinem Geistesblick sah er wohl da» mächtige deutsche Kaiserreich in seiner ganzen Herrlichkeit entstehen, wie e» jetzt vollendet vor un« steht, alle deutschen Stämme zu einem großen, mächtigen deutschen Volksstamm zusammensassend, worüber der deutsche Saiseraar krastbcwußt seine Kreise zieht. Unter dem Gesang der Lieder: „Schleswig-Holstein meer umschlungen" und „Reich mir die Büchse von »er Wand" be wegte sich in der Dämmerstunde der Zug patriotischer Männer in den Dorfskrug. Im Nu war ein steifer Punsch gebraut und al» die gewaltige Bowle dampfeftb-ullk ökkl Tifillkam, brausten fianckasbibliotstalk - ( r 4 1^2 - Hurrah» über Hurrah» durch Len alterthümlichen, behaglichen Raum und fanden immer und immer wieder ihren Ausklang im Schle-wig-Holstein-Lied. Ein unbestimmte« Vorgefühl, »aß c« nunmehr für alle Zeiten mit der Dänenherrschast in Schleswig-Holstein au« sei, schien jede Brust zu schwellen und den Ton anzuschlagen, der un» jetzt in „Deutschland, Deutschland über Alle»" entgegen klingt. Während man noch der Bowle — ich erinnere mich nicht der wievielsten — wacker zusprach, verbreitete sich auf einmal da« Gerücht, daß in der Nachbarschaft beim Ab- und Durchzug der Dänen dänische Fahnen auSgehängt worden seien und man den Dänen ein „Auf Wiedersehen!" nachgerufen habe. Gab da« aber ein Hallo! Wuthentbrannt waren die Kampf genoffen von 1848/bO, entrüstet die anderen Patrioten über ein solch' undeutsches Wesen. „Jung« holt fast!" ries Siever», und im brausenden Chorus wiederholte sich der Wachrnf Schleswig-Holstein». „Dahin! — Dahin! — Und — — —" die Hände ball ten sich — „Ruhig, Jungs!" beschwichtigte Siever«. Man schwieg und horchte. „In einer Zeit," begann Sievers mit imponirender Ruhe, „wie die jetzige, wo e« mit der einen Landesherrschaft zu Ende und eine neue LaudeSherrschaft noch nicht proklamirt ist, sind wir un« eigentlich selbst überlassen und könnten in un« unbequemen Fällen Gebrauch von unserem Faustrccht machen. Aber da« wäre einer zivilisirten, ordnungsliebenden Bevölkerung un würdig. Ordnung muß herrschen, aber auch Patriotismus geübt werden! Daher schlage ich vor, wir marschiren in militärischer Ordnung hinüber in da« Nachbardorf und suchen solche undeutsche Männer zu strafen durch unsere Verachtung." Der Vorschlag fand Zustimmung, wenn auch einige Hitzköpfe gern ander« in« Geschirr gegangen wären. In kurzer Zeit war der Zug formirt. „Schleswig-Holstein meerumschlungen!" schallte cs weithin durch die Stille der Winternacht. „Wer übernimmt da« Kommando?" „Ich bin der Mann!" „ES lebe der Hauptmann! Hurrah!" Der Führer der Truppe trug einen weißen Maurerkittel, eben solche Hose und Mütze und zog anstatt de« Schwerte» einen riesigen Zaunpsahl. Diese urkomische Erscheinung war darnach angethan, den Humor zu wecken, der dann auch bald zum Durchbruch kam und lustig weitersprudeltc. Da« Nachbardorf war bald erreicht. Aber nirgend« war eine Spur von einer dänischen Fahne zu finden. (Später hörte man, daß die dänische Fahne rechtzeitig cingezogen worden sei.) Nachdem im Gasthause des Nachbardorfes noch eine Bowle unter patriotischen Reden und Gesang geleert worden war, kehrte die Truppe wieder heim in ihren Hcimathskrug. Hier wollte man nun aber, unbekümmert darum, ob «och weitere dänische Truppenzügc daran Anstoß nehmen könnten, seiner patriotischen Stimmung Ausdruck geben durch die Schleswig- Holsteinischen Landesfarben. Ja, nun aber war Holland in Noth. Eine dänische Fahne hatte man bei der Hand, aber woher jetzt das „Blau" zu dem „Weiß-Roth" nehmen? Schlimme Lage das! Ob der Mangel an blauem Stoff, oder eiue gewisse, durch den steifen Punsch verursachte Farbenblindheit in Betracht ge kommen war — ich weiß e« nicht und lasse daher diese Frage offen. — Eins aber weiß ich: Am nächsten Morgen wehte an hoher Flaggenstange stelz und frei in blauer Lust eine Schwarz-Weiß-Rothc Fahne. — Die erste deutsche Fahne. — — — — — Mil dem Schleswig-Holsteinischen Feldzüge 1864 begann Bismarck« Einigungswerk. — — Wie seltsam! — Biele dieser wackeren, alten Patrioten haben die Auferstehung des deutschen Kaiserreiches nicht mehr erlebt. Aber vom Kirchthurm herab, hinter dem sie ruhen, weht bei patriotisch-festlichen Vorgängen die Schwarz-Wciß-Rothe Reichs fahne. — Dann geht leise — leise ein Raunen, ein Flüstern wohl über die Gräber der wackeren Patrioten und wie Geistersang klingt e«: „Deutschland, Deutschland über Alle«!" Vermischte Hlachrichten. — Königliche NcujahrSwünsche aus alter Zeit. In früheren Zeiten wurden am NeujahrStage außer der Parole noch besondere königliche Parole-Befehle an die Offiziere auS- gegeben, unter denen diejenigen au« der Zeit Friedrichs de« Großen die Verhältnisse der damaligen Zeit scharf beleuchten. Ein solcher vom Jahre 1781 lautet: „Ihre Majestät der König lassen allen Herren Offizieren zum neuen Jahre gratuliren, und die nicht so sind, wie sie sein sollen, möchten sich bessern." Am 2. Januar 1783 wird folgende charakteristische Gratulation bekannt gegeben: „Ihre Majestät der König lassen allen guten Herren Offi ziers vielmals zum neuen Jahre gratuliren uNd wünschen, daß sich die übrigen so betragen, daß Sie künftig ihnen auch gratuliren können." — Ein Weiberduell. Da« Stubenmädchen Susanne Annucia und die Köchin Margarethe Durban in Pest waren in heftiger Liebe zu einem und demfelben Husaren-Korporal ent brannt, der seinerseits Beiden herzlich zugethan war, wa« jedoch keineswegs nach dem Geschmack der beiden war. Da Jede von ihnen sich des ausschließlichen Besitze« de» Geliebten erfreuen wollte, beschlossen sie, die Angelegenheit auf dem Wege de« Zwei kampfes zu erledigen; die unterliegende Partei sollte gleichzeitig zu Gunsten ihrer Nebenbuhlerin aus den schneidigen Marssohn verzichten. Da« Duell fand Sonnabend Morgen aus der Aeuße- ren Kerepescrstraße statt; als Waffen dienten: Kochlöffel, Tran- chirmesser, Reibeisen und sonstige Küchenrcquisilen. Auch Se kundanten — beiderseitige Freundinnen — waren zur Stelle. Vorsorglich hatte man gleich zu Beginn de« Zweikampfe» um die freiwilligen Retter telephonirt, deren Anwesenheit »hatsächlich nüthig war, denn sie fanden bei ihrer Ankunft die beiden Rival innen au» zahlreichen Wunden blutend vor. Beide wurden in da» Rochusspital befördert. — Ein Weib, welche» da» eigene Kind »er hungern ließ, wurde in Köln zu 19 Monate» Gcfängniß »erurtheilt. Nach Aussage de« Arzte» hat da« einhalbjährige Sind unter dem fortwährenden Mangel an Nahrung so gelitten, daß die Muskulatur gänzlich geschwunden, und der Körper, über dies noch mit Wunden bedeckt, schließlich nur noch Haut und Knochen war. Durch Zeugen wurde auch fcstgcstellt, daß da» vergnügungs süchtige Weib da« Kind thatsächlich so vernachlässigt hat, daß e« verhungern mußte. — Von seinem eigenen Kinde hat sich der Tuch fabrikant Püschel in Spremberg erschießen lassen. Er war in mißliche BermögenSverhältniffe gerathen und beschloß, freiwillig au» dem Leben zu gehen. P. lud sein Jagdgewehr mit einer Kugel, hielt
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