Volltext Seite (XML)
6 ZUSAMMENFASSUNG Vorliegende Untersuchungen hatten zum Ziel, die mineralogisch-lagerstätten- kundliche Situation des Selenidvorkommens von Tilkerode im Harz zu erfassen und daraus die Genesis der Selenide abzuleiten. Es konnte gezeigt werden, daß zur Bildung der Selenidmineralisation vom Typ „Tilkerode“ zwei Bedingungen notwendig waren: 1. Das Vorhandensein einer hydrothermalen Lösung mit hohem Oxydations potential und 2. das Vorhandensein einer seien- bzw. insgesamt spurenelementreichen Fazies (Nebengestein), mit der die Hydrothermen in Stoff austausch treten und Stoffe mobilisieren konnten, an denen sie selbst untersättigt waren. Durch das im Anfang hohe Oxydationspotential der Tilkeröder Hydrothermen, die Selen, Schwefel und die Mehrzahl der für die Selenidbildungen notwendigen Elemente primär nicht enthielten und aus dem spurenelementreichen Graptolithen- schiefer auslaugten, wurde ermöglicht, daß sich vorerst nur Oxyde (Eisenglanz), bei steter Abnahme des Oxydationspotentials der Lösung später Selenide (Born- hardit, Tiemannit, Naumannit, Clausthalit u. a.), schließlich aber Sulfide (Pyrit, Markasit) abschieden und eine Trennung des Selens vom Schwefel herbeigeführt. Zur Klärung der Herkunft der für die Selenidmineralisation notwendigen Element mengen wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Diese bestätigen, daß ein Bezug der Elemente aus einer beiderseits vom Gangsalband sich befindenden, je 1 m breiten Auslaugungszone möglich ist, zumal die Selenidbildungen nur 0,02 bis maximal 0,05% der Gesamtabscheidungen, die im wesentlichen aus Eisenglanz und Karbonspäten bestehen, ausmachen. Es ist anzunehmen, daß die Hydrothermen als Restlösungen letzten Intrusiva des varistisch-initialen, simatisch-hybriden Magmatismus entstammen und genetisch mit submarinen Exhalationen verwandt sind, die an anderen Orten Roteisenlager stätten gebildet haben. Das Roteisen-Selenid-Sulfid-Vorkommen von Tilkerode stellt zusammenfassend eine meso- bis epithermale Bildung simatisch-hybrider Restlösungen dar, wobei die Stoffherleitung teils primär-aszendent erfolgte (Eisenglanz, Karbonspäte), teils durch laterale Mobilisation (Selenide, Sulfide). Wie paragenetische Untersuchungen gezeigt haben, sind eine Reihe von anderen Harzer Selenidvorkommen der Mineralisation von Tilkerode verwandt. Dies gilt besonders für Zorge und Lerbach, auch für die Funde vom Trogtal. Obwohl die Selenide in Clausthal und Andreasberg zusammen mit Sulfid- bzw. Arsenidver-