2 ZUR GEOCHEMIE DES SELENS Auf Grund der Stellung des Selens im Periodischen System ist sowohl dessen chemisches als auch geochemisches Verhalten mit dem des Schwefels eng verknüpft. Es ist insofern aufschlußreich, nicht nur das Verhalten des Selens im Kreislauf der Elemente für sich, sondern in Beziehung gesetzt zum weitaus häufigeren Schwefel zu betrachten. Diesen Überlegungen tragen die seit Goldschmidt gebräuchlichen S/Se-Verhältniswerte Rechnung. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Gehalte an Schwefel und Selen in der Lithosphäre. Tabelle 1. Übersicht über die Gehalte der Elemente Schwefel und Selen in den oberen Teilen der Erdkruste Bereich Schwefel (g/t) Selen (g/t) S/Se nach Fersman (1933—1939) (aus Saukow, 1953) Erdrinde 1000 0,8 1250 nach Goldschmidt (1954) Lithosphäre 520 0,09 5800 nach Noddack und Noddack (1930) Erdrinde 500 0,8 625 nach Rankama (1952) Eruptiva 520 0,09 5800 nach Winogradow (1954) Lithosphäre 500 0,6 830 Infolge der quantitativ noch ungenügenden Untersuchungen und der mangelnden Übersicht über den Selengehalt einzelner Gesteine wird die Clarkezahl des Selens von den einzelnen Autoren verschieden angegeben. Wahrscheinlich hegt der wahre Wert des Selengehaltes in den oberen Teilen der Erdkruste zwischen den von Noddack und Noddack angegebenen höchsten und den bei Goldschmidt zitierten niedrigsten bei ca. 0,1 g/t. Unter Annahme einer Clarkezahl für Schwefel von 500 bis 600 beträgt das Schwefel-Selenverhältnis in der Lithosphäre etwa 5000 bis 6000. 2.1 DAS GEOCHEMISCHE VERHALTEN DES SELENS IN ENDOGENEN PROZESSEN Durch die Ähnlichkeit der Radien der zweiwertig negativen Ionen von Schwefel (1.74 Ä) und Selen (1.91 Ä) bedingt, vermag Selen als Selenidion in Sulfide einzu treten und sich dort zu tarnen (Goldschmidt und Hefter, 1933). Auch dann, wenn homöopolare oder metallische Bindungskräfte vorliegen, kann Selen den Schwefel vertreten, da die gleichfalls ähnlichen Atomradien (r s = 1.04 Ä; r se = 1.14 Ä) 1 eine Diadochie ohne weiteres erlauben, zumal der tatsächliche Ersatz des Schwefels 1 Atomradien in tetraedrischen Strukturen (KZ — 4) (nach Pauling).