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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 26.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190007261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000726
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000726
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-26
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Monat
1900-07
-
Jahr
1900
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Eine ungeheure Menschenmenge im Hasen halte den deutschen Soldaten eene warme AbichiedSkundgebung bereitet. Die Ver treter der Militär- und Civilbchörden, iowie zahlreiche Offiziere der Garnison hatten sich an Bord von den Offizieren der Ab- Iheiiung verabschiedet. Schon am vorhergehenden Tage war dem Kommando bei seiner Ankunft ein glanzender Empfang be reitet worden. — Serbien. Die Verlobung Le» jungen Serben könig» mit der Wiltwe Drago Maschin wirbelt in Serbien viel Staub aus. Nach den verschiedenen Angaben wird die Braut al« „Hofdame", .intime Freundin" Natalien« genannt; sie ist 15 Jahre älter al« ihr Verlobter. Vater Milon, der vorher keine Ahnung von ter Sache hatte und erst durch die Proklama tion seine« Sohne« Kenntniß von der Verlobung erhielt, hat sofort telegraphisch sein Oberkommando über die serbische Armee niedergelegt. Serbien ist ohne Ministerium, die Minister haben nach Einreichung ihre« Entlassungsgesuch« sich weiter zu amtiren geweigert. Den jungen König, der schon zwei Staat«streiche mit bestem Erfolge binter sich hat, ficht da« weiter nicht an. — China. Au« China liegen auch heute nur Nachrichten vor, welche besagen, daß die Fremden in Peking noch am Leben seien. Wir verzeichnen davon die folgenden: London, 24. Juli. Der englische Konsul in Tientsin telegraphirl unterm 21. Juli: Ich erhielt heute von Macdonald au« Peking einen vom 4. Juli dalirtcn Bries, worin Macdonald Hilfe erbittet und mittheilt, e« seien noch hinreichend Lebens mittel für 14 Tage vorhanden, die Garnison werde sich aber nicht mehr lange gegen den heftigen Angriff halten können. 44 Mann seien todt, die doppelte Anzahl verwundet. New-Jork, 24. Juli. Die „World" meldet au« Schang hai, Li-hung-tschang habe in einer Unterredung erklärt, die Mit glieder der Gcsandtschastcn in Peking seien am Leben, doch würde der Vormarsch der Verbündeten nach Peking wahrscheinlich der Vorläufer de« Tode« aller Weißen in Peking sein. Li-hung-ischang würde imstande sein, mit weniger al» 20,000 weißer Truppen die Ordnung wieder herzustellen. — Vom südafrikanischen Kriegsschauplatz. Da« Gefecht vom letzten Sonnabend in der Nähe von Middelburg muß einen für die britischen Truppen sehr ungünstigen AuSgang gehabt haben, denn auch heute noch wird e« von Lord Robert« beharrlich todtgeschwiegen oder wa» noch wahrscheinlicher ist, die amtliche Meldung darüber wird von dem Londoner KriegSamt unterdrückt. Dagegen hat man nach der bereit« bekannten Ge wohnheit, die zu üben sich häufig genug für die Engländer Ge legenheit bietet, wieder einmal die Veröffentlichung einer Nach- ricdt au« dem Hauptquartier der Buren in Machadodorp zuge lassen, die sich augenscheinlich nur aus da« in Rede stehende Ge fecht beziehen kann. Danach wären in den Tagen vom 20. bi« 22. Juli, also vom Freitag bi« Sonntag, bei Derdepoort, öst lich von Pretoria, 400 britische Soldaten gefallen und am 23. Juli 250 Gefangene nach Machadodorp gebracht. Die Nachricht, daß die Gemahlinnen de« Präsidenten Krüger, de« Oberbefehls haber der Buren Generals Loui« Botha und de« Generals Meyer mit 600 anderen Frauen und Kindern in denselben Tagen Pretoria verlassen und sich nach Barberton, Endstation einer in südwestlicher Richtung von der Delagoa Bahn abgehenden Zweig bahn, etwa 80 Kilometer westlich von der Grenze de« portugie sischen Gebiet«, begeben haben, läßt vermut hen, daß die kamps freudigen und angriffSlustigcn Buren jetzt sogar einen Anschlag gegen die britische Besatzung von Pretoria im Sinne haben. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Allgemeine Erzgebirgische Aus stellung in Zwickau i. S. (22.—30. Seplbr. d. I.) Wir machen auf da« Inserat in unserer heutigen Nummer auch an dieser Stelle besonders aufmerksam. Die von dem Rathe der Stadt genehmigte Ausstellung, so schreibt man un« au« Zwickau, findet statt inmitten de« Stadlparke«. Den Ehrenvorsitz hat Herr Oberbürgermeister Keil übernommen, während der Herr «tadt- rath und Landtagsabgeordnete Heitzig den Vorsitz de« gcschäft«- sührcnden Ausschusses führt. Die Eröffnung findet am 22. Septbr. präci« 12 Uhr in feierlichster Weise statt. Der geschäftsführende Ausschuß wird alle Kraft daransetzen, eine in jeder Beziehung würdige und hervorragende Ausstellung zustande zu bringen. — Schönheide. Am Sonnabend feierte der Schuhmacher und ehem. Nachtwächter Franz Loui« Fuchs mit seine: Ehesrau Christiane Wilhelmine geb. Schlottig im Kreise ihrer Kinder, Enkel und sonstiger Verwandten und Freunde da» goldene Ehe- Jubiläum. Das Jubelpaar wurde Vormittag durch Herrn Ge meindcältesten Fabrikbes. Oschatz Namen« der Gemeindevertretung beglückwünscht und Nachmittag» durch Herrn Pastor Hartenstein feierlich eingescgnet. Möge dem Jubelpaare ein recht heiterer Lebensabend beschieden sein. — Hundshübel. Den Eheleuten Carl Friedrich Bret sch neid er und Albertine geb. Markert von hier, welche am 21. Juli ihre goldene Hochzeit feierten, wurde nach Beendigung de» VormittagSgottcSdiensleS am vergangenen Sonntag bei Ge legenheit der kirchl. Einsegnung de» Jubelchepaarc« im Auftrage de« LandeSconsistorium« eine Ehrcnbibel durch den OrlSpfarrcr überreicht. — Johanngeorgenstadt, 24. Juli. Am Freitag wurde in der Bauer'schen Holzschleiserei am Schwarzwasscr im Böhmisch- Brettmühl der 16 Jahre alte Arbeiter Egerer von einem Treib riemen ersaßt, herumgeschleudert und so schwer verletzt, daß nach wenigen Minuten der Tod eintrat. — Dresden, 22. Juli. Der sechste deutsche Babels berger Stenographcntag wurde heute in Gegenwart de« Prinzen Georg von Sachsen durch eine Festsitzung eröffnet. An wesend waren 2000 Personen. Nach den üblichen Begrüßungs reden erstattete der BundeSvorsitzende, Herr Prof. Ilr. Clemens, kurzen Bericht über die Thäligkeit de« Bunde« von 1895—1900. Al« vor fünf Jahren der Stenographentag in Wien stattfand, umfaßte der Bund 670 Vereine mit 22,000 Mitgliedern; heute seien 1420 Vereine mit 50,000 Mitgliedern vorhanden. Ein gleich günstige« Zahlenverhältniß zeige die Theilnehmcrzahl an diesem Stenographentage gegenüber dem vorhergehenden. Hier nach erfolgte eine allseitig äußerst beifällig aufgenommenc Hul digung für den Bundcrvorsitzenden Pros. Oi. Clemens, dem der Bund einen prachtvollen Tafelaufsatz überreichte. — Meißen, 22. Juli. Da« Krei«vorturner-Tui- nen de« Turnkrcise» Sachsen hat, vom Wetter begünstigt, einen prächtigen Verlaus genommen. An dem Begrüßung«abend, der am Sonnabend in der Geipclburg stattfand, beiheiligten sich etwa 2500 Turner. Stadtrath Hofmann begrüßte in Vertretung de« beurlaubten Bürgermeister« die Turner im Namen der Stadt. An dem Festzug, der sich heute Mittag durch die festlich geschmückte Stadt bewegte, nahmen ca. 3500 Vorturner theil, die etwa IM Fahnen mit sich führten. Vom Balkon de« Rathhause« hielt Stadtrath Hofmann eine Ansprache an die Fcsttheilnehiner, welche mit einem Hoch aus die Ideale der deutschen Turnerschaft schloß. Heute früh hatte auf dem Schützenplatz da« Turnen begonnen; zu allgemeinen Kculenübungcn traten in zwei Abhei lungen 1400 Turner an. — Plauen, 21. Juli. In schrecklichem Zustande wurde gestern Abend der Reservesuhrcr Lehmann der hiesigen elektrischen Stra ßenbahn noch lebend im hiesigen Poppenmühlenteiche ausgcsunten. Der Mann, der seit Mittwoch vermißt wurde, will am Donnerstag früh von einem Felsen de« Tenneraberge« abgestürzt sein und dort nahezu zwei Tage bewußtlos im Gesträuch gelegen haben. In einer starken Wunde am Hintcrkopse saßen viele Würmer. Al« der Mann wieder erwacht war, hat er sich bi« an den Poppenmühlcnteich geschleppt und ist dann in diesen gefallen, au« welchem er von dem Wagenführer Klopfer, der zufällig an jene Stelle kam, gezogen wurde. Lehmann, der auch einen Arm bruch erlitten hatte, wurde in da« Krankenhau« eingeliefert — Schneeberg. Am Sonnabend Nachmittag schlug bei einem starken Gewitter der Blitz in die oberhalb de« Seminar» gelegene Doppelscheune de« Oekonomen Drechsel. Die große Scheune wurde von den Flammen vollständig zerstört. Ebenso ward die angrenzende Scheune de« Wirtbe» im Marienhofc, Möckel, die er kerpachtet hatte, eingeäschert. Die durch den Brand Geschädigten hatten nickt versichert. Ein Blitz schlug auch in den Blitzableiter de« Seminar«, ohne zum Glück weiteren Schaden anzurichlen. — Neustädtel, 24. Juli. Im nahen Zschorlau ver brannte sich vorgestern der 6'/, Jahre alte Sohn der Dampfziegelei arbeiterin Walter beim Ausgießcn von Petroleum in da« Ofcnfcucr so stark, daß er nach einer halben Stunde verstarb. Da« Kind hatte die vier Liter Petroleum enthaltende Kanne unbemerkt zur Hand genommen und davon ins Feuer gegossen. — Rautcnkranz. Infolge Blitzschlag» brannte am Sonn abend Nachmittag in der vierten Stunde da« WirthschastSgebäuce nebst daneben befindlicher Scheune de« FuhrwcrkSbesitzer« Her mann Krauß hier nieder. Da« Feuer fand infolge der vielen Heuvorrälhe reichlich Nahrung. Die hcrbcigeeillen Feuerwehren von Rautenkranz und Morgenröthe vermochten gegen dasselbe nur wenig anzukämpfcn; da» gesummte Mobiliar nebst den Wirth- schastSgeräthen und alle Heuvorrälhe sind verbrannt. Eine im Stalle befindlich gewesene Ziege wurde vom Blitz getödtct, wäh rend da« übrige Vieh glücklicherweise zur Zeit de« Brande« auf dem Felde beschäftigt war. Bor hurrdcrt Jahren. 2«. Aull. Ein Kabinrts Befehl des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. vom 26. Juli 1800 ist seines Inhaltes und seiner Form so interessant und sür die damalige Zeit charakteristisch, daß er zum Theil wenigstens hier wiedergegeben sei. Der Erlaß ist an das gesammte Staatsministerium ge richtet und erinnert in seiner Einleitung daran, daß Se. Majestät nach ihrem Regierungsantritt durch eine eigenhändige Ordre dem gesammten Staats- Ministerio auf das ernstlichste zu erkennen gegeben, wie notwendig es sey, den fast ganz erstorbenen Geist der Treue, der Uneigennützigkeit, des Fleißes und der Ordnung, wodurch der preußische Civil dienst sich ehemals so musterhaft ausgezeichnet hat, durch angemessene, allenfalls strenge Maasregeln wieder zu beleben." Es sollten verdiente Offizianten aufgemun tert, zum Dienst unvermögende mit Pension entlassen werden, untreue oder nachlässige und nicht zu bessernde Offizianten aber „zur Remotion" u. ev. Bestrafung angezeigt werden. Der König beklagt, daß er von seinem Er laß nur eine sehr geringe oder gar keine Wirkung bemerkt habe. „Nur einige Departements haben die so nothwendige Reform des ausgearteten Geistes im Dienste mit einigem Ernste begonnen, in den mehresten läßt man den Offizianten nach wie vor den Zügel schießen. Fast allgemein werden die Stellen nur als Pfründen betrachtet, deren Inhaber gerade nur soviel thun muß, als erforderlich ist, um das Gehalt zu erheben und mit möglich ster Bequemlichkeit zu genießen. Wer einige Jahre, wie sie es nennen, auf solche Weise gedienet hat, begehrt gleich für seine eingebildeten Verdienste ansehnliche Beförderungen, Titel oder Gehaltsverbesserungen und findet sich gekränkt, wenn sie ihm nicht auf der Stelle bewilligt werden. Jedes nicht alltägliche Geschäft soll besonders bezahlt werden oder man findet keinen Beruf dazu. Wenn die Geschäfte bei einer Stelle sich vermindern, so wird Niemand daran denken, das damit verbundene Gehalt oder Emolumente sich kürzen zu lassen, aber keine unbedeutende Geschäftsvermehrung darf ohne Gehaltszulu»e entstehen." — Ein nettes Spiegelbild, das der König hier vorhält, aber der Wahrheit entsprechend. 27. 2uN. In dem Kabinets-Befehl des preußischen Königs heißt es dann weiter: „Dieser verderbte Geist ist unter den Räthen der höheren und nie deren Landes Kollegien, besonders in Berlin, mit Ausnahme einiger wenigen herrschend und hat sich von ihnen aus in die Provinzen und besonders auf die Subalternen v'rbreitet, wo er sich noch in weit verderblicheren Folgen, besonders durch Unwissenheit, Faulheit und Benalität äußert. Ueberall, wo Se. Majestät auf ihren Reisen durch ihre Staaten hingekommen sind, wird hierüber von allen Seiten laut und einstimmig geklagt. Da Allerhöchst Die selben auf diesen ihren Reisen es sich besonders angelegen sehn lassen, durch Verdienste und Geschicklichkeit sich auszeichnende Offizianten kennen zu lernen, so haben Sie selbst die traurige Erfahrung gemacht, wie selten diese anzu treffen sind." Es heißt dann weiter, daß die vom Könige oft selbst geprüf ten Beschwerden von Unterthanen die Erfahrungen bestätigen und daß selbst zu wichtigeren Stellen in Ermangelung „brauchbarer Subjecte" oft sehr mittelmäßige genommen werden müssen. Der König schärft den Departe ments EhefS nochmals ein, sich durch keinerlei Rücksicht, Mitleid oder die öffentl che Meinung, die gemeiniglich aus einer nur geringen Anzahl inter- essirter Personen besteht, bestimmen zu lassen, vielmehr ungeeignete Personen von ihrem Amte zu entfernen." „Se. Majestät haben zu sämmtlichen De partements Chefs das Vertrauen, daß ein jeder in seinem Departement die rechten Mittel anzuwenden wissen werde, um das davon abhängende Dienst- Personal endlich wieder zu seiner Schuldigkeit zurückzuführen und wollen sich deshalb auch nicht in ein vollständiges Detail einlassen, iin Allgemeinen aber müssen Höchftdieselben bemerken, daß die fast ganz außer Acht gekom menen Visitationen, besonders der Unterbehörden, öfter, unvermutheter, gründlicher und mit weniger Zeitverschwendung in Ansehung unwesentlicher Dinge verfügt werden müssen und daß die Konduitenlisten gewissenhafter zu führen und sorgfältiger als bisher von den vorgesetzten Behörden zu brach ten sind." Der König verlangt schließlich, daß ihm mit jedem JahreSschluß die Konduitenlisten vorgelegt und dabei angezeigt werde, welche Unterbehör den und von wem sie visitirt seien, auch was dabei zu bemerken gefunden sei. Der König selbst will dann die nöthigen Recherchen vornehmen und diejenigen Vorgesetzten verantwortlich machen, die bei der Anfertigung der Listen nicht aufmerksam oder aufrichtig genug zu Werke gegangen. — Viel geholfen hat deS Königs Eifer bekanntlich nicht; denn das damalige Beam- tenthum bestand aus denselben Elementen, wie daS Gros der Offiziere, die preußische Städte und Festungen wenige Jahre später ohne Schwertstreich an den Feind übergaben. Mom „Land der Witte". Bon K. von Osten. III. Alle Asiaten sind Fatalisten und al- solche sehr geneigt, dem Zufall ihr Glück, ihre ganze Existenz anheimzugcben. Bei den Chinesen steigt diese Eigcnthümlichkcit bi« zu einer un» Euro päern oft unbeschreiblichen Höhe. Mit dieser Lebensanschauung ist die Leidenschaft sür da» Glücksspiel bei den Chinesen sehr erklärlich. Opiumrauchcn und Hazardspielen, da« sind die Haupt- leidensckasten und Laster de« Chinesen. Ebenso häufig wie die Opiumhöhlcn sind auch in China die Spielhöllen. Da« Hazard- spiel ist den Bewohnern de« Reiche« der Mitte ein Leben«elcment, eine Erholung, ein unbeschreiblicher Genuß. Wo nur IM Chi nesen zusammen sind, da gründen sie gleich ein Spielhau«, dort verspielen sie häufig Frau und Kinder und sinken schließlich zu einer so tiefen Stufe moralischer Verkommenheiten, von der wir un« keinen Begriff machen können. Der Fatali-mu« und der Aberglaube beherrschen da« ganze Leben der Chinesen. Die Welt ist nach Ansicht de« Chinesen voll von bösen Mächten und Dämonen, die gebändigt und ver söhnt werden müssen, damit die Menschen in Frieden leben werden. Sehr viel schädliche Einflüsse kommen nach der Chinesen Ansicht von der Unzufriedenheit und dem Zorne der abgeschiedenen Geister über den unbehaglichen Zustand, In welchem sie sich be finden, wenn ihre Leiber nicht in eine paffende Lage gebracht worden sind. Die Chinesen trauen den Geistern ihrer Vorfahren so wenig, daß sie fürchten, von ihnen zur Strafe für Vernach lässigung mit zahllosen Leiden hcimgcsucht zu werden. Man hat daher in China eine weit verbreitete Kaste von gelehrten und frommen Männern, deren Leben«bcrus darin besteht, eine passende Grabstätte und die richtige Lage für die Verstorbenen zu finden. Ob diese Gelehrten an ihre Macht glauben, ist schwer zu sagen, jedenfalls ist e« auffällig, daß sic für arme Leute leicht und schnell die richtige Stelle und Lage finden, während e« ihnen bei reichen Familien meist sehr schwer fällt. Natürlich stehen die Rechnungen im Verhältniß zu der gehabten Anstrengung. Stirbt ein Chinese in der Fremde, so muß er unbedingt in der Heimath bestattet werden, will der Verstorbene Ruhe im Grabe und sollen seine Hinterbliebenen Frieden und Glück aus Erden haben. Da die au«gewanderten Chinesen aber meist arme Leute sind, welche den Transport einer Leiche nach der fernen Heimath nicht bezahlen können, so sind sie aus einen sonderbaren Au«weg gekommen, um den bösen Geist zu versöhnen. In Amerika und Australien, welche Länder Millionen von einge- wanderten Chinesen besitzen, werden die verstorbenen Chinesen nach chinesischer Sitte der Erde übergeben. Nachdem die Leich name mehrere Monate im Grabe gelegen haben, werden die Ge beine wieder auSgegraben, sorgfältig gereinigt, in etikettirte Beutcl- chen gefüllt und diese dann in kleine Zinnsärge gelegt. Diese kleinen Särge werden in einem sicheren „Konz" oder Kaufhause so lange aufbewabrt, bi« eine gewisse Zahl sich angesammelt hat, damit die Fracht nach der theuren Heimath sich billiger stellt. So glaubt der Chinese den bösen Mächten genug zu thun. China ist da« Land der Pagoden. Pagoden sind ihre Götzen und Spiel zeuge. Viele hochragende Pagoden dienen nur dazu, entweder die zerstörenden Kräfte de« bösen Dämon« zu vernichten, oder die günstigen Ströme de« guten Geiste« auf einen bestimmten Punkt zu lenken oder zu konzentrircn. In jeder größeren Stadt findet man eine Pagode, welche der Stadt zum Schutze dienen soll. Dieser Fatalismus, dieser Aberglaube ist ein große« Unglück sür da« Riesenrcich China. So nimmt man z. B. an, daß da« Land der Mitte wenigsten« zwanzigmal so viel Kohlen in dem Innern feiner Erde besitzt, wie ganz Europa. Aber bi« jetzt liegen diese Schätze noch unberührt da. Man wagt e« im Reiche der Mitte einfach nicht, darnach zu graben, au« Furcht, den Erd geist zu erzürnen. Auch sonst birgt da« Land noch große Sckätze an edlen und unedlen Medallen, die keiner wagt zu heben. Welch' eine Aussicht sür den unternehmenden und aufgeklärten Europäer, wenn er im Lande der Mitte ungestraft schalten und walten dürfte. Jetzt vernichtet der Chinese oft die herrlichsten Wälder, nur um Brennmaterial zu haben, während sein Fuß vielleicht über einen unerschöpflichen, leicht erreichbaren Kohlen vorrath wandert. Er weiß diese« vielleicht sogar, aber er har nicht den Muth nachzugraben, weil er fürchtet, durch die Ver änderung der Bodengestalt irgend einen mächtigen Geist zu erzürnen. Nicht« ist leider so schwer au« den Köpfen der Chinesen herauszubringen, al« dieser unbedingte Glaube an die Macht guter und böser Dämonen. Die Chinesen im Allgemeinen können die Grundbegriffe einer gesunden Naturwissenschaft nicht fassen, denn ihre Vorurtheile sind zu eingewurzelt, sic find seit Jahrtausenden vererbt, sie sind stärker al« ihre Vernunft. Läßt sich ein aufgeklärter Fremder mit einem Chinesen in eine Unter redung über diesen Gegenstand ein, so hört er mit der ihm an geborenen Höflichkeit zu, wünscht dem Redner auch vielleicht Glück zu seinem Rednertalent und zu seinen ausgezeichneten Kennt nissen, aber er bleibt bei seiner Ansicht, die eben nicht« er schüttern kann. So ängstlich gewissenhaft der Chinese in religiöser Hinsicht ist, jo gewissenlos ist er im Handel. Er betrügt seine Landsleute und die Freunde. Schlendert so ein bezopfter Himmelssohn durch eine Straße, mit einem Korb an jedem Ende seine» Bam busrohr«, welche« er aus der Schulter trägt, so wandern unbe wacht an den Läden liegende Kleinigkeiten mit zauberhafter Ge schwindigkeit in einen dieser Körbe. Gold- und Silbermünzen machen sie dadurch leichter, daß sie dieselben in einem Beutel stundenlang schütteln, um dann, nachdem da« Geld herausgenommen ist, den Beutel zu verbrennen und die Körnchen, welche sich an re« Fasern de« Tuche« festgesetzt hatten, zu sammeln. Besonder« in der Fremde ist e« gefährlich, Goldmünzen von Chinesen anzu nehmen. So kommt c« in Amerika täglich vor, daß sie die Golddollar» halbiren, au« dem Innern geschickt da« edle Metall herausholen, um e« durch Kupfer zu ersetzen. Dann heften sie die beiden Theile wieder so geschickt zusammen, daß man die Zusammenfügung kaum oder garnicht entdeckt. Lange Jahre trieben sic die« Geschäft, bi« sie c« übertrieben und man auf merksam darauf wurde und Gegenmaßrcgeln ergriff. Die größte Strafe für den Chinesen ist der Verlust seine« Zopfe«. So lange ihm der Zopf fehlt, so lange gilt er al« ein Ausgestoßener bei seinem Bolle. Selbst wenn ein Chinese zum Christenthum übertritt, kann er e» nicht über'« Herz bringen, den Zopf zu opfern. Schon bei den Kindern ist dieser Zopf ein Gegenstand höchster Aufmerksamkeit. Ist da« Zöpfchen gar zu klein, so wird e» durch bunte Seidenbänder verlängert. Feuerwerk und Stocklatcrnen spielen in China eine große Rolle. Jede« hohe Fest, namentlich da» NeujahrSsest wird überall mit prächtigem Feuerwerk cingeleitct. Dafür giebt der reiche Chinese stet« große Summen au«. Manche reichen Häuser geben dafür jährlich bi» zu lausend Mark au«. Laternen sicht man überall, häufiger noch al« die Pagoden. Bei reichen Leuten nehmen diese bunten Laternen sehr große Formen an. Den Gast vornehmen Hause« begleiten Diener mit brennenden La ternen nach Hause, auf denen oft Name und Stand de« Gälte» geschrieben steht. Die Begrüßungen und Verneigungen sind sehr zercmvniö« und alle Segenswünsche werden bei denselben ge sprochen, freilich mehr mit dem Munde wie mit dem Herzen. Alle» in Allem genommen ist China ein sehr veraltete« Reich, dem e« nolh thut, daß die moderne Kultur bald ihren Einzug dort hält und mit ihr die Telegraphie, die Eisenbahn, der Bergbau, die Dampfmaschine und noch manch andere mo derne Errungenschaft. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Historischer Roman von Gustav Lang«. <S gorlstpung.) Klar und deutlich fühlte er sich in den Augenblick zurück versetzt und meinte, ihn in seinem ganzen Leben nicht wieder dem Gedächtniß entschwinden zu sehen, wie sich im Hose der Finkmatt- kaicrne die Kunde von dem falschen Bonaparte unter da« 46. In fanterieregiment verbreitete. Er sah noch im Geiste, wie Leut nant Paille«, den er von früher her persönlich kannte, sich an
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