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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 10.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190007103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000710
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000710
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-10
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Monat
1900-07
-
Jahr
1900
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da« Publikum erc überginge, iraucreilechnik udstehen. Er akendc Publi- e» für einen einen minde- i kann. Wir ! Verbrauch« Flottenfond» ch heimischer würde. Htadtrathes ;ermeister Hesse, gen Vorgenom soll hypoiheka- ertheilt. rsicht, daß den Mk. vom In ausschuß noch, th E. Dörffel, ig des Wagens s allgenuinen erium deshalb : die städtische »spritze, ngsapparates. mschaften der hwagen, ndesausschusse ande und die versicherungs- -erigen Weise, nn Scheunen- nter den auf- msgeschrieben lanntmachung wird, Trink- > Jahren bei obigt werden, rr Ausübung mberwolbung sisi man dem sig geworden berstreichen, m die Firma sserzins« tritt Berücksichtig- rbeiten wird siel den Leh mig aus das nnmlung des die neue Ge ¬ ir gewährte mer Plauen, ümaunschaft Man will spruch auf- : Weg aner- eiten und I interessant rdern. hier 30 jährigen inen Wirth- ck» und am nds Schiff- mburg und igland sehr eses Frank hatte. Bis gleichmäßig iduslrie des des Welt ¬ langjährige hatte Eng- n hundert- wie infolge wen des 13. wie noch 'auisch und und so rief nd Weberei hervor u. ndS Woll-, rikate, sein olärlte der und solide englischen mit seinen n Übersee dank ihrer der später mtalsperre , die, in Bildung deutliche t halten, c Diana heiligen Bücher der Inder usw. erinnert werden. Ebenso wie in dieser Art Borderasien, Syrien, Persien und Indien ihre geheimen, religiösen und politischen Schriften und Gesellschaften hatten, so hatte die« in vielleicht noch weit ausgedehnterem Maaße da« alte Wunderland China, da« gerade gegenwärtig durch da« revolu- tionirende Vorgehen de« Boxer-Geheimbunde« viel von sich reden wacht. Uebcr die Art der Zusammensetzung und de« Zwecke« der chinesischen Geheimbünde ist viel gefabelt worden; einer wissen schaftlichen Basi« hat die Erörterung dieser Frage jedoch bisher immer noch entbehrt. Neuerding« ist nun ein Buch*) erschienen, da« treffliche Ausklärungen und zugleich einen historischen Zu sammenhang über alle Phasen der Geheimlehren und Geheim bünde giebt. Sämmtliche chinesische Geheimgesellschaften haben nun durch weg« einen politischen Charakter, der sich al« Reaction de« har ten, despotischen Regiment« im »Reiche der Mitte' erklären läßt. Sämmtliche Geheimgescllschaflen Haden stet« den chinesischen Re gierungen schwer zu schassen gemacht, besonder« große Schwierig, keilen rief jedoch der sogenannte .Große Hungbund', dessen Hauptwirken in die zweite Hälfte de« achtzehnten und in die erste Hälfte de« neunzehnten Jahrhundert« fällt, hervor. „Hung" heißt nach Heckeihorn Fluth. Dieser Name, so schreibt der Versasser de« vorliegenden Buche«, sollte andeuten, daß der Bund die Erde überschwemmen werde. Damit c« den Anschein habe, daß nicht alle Mitglieder zu einer und derselben Vereinigung gehören, erhielten die Zweige verschiedene Namen, darunter diejenigen einiger früheren Geheimgesellschasten — z. B. .Drcieinigkeit«verein', .Halle de« blauen Lotu«", »Bezirk der goldenen Orchidee" usw. — Die Leitung de» »Hung-Bunde«" tag in den Händen dreier Personen: de« eigentlichen Oberhaup tes, Koh (der Aeltcste) genannt und der beiden Hiong Thi (jüngere Brüder). Den Verschwiegenheit««», mußte jeder Aus- nahmebcwerber vor einem Götzenbild«, knieend leisten. Während de« Schwure» mußten auch die beiden Hiong Thi niederknieen — der eine zu seiner Rechten, der andere zu seiner Linken, um zwei scharfe Schwerter in der Form eine« Winkel« über seinem Haupte zu hallen. Der Eid bestand au« 36 Punkten, deren wichtigster der folgende war: »Ich schwöre, daß ich weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester, weder Gattin noch Kind, sondern ausschließlich die Brüderschaft kennen werde. Wohin diese führt oder wo diese verfolgt, werde ich folgen oder verfolgen; ihre Feinde werden meine Feinde sein." Zur Bekräf tigung dieses Eide« schnitt sich der Kandidat in einen Finger und ließ drei Blutstropfen in eine Schallte Arac träufeln; die drei Oberhäupter Ihalen dann dasselbe und leerten daraus ge meinsam mit dem Novizen die Schaale. Gegen die Mitte de« neunzehnten Jahrhundert« nahm der „Große Hung-Bund", nachdem namentlich durch Veranlassung der europäischen Mächte stark gegen ihn vorgegangen war, die Form von Logen an. Eine derartige Loge schildert Heckethorn nach einem englischen Fachwerk folgendermaßen: Die Loge, d. h. ihr Hau« ist quadratisch gebaut und von Mauern umgeben, die in den vier Himmelsrichtungen je ein Thor haben. Die Faya- den sind mit Dreiecken geschmückt, dem mystischen Sinnbild der Einigkeit. Der Saal der Treue und Loyalität, in welchem die Neulinge eingeschworen werden, enthält den Altar und die neun stöckige Pagode, in der sich die Bildnisse der fünf mönchischen Stifter de« Bunde« befinden. Nur an entlegenen Orten, die sich der Aufmerksamkeit der Mandarinen entziehen, errichtet man Logen; in den Städten und verkehrsreichen Gegenden verzichtet man auf diese Zusammenkunft-Häuser und trifft sich im Hause de« örtlichen Vorsitzenden. Da» Handwerkszeug der Logen be steht aus vielen Dingen; am wichtigsten sind das »Diplom" und der »Scheffel", der u. a. Len rothen Stab enthält, den man gegen Verletzer der Bundessatzungen anwendet. Sodann finden sich vor: zahlreiche Fahnen, eine Schreibtafel, eine Waage, ein Fußmaß au« Jade, eine Scheere, mit der dem Neuling da« Haar abgeschnitten wird usw. Seit Begründung dieser Logenorganisation ist die Ober leitung de« Großen Hung-Bunde« den Großmeistern der fünf Hauptlogen anvcrtraut. Die Einzcllogen werden durch »Präsi denten", „Vizepräsidenten", „Meister", »Einführer", „Finanz beamte", .RLlhc", »Agenten", die auch „GraSschuhe", „Eisen plomben" oder »Nachtbrüder" heißen, sowie durch eine ganze Anzahl von Unterdeamlen, die meisten« Blumen im Haar tra gen, verwaltet. Die Aufnahmebedingungen selbst sind in dieser neuen Organisation dahin erweitert worden, daß der Zopf abge- schnittcn weiden kann, was jedoch gewöhnlich unterbleibt, wenn der Novize glaubwürdig versichert, daß er unter Chinesen lebt, unter denen bekanntlich der Verlust de» Zopfe« identisch mit einer schweren Bestrafung für gemeingefährliche Verbrechen ist. Die Erkennungszeichen der einzelnen Bundesmitglieder gegen einander sind außerordentlich zahlreich; sie beziehen sich aus die Art, ein Hau« zu betreten, den Schirm niederzulezen, den Hut in der Hand zu halten, den Thee zu trinken, die Schuhe zu tragen und in eigcnthümlicher Handhabung vieler anderer Dinge. Jede» Mitglied des Hungbunde» ist im Besitz eine« farbigen Seiden- oder Baumwollabdrucke« de« Bundessiegel«, dessen Ori ginal da« Bundesoberhaupt ausbewahrt; e« ist fünfeckig und Hal eine Inschrift in einer für Uneingeweihte unlesbaren Chiffreschrift. Diese Siegelabdrücke werden auch häufig als Talisman benutzt. Eine jüngere und noch mächtigere Geheimzcscüschaft ol der Hung-Bund ist Ko-lao Hui, ein Bund zum Schutze gegen Erpressungen unk Veruntreuungen der Fremden und der Beam ten. Diesem Bunde, dem namentlich auch viele Militär« und konservative Chinesen angehörcn, scheint auch da« rapide Umsich greifen der Boxerbewegung, die eine Unterabtheilung de- Bunde« zu sein scheint, zuzuschreiben sein. Der MitgliedinachweiS zum Ko-lao Hui besteht nach Heckethorn in einem kleinen, rechteckigen Stück Leinwand oder Baumwollstoff, da« mit einigen chinesischen Zeichen gestempelt ist; wer im Besitz einer solchen Mitglieds karte betroffen wird, den lassen die Behörden ohne Umstände binrichten. Da« sremden-feindliche Wesen de« Ko-lao Hui läßt sich am besten daran erkennen, daß gerade diese Bereinigung wiederholt Flugschriften unter Titeln, wie: »Die Tcusei«lehreisi) sollten geiödtet werden" und dergl. hat vertheilen lassen. Der Ko-lao Hut ist auch antidhnasttsch und sucht, soweit seine Geheimlehren bekannt geworden sind, einen gewissen Com- muni-mu« einzusühren. Alle Bemühungen der chinesischen Re- gicrung oder der europäischen Kolonialbehörden, die Geheimver bindungen zu unterdrücken oder gar zu beseitigen, find meist durch den passiven Widerstand der im Geheimbund Bereinigten vereitelt worden. Bei jeder behördlichen Maaßnahme gegen den Geheimbund al» Ganzen, theilt sich dieser sofort in unendlich viele kleine Uniergesellschaficn und Gruppen, die ganz verschie dene Namen führen und deren Vertrauenspersonen, meist lang- ') „Geheime Aesellschaften, Geheimbünde und Aeheimlehren" von Charles William Heckethorn. Leipzig isoo. Ronger'sche Buchhandlung. -s) Unter „TeuselSlehrer" sind di« Missionare gemeint: der Europäer wird in China überhaupt im Allgemeinen mit „weißer Leusel" bezeichnet. jährig erprobte Leute, den inneren Zusammenhang und somit den weiteren Fortbestand de» anscheinend eingegangenen Gesammt- bunde« vermitteln. So ruht die äußere Thätigkeit so manchen großen Geheimbunde« ost ein Jahrzehnt lang und noch länger, sodaß die Behörden sich vertrauensvoll in dem Wahn wiegen, daß da« Bestehen de« Bunde« längst aufgehört habe. Gehen jedoch die Wogen der Politik einmal höher al« in stillen Jahren, dann tritt auch urplötzlich der alte Gehetmbund, wie gegenwärtig in der Form der Boxerbewegung an da« Tage«licht, um nach seinem Ermessen und Guthalten, da« meisten« von den besten Gesichtspunkten geleitet ist, in die Geschichte seine» Lande« ein zugreifen. In diesen Geheimbünden vereinigt sich aber auch zu gleich die Intelligenz de« Lande«, deren ideale Bestrebungen früher oder später doch einmal zum Durchbruch gelangen werden. Von welchem Geiste die Männer dieser Bereinigungen beseelt sind, möge folgender Fall und Ausspruch beweisen, den ein ge fangene« Oberhaupt der Ko-lao Hui seinen Richtern gegenüber in Shanghai that, die ihm durch die Folter die Geheimnisse sei ne« Bunde« erpressen wollten: »Ersparet Euch die Mühe und mir den Schmerz; seiet überzeugt, daß e« Männer giebt, die bereit sind, ihr Leben zu lassen für eine gute Sache, die diesem Land auf Jahrtausende hinaus Glück bringen wird". — Der Hrve von Aottland. Vo» Viktor Schwarz. (II. Fortsetzung.) Auch jetzt hatte er nur Gedanken für sein Kind — keinen für da« Weib, da« schweigend an seiner Seite geduldet — welche« seine Härte, seine Schmähungen vertrieben! Aber auch dieser Sünde folgte die Strafe auf dem Fuße! Er wollte gleich zu Land nach Marseille und dort die Ankunst der Barke obwarten, um die Flüchtigen wieder hierher zu bringen. Er iheilte mir diese seine Absicht mit — e« war Niemand weiter da, gegen den er sich hätte aussprechen können. Dann schrieb er an Miß Berney, theilte ihr da« Vorge- sallene mit, übergab mir den Briet zur Besorgung und reifte ab. Er zweifelte gar nicht daran, daß Lady Rott mit ihm zu rückkehren werde — wann hätte die schwache Frau je gewagt, seinem Willen zu trotzen? Hoffnungsvoll reiste er ab — nach drei Wochen kam er wieder — allein! ES war nur noch der Schatten des stolzen Lord Rott — Niemand fragte ihn und er sagte auch nicht» — ach, wir hatten schon vor seiner Rückkunft da» Entsetzliche ver nommen. Die „Elisa" war während eines Sturmes am Kap Corso zerschellt — keiner der an Bord Befindlichen war gerettet worden! — Noch heute, nach so langen Jahren, sträubt sich mein Haar, wenn ich an jene entsetzliche Zeit zurückdenke — Lady Rott war todt und eine Stimme in meinem Herzen flüsterte: „Du bist ihre Mörderin!" O, wie habe ich zu Golt gefleht, mich lieber von der Erde zu nehmen, ehe ich wahnsinnig würde! Aber Gott ließ mich leben — leben mit meinem Schuldgefühl — ich will meinem schlimmsten Feind kein solches Leben wünschen! Auch mein Verlobter, Antonio, warf tief bekümmert, sowohl über seines Vaters Tod, wie auch wegen de« Verluste» der Barke, welche seinen ganzen Besitz ausmachte. Jetzt konnte e» noch lange Jahre dauern, ehe wir heiraihen konnten — er verlangte Trost von mir und ich hatte keinen zu geben! Lord Rott entließ sämmtliche Dienerschaft und löste den Haushalt auf. Inmitten all diese» Elend« kam meine Mutter mit meinem Kinde an. Ich wußte nicht, was ich mit ihnen beginnen — ich war ohne Stelle und ohne Verdienst und Antonio war in Verzweiflung, daß er uns keine Heimath bieten konnte! — Lord Rott, welcher jetzt bei den Berneys in Neapel lebte, mußte wohl mit diesen von meiner traurigen Lage gesprochen haben, denn eines Tage» kam Miß Charlotte zu mir, sagte mir, sie werde in der Kürze einen italienischen Grafen heiraihen und gebrauche eine Kammerfrau — ob ich da« werden wolle! Ich hatte keine Wahl — ich sagte Ja, mielhete eine kleine Wohnung für meine Mutter und das Kind und ging nach Neapel. Miß Berney war sehr gut gegen mich; sie schenkte mir viel für mein Kind, welches ihr sehr gut gefiel und liebkoste cS stet«, wenn meine Mutter mit ihm kam, mich zu besuchen. — Manchmal wenn sie mit mir über die verschiedenen, zu ihrer Ausstattung nöthigen Anschaffungen sprach, dachte ich bei mir, ob sie nicht lieber ihren Vetter heiraihen würde, aber wenn dem so war, erfuhr es Niemand. Eines Abends war ich mit Nähen be schäftigt, als Miß Charlotte cintrat, die Thür verriegelte und mir sagte, sie habe etwa« Geheimes mit mir zu besprechen. Und dann forderte sie von mir meinen Sohn für Lord Rott! Er wollte ihn an Kindesstatt annehmen und erziehen — Niemand sollte etwa» davon erfahren, daß sein Kind ertrunken sei — in England wisse es noch keiner und da mein Sohn in gleichem Alter mit Reginald stehe, so biete die Sache keine Schwierigkeiten! Die Summe, welche mir für meine Einwilligung geboten wurde, war sehr bedeutend — Antonio und ich konnten davon mit Leichtigkeit eine neue Barke kaufen und einen Hausstand gründen! Damals wußte ich nicht, weshalb Lord Rott so viel daran gelegen war, mein Kind für da» seine auszugeben — heute weiß ich cS! Ich konnte nicht gleich einen Entschluß fassen und bat um Bedenkzeit; sie wurde mir gewährt, aber al» der Tag kam, an welchem ich mich entscheiden sollte, war ich noch gerade so unent schlossen, wie vorher! Und dann kam Lord Rott und umfaßte meine Kniee und bat mich, ihm beizustehen. Konnte ich Nein sagen? Wahr ich nicht, wenn auch indi rekt, schuld an seinem Verlust? So sagte ich Ja und er bedeckte meine Hand mit Küssen und versicherte, er werde mir nie und nimmer vergessen, wa» ich für ihn thue! Und dann mußte ich versprechen, allen Ansprüchen an mein Kind zu entsagen und 'Niemand außer meiner Mutter und Antonio da» Gehcimniß mitzutheilen. Ich that, wie er verlangte — zwei Tage später war Miß Berney« Hochzeit und gleich danach reiste Lord Rott nach Nom und nahm mein Kind mit sich. Ich hielt c» zum letzten Male in meinen Armen — ich liebte e« so sehr, aber e« sollte ja glück lich werden. — Damal« wunderte ich mich, daß Lord Rott, dem e« nach meiner Ansicht nur aus einen Erben ankam, nicht lieber wieder heirathete — ich hatte den Vertrag mit Sir Rutherford vergessen, später freilich fiel mir die Sache wieder ein und nun wußte ich, daß er betrügen wollte, aber da konnte ich nicht mehr zurück. In der Zeitung stand bald darauf die Anzeige, daß Lady Rott in Neapel gestorben sei — ich schauderte, al« ich die Lüge la«. Bon dem armen kleinen Reggy war nicht die Rede - und La« war die zweite Lüge. Lord Rott verließ Rom bald wieder und reiste weiter; al» Miß Berney, die jetzt Gräfin Santucci hieß, nach Neapel zurückkehrte, besuchte sie mich und sagte, Lord Rott werde noch einige Jahre reisen — mein Kind sei wohl und glücklich. E« war da» letzte Mal, daß ich von meinem Liebling hörte — die Gräfin Santucci starb nach kaum zweijähriger Ehe und damit erlosch jede Verbindung zwischen mir und meinem Kinde. Antonio und ich lebten im Wohlstände, aber Kinder hatten wir nicht und al» mein Mann später starb, stand ich wieder allein in der Welt — denn auch meine Mutter war schon lange todt. — Ich kehrte nach England zurück und zog hierher nach Jkston — ich war so verändert, daß mich Niemand mehr erkannte — nicht einmal meine HauSwirthin, deren Mann mein Vetter war. Al» ich vernahm, daß jetzt der Vertrag erfüllt und Miß Rutherford» Hochzeit mit Lord Rott» Sohn gefeiert werden sollte, ließ mir mein Gewissen keine Ruhe und vor einigen Tagen schleppte ich mich zu Lord Rott und beschwor ihn auf meinen Knieen, nicht noch eine weitere Lüge zu den anderen zu häufen und wenigsten« Sir Rutherford und Beatrice den wahrest Sachverhalt mitzutheilen, aber Alle« war umsonst! Lord Rott war wie rasend und drohte mir mit allen möglichen Schrecknissen, so daß ich Gott dankte, al» ich Rottland wieder hinter mir hatte! Ich hatte gehofft und geglaubt, mein unseliges Geheimniß mit in« Grab nehmen zu können, aber e« geht nicht — ich kann nicht sterben ohne das Bekenntniß meiner Schuld — meiner Sünde!" Erschöpft sank die Frau in ihre Kissen zurück und schloß stöhnend die Augen — nach einer langen Pause sagie der junge Mann, der immer noch an ihrem Bette saß, mit leiser, aber fester Stimme: „Gott der Allmächtige möge Ihnen vergeben, wie ich e» thue, schwören Sie mir, daß Sie mir die Wahrheit gesagt haben und sagen Sie mir, so wahr Sie hoffen, daß Gott Ihnen ein gnädiger Richter sein möge: Wer bin ich?" Und mit fester Stimme erwiderte die Sterbende: »Mein Schn Oliver Kenn, so wahr mir Gott helfe!" 18. Ja, er wußte jetzt, warum Lord Rott immer so kühl und fremd gegen ihn gewesen — er wußte, warum er ihm seine nie drige Geburt hatte vorwerfen dürfen! Jetzt, wo er die Lüge seinc« Lcben» kannte, schien e« ihm, al» ob sie stets wie ein dunkler Schatten über ihm gehangen! Er begriff nicht, daß Niemand den Betrug entdeckt — daß ihn Jeder für Lord Rott« Sohn gehalten! Sein ganzes bisherige» Leben war eine entsetzliche Täusch ung — eine Lüge, tiefer wie der tiefste Abgrund! Freilich, als Lord Rott nach siebzehnjähriger Abwesenheit mit ihm nach Roltland zurückkehrte, war er ein Mann geworden und die Freunde des Hauser mußten denken, wenn sic nach einer Aehnlichkeit mit dem Kinde, das sie so lange nicht gesehen, suchten, die Zeit habe alle Züge verändert, und die» ganz natürlich finden! Und daraus hatte Lord Rott seinen Plan gebaut; den Plan, welcher ihm, wenn ihn nicht Beatrice durchkreuzt hätte, goldene Ernte verheißen! O, wie dankte es der junge Mann jetzt Beatrice, daß sie ihn zurückgewiesen; wie entsetzlich wäre es für ihn gewesen, ihr sagen zu müssen, daß er nicht der Erbe von Rottland, nicht der ihr von Kindheit an Verlobte, nein, ein »niedrig geborener", unbedeutender Mensch sei — keine passende Parthie für Sir Ru therfords Tochter! Daß er durch seinen Seclenadcl, durch die Hochherzigkeit seiner DenkungSweisc weit über seine bisherigen StandeSgenossen sich erhob, daran dachte er in seiner Bescheidenheit nicht. — Und dann überlegte er, wie er sein ferneres Leben cinrichten müsse, denn daß er einen vollständig anderen Lebensweg einschlagen wolle und müsse, darüber bestand kein Zweifel in seiner Seele. Er war nicht der Mann, um irdischen Besitze» willen eine Silbe au»- zusprechcn, die nicht reine, lautere Wahrheit gewesen wäre — nein, er mußte den Betrug enthüllen, ehe er Rottland für im mer verließ! Er wußte, daß Lord Rott Himmel und Erde in Bewegung setzen werde, um sein Schweigen zu erzwingen, aber sein Entschuß stand unerschütterlich fest. Als er sich jetzt Rottland näherte und die Thürme und Zinnen de« stolzen Schlosse» in der klaren Luft Le» Sommer abend« schimmern sah, beschlich ihn ein seltsame» Gefühl. ES war nicht mehr da« Hau« seiner Väter, wie er bisher ge glaubt; er war ein Eindringling in Liesen stolzen Hallen — er hatte kein Recht mehr daran. Der alte Carlo blickte ihm besorgt in da« bleiche Gesicht und nahm ihm sein Pferd ab; er sagte dem alten Diener ein freundliches Wort, wie stet«, wenn er nach Hause kam und ging dann in sein Zimmer. Die Lampe brannte, sein Buch lag auf geschlagen aus dem Tische, wie er es vor einigen Stunden ver lass» und doch schien es ihm, als ob eine Ewigkeit, ein ganze« Menschenalter zwischen jetzt und damals liege. Lange, lange saß er unbeweglich, aber dann erhob er sich ruhig und fest — sein Entschluß war gefaßt — er wollte Rott land sür immer verlassen und fern von der Hcimaih in einem fremden Lande irgend einen Beruf ergreifen. Er wollte ein neue« Leben beginnen, offen und ehrlich vor Gott und den Men schen; sein Blick fiel aus eine Zeitung und c» währte nicht lange, bis er gefunden, was er gesucht. Ein Kaufmann-Hau« suchte einen Beamten sür eine brasilianische Firma; er schrieb sofort ein darauf bezügliche» Gesuch, siegelte es, überschrieb e« an die angegebene Adresse und that dann einen tiefen, erleichterten Athemzug. »Morgen," sagte er dann zu sich selbst; „morgen will ich mit „ihm" reden." * » * Lord Rott lehnte müde in seinem Sessel, er war in den letzten Tagen sehr schwach geworden. Ein scster Schritt ertönte im Vorzimmer; er kannte den Schritt, aber er wandte sich nicht um, bi» Jemand dicht vor ihm stand. Nun hob er den Kopf; eine ärgerliche Bemerkung über die Störung schwebte auf seinen Lippen, aber er sprach sie nicht au»; aschsahl starrte er seinen Sohn an — er la» in dessen Blicken, daß er seine Vergangen heit, seine Lüge kannte. „Hal sie Dir alle- gesagt?" stöhnte er endlich. »Alle«," war die traurige Antwort und dann blieb e» lange still in dem weilen Gemach. Endlich brach Lord Rott da» unheimliche Schweigen. ,Jck> wußte, daß sie nicht reinen Mund halten würde," zischte er; »Thor, der ich war, einem Weibe zu trauen. Aber Du wirst mich nicht verrathcn," flehte er dann leise und demüthig; „beuge mich nicht noch tiefer in den Staub, indem Du meine Sünde Anderen mittheilst. Siehe, ich könnte e» nicht ertragen, Philipp Haughton lriumphiren zu sehen — ich habe geschworen, daß er niemals mein Schloß und meinen Titel besitzen soll und ich muß meinen Schwur halten. Warte wenigsten«, bi« ich todt bin," fuhr er heftig fort, al» er in den Augen seine« Gefährten eine starre iLntschlosscnhcit wahrnahm; »e« wird nicht lange mehr dauern — sei barmherzig und warte." (Fortsetzung folgt.)
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