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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 15.05.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190005158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000515
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-15
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Monat
1900-05
-
Jahr
1900
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gab. Der Mob scheint e» weniger aus die Regierung, al» auf die Fensterscheiben der Wohlhabenden abgesehen zu haben. In Barcelona ist der Krieglzustand erklärt worden. In Valencia erneuerten sich die Tumulte. Barrikaden wurde» errichtet, in den zum Marktplatz führenden Straßen waren die Läden geschlossen. Der Straßenbahnverkehr ist eingestellt — Bom südafrikanischen Krieg-schauplatz. Lord Robert» ist trotz aller Verzögerungen seine» Vormärsche« durch die von ihm selbst gemeldeten Geländeschwierigkeiten für seinen Fuhrpark mit überraschender Schnelligkeit bereit» am 12. Mai früh in Boschrand, da» anscheinend die Buren erst in der Nacht vorher verlassen hatten, eingetrosten und hat noch im Laufe der selben Tage«, wie au» nachstehenden Meldungen zu ersehen, Kronstadt besetzt. Aus dem Marsche dahin ist e» den briti schen Truppen zum ersten Male gelungen, einige Wagen von den Buren zu erbeuten, außerdem haben sie an 100 Gefangene ge macht; von erbeuteten Geschützen wird nicht» gemeldet. — Die letzten Depeschen lauten: London, 12. Mai. Feldmarschall Lord Robert» meldet au« Boschrand von heute morgen 8 Uhr: Wir befinden un» acht Meilen südlich von Kronstadt. Der Feind hat die erste Linie seiner Verschanzungen während der Nacht verlassen. Wir rekog- norziren jetzt die Gegend in der Richtung auf Kronstadt. Gene ral French bemächtigte sich gestern Nachmittag der Vaal«flußdrist, bevor noch der Feind sich dort zum Widerstande festsetzen konnte. London, 12. Mai. Lord Robert« telegraphier: Ich besetzte heute Kronstadt, ohne aus Widerstand zu stoßen. Die Lage im Südosten de« Oranje Staate» hat sich dahin ausgeklärt, daß die Buren die Gegend östlich von Thabanchu nach wie vor besetzt halten und auch weiter zu behaupten beab sichtigen. Unter de» Präsidenten S teijn persönlichem Befehl sollen dort etwa 7000 Mann stehen, die angeblich sich anschicken, etwa« zur Gesährdung der rückwärtigen britischen Verbindungen zu unternehmen. Wenn sie dazu stark genug wären, könnten sie Lord Robert» eine ernstliche Verlegenheit bereiten. Sind sie da« aber nicht, so setzen sie sich selbst der Gefahr au», abgeschnitten zu werden. Der seit einiger Zeit geplante und sehr geheim gehaltene Vormarsch de« General« Buller in Natal soll auf Helpmakar gerichtet sein und die Umgehung der BiggarSberge bezwecken. Helpmakar liegt etwa 70 Kilometer östlich von Ladysmith. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Vergangenen Sonntag wurde in hiesiger Kirchgemeinde durch Herrn Superintendent Noth au« Schneeberg Kirchenvisiiation abgehalten, an welche sich eine HauSväter- versammlung im Rathhause anjchloß. Der Herr Ephoru« sprach seine hohe Befriedigung über da« frische Leben beim Gottesdienste au«, gedachte in Anerkennung der durch den Kirchenchor gesungenen Motette, forderte auf zur energischen Betreibung die Vermehr ung de« Orgelbaufond« betr., begrüßte mit Freuden die der Kirche zugeflossene reichliche Schenkung, empfahl dringend die Kirche einer durchgreifenden Renovation, brachte ferner die Bildung eine» christlichen Männerverein« in Anregung und betonte da gute Einvernehmen zwischen den Geistlichen und dem Kirchen vorstände, sowie zwischen Kirche und Schule. — Schönheide. Am Freitag verunglückte da« '/,jährige Kind de« Fabrikarbeiter Börner, indem dasselbe in einem un bewachten Augenblicke au« einer Sophaecke in eine davorstehende Waschwanne fiel und ertrank. — Leipzig, 12. Mai. Heute Vormittag 10>/, Uhr wurde hier in Gegenwart de« Staatssekretär« Grafen Posadowsky da« Deutsche Buchgewerbehaus und gleichzeitig die Gutenberghalle eingeweiht. Ferner wurde da« allgemeine Ehrendenkmal der Buchdruckerkunst enthüllt. — Falkenstein, 1>. Mai. In der Schisfchenstickerei, an welcher ein großer Thcil unserer Bevölkerung hängt, macht sich jetzt ein recht flauer Geschäftsgang bemerkbar. Während im Vorjahre sowohl in den Winter- wie Sommermonaten die Bestellungen massenhaft einliefen und sämmtlichc Maschinen unausgesetzt nicht genug Maaren liefern konnten, gehen jetzt Bestellungen klein und spärlich ein, sodaß manche Maschinen schon zu tagewciser Pause gezwungen sind. Die Ursache in dem Umschwünge soll eineStheil« in dem langen, kalten Winter zu suchen sein, anderentheil« dürfte auch der südafrikanische Krieg nicht ohne Einwirkung auf den Weltmarkt sein. Sowohl Fabri kanten wie Arbeiter sehen deshalb mit berechtigter Sorge dem kommenden Sommer entgegen. — Lengenfeld i. V., 12. Mai. Beim Bemühen, sein zweijähriger Töchterchen zu retten, welches beim Spielen in den an der Straße gelegenen ThomaSschen Teich gefallen war, ertrank am Donnerstag Mittag der Kettenscherer Müller. Die Leichen von Vater und Kind wurden kurz nach dem Unfälle gesunden und geborgen. In demselben Teiche ist vor drei Jahren bereit« ein vierjähriger Knabe Müller« ertrunken. — Kirchberg, 11. Mai. In der vergangenen Nacht gegen 3 Uhr wurde die hiesige Einwohnerschaft durch Sturmgeläute au« dem Schlafe aufgeweckt. E« brannte in dem Friedr. Egid. Wolfschcn Wolllager am Neumarkt. Vernichtet wurden, wie man erzählt, mehrere'hundert Centner Wolle. Die Gebäude konnten durch das thatkräftige Eingreifen der schnell herbeigeeilten Feuer wehr erhallen werden. Da» Feuer ist jedenfalls durch Selbst entzündung entstanden. — Ein ungewöhnlicher Baumfrevel wurde letzthin an der von Her las grün nach Treuen führenden fiskalischen Straße verüb«. E» wurden dort zu nächtlicher Stunde von Unbekannten, für deren Ermittelung die kgl. AmISHauptmannschaft Auerbach 30 Mark Belohnung aussetzt, eine Anzahl junger Kirschbäume ausgegraben und entwendet. Theater. Vor ausverkauftem Hause wurde gestern Moser» beliebteste« Werk .Der Veilchensresser' gegeben. Lang anhaltender Beifall, ja wahrer Jubel de« animirtcn Publikum« lohnten die vorzüg liche Darstellung. Geradezu großartig war Herr Wolmcrod in der Rolle de» Viktor v. Berndt, ganz der liebenswürdige Schwerc- nöther, dabei in jedem Wort, jeder Bewegung der elegante Ca- valier, bei dem man e» begreiflich findet, daß ihm die Herzen der Damen entgegen fliegen. Alle anderen Mitwirkenden assi- ftirlen dem verehrten Gaste auf» Beste, sodaß wir wirklich von einer Mustervorstellung berichten können. Großen Beifall erntete auch Herr Otto Schmitt mit seinem Referendar von Feld, der seine Rolle mit liebenswürdiger Frische spielte. Von den übrigen Mitwirkcnden verdienen noch besonder» hervorgehoben zu werden Frl. Mimi Hahn, die, wie da» bei der jungen Dame selbstver ständlich ist, ihre Rolle reizend spielte, und Frau Schindler al« Frau von Berndl. Auch Frl. Hamm wußte sich mit ihrer Rolle sehr zusriedenstellend abzufindcn. Am Dienstag sollen wir nun wieder mit einer Novität bekannt gemacht werden, die überall mit großem Betsall ausgenommen wurde. .Die Logenbrüder", ein schwankartig angelegte« Lustspiel von Lauff», zeichnet sich durch unendlich wirksame Komik au«. Urkomische Verwechselungen lassen do« Publikum au« dem Lachen garnicht herau»kommen, und können wir Jedem den Besuch dieser Vorstellung empfehlen. Künkker-Koncett am 21. Mai 1SVV t» Kibeustock. Herr Max Wünsche, der Herrn Emil Pink« schon wieder holt aus seinen Kunstreisen am Klavier begleitet hat, kommt am 21. Mai auch mir hierher. Al« Klavierbegleiter gehört er zu den gesuchtesten Klavierspielern Leipzig». Al« Violoncellist gehört er dem berühmtesten Ortbester Deutschland», dem Gewandhau»- orchester in Leipzig an. Wir freuen un», ihn in doppelter Be ziehung bewundern zu können. Er darf sicherlich wie Herr Pink» und Frl. Demuth de» freundlichsten Empfange« gewärtig sein. Wir bitten die Leser, welche da« hochinteressante Concert besuchen wollen, sich im Vorverkauf Karten zu entnehmen. Programm« und Texte sind bei den Herren Ksm. G. Emil Tittel und Kfm. H. Lohmann ebenfall» zu haben. 4. Iiehimg 5. Klasse 137. ASoigl. Höchs. Lautes-Lotterie gezogen am 10. Mai 1200 5000 M-rt auf Nr. 1481. 3000 »art auf Nr. 2600 6664 8988 12900 20088 SMS» 28880 80808 84888 88880 48878 81070 88778 88128 87828 88888 88748 88888 80874 SI877 84884 88827 87878 84828 88884 88828 8tll8. 1000 Mart aus Nr. 708 1472 2888 8818 8808 8288 10040 10478 II788 12088 12084 18874 20787 21088 22208 23001 26722 27288 28080 28808 81888 32888 38818 38887 38278 40041 40368 40832 48888 48281 48307 48724 81487 88278 88808 88803 88420 81882 83878 84823 88278 70808 78873 78888 80248 80703 82480 83888 83718 84888 81443 82888. 500 Mar! aus Nr. 718 4447 8882 11008 II878 17884 18327 18408 23184 24883 24834 28I8I 27188 28377 28843 31878 38087 38148 38007 38038 38723 41I8I 41185 48787 48873 47747 84138 88808 80872 70287 74200 78781 78188 78874 78882 80572 82128 82818 86381 87380 87482 88134 82857 85853 88738. 300 Mart aus Nr. 2690 3382 3882 3788 4888 8888 8882 7878 8244 8833 10513 10886 13018 14436 15867 16048 18184 18383 18828 20168 22860 24140 24432 24750 26328 28733 28787 28448 30548 33041 33421 34888 37II0 37328 38082 38134 38381 38628 38867 38888 38688 41488 424II 42881 43224 43884 44182 44747 48327 48408 47288 48712 48784 80418 83721 84152 54418 54848 58880 88841 80188 80826 81885 83804 64333 66138 66186 66812 67771 68351 68708 68236 68858 7II07 71823 71838 72048 72841 73518 73732 74135 78213 78068 78558 78730 78801 80610 83481 84848 87882 88668 88407 80464 80788 81726 82188 82848 83868 84378 84414 88248 88253 85526 85788 88840 86244 87584 87617 87850 88066 88283 88307 88818. 5. Ziehung, gezogen am 11. Mai 1900. 3000 Mark aus Nr. 3410 3815 5087 8183 8868 10685 17508 18465 20007 23077 24774 25340 36288 37024 3838». 40882 44451 44803 46752 47403 48884 86985 58228 88684 58385 64838 68914 73713 78387 81422 85542 86128 82983 93738 84189 97610. tooo Mark aus Nr. 215 1827 3302 4602 5730 10682 II030 13310 14II8 16530 16829 18848 17393 22001 23082 23713 30077 35210 36213 37018 40275 42081 43002 44477 44942 46871 80827 54508 59083 68005 88842 89621 89944 73289 78706 80337 82800 85018 87901 93446 95420 96071 96150 96485 97347 99968. 500 Mark aus Nr. 3264 8278 9285 11233 19683 19869 22967 28452 26238 26489 28357 28835 32489 33607 34621 34861 40923 44600 45269 46459 45486 48026 48164 49I9I 67288 68237 62464 62643 66682 67239 68984 71364 74075 76226 76449 78062 78855 80884 82196 82808 8309» 88299 88639 84419 96939 96036 98880 89643. 300 Mar» aus Nr. 664 1362 1443 2640 2803 3807 3840 3981 4376 4383 4771 8227 8834 9718 10666 10905 12766 16438 16089 I6I00 17896 17986 18007 18366 18413 19308 19612 I968I 21198 21682 21873 22688 23630 23888 26991 26023 26123 27136 27792 28341 28386 28493 28778 28883 28923 28374 30049 33341 33664 38673 36221 36791 36617 36709 37673 38333 39365 40077 40666 41036 41071 43228 43369 43926 44820 46160 48672 48866 49188 49446 49570 60206 60539 60798 51740 51811 53626 66054 66608 66782 66980 67966 68191 69144 60396 61774 62203 62604 63530 64572 66971 66046 66516 66692 67139 67988 68269 68394 69120 69178 70177 70723 70898 72026 74021 74632 74965 77067 78101 78133 78361 78632 80006 80563 82007 82781 83431 83472 83818 83826 84499 84668 84687 88574 89176 89,79 89747 90497 91168 91990 93731 95791 95888 86982 97107 87878 88355 88687 99239. Bor hundert Jahren. 15. Mai. Napoleons Uebergang über die Alpen 1800. Es ist über diesen in der Weltgeschichte so bekannten „Alpenzug" außerordentlich viel geschr^b-n und geredet worden; namentlich haben die Franzosen diese That ihres NationalheroS bis in den Himmel erhoben und man hat sie sogar mit dem wirklich großartigen Zuge Hannibals über die Alpen zu vergleichen ge sucht. Davon kann gar keine Rede sein. Die Wahrheit ist folgende: Am genannten Tage begann der Zug nach dem Fuße der^ Alpen. Das ^ür den zog über des von wilden Galliern bewohnt^Alpengebirge und er hatte nichts von den technischen und menschlichen Hilfsmitteln, über die Napoleon gebot. Diesem halfen ganze Schaaren enthusiastische Walliser und Italiener den Weg bahnen und für Vorräthe für die Truppen war durch die Mönche des Bernhardinerhospizes gesorgt. Immerhin ist das Ersteigen des mit Schnee und Eis bedeckten St. Bernhard und das Hinabsteigen in das Thal von Aosta bewunderungswürdig. 16. Mai. Die selbstständigen Städte 1800. Es waren ihrer nicht mehr Revolutionen übrig geblieben waren und auch diese, wenigstens die meisten ereilte im Jahre 1800 ihr Schicksal. Zwar war es erst der Anfang des Jahres 1801 (Friede zu Lüncville), der den Untergang von 41 Reichsstädten vollendete, indem diese Städte den deutschen Fürsten als Entschädigung für ihre Verluste auf dem linken Rheinufer zugesprochen wurden, allein die neuen Landesherren genirten sich gelegentlich auch nicht, bereits früherzuzugreifen; überdies wußten die Städte längst, daß sie ihre Selbstständigkeit verlieren mußten. So nahm Preußen Goslar, Mühlhausen und Nordhausen, Pfalz- baiern u. A. Kaufbeuren, Kempten, Meinnigen, Nördlingen, Ravensburg, Rothenburg, Schweinfurt und Ulm; Württemberg Aalen, Eßlingen, Gmünd, Hall, Heilbronn, Reutlingen, Rottweil; Baden bekam u. A. Biberach, Offen bach, Ueberlingen, Wimpfen ; Hessen-Darmstadt aber Friedberg; Dortmund kam an Nassau (wobei es lange blieb«. Die Städte waren ihrer veralteten Verfassungen und des Patrizierregimentes längst müde, mit der Einverleibung ganz zufrieden. Verschont blieben zunächst noch sechs Städte: Augsburg, Nürnberg, Frankfurt a. M., Hamburg, Lübeck und Bremen. Ein Wrophet des Waynes. Zuin 375. Jahrestage der Schlacht bei Frankenhauscn und des Todes Thomas MünzerS, am 15. Mai 1526. Von vr. I. A. Klein. Da« schauerlichste Beispiel, wie ein von der Menge de» Volkes ausgefaßte» Mißverständniß zu den gröblichsten Ausschreit ungen und, wenn sich noch religiöser Fanatismus dazu gesellt, zu een blödsinnigsten und zugleich greuelvollsten Thaten führen kann, liefert im Reformations-Zeitalter der unglückselige entsetzliche Bauernkrieg. Der lutherische Traktat .von der Freiheit eine« Lhrislenmcnschen" war nachgewiesenermaßen nicht die Ursache de« furchtbaren Aufstande», sondern langjährige Bedrückung de» Land volke«, seine Heranziehung zu Kriegsdiensten, seine Aussaugung durch die übermüthige Ritterschaft, da» waren die wahren Beweg gründe, welche den Bauern die Waffe in die Faust zwangen und schon lange war die Gährung zur Thalsache geworden, lange schon bestanden die Unruhen, ehe der erwähnte lutherische Traktat Oel in« Feuer gießen konnte. Die Bewegung war da und erhielt nun durch die Refor mation einen mächtigen Jmpul«. Die evangelische Freiheit über trug do« Voll aus da« politische und soziale Gebiet und drängte auf eine allgemeine Umwälzung hin. Ein im Sommer 1524 im südlichen Schwarzwald gegründeter Bauernbund, die .evangelische Brüderschaft", half mit dazu, daß der Aufstand Anfang 1525 zu Kempten im Allgäu au«brach. von wo er sich mit Winde«eile an den Bodensee bi« an den Oberrhein verbreitete. Sm Allgäu entstanden auch die sogenannten .12 Artikel", da« merkwürdige Programm der Bauernbewegung, al« dessen Verfasser der ein malige pfalzgräfltch« Kanzler Lhristian Sch-ppeler zu Memmingen genannt wird. Sie »erlangten freie Wahl der Pfarrer durch die Gemeinden, lautere Predigt de« Evangelium«, Abschaffung de» kleinen Zehnten und de« Frohndtenfte», Freiheit für Wildpret, Geflügel und Fische, event. Aushebung de» Jagdrecht», Herab setzung de« Zin«fuße» und andere Forderungen, welche an sich gerecht und durchführbar waren. L« war also eine vollständige Retch»reform im demokratischen Sinne beabsichtigt, welche Deutsch land einen neuen Staat«- und Recht«boben und die Möglichkeit einer großartigen Entwickelung hätte geben können. Indessen hatte der damalige Kaiser Karl V. gar kein Ber- ständniß für die deutschen Dinge, ihm kam der Gedanke garnicht, die mächtige populäre Bewegung zur Errichtung eine« starken, einheitlichen Reiche« zu benutzen. Noch wichtiger war, daß die zügellosen Ausschreitungen und rohen Gewaltthaten der Bauern den Mittelstand davon abschreckten, sich der Erhebung entschieden anzuschließen, daß namentlich Luther sich ganz entschieden gegen sie erklärte und zwar veranlaßt durch die Art, wie sie in Thü ringen auftral. Hier waren die sozialpolitischen Bestrebungen aus'« Engste mit den kirchlichen Reformideen, aber in der schwärmerischen und fanatischen Weise Thoma« Münzer« verbunden. Eine von Leiden schaft beherrschte Natur, klein, schwarzen Haar«, feurigen Blicke«, war dieser ganz geschaffen, in einer so vielfach erregten und durchwühlten Zeit eine hervorragende Rolle zu spielen. Geboren zu Stolberg am Harz, wurde er nach vollendetem Studium zu Wittenberg und Leipzig Lehrer zu Aschersleben, Halle u. a. Orten. Nächst einem ihm unbestreitbar innewohnenden agitatoirschen Trieb besaß er einen unbezwinglichen Hang zum Wander leben und zu abenteuerlich hochfliegcndcn Plänen. Nachdem er einige Zeit al« Kaplan in einem Nonnenkloster zugebracht, wurde er Prediger an der Hauptkirche zu Zwickau. Hier war er der einflußreichste Führer jener schwärmerischen Sekte der .Propheten". Glücklich ihrem Schicksal in Wittenberg entronnen, versuchte Münzer sein Glück in Prag; aber ein Maueranschlag voll dema gogischer Gluth, worin cS hieß: .Die Ernte reift heran! Ich bin vom Himmel gedungen um einen Groschen zum Tagelohn und schärfe meine Sichel, die Ernte zu schneiden!" hatte seine Vertreib ung au« Böhmen zur Folge. In Allstedt, wo er eine Prediger stelle erlangt hatte, gründete er eine geheime Gesellschaft: .zur Verwirklichung de« Reiche» Gotte« in Freiheit, Gleichheit und Lauterkeit" und erneuerte die Zwickauer Lehre .von der göttlichen Eingebung und Erleuchtung. Luther, auf ihn aufmerksam geworden, lud ihn zu einer Unterredung nach Wittenberg ein; allein Münzer weigerte sich zu erscheinen. 'Nun sollte Spalatin bei dem Kurfürsten auf die Entfernung de« Schwärmer« dringen. Friedrich wollte ihn aber zuerst hören. Al« er zu Anfang de« Jahre« 1524 sich mit seinem Bruder Johann auf dem Schloß in Allstedt befand, mußte Münzer eine Predigt vor ihm halten. In dieser erklärte er, nicht die Bibel soll den Glauben bestimmen, sondern die unmittel bare Gemeinschaft de« Menschen mit Gott, .da« klare Wort Gotte«, da« der Mensch in der eigenen Seele vernommen hat." Von dem Grundsätze au«gehend: .Ich bin nicht gekommen, Frie den zu bringen, sondern da« Schwert" forderte er die anwesen den Fürsten auf, die Gottlosen wegzuthun, wo nicht, so werde ihnen Gott ihr Schwert nehmen. .Darum lasset die Uebelthäter nicht länger leben, die un« von Golt abwenden! Mögen auch Bruder Mastschwein und Bruder Sanftleben solche Ansicht ver werfen: e« wehre sich ein Jeglicher wie er will!" Spalatin schickte die Rede an Luther; dieser sandte die .All städter Raserei" zurück. Bald daraus schritt aber Münzer vom Wort zur That: unter seiner Führung zogen die Allstedter nach der Kapelle Malderbach und zerstörten da« Heiligthum sammt dem Marienbild, die vielbesuchte Andachtstätte zahlreicher Wall fahrer. Nun wurde er zur Verantwortung nach Weimar geladen und am 16. August seine Ausweisung beschlossen; aber schon Tag« zuvor hatte er Allstedt verlassen, nachdem er in Harnisch von seinen Freunden umgeben durch die Stadt gezogen .zur Gegenwehr bereit." Er begab sich zunächst nach Mühlhausen, wo kurz zuvor unter der Leitung eine» aufständischen Bauern-Führer« Han» Pfeifer eine politische und kirchliche Reform im Sinne der Auf ständischen cingeführt worden war. Hier glückte e« ihm, zum Ansehen eine» von Gott begeisterten Propheten zu gelangen. Er entschied in Rath und Gericht nach seiner inneren Offenbarung, ließ die Pfarrer vertreiben, die Klöster zerstören und die Schlösser und Burgen der Herren stürmen. Vom Thüringerwald bi» zum Harz hin war Alle« in wilder Bewegung und hier war nicht die Rede von Bedingungen und Verträgen, wie in Ober-Deutschland, sondern Alle« ging auf .allgemeine« erbarmungslose« Verderben" hinau«. Blut und Rauch folgten Münzer» Bahnen; e« sollte .ganze" Arbeit gelhan werden; er wollte von keiner Obrigkeit, keinem Eigenthum, keinem Staat, und weder von Kirche noch Gesellschaft etwa« wissen; Alle» sollte umgestürzt werden. Hingegen erhob sich nun Luther. Gehorsam gegen die Obrig keit war in seinen Augen eine der wichtigsten Pflichten und er warnte die Bauern, die evangelische Freiheit zum Schanddeckel ihre« unchristlichen Treiben« zu machen. Al» aber der Aufruhr in seiner nächsten Nähe immer ärger und blutiger wurde, ward Luther von grimmigem Zorn ergriffen und »erfaßte die leiden schaftliche Schrift: .Wider die räuberischen und mörderischen Bauern," in welcher er die Obrigkeiten aufforderte, die .Mord propheten und Rottirer" mit dem Schwert niederzuschlagcn. Diesem Sturmruf von Wittenberg kamen die Fürsten und Herren bereitwillig nach. Evangelische und katholische Herrscher reichten sich die Hände zum Krieg«bund wider die Empörung. Vereint zogen der Kurfürst Johann und der Landgraf Philipp von Hessen und die Herzöge Georg und Heinrich von Sachsen mit Reisigen und Fußvolk und zahlreichem Geschütz gen Franken hausen, wo sich Münzer« Bauernhaufen aus einer Anhöye über einem Thalc ausgestellt und mit einer Wagenburg geschützt hatten. Erst wurden die Unterhandlungen über eine Kapitulation der armselig bewaffneten Aufständischen angeknüpft, aber Münzer ver eitelte sie, indem er in feuriger Rede die Hilfe Gotte« verhieß: .Lasset Euch nicht erschrecken da« schwache Fleisch!" rief er. »Greist die Feinde kühnlich an! Ihr dürst da« Geschütz nicht fürchten, denn Ihr werdet sehen, daß ich alle Büchsenstetne in den Aermcln fassen will, die sie gegen un« schießen! Ja, Ihr sehet, daß Gott auf unserer Seite ist, denn er giebt un» den Regenbogen am Himmel, der bedeutet, daß Gott den mörder ischen Fürsten Gericht und Strafe dräuet! Seid unerschrocken und stellt Euch zur Wehre. So mußte denn da« Schwert entscheiden. Nach einer kräf tigen Anrede de» Landgrafen an seine Reisigen begann die Ka nonade, welche eine schreckliche, zerschmetternde Wirkung hatte, so daß die Hausen der Aufständischen in die heilloseste Unordnung gertethen. Bon allen Seiten durchbrachen die Reisigen die Wagen-
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