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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 06.06.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190106063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19010606
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19010606
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1901
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Monat
1901-06
- Tag 1901-06-06
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Monat
1901-06
-
Jahr
1901
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»olle Tage lang. Al» der Transport dann in die Nahe oon Standerion kam, zogen sich die Buren zurück. Die Verluste de« Feinde« sollen zwischen vierzig und sünszig Mann betragen haben. Die britischen Truppen sagten nachher, daß die« der erste wirklich ernste Kamps sei, den die Buren seit langer Zeit au-geiochten hatten. Ueber die Berluste der Engländer schweigt de« Sänger» Höflichkeit. — Ueber neue Kämpfe in der Kapkolonie liegt fol gende Drahtmeldung au« englischer Quelle vor: Kapstadt, 3. Juni. Die Stadt Willowmore wurde vorgestern von einem 700 Mann starken Burenkommando unter Scheeper» angegriffen. Der Feind wurde schließlich mit einem Verlust von zwei Tobten und drei Verwundeten zurückgeworfen. Ein andere« Buren kommando unter Fouchö bedrohte gestern Jame-town. — Lord Kitchener ist augenscheinlich längst zu der Ueber- zeugung gekommen, daß mit der in Südafrika verfügbaren be waffneten Macht ein durchschlagender Erfolg nicht zu erzielen ist. Nach Londoner Meldungen wird jetzt bestätigt, daß Lord Kitche- ner dringend 30,000 Mann Verstärkung fordere, die die Re gierung nicht aufzutreiben vermag. — Lord Kitchener telegraphirt au« Pretoria vom 4. Juni: Oberst Dixon berichtet, an dem Kampfe bei Blaksontein seien 1450 Engländer mit 7 Geschützen betheiligt gewesen. Die Truppe habe sich auf dem Rückmärsche nach dem Lager bei Blaksontein befunden, al« der Feind, gedeckt durch Terrain, plötzlich ein Feuer auf die Nachhut eröffnet habe, welche au» 230 Mann Heomanry und 100 Mann vom Derbyshire-Regiment mit 2 Geschützen von der 28. Batterie bestand. E« gelang den Buren, eine Zeit hindurch sich der Geschütze zu bemächtigen. Ai« aber da« Gro« der englischen Truppen in Len Kamps ein griff, wurden die Geschütze wieder genommen, der Feind ver trieben und die Stellung erobert. Auf englischer Seite fielen 6 Offiziere und öl Mann. 6 Offiziere und I l.ö Mann wurven verwundet. 1 Offizier und 7 Mann werden vermißt. 41 Buren wurden lobt auf dem Schlachtfeldc zurückgelassen. Von weiteren Verlusten der Buren sei ihm nicht« bekannt. Lord Kitchener fügt dieser Meldung hinzu, daß er sosort Verstärkungen nach Vlakfontein abgesandt habe. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, ö. Juni. Gestern früh gegen ^7 Uhr erscholl da« Fcuersignal in unserer Stadt. Im Keller der E. W. Friedrich'schen Eisen- und Eolonialwaarenhandlung war ein nur noch zum Theil gefüllter Ballon mit Terpentin in Brand gerathcn. Der infolgedessen entstandene Qualm machte auf die Brandgefahr aufmerksam, die durch schnelle, energische Hilfe bald beseitigt werden konnte, ohne daß nenncnSwerther Schaden da durch entstanden ist. — Schönheide. Abermals ist von einem Brande zu berichten. Montag früh ',7 Uhr ging da« Hau« de« Fabrik tischler« Döhler in Flammen auf. Dasselbe lag unweit der Flemming schen Bürstenfabrik an der Neuheidcr Straße und war zur Zeit unbewohnt. — Den Tod suchte und fand eine Frau au« Stützengrün in dem sogenannten schwarzen Teiche. Der Grund mag in Geistesschwäche zu suchen sein. — Dresden, 3. Juni. Amtlich wird gemeldet: Beim Halten des Borzuge« für den nach Reichenbach (Vogtlands ver kehrenden Personcnzug 1008 aus Haltestelle Edle Krone fuhr am 2. Juni Vormittag- gegen 10 Uhr die vom Zuge abgebliebcne Schiebmaschine so heftig gegen den Schlußwagcn desselben, daß 8 Reisende am Kopfe leicht verletzt wurden. Sämmtliche Ver letzte konnten sich nach ihrem Reiseziel begeben. Eine Unter suchung Le- Unfall« ist eingeleitet. — Dresden, 4. Juni. Die Nachrichten über da- Be finden Ihrer Majestäten de« König« und der Königin während de« nunmehr dreiwöchigen Aufenthalte« im Schlosse Sibyllenort sind sortgesetzt gute. Se. Majestät der König unter nimmt in den Morgenstunden längere Spaziergänge und arbeitet später in RegierungSgefchäflen. Nach den Mittagstafeln weilen die Allerhöchsten Herrschaften meist längere Zeit im Parke und unternehmen Promenaden zu Wagen in die Umgebung. Außer dem pflegt Se. Majestät der König früh bez. Abend« zur Reh- bockpürsch zu fahren. — Dresden, 4. Juni. Im Auftrage der Majestäten reisen Prinz und Prinzessin Johann Georg heute Abend 6 Uhr 32 Minuten mit Gefolge zum Stapellauf nach Danzig ab. Von dort treten sie dann die Reise nach Frankreich an. — Augustusburg, 4. Juni. Der hiesige Verein der Naturfreunde hat bei dem hiesigen Sladtgemeinderath die Ein führung einer progressiven Katzen st euer beantragt, damit da« Katze,rhaitcn etwa« eingeschränkt wird und unsere gefiederten Sänger nicht mehr in der bisherigen Weise gefährdet werden. — Aue, 4. Juni. Da« bekannte, am hiesigen Bahnhof gelegene Hotel .Erzgcbirgi scher Hof' steht seil heute Abend 10 Uhr in Flammen. — Hartmannsdorf, 4. Juni. Ein bedeutender Geld diebstahl wurde in der Zeit vom 22. bi- 30. vorigen Monat« bei den beim Schankwirth und WirthschastSbesitzer Brückner hier wohnenden MaurerSeheleuten Schmutzler verübt, indem der ver ehelichten Schmutzler au- ihrer in der Wohnstube stehenden, ver schlossenen Kommode 600 Mk. baare» Geld, bestehend in drei Hundertmarkscheinen und 15 Zwanzigmarkstücken spur- und Ver dachts»« entwendet worden ist. Fragliche« Geld rührt von einem Gewinn in der Dre«dner Pferdelotlerie her. Die Frau Schmutz- lcr machic einen Haupttreffer und gewann ein Pferd und einen Wagen, welche Gegenstände sie verkaufte. Der Diebstahl ist au«- gesührt worden, während sie mit ihrer Schwester in den Wald gegangen war, um Leseholz zu holen. Den Verlust merkte sie erst, al« sie da« Geld der Kommode entnehmen und bei der Sparkasse in Kirchberg niederlegen wollte. — Oel« nitz i. V., 4. Juni. Innerhalb kurzer Zeit hat die GeschirrführerSwittwe Kegler den Gatten und am Montag Mittag beinahe beide Kinder verloren. Der Mann gerieth unter eine umstürzende Holzladung und wurde erdrückt, und al» nun die junge Wittwe gestern Vormittag in einer Renten angelegenheit im Amtsgerichte zu thun Halle, schloß sie die Kinder, einen Knaben von fünf und ein Mädchen von zwei Jahren, in die Wohnung ein. Dort spielte der Junge, dem die Zeit lang geworden sein mochte, mit Zündhölzchen und bald stand da« Zimmer und auck> da« Schwesterchen in Klammen. Verzweifelt rüttelte nun der Knabe an der verschlossenen Thür, und al« diese von hinzukommenden Leuten eingeschlagen wurde, zog sich der Kleine schwere Kopf- und Augcnverletzungen zu. Da« Mädchen aber war am ganzen Körper so arg verbrannt, daß der herbei gerufene Arzt keine Hoffnung auf Erhaltung de« Lebens hat. Die unglückliche Mutter veranlaßte trotzdem di« Ueberführung de« Kinde« in da« Zwickauer Kreiskrankenstift. Der Knabe dürfte am Leben erhalten bleiben. — Au« dem oberen Vogtlande. Im obervogtländi- schcn Erdbcbengebiet rumort» wieder. In Brambach und Um gebung sind am Freitag, Sonnabend und Sonntag Erdstöße wahrgencmmen worden. Die stärkste Erschütterung serulsachte ein Stoß, der am Sonntag Mittag gegen '/,1 Uhr verspürt wurde Auch in der Gegend von Roßbach usw. sin» in den angegebenen Zeiten Erderschütterungen vorgekommen. Jas Ketten als Heilmittel. Von l-r. mvtt. Ebing. Au« dem Blute quillt da« Leben, weil au« dieser rothen, in den Blutgefäßen durch alle Theile de« Körper« strömenden Flüssigkeit da« Material zur Unterhaltung de» Stoffwechsel» stammt. Der ganze menschliche Leben-prozeß besteht nämlich in einer unaufhörlichen Stofsaufnahme und Stoffaulscheidung, und je energischer dieser Stoffwechsel vor sich geht, desto gesunder ist der Mensch. Aber die moderne Kultur erlaubt e« den meisten Menschen nicht, so zu leben, wie e« die Natur, die Gesundheit wünscht. Die meisten Leiden und Krankheiten sind da« Ergebniß unsere» Berus». Unzählige Personen, wie Beamte, Kaufleute, Lehrer, Fabrikarbeiter, führen ein durch ihren Berus bedingte« ungesunde« Leben. Langer Aufenthalt in geschlossenen, meist so schlecht gelüsteten Räumen, täglich stundenlange«, womöglich krumme» Sitzen, da« Alle« hemmt den Blutumlauf, den nor malen Stoffwechsel und schafft da» Heer der Hämorrhoidarier, Hypochonder, Magen-, Brust- und Lungenkranken. Alle Liese Menschen müßten ihrer Gesundheit Halder jede« Jahr vier bis sechs Wochen reisen. Da« Reisen bringt die Kulturmenschen der Na tur am nächsten. Stet- in der frischen Luft, stet« Anregung durch andere Menschen und fremde Gegenden, keine Sorgen, keine eintönige Arbeit. Der Mensch, der seine gewohnte Arbeit«- und Lebensweise plötzlich unterbricht und auf Reisen geht, auf eine Erholungsreise, der regt dadurch sein Blut- und Nerven leben vortheilhaft an. Da« stärkt den Körper und kräftigt den Geist und bildet ihn. Wer nicht au« seinem engen Wohnorte herauskann, behält stet» nur eine einseitige Lebensanschauung und Bildung, mag er noch so belesen sein. Auch hier ist die Theorie grau und die Praxi» grün. Vielgereiste Personen sind viel verständiger in ihren Ansichten, viel duldsamer im Verkehr, denn sie haben die Menschen in verschiedenen Zuständen kennen und die Berechtigung fremder Einrichtungen und Sillen schätzen gelernt. Bei ihnen ist da» Wort ..nillis ueiiuiruri", nicht» be wundern, ein wirkliche» Zeichen von Bildung und Ueberlegenheit. Bei solchen Reisenden herrscht ein gesunder Geist im gesunden Körper. Auch auf da« Gemüth ist da- Reisen von bestem Ein fluß. Meist ist verdrießliche krankhaft gereizte Stimmung, Schwer- muth oder Trauer nicht« Andere« al« die Folge der Ueberan- strengung, der Abspannung in täglicher, eintöniger, abstumpfender Thätigkeit, die den Körper aufreibt und den Geist erschlafft. Mit der Erweiterung de« Horizonte« erweitert sich auch die Schranke der Seele und blickt freier und muthiger über die eingelebten Hindernisse hinweg. Derjenige, welcher gesund ist, der nur der Erkrankung vor beugen will, der sich ausspannen will, der zerstreue und be reichere sich, wo er nur will. Er wechsle zwischen Stadt und Land, ihm wird jede Abwechslung recht und gesund sein. Solche Personen, welche schon leidend sind, denen aber vom Arzte kein bestimmte« Bad verordnet wurde, suchen am besten da« stille Landleben auf, wo sie ganz nach Bequemlichkeit die sonnige Lust genießen können, wo weder große körperliche noch geistige An forderungen an sie gestellt werden. Sie müssen jede stärkere Ermüdung, durch Fußtouren oder Spiele, vermeiden, die den Appetit schwächt und den Schlaf verscheucht. Da« gilt ganz be sonder» für Vollblütige und zur Tuberkulose neigende Personen. Nur kräftige Menschen, die nickt an ausgeprägten Krankheiten leiben, dürfen lange Fußreisen macken. Aber auch sie müssen sich erst darauf vorbereiten, indem sie am ersten Tage nur we nige Stunden, etwa zwei bis drei, marschiren. Am zweiten und dritten Tag verlängert man den Maisch um höchsten« 1 Stunde. Dann erst mag man mit größeren Touren oder Strecken be ginnen. Plan versage sich aber niemals Pausen der Ruhe und im Gebirge besteige man niemals rasch oder gar rauchend ober sckwätzenb die Berge, denn die Lunge wird bei jedem, auch dem stärksten Menschen durch da« Steigen ungewöhnlich stark in An spruch genommen. Man bleibe sofort stehen, wenn Athemnoth, Herzklopfen, Broststechen, Schwindel oder Ucbclkeit eintrilt. Man setze den Weg erst fort, wenn völlige Beruhigung eingetreten ist. Da« Bergsteigen ist nickt so ungefährlich, e» bat schon manchem unvorsichtigen Herzleidenden den jähen Tod gebracht. Präpariren sich doch selbst geborene Gebirg«völker aus da« häufige Berg steigen vor, durch da« bekannte Arsenikessen. Ist man auf dem Gipfel de» Berge« angekommen, so ruhe man nickt sofort au«, sondern gebe langsam umher, oder in einem etwa vorhandenen geschützten Raum, um da« Blut zu beruhigen und abzukühlen. Niemals aber setze man sich, auch nickt am schönsten Sommertag, schwitzend dem Winde der Bergkuxxe au«. Langsam abgekühlt mag man aus Berge-Höhen so lange weilen, wie man will, zumal wenn Fickten- und Kiefernpflanz ungen dort vorhanden sind. Die reine Bcrgc-luft, vermischt mit dem Harzdufl der genannten Baume, ist die beste Medizin für solche Reisenden, die an Hal«-, Kehlkopf- und Brustbeschwerden leiden. Die moderne Medizin hält genügend langen Aufent halt in solcher Luft für das beste Heilmittel der Lungentuber kulose. Für den Erholung-reisenden bedarf e» keiner beschwerlichen GebirgStour oder eine« lheuren Badeorte«; der einsacke und billige Landaufentbalt genügt. Freie, frische Luft und Sonnen schein giebt c« überall, und nicht« ist belebender al« ein Sonnen bad, da« heißt, sich vom Sonnenschein bestrahlen und erwärmen lassen, natürlich so, daß e« nicht belästigend wirkt. Wa» am meisten auf Reisen vernachlässigt wird, da« ist leider die Hautpflege. E» mag ja meist nicht so bequem wie zu Hause sein, wenn man auf Reisen ein Bad nimmt, aber gerade auf der Reise ist die Hautpflege sehr wichtig. Die normale ungestörte Hautpflege trägt zur Reinigung und Stärkung de» Blute« ungemein viel bei. Jede Störung der Hautau«dünstung ruft eine Erkältung oder eine Erkrankung schwacher Organe her vor. Durch vernachlässigte Hautpflege hat sich schon Mancher die Reise theilweise verdorben, und sei c« nur durck ein leichte« rheumatische« Leiden oder durch Zahnschmerzen. Ist auf Reisen in ländlicher Gegend kein Wannenbad zu erzielen, so nehme man Abend» und Morgen« im Abstcigcquatier Waschungen de« ganzen Körpers mit frischem Wasser vor, da» stärkt und härtet ab. Wenn die Füße Schwierigkeiten bei den ungewohnten Touren machen, sei e» durch Blasen oder Wundsein, da reibe man sie mit etwa« Oel oder im Nothfall auch mit Speck ein. Um Bla sen oder Wundsein bei Zeiten zu verhüten, wasche man vor Beginn der Reise an die Füße jeden Abend mit Franzbrannt wein ein. Kölnischer Wasser zu gleichen Theilen mit Wasser verdünnt, wirkt noch bester, dürfte aber auf die Dauer zu theuer werden. Echte Eau de Eologne ist überhaupt ein unüber treffliche« Riech-, Wasch- und Stärkungsmittel auf Reisen, un entbehrlich für Damen. Zlnsichtöare Kaden. Original Roman von Reinhold Ortmann. «SU. Fortsetzung.» , Obwohl Matrasch feine Wohnung nicht vor zwölf Uhr Mittag« zu verlassen pflegt,' erzählte der Geheimagent, »hatte ich heute doch schon um neun Uhr in der Nähe de« Hause» Ausstellung genommen, weil mir daran lag, die Kundinnen der Frau Matrasch zu beobachten. Und ich hatte sehr gut daran ge- than, denn gegen seine Gewohnheit erschien der Mann der Karten legerin bereit» um halb zehn Uhr auf der Straße. Ich entschloß mich, ihm zu folgen, und da ich sicher war, daß er noch keinen Verdacht gegen mich geschöpft hat, trat ich unmittelbar hinter ihm in die Expedition der .Dresdener Nachrichten' ein, in die ich ihn hatte verschwinden sehen. Dicht neben ihm stehend, fand ich Gelegenheit, den Zettel zu lesen, den er in der Hand hielt und aus dem ein von ihm auszugebende« Inserat geschrieben stand. E« lautete wörtlich: .Gesucht gegen hohe Entschädigung auf kurze Zeit und zu leichter Verrichtung ein diskreter Diener, der schon bei einem vornehmen Herrn konditionirt haben muß.' Die Worte .hohe Entschädigung' und .dilkret' waren zweimal unterstrichen, sollten wohl jedenfalls durch fetten Druck hervorge hoben werden. Ich überzeugte mich noch, daß er die Annonce wirtlich zu zweimaliger Insertion aufgab und behielt ihn im Auge, bi» er sein Stamm-Kaffeehau« betreten hatte, wo er nun vermuthlich wieder ein paar Stunden lang Billard oder Tarsk spielen wird. Dann begab ich mich hierher, weil ich meine Wahrnehmung für wichtig genug hielt, um eine sofortige Bericht erstattung zu rechtfertigen.' »Sic thaten recht daran, Herr Solf«. — Aber wa« folgern Sie au» diesem sonderbaren Inserat?' .Daß e« im Zusammenhang steht mit irgend einem Schwindel. Die Matrasch« brauchen keinen Diener; denn aus einem so große» Fuße betreibt die Frau trotz ihre« starken Zuspruch« die Wahr sager« am Ende doch nicht, daß sie ihre Besucherinnen durch einen Diener cmpsangen lassen müßte, der im Dienste eine« vor nehmen Herrn geschult worden ist. Und c« ist mindesten« ver dächtig, daß in dem Inserat von vornherein ein so großer Nach druck auf die Dirkretion de« Gesuchten gelegt wird. Vielleicht will sich da« Ehepaar auf den sogenannten Kautionsschwindel verlegen; vielleicht aber — und ich halte da« sogar für da bei Weitem Wahrscheinlichere — handelt e» sich um eine größere, rasfinirt angelegte Spitzbüberei.' .Und weshalb dünkt Ihnen da« so viel wahrscheinlicher?' „Weil ich mit Hilfe eine« bei der hiesigen Kriminalpolizei beschäftigten Freunde», dessen Namen ich au» leicht erklärlichen Gründen nicht nennen darf, hcrau-gebracht habe, daß die beiden Matrasch in Budapest wegen Betrug« vorbestraft worden sind — der Mann mit viermonatlichem und die Frau mit zweimonatliche« Gefängniß. Sie sollen einen alten Rentier um erhebliche Summen beschwindelt haben. Vielleicht ist jetzt wieder etwa« Derarrize« im Werke.' „Und wa« könnten wir Ihrer Meinung nach thun, um e« zu hindern?' „Ich bin gesonnen, mich al» Bewerber um den Dienslposten zu melden. Ob man mich nun engagirt ooer nicht, jedenfalls hoffe ich auf diese Weise dem ehrenwerthen Paare hinter seine Schliche zu kommen.' Warthmüller schwankte, ob er dieser Absicht seine Zustimmung geben solle, denn welchen Zwecken auch immer da« Inserat dienen mochte, ein Zusammenhang mit der Banknotenfälschung, aus die allein c« dem Generalsekretär ankommen durfte, war kaum zu vcrmuthen. Aber er war nicht nur der Beauftragte der belgischen Regierung, sondern er war auch ein Mensch, und deshalb unter lag er der menschlichen Versuchung, sich über die Personen, die nach seiner Ueberzeugung einen unheilvollen Einfluß auf Elfriede übten, Klarheit zu verschaffen um jeden Prei«. Darum verweigerte er seine Einwilligung in den Vorschlag de« Geheimagenten nicht, fest entschlossen, die Kosten au« seiner eigenen Tasche zu bestreiten, fall« der verwegene Versuch ein für seine vorgesetzte Behörde werthvolle« Ergebniß nicht haben sollte. Die erforderlichen Einzel heiten wurden verabredet, und mit einer auf da« Aeußerste ge steigerten Spannung, in die sich peinigend die Furcht vor irgend einer schrecklichen Enthüllung mischte, sah Erik Warthmüller den Ausklärungen entgegen, die ihm aller menschlichen Voraussicht nach schon die nächsten Tage bringen würden. Hinterlistige Pläne. Herr Franz Lehder au» Wien war seit vier Tagen ein regel mäßiger Adendgast de« Ehepaare« Matrasch, und wenn Paula Förster nicht schon vor seinem ersten Erscheinen entschlossen ge wesen wäre, die ihr längst peinlich gewordene Stellung bei der Kartenlegerin io bald al« möglich auszugeben, so würde vermuth lich das Benehmen diese» von Frau Ilona mit besonderer Aus zeichnung behandelten Herrn einen solchen Entschluß in ihr wach gerufen haben. Schon al« er zum ersten Mal gekommen war, und a!« sie ihn, der empfangenen Weisung gemäß, in da« beste Zimmer der Wohnung geführt hatte, war sic sehr unangenehm berührt worden durch die zudringliche Dreistigkeit, mit der er sic anstarrle, und Lurch das unverschämt vertrauliche Lächeln, da« um seine Lippen spielte, während er mit ihr sprach. Sie hatte sich dann sosort in ihr Stübchen zurückgezogen, aber sie war im weiteren Verlaufe de» Abend« noch zweimal von Frau Matrasch gerufen worden und halte e« nicht verhindern können, daß der Besucher sie mit seinen unverschämten Blicken verfolgte, wie wenn sie etwa ein hübsche- Bild oder ein anderer interessanter lebloser Gegenstand gewesen wäre. Al« er am folgenden Tag um dieselbe späte Stunde wicder- kam, wurde die Situtation für sie sogar noch peinlicher. Denn Frau Ilona erklärte, daß man um eine» so lieben Freunde« willen, wie e« Herr Letzter sei, nicht von der bisherigen Gewohn heit abzuweichen brauche, und daß Fräulein Paul- deshalb mit am Tische speisen werde wie immer. Gern hätte sie gebeten, e« ihr zu erlassen, aber sic mußte fürchten, daß man eine solche Bitte sehr übel ausnehmen würde, und deshalb hatte sie nicht den Muth, sie auszusprechen. Doch die gemeinsame Abendmahlzeit wurde ihr von Minute zu Minute mehr zu einer wirklichen Qual. Sie hatte ihren Platz neben dem Gast erhalten, und der dunkclbärtige Fremde, der sich allem An- scheine nach für ganz unwiderstehlich hielt, begann ihr in einer Weise den Hof zu machen, die dem jungen Mädchen mehr al» einmal da« Blut in die Wangen trieb. Er war ihr al« Priva tier vorgestellt worden, der sick lediglich zu seinem Vergnügen und zum Studium der reichen Kunstschätze in Dresden aufhalte. Sein Aursehen und seine Allüren warm ja auch durchau« die eine« vornehmen und an gute Umgang«sorme» gewöhnten Manne«. Aber dem feinen Empfinden Paula'» entging e» eben so wenig, daß er da« Ehepaar Matrasch mir einer geradezu be leidigenden Herablassung und Geringschätzung behandelte, al« e« ihr auf die Dauer verborgen bleiben konnte, daß er weder di«
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