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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 21.05.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190105218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19010521
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19010521
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1901
-
Monat
1901-05
- Tag 1901-05-21
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Monat
1901-05
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Jahr
1901
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ichon bei der Regierung findet man in den von Londoner Blättern veröffentlichten Auszügen au« Privatbriesen englischer Offiziere, die in Südafrika stehen. Daraus geht hervor, daß va» gefammtc Osfiziert-Korp» mehr noch al» die Truppen kriegSmüde ist. Während bei den Soldaten dir Ueberanslrengungen und die Ent behrungen jeglicher Art für diesen BemüthSzustand entscheidend waren, ist die« bei den Offizieren durch die allzu rücksichtslos betriebenen Begünstigungen und auch, sofern die Kolonialtruppen in Betracht komme», durch Anmaßungen einer Anzahl .oriftokrati- scher Offiziere, welche, gestützt auf ihre Londoner Beziehungen, die Kolonial-Offiziere von oben herab ansehen, enlscheidend ge wesen.' E» sind infolge dieser Zustände schon offene Reibereien entstanden und e« ist sogar zu blutigen Kämpfen zwischen den Kolonial- und den regulären Truppen gekommen, wobei e« immer Tobte gab. Die Nachrichten über diese Zwischenfälle wurden von der Zensur nicht durchgelassen. Die Offiziere drängen auf eine möglichst schnelle Beendigung de« Kriege« hin, da sonst sehr wohl Komplikationen entstehe« dürften, welche die Fortsetzung de» Kriege« unmöglich machen würden. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 20. Mai. Am vergangenen Sonnabend früh gegen '/,5 Uhr brannte die am Windifchwege unweit de« Schießhause« gelegene sogen. Beck'sche Doppelscheunc total nieder. Dieselbe gehörte Herrn Kaufmann Emil Erdmann Tittcl am Ncumarkt und Herrn Oekonom Friedrich Erdmann Werner hicrselbst. Die Scheune war mit Erntevorräthen reichlich gefüllt, da 10 Personen Futter Larin ausbcwahrt hatten. Wegen Nebel« ist der Brand nur von wenigen Personen in der Stadt gesehen worden und da derselbe bereit« sehr weit vorgeschritten war und Gefahr der Wcilervcrbreitung wegen isolirter Lage nicht vorlag, so Hal eine Alarmirung der Feuerwehr auch nicht slattgesundcn. Ueber die Entstehung de» Feuer« ist nicht« bekannt, doch ver- muthet man böswillige Brandstiftung. — Eibenstock, 20. Mai. Am gestrigen Sonntag Abend erhängte sich in seiner Wohnung in der Hinteren Rehme an der Kleiderschranklhüre der 62 Jahre alte Handarbeiter Gottlieb Friedrich Lipp old. Ursache der Entleibung mag Trunkenheit und Streit mit seiner Familie gewesen sein. Uebrigen« hat Lippolv bereits früher einen Selbstmordversuch gemacht. — Eibenstock, 20. Mai. Wie schon bekannt, hält der hiesige E>zgebirg«-Zweigverein nach mchijähriger Pause morgen, Dienstag, den 2l. d. M. im Feldschößchen eine Abendunter haltung ab. Da« Programm ist vorzüglich gewählt. Be sonder» originell ist da« Auftreten der Erzgebirgischen Schrammel. Geradezu glänzend gestaltet sich die Verlosung durchweg seiner Gebrauchs- und Luxusgegenstände, die in mehr al« 300 Num mern von auswärtigen Freunden und Gönnern unsere« Verein« in ticben«würdigsler Weise eingesandt wurden. Einem zahlreichen Besuche sieht man gern entgegen. Gäste, durch Mitglieder ein geführt, sind herzlich willkommen. — Eibenstock. Am HimmelfahrtStage Nachmittag 3 Uhr beging der Schneeberger Kreisverein für innere Mission sein Jahretfest in Eibenstock. Herr Pastor Zinßer au» Seelitz bei Rochlitz hielt die Fcstpredigt über Psalm 12, 6. Die Nachver sammlung wurde in den Räumen de« Feldschlößchen« abzehalten und war gut besucht. Nach Begrüßung von Seilen de» Herrn Pastor Gebauer sprach Herr Pastor Hartenstein au» Schönheide über Einrichtung und Segen der christlichen Herbergen und der Verpflegslationen. Nachdem der Herr Ort»pfarrer in einem Bilde zur Beihilfe aufgerufen hatte, berichtete der Festpredigcr über Fürsorge für Sinder, über Bethlehemstifte, Bewahranstalien -c. Sowohl in der Kirche, al» auch in der Nachversammlung bot der Kirchenchor gute, musterhaft eingcübte Gesänge. — Johanngeorgenstadt, 1b. Mai. Einen Unfall, perbcigesührt durch unvorsichtige« Gebühren mit einem Schieß gewehr, erlitt dieser Tage ein zwölsjähriger Schulknabe von hier dadurch, baß er von einem im gleichen Alter stehenden Knaben beim Spielen auf dem sogen, «iegelberg mit einem Revolver einen Schuß in da» Ellbogengelcnk erhielt und sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Nach Au»fpruch Le» behan delnden Arzte» dürfte der Getroffene infolge der Verletzung ein steife« Ellbogengelenk davontragen. — Dresden, 18. Mai. Vor einiger Zeit ist bekanntlich der Kammermusiker und Komponist Adolf Gunkel von einer Frau Jahnel in einem elektrischen Wagen in Dre«den erschossen worden. E« wurde zunächst die geistige Zurechnungsfähigkeit der Jahnel bezweifelt und derhalb eine ärztliche Beobachtung ihre« Geisteszustände« angeordnet. Man scheint nun erkannt zu haben, daß Frau Jahnel die Thal in zurechnungsfähigem Zu stande ausgeführt hat. Wie berichtet wird, ist gegen die Frau Anklage wegen Morde» erhoben worden. In der im nächsten Monat in Dresden staltfindenden Schwurgerichtrperiode wird Frau Jahnel auf der Anklagebank erscheinen. — Annaberg, 16. Mai. Zu den Kapiteln Zeugniß- schwindel und Kurpfuscherei erläßt ein Arzt, l)i. me-cl. Oelsner, in hiesiger Aml«presse eine Erklärung, die lebhaft besprochen wird. Vor einigen Tagen war in demselben Blatte von einem Magnetopathen al« .Danksagung einer Geheilten' eine mit Selma Kretzer, Kleinrückerswalde, unterzeichnete Erklärung abge- druckt, in welcher gesagt wird, daß dieselbe seit 26 Jahren an einem Sprachgebrechen gelitten habe, so daß sie sich nur durch Lallen (ohne Worte) habe hörbar machen können. Sie habe sich wegen diese» Leiden« zu dem Magnetopathen in Behandlung ge geben, welcher eine Stimmbandlähmung sestgesteltt habe, und nach vierteljährlicher Behandlung sei sie nun völlig gesund und sprachsähig wie andere Leute. Au« Dankbarkeit fühle sie sich gedrungen, diese göttliche Heilweise aus« wärmste andern zu empfehlen. l)r. ineck. Oelsner hat sich nunmehr in die Wohn ung der angeblichen Ausstellerin diese« Zeugnisse« begeben und sestgesteltt, daß dieselbe eine Stotterin von Jugend auf ist und daß in ihrem Zustand sich nicht« geändert hat. Der Magnetophat hat die Danksagung selbst verfertigt und veröffentlicht ohne Wissen der angeblich Geheilten. Dieselbe sagt au«, daß der Magnetophat von ihr eine« Tage« für ein Zeugniß, von dessen Inhalt sie keinerlei Kcnntniß gehabt, ihre Unterschrift erbeten habe und daß sie dieselbe arglo« gegeben habe. Sie und ihre Eltern sind empört über den Mißbrauch ihrer Unterschrift für ein derartige« lügnerische« Zeugniß. Der Arzt stellt ferner fest, daß e» einen Heilmagneti«mu«, bei dem durch Ueberftrömen von Magneiilmu« au« dem Körper de« Magnetiseur« auf den Körper de« Kranken eine Wirkung erzielt würde, überhaupt nicht giebt und daß unter dem Namen Magnetophat sich abgefeimte Schwindler oslmal« einen leichten und einträglichen Erwerb zu verschaffen suchen. E« gäbe eine ganze Reihe von Leiden, die durch Einwirkung aus den Glauben und auf da« Vorstellung»- leben de« Kranken zu beseitigen sind. Darin allein liege die jeweilige Wirksamkeit de« sogenannten Heilmagnetitmu«. — Aue. Die hiesigen städtischen Kollegien haben mit der Aktiengesellschaft Elektra in Dresden einen Vertrag über Versorgung der Stadt Aue mit elektrischem Strom für Licht- und Kraftzwecke abgeschlossen. Die Vorarbeiten sind nun soweit ge diehen, daß die hiesige Stadt im Herbst diese« Jahre« von Oel»- nitz i. E. au« mit Strom versorgt werden kann. — Mülsen St. Jakob, 17. Mai. Ein gräßliche» Unglück trug sich, wie bereit« kurz telegraphisch gemeldet, ver gangene Nacht in der 12. Stunde aus dem Tanzsaale de« W-iß jchen Gasthofe« hier zu. E« brach dort aus noch unaufge klärte Weise Feuer au«, bei dem leider zwei Menschen um« Leben kamen. Infolge der Panik strömte Alle« den schmalen und winkeligen Au«gängen zu und dabei wurde die 21 Jahre alte Helene Cäcilie Hesse und die 17 Jahre alte Clara Heintke von hier erdrückt. Eine große Anzahl anderer Personen trug infolge de« furchtbaren Gedränge» und Uebereinanderstürzen« mehr oder weniger schwere Verletzungen davon. Da« Gebäude wurde völlig eingeäscheri. Do« Feuer nahm unter einer nach dem Orchester führenden schmalen Treppe, unter der sich altes Geröll befand, seinen Anfang. Im Saale waren bei Ausbruch de« Feuer« gegen 150 Personen anwesend. Die Musikanten ver mochten sich nur durch HcrauSspringen au« dem Saale zu retten. Auch vier kleine Kinder de« Besitzer« mußten durch die Fenster gerettet werden. Brandstiftung wird vermuthet. — Auf den Eisenbahnen wiederholen sich täglich Fälle, daß Reisende sich in eine höhere Wagenklasse setzen, al« sie nach ihrer Fahrkarte berechtigt sind. Die von den Kontroleuren hierbei betroffenen Personen glauben dann immer, mit der ein fachen Entschuldigung, .daß man sich versehen habe und nach zahlen wolle,' durchzukommen. Doch vem ist nicht so. Wer ohne oder mit ungültiger Fahrkarte im Zuge betroffen wird, hat unweigerlich 6 Mark zu bezahlen. Da die Kontrolorgane bei der StaalSeisenbahnverwaltung in neuerer Zeit vermehrt worden sind, macken wir da« reisende Publikum darauf aufmerksam. — Die konservativen .Dresdner Nachrichten" geben an leitender Stelle, in Anknüpfung an die württembergischen Ver handlungen über die Frage der ReichSeisenbahngemeinschajt, der Befürchtung Ausdruck, daß auch, in Sachsen mit der sinkenden Eisenbahnrcnte bi» zu einem gewissen Grade da« Vertrauen zu der Festigkeit de» Widerslanvc« gegen eine solche Gemeinschaft abnehme, und daß selbst ein voll gerüttelt und geschüttelt Maß von sächsischem LokalpatriotiSmuS keine unbedingt zuverlässige Gewähr gegen einen Umschwung der Stimmung im Lande in der Eisenbahnfrage, ähnlich wie jetzt in Württemberg, mehr bieten würde, fall» e» sich bestätigen sollte, daß man an leitender Stelle gewillt sei, auf die Durchführung einer organischen Steuer reform zu verzichten und zu dem verhängnißvollen mechanischen AuSkunslsmitiel, ter wirlhschastlich höchst ungerechten und dar um allgemein unbeliebten Steuerzuschläge zu greifen. Da» Dresdner Blatt fordert alle einsichtigen Patriotenkreise aus, recht zeitig vor einer solchen verfehlten Finanzpolitik zu warnen. Hierzu bemerkt die .Sächs. Nationallib. Korr.": .Wenn die „DreSdn. Nachr.' befürchten, daß Herr v. Watzdorfs auf die Durchführung einer organischen Steuerreform zu verzichten ge willt sei, so liegen für eine solche Annahme keinerlei Anhalt« punkte vor. Ganz im Gcgenlhcil ist bekannt geworden, Laß da« Finanzministerium Steuervorlagen ausgearbeitet und maßgebenden konservativen und nationalliberalcn Abgeordneten bekannt gegeben hat. Sollte sich hier ein Wandel vollzogen haben und sollte man, wa» wir nicht glauben, entschlossen sein, allgemeine Steuer zuschläge in Permanenz zu erklären, so wäre da« ungefähr das Schlimmste, wa» sich ereignen könnte.' 9. Ziehung 5. Klaffe 139. Königs. Sächs. Landes -Lotterie, gezogen am 15. Mai 1901. 10,000 Mark aus Ar. 31710. 3000 Mar« aus Nr. 926. 2000 Mark aus Nr. 7863 8310 12137 14724 13377 2848» 27883 2778» 3III3 33«»» 40043 40873 430.-3 33704 38218 38878 37207 37883 84034 83332 88671 72371 7338» 78877 78233 78807 81»I» 833»! 84787 88047 88360 88478 »3123 »3171. 1000 Mark auf Nr. 7333 8288 8388 N4II 12112 13737 13393 16213 16784 17827 18238 24287 24847 23470 28722 32312 32466 33376 34878 38846 38422 41243 43813 48473 48084 30213 30387 33610 36186 38777 62008 83468 66042 66361 68663 68880 68889 71706 71773 73028 73172 76»86 7662' 78400 84837 83341 87473 88234 83422 84237 83333. 300 Mark -u> Nr. 4»I 808 2631 3887 4048 3173 8307 10383 II773 14833 1801» 20881 230II 24411 24427 27362 28320 28673 30843 32830 34060 34204 33724 36240 38128 38872 40138 40283 41073 41284 41312 43383 43484 46133 «8086 48663 30748 32288 34421 38788 38848 61683 63833 88174 68477 68641 68808 70826 78871 80807 81318 84138 88413 80620 82267 84288 84734 83873 »8826. 10. Ziehung, gezogen am 17. Mai. 13,000 Mar« aus Nr. 81817. 10000 Mark aus Nr. 83839. 3000 Mark aus Nr. 77283. 2000 Mar« aus Nr. 2437 3810 4363 6171 II444 13077 14380 13868 13883 I803I 22II2 23388 28381 31787 33238 33620 38622 47373 33314 36184 38083 38816 38004 63037 63860 667»2 88168 71228 73370 73187 76338 78676 81148 83666 87387 83382 83287. 1000 Mark aus Nr. 230 >318 170» 3086 3121 3341 3763 4038 7308 8164 II007 11372 11880 14731 13228 13361 I8I87 18882 21088 21283 23206 23343 26387 30010 33861 34828 3S0Ä2 41373 44861 48083 32761 33344 33844 37438 38343 60228 64011 84338 87818 68033 68604 71137 73477 78477 78831 8184« 82436 82688 82748 86338 88884 88338 80030 80830 »2317 »3188 »3387 83831 86728 »8833 »»244 »826» 88738. 300 Mark aus Nr. 346 2403 4347 4»47 10262 13424 16164 16328 17083 20626 21836 2310» 27»04 28386 28863 30732 31204 31687 31722 32862 33821 36668 38418 41206 41864 43414 44083 47726 48202 48688 61377 61338 61680 62867 63060 63228 63834 68862 38881 84660 67870 68836 71304 73886 76336 76682 77842 7870« 80380 »1073 83886 884»3 88843 88016 80638 82663 82604 »3603 84423 »6667 87117 »8828. Krnftes und Keileres vom Keiralßsmarkt. Statistik und Jnseratenmaterial, zusammengrstellt von H^DoIz. E« ist um die Frauenemanzipalion ein« eigene Sache; man mag sie anschauen, von welchem Ende man Willi bei dem Wört chen »Ehr' hört alle Emanzipation auf, vielleicht — und da« klingt grausam — nur deshalb, um nach vollzogener Copulation»thal- sache (man verzeihe da« lange Wort!) von Neuem zu beginnen. Immerhin aber haben die modernen Emanzipationsbestrebungen der Frau, ungeachtet ihrer nützlichen Eigenschaften, in punkto Ehe den Mann förmlich zur Ehescheu erzogen. Man hat neuerding» nach diesen Richtungen hin statistische« Material zu sammeln begonnen, daß der VolkSwirthschaft Aus kunft über die wahren Ursachen dieser so hochmodernen Erschein ung geben soll. Die .Dokumente der Frauen' brachten nun kürzlich einen sehr interessanten Ueberblick über die bi«herigen Ergebnisse: einige Notizen au« dieser Zusammenstellung sollen auch diesen Zeilen zu Grunde gelegt werden. Interessant ist e« hier namentlich, daß in einer ihrer Größe nach nur wenig bekannten und wohl meisten« unterschätzten Zahl die Annonce an Stelle der Neigung tritt und daß vie Ehen heute weniger im Himmel al« in den Jnseralenspalten der groß städtischen Tageszeitungen geschloffen werden. Nach den bi«herlgen Ergebnissen insertrten durchschnittlich 48 Prozent der Männer und 59 Prozent der Frauen. Bon den Annvncirenden waren im Alter von unter 25 Jahren 7 Prozent — ln diesem Alter hofft die Liebe noch immer — unter 30 Jahren 15 Prozent, unter 40 Jahren 20 Prozent, über 40 Jah ren II Prozent. 45 Prozent hatten überhaupt gar nicht ihr Alter Weiler in der Annonce angegeben. Bon den gnserirenden gehört der größte Prozentsatz den Berufslosen an, dann dem Handelsstande. Den geringsten Prozentsatz stellen die Arbeiter und die Kleingewerbetreibenden. Die meisten Heirath«ann°ncen werden eingesetzt, um in den Besitz einer Mitgift oder einer gesicherten Existenz zu kommen, dann folgen Inserate, die eine ehrbare Korrespondenz erwünschen, Familienrücksichten stellen in dieser Hinsicht den geringsten Prozentsatz. So eigenartig alle diese Thalsachen auch auf den ersten Blick anmuthen, so grelle Schlaglichter Wersen sie auf der ande ren Seile auf unsere Moral und Sittlichkeit, die wohl durch nicht» mehr gefährdet werden dürfte, al« durch die Annoncen in den Spalten gewisser Blätter. Nicht die Heirath»annonce an und für sich ist al» unsittlich zu verwerfen. In vielen Fällen bietet sie zurückgezogen lebenden Frauen und Männern die beste und leichteste Gelegenheit, ein warme«, gleichfühlende« Herz zu finden. Nur die direkt auf Berechnung laufende Annonce der Milgiftjäger beiderlei Geschlecht« muß verworfen werden. Allein alle diese Annoncen sind gewissermaßen zu einem täglichen Bedürfniß geworden und schon beim Morgenkaffee wird keine Rubrik der Zeitung eifriger gelesen, al« die .Familiennach- richlen' und die .HeirathSecke'. Wie ein Zug längst verscholle ner Romantik webt e« um diese Inserate und verleiht denselben einen eigenthümlichen, starken und zugkräftigen Reiz. Alle diese Annoncen reizen den Nicht-Betheiligten zum Lä cheln; namentlich sind e» aber diejenigen Inserate, die um Be- kanntschaft ansuchen. So brachte kürzlich eine Münchener Zeit ung folgende interessante Annonce: Einsamkeit tödtet. Wer will junge Dame vor solchem Tode retten, der beginne vertrauensvoll einen Briefwechsel unter Zenzi 19. Expedition diese« Blatte«. Ganz so elegisch angehaucht sind freilich nicht alle Annoncen. E« giebt auch andere Inserate. ES gehört noch zu den Harmlosigkeiten, wenn man auf Annoncen folgenden Genre« stößt: Radlerin von akademisch gebildetem Radler, 39, Einkommen 4500, al» LebenSradlerin gesucht. Ausführliche Leben«- und Radel angaben xvx. Solch' eine Radparthie durch'» Leben wird ja wohl sicher ihr Interessante« haben, und manche junge Dame wird diejenige, die der Inserent für würdig befand, die seine zu werden, be neiden. — Doch c« giebt noch andere Tonarten in der Annoncen welt! Namentlich leistet die Wiener Presse in allen diesen Sa chen einfach Großartige«. E« gehört nicht zu den Seltenheiten, wenn man aus Inserate trifft: Einen herzigen Bua, — größer al« fünf Schuah — Zu dürr net und a net z' fett — i gern dält. — An Geld aber muß bei sein. — Sonst wird er net mein! I bin a Blondine, schlank und graziö« — Wer will mi hab'n? Wa« meint'» zu dö«? — Offerten unter V. 101. Da« sind echt wienerische Verse, nicht ganz modern und stilgemäß, aber auch nicht ganz ohne Talent; und eine ganze Portion Selbstbewußisein spricht auch noch au« diesen Versen heran«, die gewiß ihr Ziel erreichen werden, — denn dem Mutbi gen gehört die Welt! Die Berliner Zeitungen zeichnen sich in punkto Heirath»- annoncen durch eine gewisse, dem Berlinerlhum ureigene Ruppig keit au», für die an dieser Stelle gleichfalls ein Beleg erbracht werben soll: Ick melde mir al« HeirathSkandidaien. Vorleben Nebensache, Geld Haupt sacke. Angenehmes Aeußcre dem Reflektanten nicht unangenehm. Offenen, mit genauer Angabe, wieviel Geld sofort flüssig zu machen, unter I. ü. L. an die Expedition diese« Blatte». Wenn nicht alle» trügt, ist diese« Inserat von einem wasch echten Berliner Schlächtermeister ausgcgeben, der sein größte« Portemonnaie in die Tasche gefleckt hat und bei Aufgabe der Annonce an eine nicht unbedeutende Geschästserweilerung denkt. Immerhin auch nicht übel! Zum Schluß noch etwa« vom »Wittwenmarkt": Stattliche Wittib, kinderlos, sehnt sich nach Liebe. Welcher gut situirte Wittwer von angenehmem Aeußeren, möchte e« riskiren, ein arme«, ver waiste« Frauenherz wieder glücklich zu machen? Offenen unter ?. 7. ES würde zu weit führen, noch mehr und noch ausführlicher auf Einzelheiten einzugehen. Nicht« kennzeichnet mehr und treffen der den .Zug unserer Zeit', al» diese Inserate vom .Heiratbs- markt'. E« liegt in diesem Zuge der Zett Alle» — selbst die birher heilig gehaltene Ehe — al« ein .Geschäft' anzusehen. Heutzutage, wo man in jeder Hinsicht ein gute« Geschäft machen will, will man e« auch in der Eheschließung Ihun. Interessant aber und besonder« charakteristisch für unsere Zeit ist e«, daß zu einem großen Prozentsatz — offen gesagt: zu dem größeren — die holde Weiblichkeit, diese« gute Geschäft zu machen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln bestrebt ist. Eine große, allgemeine und weitgehende Verschiebung aller Begriffe vollzieht sich mehr und mehr in unserer rasch lebenden Zeit. Ein Gebrauch wird, kaum entstanden und eingesührt, schon von einem zweiten abzelöst; und vorwärt« geht c» ohne Halt, — daß dem so ist, dafür dürste wohl kaum ein drastischerer Beweis erbracht werden, al« der moderne .HeirathSmarkt". — Ansichlöare Jaden. Original-Roman von Reinhold Ortmann. (14. Fortsetzung.) »Da«!' rief sie, ihm den Schein dicht vor die Augen hal tend. .Am End Hal'» Dir ein guter Freund ohne Dein Wissen zugesteckt. — gelt?' .Da» g'rad nit, schatzerl! Aber im Tarok hab i'S gewonnen. Und da» i« doch wohl kein Verbrechen.' .So? Und mit wem hast denn gespielt, Poldl?' .Ja, warum willst Du denn da« partout wissen, Ilona?' .Weil ich ihn bei der Polizei -nzeigen will, den Lumpen, der Dich mil einer falschen Banknote betrogen hat.' Leopold Matrasch prallte zurück. Eine wie große Meinung er auch immer von der Klugheit und dem Scharfblick seiner Frau gehabt haben mochte — daß sie diese Entdeckung hatte machen können, ging doch über sein Berständniß. Lcmaneschemm*)! Schweig still, Ilona! Wenn Di Einer hören lhät, wär' i verschitt.")' Er hatte ihr zugleich da« Papier entreißen wollen, aber sie hielt e» seit, und er wagte offenbar nicht, Gewalt anzuwenden. ,'» i« also wirklich wahr, wa» i noch immer nicht hab' glau ben wollen,' sagte sie im Ton schmerzlichen Vorwurf«. .Ein Falschmünzer bist geworden, Poldl, und nun werden « Di in« Zuchtbau» stecken, wann'« Di erwischen.' ') Um Gotteswillen! ") Ertappt, verhaftet.
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