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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 12.04.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190004121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000412
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000412
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-04
- Tag 1900-04-12
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Monat
1900-04
-
Jahr
1900
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Bertha Jilbcrrcgen au« Buckau Magdeburg wurden Opfer der Flammen. Nach zweistündiger, angestrengtester Thätigkeit der Feuerwehr, die mit drei Dampsspritzen arbeitete, war de« Feuer- Macht gebrochen. Der Materialschaden ist sehr bedeutend. Ueber die Ursache de» Brande» ist noch zu berichten: Nach den Aus sagen de» Lehrling» Lassalle von der Firma Engelmann u. Richter ist beim Ausstapeln von ca. 260 kleinen Aisten in einer direkt an der hölzernen Haustreppe liegenden Kellerabthcilung eine brennende Petroleumlampe mit GlaSballon durch Herabsallen zertrümmert worden. Da« Petroleum ist herauSgelausen und in Brand gerathen und hat die im Keller und theilweise noch auf der Kellertreppe liegenden Kisten, Holzwolle und Celluloidabfiille in Brand gesetzt. Lassalle halte noch die Geistesgegenwart vom Keller nach dem 1. Obergeschoß zu laufen und dort im Contor von dem Brande Miltheilung zu machen und dann durch den Feuermelder aus der Feuerwache Großfeucr zu melden; er hat keine Brandwunden erlitten. Umgckommcn sind acht Menschen, die jedenfalls nicht verbrannt, sondern gleich nach Ausbruch des Feuer», noch vor der Ankunft der Feuerwehr erstickt sind, da die Fenster nicht ge öffnet waren. — Leipzig, 9. April. Heute Vormittag gegen '/,ll Uhr wurden die Anwohner der Glockcnstraße und die vielen Neu gierigen, die die Stätte de« schrecklichen BrandunglllckS ausgesucht hatten, wiederum in große Aufregung versetzt. In dem Hofraum der G. A. Iauck'schen Glockengießerei neben der Schmelzerci sollte auf einem quadratförmigen Ausbau, in dem ein intensive« Coaksseuer brannte, ein alte» Kanonenrohr abgeschmolzen werden. Da» Kanonenrohr war ein Stück von den 11 französischen Feldgeschützen au» dem Jahre 1870 im Gewichte von 18 Centnern und einer Kaliberweitc von 130 Millimetern, welche der ge nannten Gießerei vom Arsenal in Dresden zum Einschmelzen übergeben werden waren. Bei dem Schmclzprozesse entlud sich nun ein in dem Rohre jedenfalls noch gebliebener Pulverschuß unter einem furchtbaren, donnerähnlichcn Krach. 'Nicht nur die Fenster der Schmelzerci, sondern auch die de« Fabrikgebäude» nach der Glockcnstraße zu zersprangen durch die Gewalt der Explosion. Glockengießcreibcsitzcr Jauck hatte zwar da» Kanonen- rohr vorher geprüft, aber keine Pulverladung mehr in demselben finden können. Man nimmt deshalb an, daß der im Rohre noch haftende Pulverschlcim sich durch die Schmelzglut entzündet hat. Da» zahlreich anwesende, noch von den Vorgängen der vorgestrigen Nacht sehr erregte Publikum vermuthcle natürlich wieder Großfeucr und stürzte sich in der begreiflichen Erregung, die noch dadurch erhöht wurde, daß die durch den Pulverschuß entstandenen mächtigen Dampswolken au« dem Hofraum hervor drangen, auf die nächsten Feuermelder, um die Feuerwehr aber mals zum „Großfeucr" zu alarmiren. Al« man aber keinen Feuerschein bemerken konnte und nachdem sich der Dampf etwas verzogen halte, nur zerbrochene Fensterscheiben sah, beruhigte sich da« Publikum wieder. — Beschleunigte Güterbeförderung ausdenSächs. Staatsbahnen. Zur Herbeiführung einer schnelleren Güter beförderung ist die Sächsische StaatSciscnbahn-Verwaltung nach und nach mit der Trennung de« Stückgutverkehrs vom Wagen ladungsverkehr vorgegangen. Einen weiteren Schritt vorwärts beabsichtigt man in dieser Richtung mit Einführung de« Sommer- fahrplan» zu thun, indem man neben der Aufnahme neuer Stück güterzüge zwischen Dresden und Freiberg bezw. Flöha einige direkte Güterzüge von Dresden nach Hof über Chemnitz Zwickau- Plauen i. V. abzulassen gedenkt. Für die schnelle Beförderung der Güter nach Süddeutschland wird diese Maßnahme von be sonderem Bortheil sein. — Bei der diesjährigen Einschätzung zur Einkommen steuer ist u. A. erstmalig eine Bestimmung de» neuen Bürger lichen Gesetzbuches für das deutsche Reich anzuwcnden gewesen, welche zu einer höheren Besteuerung der Wittwen, deren un mündige Kinder Vermögen besitzen, führt. Nach dem alten säch sischen Rechte halten die Wittwen nur die Erträgnisse ihre« eigenen Vermögens zu versteuern, während die Früchte de« Ver mögen« der Kinder der Regel nach in deren Hand zur Besteuerung zu bringen waren. AneerS von jetzt ab. Die Mutter hat kraft der durch das neue Bürgerliche Gesetzbuch ihr verliehenen elter lichen Gewalt die Nutznießung ain Vermögen der Kinder bis zu deren Volljährigkeit, dasern nicht der übrigens seltene Fall vor liegt, daß ihr die Nutznießung entzogen ist. In der Regel bleiben also die Kinder von jetzt ab bis zum 21. Lebensjahre wegen der Erträgnisse ihre» Vermögens steuerfrei und die Wittwen haben die Letzteren mit zu versteuern. Wenn daher manche Wittwc in diesem Jahre einen auf einen wesentlich höheren Betrag dem Vorjahre gegenüber lautenden Steuerzettel empfängt, so möge sie sich obiger Bestimmung erinnern. UebrigenS werden die Steuerbehörden im einzelnen Falle auf Anfrage bcreitwilligst Aufschluß geben. Vor hundert Jahre«. 12. Dprit. Theater, Concerte und Schaustellungen vor I00Jahren. Es ist bekannt, daß die Theater vor hundert Jahren in den großen Städten, namentlich in den Residenzen, meist sehr gute waren und oft Künstler aller ersten Ranges auswiesen, die heute noch als Vorbild gelten. Opernbühnen hatten in der Regel nur die Residenzen. Unter den großen Theatern dama liger Zeit ragt besonders die Mannheimer Bühne hervor, die zu einer Mu steranstalt erhoben wurde. Concerte gab es damals keineswegs in der un endlichen Zahl, wie heute, obschon reisende Künstler nichts seltenes waren. Das Entree von I Thaler war ein sehr hohes ; Eintrittspreise darüber hin aus sind sehr selten. Für 12 Groschen hatte man, laut einer Anzeige, in jenem Jahre in Berlin in der Garnisonkirche-ein ausgezeichnetes Orgelcon- 1600 Stück brennende Wachskerzen verursachen, die die Pracht des ConcerteS vermehren werden." Spezialitätenbühnen oder etwas ähnliches gab es nicht; das vergröberte Element dieses Genres war auf den Jahrmärkten zu finden. In Berlin machte ein „mechanisches Kunsttabinet mit Geistcrerscheinungen" daS ganze Jahr 1800 gute Geschäfte. Soviel im Allgemeinen. LS. April. Münze, Maaß und Gewicht 1800 (IV). Von den Münzen, die um 1800 im Umlauf waren, seien hier nur noch eine Anzahl Benennungen gegeben. Um eine vergleichende Uebersicht zu geben, würde man eines um- fänglichen Folianten bedürfen. Der „Albus", wovon 78 auf einen „RigS- daler" gehen, findet sich noch in Cöln und ist etwa 4 Pf. heutiges Geld; diese kleine Münze theilt sich noch in zwei Kreuzer oder acht Heller. Der Dukaten ist zu Hause in ganz Deutschland (ca. 9 M.) Schweiz (8'/, M.) Dänemark (8*,, M.) Holland, Ungarn, Modena (Silbermünze 2 M. 30 Pf.) Neapel (Silber 3 M. 35 Pf.), Rußland (8'/, M l, Schweden u. Sachsen (8°/. M.), Venedig (3 M. 30 Pf). Der Name „Thaler" findet sich noch im Auslande in Frankreich, Malta, Rom und Sicilien. Der „Florin" oder Gulden ist eine der Weitverbreitesten Münzen: Amsterdam (1 M. 60 Pf.) Antwerpen (1 M. 50 Pf. bis 1 M. 70 Pf.), Basel (I M. 90 Pf.) Berlin (16 gute Groschen gleich 2 M ), Braunschweig (2 M. 25 Pf.), Genf (40 Pf.), München (1 M. 70 Pf.), Nürnberg (2 M. 55 Pf.), Riga (85 Pf.), Stettin (2 M.>, Triest (2 M 5 Pf.), Wien (60 Kreuzer gleich 2 M. 3 Pf.). Die englische „Guinea" gilt 21, der deutsche Heller ist gleich einem halben Batzen oder 2 Kreuzern (gleich Pf.) 1. Ziehung 4. Klaffe IS7. Königl. Sachs. Landes Batterie gezogen am 9. April 1900. 60,000 Mark auf Nr. 33682. 40,000 Mark auf Nr. 70981. 30,000 Mark auf Nr. 37594. 20,000 Mark auf Nr. 25304. 10,000 Mark auf 7L428. 5000 Mark auf Nr. 28842 45861 53798 84065. 3000 Mark auf Nr. 3251 5632 7096 17813 26176 28385 34693 71374. 1000 Mark auf Nr. 1599 4824 7980 10604 I14S5 17049 18113 20067 22492 27642 28937 33345 34381 37476 39188 42380 42539 47645 47857 60074 62215 63024 65255 67075 68896 69254 69809 72360 76204 79880 81936. 83301 83505 87058 88457 88520 89182 93673 93906 97150 500 Mark auf Nr. 296 357 523 1414 1544 1804 2890 3978 7762 9744 12430 15384 15959 17337 22365 28947 33592 39722 43514 46991 51119 53523 55137 56236 56886 58504 60726 64186 64678 64810 64823 65491 66836 67730 70284 75945 77251 78182 82663 84021 87424 89674 91609. 300 Mark auf Nr. 284 1356 2685 2742 2793 8636 5357 5797 8257 9804 14534 15014 15203 15477 16047 16181 17722 17968 18412 18574 22955 23227 23291 24903 27379 28584 29250 29582 81104 31312 32435 32702 33032 34063 38462 37294 37653 38127 38147 88524 40337 40548 42496 43597 44482 44668 45123 46634 47092 48377 50720 51902 52486 52793 53040 53557 54586 54843 54921 55004 59390 63548 64339 66043 66396 69704 69787 70647 73133 73906 74718 75812 76259 76587 77178 79091 79706 80411 81372 83687 84086 84993 86220 86246 87345 88342 88839 89647 91150 91678 91883 93480 93703 95543 95830 97403 97449 99810 99920. Amtliche Mitt-eilungen aus den Sitzungen des Stadtrathes zu Hiveustock. Sitzung vom 22. Februar 1900 Anwesend: 5 Rathsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. 1) Man beschließt, die Schulgeldrestanten auf daS Jahr 1898,99 unter das Schank- und Tanzstättenverbot zu stellen. 2) Dem SchulauSschusse werden Vorschläge über Besetzung der vakanten Schuldirektorstelle gemacht. 3) Vor weiterer Entschließung auf die Sache wegen Uebernahme der Fern zündeinrichtung in der Industrieschule soll vom Zeichenlehrer Häbler ein Bericht über die Funktion der Anlage eingeholt werden. 4) Als Schutzmann wählt man den Nachtschutzmann Haueis in Markneu kirchen. 5) Es werden Kostenanschläge für einen Küchenofen unseres RathhauS- botelS gefordert. 6) Dem Bauausschußbeschlusse, für die Pissoiranlage im Rathhause Wasser spülung statt der Oelanlage einzurichten, tritt man bei, ebenso 7) genehmigt man die beabsichtigte Aufnahme des Gefälles von den im Bebauungspläne eingezeichneten Straßen. 8) Die Instruktion für den Jndustrieschulhausmann soll in Umlauf gesetzt werden. 9) Die Unterstellung der Steuerrestanten vom Jahre 1899 — 3. Termin — unter das Schank- und Tanzstättenverbot wird ausgesprochen. 10) Von der Genehmigung des Nachtrags zum Ortsstatut, Gemeindewaisen- Außerdem kommen noch verschiedene Sachen zur Erledigung, die des allgemeinen Interesses entbehren, bez. zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. Sitzung vom 19. März 1900. Anwesend: 5 Rathsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. 1) Genehmigung mehrerer Baugesuche. 2) Bon dem Kündigungsschreiben des Expedienten Flemmig nimmt man Kenntniß. Es soll geeigneter Ersatz geschafft werden. 3) Von den erhobenen Einsprüchen gegen den Bebauungsplan nimmt man Kenntniß und will in Gemeinschaft mit dem Bauausschuß eine Sitzung abhalten. 4) Sodann werden einige Nachschätzungen vorgenommen. 5) Mit dem von der König!. Anitshauptmannschaft Schwarzenberg vorge schlagenen Erlaß von Bestimmungen über Beschränkung der Verkaufs zeiten für die Branntweinverkaufsstellen ist man einverstanden, 6) ebenso mit Herstellung der Verbindungswand zwischen der Schule und der Turnhalle. 7) Die Fernzündeinrichtung in der Industrieschule soll nunmehr von der Stadtgemeinde übernommen werden. 8) Man erkennt die edlen Ziele des Vereins zur Förderung der Blinden bildung an, sieht aber von der Gewährung eines Beitrags ab, da sich derartige Gesuche zu sehr häufen. 9) Die für den Jndustrieschulhausmann ausgearbeitete Instruktion wird genehmigt. 10) Beschlußfassung über mehrere Hundesteuererlaßgesuche. Außerdem kommen noch verschiedene Sachen zur Erledigung, die des allgemeinen Interesses entbehren, bez. zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. Amtliche Mitthcilungen aus der 1. Hitzung des Htadtverord- netm-Lollcgiums am LI. März ILM, Abend» 8 Uhr im RaihhauSsaale. Vorsitzender: Herr Vorsteher Diersch. Anwesend: 19 Stadtverordnete, entschuldigt fehlen 2. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Hesse. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab der Herr Vorsitzende seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Bahn Schönheiderhammer Eibenstock von der 2. Ständekammer genehmigt worden ist. Mit dieser Genehmigung habe die Stadt Eibenstock einen bedeutsamen Schritt vor^ ärts gethan und könne hosinungsfreudiger in die Zukunft blicken, wie bisher. Der Herr Vorsitzende gab dem Wunsche Ausdruck, daß der Beschluß der 2. Kammer bei der 1. Kammer volle Zustimmung finde und dann zum Sodann wird zu Punkt 1) der Tagesordnung übergegangen und der Beitrag zum Gehalte des ge meinschaftlichen Kassenrevisors auf das Jahr 1899 im Betrage von 218 Mark 8 Pfg. verwilligt. 2) Von den Dankschreiben mehrerer städtischer Beamter für gewährte Ge haltszulagen und Gratifikation nimmt man Kenntniß. 3) Hierauf kommt der Vorschlag der Königl. Amtshauptmannschaft zur Be schränkung der Verkaufszeiten für Branntweinhandel und -Schank auf die Zeit von früh 8 bis Abends 8 Uhr zum Vortrag. Nach einer kurzen Aussprache beschließt man, den Ausführungen des Rathes beizustimmen. 4) Die Uebernahme der Fernzündeinrichtung für die Industrieschule wird genehmigt und die erforderlichen Kosten werden verwilligt. 5) (Herr Stadtverordneter Schcffl"r bittet sodann um baldige Herstellung der Bürgersteige in der Schulstraße. Herr Bürgermeister Hesse erklärt hierauf, daß sich der Bauausschuß schon mit einem Regulativ über Herstellung ordnungsmäßiger Bürger steige beschäftigt habe und daß mit dem Erlaß des Fußweg Regulativs auch die Verbesserung der alten Fußsteige in Aussicht stehe. 6) Herr Männel stellt endlich die Anfrage, ob und was auf seinen Antrag wegen Einreichung eines Gesuches um bessere Bahnverbindung gethan worden sei. Herr Bürgermeister Hesse theilt hierauf mit, daß Anfang Februar eine diesbezügliche Petition abgegangen sei und verliest einige Stellen des Berichts, im Uebrigen den Inhalt derselben mündlich zusammenfassend. Hierauf geheime Sitzung. Warfreitag. Von PaulHoeven. Am Tage da sie an« Kren, ihn schlugen Und lästerten sein göttlich Wort, Da nahte schon den Ueberklugen Aus Roma's Mauern Tod und Mord! Den sie gekreuzigt, der lebt weiter. Geht durch die Erde wie ein Held Und sendet seine Gottesstretter, Sein Reich ist nicht von dieser Welt! — Sein Reich war nicht von dieser Welt und dennoch hat er, der Sohn Gotte», der au- Liebe zur Menschheit, Mensch gewor den, den Kelch getrunken und sich für die Sünder dieser Welt an« Kreuz schlagen lassen. Und dieser Kreuzestod war ein neue» Wunder in dem reichen Kranze der alten, denn er, den sie zu tödten wähnten, ist nicht gestorben, sie aber, die ihn tödteten und die seine Auferstehung erlebten und Jahr für Jahr neu erleben, find noch immer nicht gebessert und entsündigt worden. Noch heule wird der Erlöser in tausend Gestalten öffentlich an da« Kreuz geschlagen; noch beute werden dem Erlöser in tausend Gestalten die Kreuzesnägel durch Hände und Stirn ge trieben, daß bei den also Gckreuzigien eine Lähmung der That- und Denkkraft cinlritt. Menschen und Nationen, Individuen und ganze Völker werden heute noch in dem Pharisäcrthum ge wisser Volksschichten unbarmherzig in den KreuzeStodt getrieben! Die Zeitspanne, die zwischen dem letzten und dem dies jährigen Eharsreitag gelegen ist, war überreich an Gelegenheiten, um Beobachtungen dahin zu machen, daß Kreuziger und Ge kreuzigte noch immer nicht auSgestorben sind: Frankreich hatte seine Gkandalaffaire im Hochsommer de» vorigen Jahre», Oester reich hatte seine parlamentarischen Wirren, da» stolze England zog au« zu dem niedrigen Raubzug gegen die freien Buren- republiken im Süden Afrika»; — nur ein Land hat sich iw großen Völkerreigen seinen Ehrenschild blank und rein gewahrt, da« Land welche» wir mit Freude und Stolz unser Vaterland, unser Deutschland nennen. Stark nach innen und nach außen steht e» eine Warte ge wappnet gegen jeden Feind, der seine friedliche Entwickelung in irgend einer Weise stören oder beeinträchtigen will. Sein ge- werblicher Fleiß dehnt sich immer weiter und sucht ständig nach neuen Absatzgebieten, die er unter günstigen Bedingungen nur geschützt durch eine starke, mächige, auch von anderen Handel treibenden Völkern geachteten Flotte finden kann. Männer mit Hellem Blick und weitem Auge stehen an der Spitze unsere» Volke», die in unentwegter Mannhaftigkeit und in felsenfestem Gottvertrauen da« Geschick der ihnen anvcrtrauten Menschen lenken und leiten, zu ihrem eigenen Ruhme und zum besten Gedeihen der Gesammthcit. Deutschland« Tage der Kreuzigung sind seit den Lichttagen von 1870 bi« 1871 vorüber, al» e« auserstandcn zu einem neuen deutschen Reich, auferstanden au« den Tagen der grauen Zeitlichkeit zu dem Lichtmeer seiner strahlenden Unvergänglichkeit. Nach Tod und Grauen hat Deutschland seine eigene Stärke nun mehr kennen gelernt, die e« auswachsen lassen will zu einem stattlichen, starken Baum, dessen Stamm u. Krone allen Schwachen und Müden Schutz und Schatten gewähren soll. Wer aber diese Entfaltung unsere» Vaterlande« hindern will, lhut sich selber wehe, denn Deutschland ist da» Land aller seiner Bewohner, deSbalb muß auch jeder einzelne für da» Wohl de« Ganzen eintrcten! Wem aber diese Erleuchtung noch nicht gekommen, für den möge der heutige Eharsreitag ein Tag de« Lichte« und de« Wissen« werden, der un« neue Streiter für Deutschland« Zukunft und neue Mehrer der deutschen Macht und de» deutschen Ansehen« bi« auf die fernsten Erdtheile zu führen möge. So mögen denn die Glocken de« ernsten Feiertage» mahnend bineindröhnen in Herzen, denen die Erkenntniß von der großen Forderung unserer Zeit noch nicht gekommen, auf daß sie sich nicht schuldig machen, daß Deutschland von Neuem unter Hohn und Spott de« PharisäerthumS anderer neidischen Völkerschaften an da« Kreuz geschlagen werde. Mit dem Eharsreitag schließt wiederum eine Spanne Ver gangenheit ab: Der Winter geht scheiden. Wenn der Ostersonntag, der Tag der Auferstehung de» Herrn, sein Haupt erhebt, dann zieht der Frühling ein in die Länder und in die Herzen. Frühling aber ist Frieden und Glau ben zugleich und nur Diejenigen werden seiner im vollsten Sinne Iheilhaftig werden, deren Gewissen ruhig und deren Auge gläubig und hoffnungsvoll der Zukunft entgegenzublicken vermag. So kasteie sich denn ein jeder, auf daß Frühling in seinem Her zen werbe. Kreuzigt da» Böse in Euch, auf daß da« Gute end lich einmal auferslehen kann! Grau hängt der Himmel und zerrissen . . Den Oelberg hüllt ein Nebeimcer, — Doch über Nacht und Finsternissen Glänzt schon der Frühlingssonne Speer! Er starb: die Menschen zu erlösen, Die nicht gerührt sein Thun und Flehn, — Den Sündern starb er und den Bösen, — Den Guten wird er auferstehn! Aals Aiarnekow. Eine mecklenburgische Erzählung von A. v. d. Osten. 16. Fortsetzung. Ralf hörte nicht« mehr, er sprang auf. Bei dem Geräusch bog sich im Nebenzimmer ein Kops vor, eine Hand zog die Thür zu. Der Kopf kam Ralf bekannt vor, ivo hatte er ihn doch schon gesehen? Richtig, bei dem großen Fischzug war der junge Offi zier im Gefolge des GroßherzogS gewesen! Ralf starrte die Thür an und hörte wie der Schlüssel im Schloß umgedrchl wurde. Unvermögend, es länger im Zimmer au«zuhalten, stürzte er auf die Straße. Jetzt hatten ja seine eigenen Ohren den Beweis gehört, daß Wendel« Erzählung richtig sei. Freilich nur für den einen Punkt, allein da dieser sich bewahrheitete, war Ralf geneigt, auch den andern für wahr zu halten. Und wenn Gesa nicht glücklich war, dann liebte sie Kurt nicht, und wenn Kurt morgen fiel, dann war Gesa frei! Ralf stand still und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn. Wenn Kurt fiel! Er empfand sonderbarerweise keine Freude bet diesem Gedanken, sondern tiefe» Milleid. Der brave prächtige Kurt! Und die arme Gesa, die vielleicht so bald schon Wittwe werden sollte! Und au» welcher Veranlassung?" Ralf fühlte, wie eine grenzenlose, rachgierige Wuth gegen den schurkischen Verleumder, der e« gewagt hatte ihre Ehre an zugreifen, heiß in ihm ausslieg, zugleich mit einem grimmen Schmerz, daß nicht er, sondern ein Anderer berufen sei, die traute Gefährtin seiner Kindheit zu rächen und zu schützen. Er eilte wieder vorwärt«. Ein frischer kalter Luftzug, der ihm über die heiße Stirn fuhr, sagte ihm, daß er schon außer halb der Stadt sein müsse. Er hörte den See plätschern, der sie hier begrenzte, und da« lockte ihn vorwärts. Plötzlich stieß er in der Dunkelheit mit einem ihm entgegenkommenden Manne hart zusammen. „Entschuldigen Sie?" „Keine Ursache." Beide blieben stehen und versuchten, sich zu erkennen; denn Jedem kam die Stimme de» andern bekannt vor. „Ralf Barnckow —?" „Kurt — ?" „Bist Du e» wirklich, lieber alter Ralf?" ries Kurt mit selbstvergessener Herzlichkeit. „Wie um Himmelswillen kommst Du hierher? Wa» thust Du hier?" Ralf fand keine Worte, die Begegnung überwältigte ihn. Er stotterte nur etwa«, aber Kurt zog seinen Arm an sich, und im Weilergehen gab ein Wort da» andere, und bald hatte Jeder hcrauSgebracht, wa« den andern in die Nacht hinauSgetrieben hatte. Kurt» namenlose Erregung gab sich in seinem ganzen Wesen kund. „Es ist ein Fingerzeig von Gott, daß ich Dich hier treffe," stieß er, nachdem er Ralf rasch mit den Einzelheiten de« Duell bekannt gemacht hatte, bebend hervor: „Wenn ich falle, befehle ich Dir Gesa an, bereite sic vor, trage Sorge für sie, hilf ihr, c« überstehen." Ralf war c» wunderlich zu Muthe bei diesem Testament. Wußte Kurt denn nicht — ? Oder lag in seinen Worten nicht eine Bestätigung dafür, daß in seiner Ehe da» Glück fehle? Aber er mußte doch antworten. „Verlaß Dich auf mich, Kurt!" Wie treuherzig da« klang! Nicht im mindesten so, al« ob Ralf auf Kurt» Tod hoffe. „Du wirst nicht fallen, und wenn — so kommt mir der Hund auch nicht lebendig vom Platze."
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