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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 23.02.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190102234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19010223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19010223
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-02
- Tag 1901-02-23
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Monat
1901-02
-
Jahr
1901
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worden ist. Dor dem Otto weggenomwene Zugbeutel war von braunem Leder und harte an Stelle de» Zugriemen» einen Bind faden. Der Leibriemen, der offenbar einem der T Hüter gehört hat, ist ein schwarzer 1 m 9 em langer und 2'/, cm breiter Lederriemen mit Schnalle. Darüber, wo sich der Ermordete am Sonnabend, den 16. Februar, Abend» von '/,8 Uhr an ausge halten hat, fehlt bi» jetzt jede Spur. — Leipzig, 2l. Februar. Die »Leipziger Zig." schreibt: Eine Konferenz in Sachen der Leipziger Centralbahnhos»- srage hat heute aus dem hiesigen Dre»dner Bahnhof zwischen Vertretern der königlich preußischen und der königlich sächsischen Regierung stallgefunden. Den Vorsitz führte der Ministerial direktor im sächsischen Finanzministerium Geheimrath Dr. Ritter- ftädt. Wenn auch die Entscheidung über wichtige Punkte noch von der näheren Erörterung und den weiteren Vorarbeiten ab hängig gemacht werden mußten, so ist doch insoweit eine Uebcr- einstimmung erzielt worden, daß demnächst sowohl von der Königl. Eisenbahndirektion Halle, al» auch von der Königl. Generaldirek tion der sächsischen Slaat»eisenbahnen Bureau» in Leipzig errichtet und aus der gewonnenen Grundlage mit Spezialplanungen be auftragt werden können. Nach Lage der örtlichen Verhältnisse muß zunächst auf die Schaffung der Anlagen für den Güter verkehr Bedacht genommen werden. — Plauen i. B., 19. Februar. Wegen Pflichtverletz ungen grober Art hatte sich heute vor dem hiesigen Königl. Landgerichte der Hausverwalter der Bezirk-armen- und Bersorg- unzSanstalt zu Vogtöberg bei OclSnitz, Inspektor Richard Tag zu verantworten. Neben ihm saßen noch auf der Anklagebank seine Frau, beider 14 jährige Tochter und der Fabrikarbeiter Al fred Thümmlcr in OclSnitz, der früher Aufseher in der genann ten Anstalt war. Die Anklage lautete auf Körperverletzung, be gangen an Insassen der Anstalt. Namentlich sollte nach der An klageschrift der Inspektor Tag da« ihm zustehende Züchtigung»- recht weit überschritten haben. Zu wiederholten Malen soll er Insassen mit der Peitsche, mit einem Knüppel, mit einem Stiefel geschlagen und gezüchtigt, sie auch mit Fauslschlägcn in« Gesicht traktirt haben. Sehnlicher Art, wenn auch minder zahlreich, sind die Vergehen, die den übrigen Angeklagten zur Last gelegt wer den. Die Angeklagten bestritten in der Hauptsache da» ihnen zur Last Gelegte. Dem Angeklagter. Tag, der von 1890 bi« 1895 in Plauen Schutzmann war, wurde namentlich vom Kurator der Anstalt, Oekonomierath Mühlmann-Lauterbach, ein gute» Zeug- »iß hinsichtlich seiner AmtSthätigkeit ausgestellt. Obgleich im Laufe der Beweisaufnahme mancherlei zutage gefördert wurde, »a« namentlich zu Gunsten der bisher völlig unbescholtenen Fa milie Tag au«fiel, mußte der Gerichtshof doch auf eine Verur- theilung erkennen. Tag wurde zu 350 M„ seine Frau zu 75 Mark und Thümmler, der über die zur Verhandlung stehenden Vorgänge selbst Anzeige erstattet hatte, wurde zu 50 M. Geld strafe verurtheilt. — Reichenbach, 19. Februar. Zu einer Verwickelung de» Verkehrs, welcher eine gewisse Gefahr nicht abzusprechen war, haben die ungewöhnlichen Schnceverhältnisse am Sonnabend früh im Kurvendrcieck bei Werdau geführt. Dadurch, daß infolge der Zugsverspätungen von Bayern herein an diesem Tage der plan mäßig hinter dem Dresdner Schnellzug verkehrende Leipziger Schnellzug vor dem Dresdner Schnellzug au» dem hiesigen Bahnhose abgesertigt ward, geschah e«, daß dieser Leipziger Schnellzug, anscheinend weil die Kurvenstation hiervon nicht rechtzeitig oder nicht genügend in Kenntniß gesetzt war, den Kur» nach Dresden nahm und im dichten Schneetreiben bereits bi nahe an die Eisenbahnbrücke von Stemplet« vorgerückt war, bevor man de» Jrrthum» sich bewußt war, anhiclt und den Zug langsam wieder rückwärts stieß. Der Insassen de» Zuge» bemächtigte sich eine große Unruhe, da der zurückgehaltene Dresdner Schnellzug jeden Augenblick auf der Strecke er scheinen konnte. In der Thal standen die Passagiere an den Thüren bereit, um nothwenbigcnsall» sofort hinausspringen zu können. Der Zug war kaum hinter die Weiche zurückgestoßen, um von dort seinen richtigen Kur- nach Leipzig einschlagen zu können, al» unmittelbar hinterdrein auch der Dresdner Schnell zug und kaum drei Minuten später auch der Leipziger Personen zug dieselbe Stelle passirtcn. Man kann sich denken, daß bei weiterer Komplikation der Verhältnisse ein Unglück hier nicht unmöglich war. — Crimmitschau. In einer Mitte 7anuar d. I. ab gehaltenen Versammlung von Arbeitslosen, in der der sozia listische Stadtverordnete Jäckel al» Referent sprach, wurde an den Rath da» Ersuchen gerichtet, die Betreffenden durch Arbeit bez. durch Geld zu unterstützen; außerdem wurden die Namen der Arbeitslosen sestgestellt und in einer Liste dem Rathe übermittelt. Die alsbald aus dem städtischen Bauhöfe eingerichtete Arbeits stelle wurde aber nur von sieben Personen benutzt, und von diesen kehrten sechs sehr bald der Arbeit den Rücken. Die Bitte be züglich baarer Unterstützung wurde vom Rathe den Armenpflegern zur Veranlassung de« Weiteren mitgetheilt. Zeigte somit der Rath seine Bereitwilligkeit, alsbald den geäußerten Wünschen entgegenzukommen, so nahm er doch anderseits mit Interesse da von Kenntniß, daß nach einer Meldung der Sicherheitspolizei 2 der Arbeitslosen an einem kürzlich abgehallenen öffentlichen Maskenball theilgenommen haben und einer ob seiner schönen MaSIe prämiirt wurde. Dabei wurde festgestellt, daß die Kosten »er Betreffende allein bestritten hatte. — Schneeberg. Bei der in voriger Woche hier erfolg ten Aushebung der SchulamtSkandidaten von Schneeberg und Auerbach wurden vom ersteren Seminar 12, vom anderen 14 al» diensttauglich befunden. Da außerdem noch viele im Dienste stehende Hilfslehrer behalten wurden, werden wohl nach Ostern manche Schulstellen nicht besetzt werden können. — Zwönitz, 21. Febr. Gestern Vormittag in der 10. Stunde brach hiersclbst in der Bahnhofstraße Feuer au». 6 Geschäftshäuser, darunter 2 Restaurant«, »Gambrinu»' und .Gute Quelle', und 2 Scheunen nebst mehreren Hintergebäuden wurden ein Raub der Flammen. 20 Familien sind obdachlos. Da in der Stadt die Wohnungen schon vorher rar waren, wird «» Mühe machen, die Leute einigermaßen unterzubringen. Von ihnen dürste auch eine Anzahl nicht versichert haben. Zwönitz gehört zu den crzgebirgischen Städten, die von FeuerSnoih schon »st und in ziemlich regelmäßigen Zeilläusten heimgesucht worden sind. — Die mächtigsten Erhebungen unsere» Erzgebirge«, der 1244 m hohe Keil berg und der 1213 in hohe Fichtel berg, find am Sonntag trotz Schnee und Ei» von muthigen Touristen bestiegen worden. Gegen 30 Turner von Buchholz haben den Leilberg und einige 30 Personen au» Ehewnitz den Fichtelberg erklommen. — Der seit 1. Oktober 1898 giltig« deutsch-englische Stückgut-Tarif für Textilwaaren über Vlisflngen und Hock van Holland wird auf Anregung der betheUigten eng lischen Eisenbahnverwaltungen am 1. April 1901 aufgehoben. Trotz der großen Hoffnungen, die auf da» Erscheinen diese« Tarif« gesetzt wurden, ist darnach leider niemal« ein nennenSwerlher Verkehr abzufertigen gewesen ; selbst in Chemnitz, dem Hauptsitze der Textilindustrie, find nur annähernd 500 kg al« Höchstbelast ung sür den zur Pflege de» direkten Verkehr» eingestellten Kurt- Wagen nach Blissingen erreicht worden. Seit länger al» Jahre»- frist find indessen direkte Sendungen nach London überhaupt nur noch ganz vereinzelt aufgeliefcrt worden. Die Chemnitzer Inter essenten liefern ihre Güter für England hauptsächlich nach Bremen Freibezirk aus, oder sie bedienen sich der Vermittelung Leipziger Spediteure. Zur Bestellung der Sommerhalmfrüchte. Maßgebend für die richtige Düngung einer jeden Frucht ist die Beantwortung folgender drei Fragen: 1. Welche» war die Vorfrucht und in welchem Düngungs zustande hat sie den Boden hinterlassen? 2. Welche Nährstoffe begehrt die betreffende Frucht besonder«? 3. Wa« folgt sür eine Nachsrucht und welche» sind ihre hauptsächlichen Nährstoffbedürfnisse? Bei der Düngung von Sommerhalmfrüchten wäre zu ant worten: 1. Al» Vorfrüchte unserer Sommergetreide sind hauptsächlich Hackfrüchte anzusehen. Sie haben in-gesammt ein hohe» Kali- bedürfniß, und hinterlassen also den Boden an Kali ari». Neben diesen kommt für Hafer und Gerste der Klee, sowie andere Futter pflanzen al- Vorfrucht in Betracht, welche dem Boden viel PhoSphorsäure entziehen. Hafer erhält sowieso al» abtragende Frucht, al» welche er ja meisten» gebaut wird, einen Boden, der in jeder Hinsicht viel, wenn nicht Alle» zu wünschen übrig läßt und besonder» starker Stickstoffzaben bedarf. 2. Die Sommcrhalmfrüchtc haben, wie die Getreidearten überhaupt, ein große» Kali- und PhoSphorsäurc-Bedüifniß, de» Stickstoffes bedürfen wohl alle, vorzüglich aber der Hafer. 3. Nach der Sommerung baut der Landwirth, wa» ihm ge rade paßt; hierfür giebt e» keine besonderen Regeln. AuSnahmS- lo» folgen jedoch werthvclle Pflanzen mit hohen Ansprüchen, wie Zucker- und Futterrüben, Ktee und Futterpflanzen. Demnach stehen die Sommerhalmfrüchte zwischen zwei sehr anspruchsvollen Pflanzen-Gruppen; wie falsch wäre c», ihren Anforderungen nicht zu genügen. Sie rächen die schlechte Be handlung nicht nur selbst, sondern auch ihre Nachsrucht leidet dar unter. Stallmist ist allerdings schwer sür sie zu haben, er ist aber auch nicht am Platze. Die hier erforderliche schnelle Wirkung haben die künstlichen Düngemittel vor ihm voraus. Kali wird al» Lainit im Herbste oder Winter so zeitig wie möglich oder noch zweckmäßiger al» 4ü"/„iges Lalidüngrsal) im Frühjahr ge geben. ES muß Zeil gewinnen, sich im Boden vertheilen zu können; dasselbe gilt von der PhoSphorsäure, die man in Gestalt von Thomasmehl giebt, da« zugleich 50",„ Kalk enthält. E» ist daher voriheilhaft, Kainit und Thomasmehl während de» Spät herbstes oder Winter» auSzustreuen; kann die» aber au» beson deren wirthschaftlichen Gründen nicht geschehen, so kann, wenn anstatt Kainit 40",„ige» Kalidüngesalz genommen wird, die Düng ung mit diesem und Thomasmehl auch noch unmittelbar vor der Saat auSgesührt werden. Von beiden Düngemitteln, Lainit und Thomasmehl sind etwa je 608 kg- ans 1 las anzuwcnden, von 4v"/oigrm Lalidnngesal) LUU 1o8 pro las. Stickstoff ver abreicht man al« Kopfdüngung in mehreren Gaben in Form von Thilisalprter, al« Sporn zu schnellerem WachSthum. Von Chili- salpelcr werden in den meisten Fällen LUU pro la» zu geben sein. Daß aber die künstliche Düngung, und zwar nicht die ein seitige, sondern die Düngung mit allen drei Pflaujennlihrstoffen, in Wahrheit höhere Erträge bewirken kann, soll durch Versuq«- crgednisse da'geihan werden, die von praktischen Landwirthen mit den betden Sommerhalmfrüchten Gerste und Hafer auSgesührt worden sind. Hierüber Nähere« demnächst. Koch Rurenkand! Original-Roman von Arnim Betho. il. Fortsetzung.» Schon saß auch Zacharias van Gapern im Sattel, al« er sich plötzlich an seinen Pieter wandte. .Wo ist denn Johannes?' Wie schlaftrunken rieb der langsame Pieter die Augen und drehte sich halb im Sattel um, seinen Blick über die Reiter schweifen lassend. Wirklich, da» merkte er jetzt erst, e» fehlte noch Johannes; sollte er sich verschlafen haben — kaum möglich bei der schon seit Stunden im Hause herrschenden Unruhe — oder sollte er sich im letzten Augenblick doch noch besonnen haben und Zurückbleiben wollen? Dies war aber ebenfalls nicht anzunchmen bei dem Charakter Johanne». Bei Pieter währte es stets ein Weilchen, ehe er zu einer Antwort auf eine an ihn gerichtete Frage kam, er war überhaupt kein großer Freund vom Sprechen, ein echter Bure, und so dachte er auch jetzt, nachdem er die Ge wißheit von dem Fehlen de« jüngsten Bruder« hatte, erst lange darüber nach, welche Ursache demselben zu Grunde liegen könne; endlich flog e« wie ein Zug der Erleuchtung über sein Gesicht. »Hm, er wird wohl —' sagte er langsam und bedächtig, doch weiter kam er nicht, seine Aufmerksamkeit wurde plötzlich durch eine Staubwolke gefesselt, die in einiger Entfernung sichtbar wurde — ein Reiter sprengte über da« dürre Veldt. bei dem rasenden Galopp kam er mit Winde-eile näher und bald war er ganz deutlich zu erkennen. »Da kommt er ja,' fuhr Pieter fort, indem er mit der Hand aus den Reiter zeigte — der jetzt beim Anblick der vor der Farm seine« Vater« haltenden Reiterschaar lustig den breitran digen Hut in der Luft schwang und im nächsten Augenblick vor den seiner wartenden Reitern von dem schweißtriefenden Pferde sprang. »Gelt, habt Euch gewundert, wo ich sei,' rief Johanne«, denn er war e», mit munterem Lachen dem Vater zu, der mit sichtlichem Wohlgefallen den jüngsten Sohn betrachtete. »Mußt doch Bernhard» noch einen Besuch machen. Sind dorten auch zum Ausbruch bereit. Sie mögen kommen, jeder Schuß soll einem der Hallunken gelten und wir werden mit ihnen fertig, mögen e« ihrer noch so viele sein.' »Könnt mir» denken, wo Du warst,' meinte Zacharia« van Gapern mit verschmitztem Lächeln. »Nimm schnell noch Abschied, wir reiten einstweilen vorauf, verweile aber nicht zu lange.' Wie ein Feldherr an der Spitze seiner Truppen, so ritt der Grei« seinen Söhnen vorauf, mit denen er in den Kampf zog. Kein Scherzwort kam von den Lippen der Männer, ernst, in sich gekehrt, aber mit Entschlossenheit ritten sie in langsamen Trabe vahtn, um e» Johanne» zu ermöglichen, sie wieder etnzuholen. Immer «eiter entfernten sie sich von ihrem Heim — doch ehe die Farm ganz ihren Blicken entschwunden war, da hielt Ascha ra« van Gapern noch einen Augenblick in seinem Ritt inne und wendete sich nach riickwärt», um einen letzten Blick aus da» statt liche Anwesen zu wersen, da« er mit Hilfe der fleißigen Hände der Seinigen sich geschaffen. Wir müssen um einige Stunden zurückkehren, zu einer Zett, wo e« noch matt dämmerte, die Morgensonne erst nahte und bleischwer die Nebel noch über der Erde lagerten. Bon kräftiger Hand wurde der Riegel an der schweren Pfostenthüre vorgeschoben, der den Eingang zu der van Gapernschen Farm wehrte. Sein treue» Roß am Zügel führen» trat Johanne« aut der Thüre, die er hinter sich nur leicht anlchnte — sie zuschließen, war sür die kurze Zeit bi« zum völligen Anbruch de« Tage« nicht mehr nöthia. Der kühle Morgenwind ließ Johanne» in leichtem Frösteln erschauern, doch sein Vorhaben konnte er nicht ausschieben — er mußte die frühe Morgenstunde benutzen. Er schwang sich auf sein Pserd und galoppirte davon — Stille ringsum in der Natur, die nur von den Hufschlägen seine« Rosse», von dem fernen Heu len eine» aargicrigen Schakal«, oder dem Schrei eine« Bogel» unterbrochen wurde. Doch vorwärts, immer vorwärt» über Stock und Stein, spornte er sein Pferd an, wozu ein leichter Druck der Schenkel genügte, gleichsam, al« ahne da« treue Tier, wa» seinen Herrn zu dem frühzeitigen Ritt rrieb. L» wurde ihm warm von dem schnellen Ritt trotz der kalten Lust und zuweilen lüftete er den Hut ein wenig, um die erhitzte Stirne etwa« abzukühlen, aber dann ries er wieder: »Heissah, Heissah!' und da» Pferd schien den Ruf zu ver stehen, c« beschleunigte dann jede»mal sein Tempo noch mehr. Wa« war e», wa« den jungen Mann so früh von der Farm forttrieb, wohin wollte er sich erst begeben, ehe er mit seinem Vater und seinen Brüdern dem Befehle der Regierung Folge leistete? Over hatte er sich im letzten Augenblick noch besonnen und wollte sich dem entziehen? Doch nein, daran konnte bei ihm kein Gedanke sein. Ein Roman in dieser weltabgeschiedenen Gegend, unter diesen nüchternen, wenig sentimental veranlagten Menschen, war die« möglich? Und doch spielte sich hier zwischen zwei jungen Leuten schon seit längerer Zeit ein solcher ab, in den Johanne» verwickelt war und worin auch die Ursache lag, die ihn zu seinem Ritt trieb. Im Gegensatz zu dem unter den Buren saft durchweg herrschenden Gebrauch, eine Heirath wie den Abschluß irgend eine« anderen Contracte» zu betrachten, sich weniger von den Gefühlen leiten zu lassen, al« mehr vom praktischen Stand punkte au«, darauf zu sehen, ob Mann und Frau auch wirklich für da« Leben zusammenpassen, da« gegenseitige Besitzthum, und die Mitgift eine nicht unbedeutende Rolle dabei spielen zu lassen, war Johannes, der sich so in Manchem unterschied, hierin ent schlossen, ander« zu handeln. Er war der jüngste Sohn und trotz seiner Eigenheiten der Liebling seine« Baler«; seine Brüder und Schwestern hatten von frühester Jugend auf Hand mit anlegen müssen auf der Farm; nur nothbürstig war ihre geistige Ausbildung, sie be schränkte sich auf Lesen und Schreiben, doch auch darin hatte e« keine« von ihnen zu besonderer Fertigkeit gebracht. Bei Johanne« hatte Zacharia« van Gapern eine Ausnahme gemacht, er hatte ihn zunächst in Prätoria von tüchtigen Lehrern mit ausbilden lassen und sollte dann mit noch einigen Söhnen wohlhabender Bu en eine Reise nach Europa zur Vervollkommnung ihre» W ssen« und Bildung unternehmen, denn nach Wunsch seiner Ellern sollte er später bei der Regierung cintreten oder e-nen sonst geeigneten Posten übernehmen, nachdem sich die Republik mehr und mehr zu einem modernen Staatswesen herausgebildet und tüchtige Männer zur Leitung und Verwaltung derselben ge braucht wurden. Johanne« war mit den Plänen und Wünschen seiner Eitern einverstanden ; obwohl Bure durch und durch, aus gewachsen wie ein Füllen aus der väterlichen Farm, so sagte ihm da« eintönige Leben nicht mehr recht zu; ihn verlangte nach einer anderen Thätigkeit, al« Vieh züchten und da» Feld bebauen, nachdem einmal sein Geschmack geläutert und er in Prätoria mit dem städtischen Leben und Treiben in Berührung gekommen war. Der plötzliche Ausbruch de« Kriege» vereitelte nun vorläufig alle Pläne, besonder« auch hinsichtlich der Europareise, denn wie alle waffenfähigen Männer mußte er dem Aufgebot der Regierung folgen. Einige Wochen früher, al« er bei einem Jugendfreunde, der mit ihm die Europareisc unternehmen sollte, zu Besuche auf der Farm von dessen Vater weilte, da hatte er dortselbst eine ent fernte Verwandte der Bernard'schen Familie kennen gelernt, die eine Art Aschenbrödclstellung daselbst einnahm. Niemand im Hause beachtete diese» Mädchen, die weder Eltern noch Geschwister mehr besaß, welche sie frühzeitig verloren hatte, und au« Mitleid auf der Bernardsarm ausgenommen war. Johanne« war zuerst er staunt über diese- Mädchen, welche« sich nicht allein durch Schön heit, sondern auch durch Bildung auSzeichnete und gerade dadurch war ihre Stellung zu keiner beneidenSwerthen geworden, weil die erwachsenen Töchter der Bernard'schen Familie sie mit scheelen Augen betrachteten und sie wegen ihre« städtischen Wesen«, ihr Vater war ein kleiner Beamter in Prätoria gewesen, verspotteten. Johanne« aber fühlte sich sofort zu diesem Mädchen htnge- zogen, da« derbe Wesen der anderen Mädchen fesselte ihn weni ger und al« er von diesem ersten Besuche nach Hause zurückritt, da war e» ihm erst cigenthümlich zu Muthe — er vermochte sich ansang» selbst keine Rechenschaft darüber zu geben, aber gar bald wurde e« ihm klar — diese» arme Aschenbrödel auf der Bernard'schen Farm hatte e» ihm wirklich angethan, hatte sein lebhafte« Interesse erweckt und so sehr er sich auch dagegen sträubte, er mußte immer und immer wieder an sie denken. Die Sehnsucht nach einem abermaligen Zusammentreffen steigerte sich in ihm — er wünschte nur wenige Minuten wieder mit ihr plaudern zu können und kurz entschlossen, ritt er schon nach eini gen Tagen wieder nach der Bernard'schen Farm und diese Be suche wiederholten sich noch öfter». Daselbst war man anfang» der Meinung, dieser Besuch gelte lediglich dem Freunde oder einer der Töchter der Familie, denn daß Johanne» van Gapern seine Aufmerksamkeit der armen Verwandten schenken könne, hielt man garnicht sür möglich. Stundenlang hatte er sich diese Nacht schlaflos auf seinem Lager umhergewälzt und konnte doch den Schlummer nicht fin den. War e« möglich, daß er, der doch unter so kühl denkenden, phlegmatischen Eltern und Geschwistern ausgewachsen war, in einen solchen Zustand gerathen konnte? Aber er vermochte e» nicht zu ändern, er konnte sich nicht lo«l»sen von dem Banne, der Ihn gefesselt hielt, nachdem einmal der Gleichmuth bei ihm dahin war und er von einem leidenschaftlichen Gefühl beherrscht wurde. Morgen ging er mit lausenden von Männern einem recht ungewissen Schicksal entgegen — wie viele von ihnen nicht zu rückkehrten und ob er unter den Letzteren sich befand, die« wußte nur Gott allein — aber sollte e« ihm denn nicht noch vergönnt sein, Abschied von Ulrike zu nehmen? Er konnte e» nicht über sich gewinnen, wenigsten« noch ein mal und wenn auch nur für Minuten wünschte er mit ihr zu sammen zu sein. Wer hinderte ihn denn daran, so redete er sich schließlich ein und mit dem ersten Grauen de« Morgen» »erließ er ganz unbemerkt sein Lager, um schnell noch einmal »ach der einige Stunden entfernten Bernardschen Farm zu reiten.
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