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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 22.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189908224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990822
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-22
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Monat
1899-08
-
Jahr
1899
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geleitet. Bi« c« erlassen werden kann, sollen Maaren, durch welche eine Einschleppung de» Krankheit»stoffc» zu befürchten ist, nur nach vorheriger wirksamer Desinfektion zur Einfuhr zuge lassen werden. Im übrigen wird der Verlauf der Epidemie in Oporto seilen« der Behörden mit Aufmerksamkeit verfolgt, -und e« ist anzunehmen, daß erforderlichen Fall« noch weitere Sichcr- heit«maßregeln ergriffen werden." — Nachdem wiederholt Anfragen an da« Reich» Marincamt gerichtet sind, ob sich da« Kiautschou-Gebiel zu einer land- wirthschaftlichen Besiedelung (Ackerbau, Viehzucht) eignet, und ob Landwirthe bei einigem Kapital Aussicht auf ein gute» Fortkommen dort haben, ist der Gouverneur de« Gebiet« zu einer besonderen Acußerung hierüber veranlaßt und hat sich folgender maßen ausgesprochen: Abgesehen davon, daß da» Gebiet zu klein ist, um auf die Dauer der Landwirthschaft Raum zu gewähren, darf auch mit Recht die Möglichkeit einer Konkurrenz mit dem genügsamen, fleißigen, an da« Klima gewöhnten und in den Bodenverhältnissen erfahrenen Chinesen schon au« dem Grunde bezweifelt werden, weil der Preis, zu dem Regicrungsland abge geben werden muß, ein verhähltnißmäßig zu hoher sein würde. Für die Viehzucht insbesondere bietet sich durch den Mangel an GraSwuch» nur geringste Aussicht. Wiesen sind nicht vorhanden; sie fehlen in Schanlung überhaupt, wie überall dort, wo eine trockene mit einer nassen Jahreszeit abwechselt. Im Wege der Berieselung wäre allerdings die Möglichkeit von Wiesenbildung gegeben. Demgegenüber liegt jedoch die Thatsache vor, daß überall in Schanlung dort, wo Wasser ständig vorhanden ist, gewinn bringendere Früchte gezogen werden. — Frankreich. Labori» Allgemeinbefinden ist befried igend. Da» Fieber hat abgenommcn. Er hofft, am Dienstag den Verhandlungen de» Kriegsgericht« beiwohnen zu können. — Als Attentäter wegen de« Mordversuchs gegen Labori ist in Del ein Mensch ergriffen worden, der sich Glorot nennt und angiebt, au« dem Departement Cüte« du Nord zu stammen. Er hat seine That eingestanden, doch ist da« Geständniß verdächtig; Glorot ist al« Alkoholiker bekannt. Die Untersuchung wird fort gesetzt; man glaubt, daß Glorot nicht der wirkliche Mörder ist. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. An die hiesige Stadt-Fernsprecheinrichtung ist unter Nr. 81 die VolkSheilstLtte für Lungenkranke Carolagrün bei Schönheide (Erzg.) neu angeschlosscn worden. — Dresden, 17. August. Nach der Einschätzung zur StaatSeinkommenstcuer für da» Jahr 1898 betrug das gesammte steuerpflichtige Einkommen im Königreich Sachsen 2,002,382,00t) M. Gegen das Vorjahr hat das Einkommen um 99,784,000 Mk. zugenommen. Der auf das gesammte Einkommen zu entrichtende Steuerbetrag beziffert sich auf rund 31,000,000 Mk. — Chemnitz, 18. August. Eine bedeutende Verkehrsstörung entstand heute Vormittag auf dem hiesigen Hauptbahnhofe. Bei der Ausfahrt des 9 Uhr 20 Min. von Chemnitz nach Leipzig verkehrenden Personenzuges 1635 entgleisten in der Nähe de« WcrkstLttenbahnhofeS durch Flankirung mit einer von der Riesaer Linie zurückkchrcnden Vorspannmaschine nicht nur die beiden Lokomotiven, sondern auch der Zugführer-, Postwagen, sowie ein Personenwagen III. Klasse. Außerdem wurden die Ein- und Ausfahrtsgleise der Leipziger und Riesaer Linie gesperrt. Einige Passagiere haben zum Glück nur leichte Verletzungen erlitten. Der Personenzug konnte selbstverständlich nicht abgelassen werden. Später wurde der Personenverkehr durch Umsteigen an der Unfall stelle aufrcchterhalten. Erst gegen 6 Uhr Nachmittag« waren die AusräumungSarbciten beendet und die Gleise wieder fahrbar. Die Schuld soll, soviel in Erfahrung gebracht werden konnte, den Führer der Vorspannmaschine treffen; derselbe soll sich in den Signalen getäuscht haben. Die Untersuchung ist im Gange. — Der betreffende Führer hat das zur freien Einfahrt für den Dresdener Zug gegebene Signal irrthümlich für da» der Riesaer Linie gellende gehalten und ist ohne weitere« auf der Kreuzungs stelle der Gleise der Riesaer und Leipziger Linie dem gerade au»- fahrenden Leipziger Personenzugc in die Flanke gefahren. — Plauen i. V., 18. August. Gestern Abend hatten sich im Kaiserhof Kaufleute verschiedener Geschäftszweige zusammen gefunden, um über den 8 Uhr-Ladenschluß zu berathen. Fast alle größeren Firmen waren um ihre» Personals willen darin einver standen, daß der 8 Uhr-Schluß eine unbedingte Nothwendigkeit sei, und der Vorschlag, vorläufig eine Probezeit vom kommenden Montag bis Ende September d. I. cinzusühren, fand Annahme. — Falkenstein, >8. August. Dem Bahnarbeiter Trommer, der am Mittwoch Vormittag auf der Station Muldenberg überfahren worden ist, ist im Kreiskrankenstift zu Zwickau ein Arm abgenommen worden. — Zschopau. Ein eigenartiges Heim hat sich hier ein Schwalbenpärchen gesucht. Jeden Abend erscheint dieses in der Wohnung eines unserer städtischen Beamten durch das offene Fenster und nimmt ohne Scheu auf dem Bogen der Tischlampe Platz, um dort während der Nacht der Ruhe zu pflegen und dann am Morgen nach Oeffnung des Fensters das wohl in seiner Art einzige Nachtquartier wieder zu verlassen. — Hartmannsdorf b. Kirchberg, 19. August. Im hie sigen StaatSsorstrcvicr fand man dieser Tage die Ueberresle zweier Leichname, die vermuthlich von dem im Jahre 1893 ver schollenen Steinarbeiter Wagner aus Rodewisch und von dem im Jahre 1897 verschwundenen Gutsbesitzer Oelmann aus Hartmanns dorf hcrrührcn sollen. Leider waren die Angehörigen nicht im Stande, ihre Vermißten irgendwie zu erkennen. — Niederschlema. Die Verlegung der Bahnglcise der Zwickau-Schwarzenberger Bahnlinie wird zwischen Hartenstein und hier baldigst vollendet werden, sodaß vom 1. Oktober d. IS. an der Betrieb zweigleisig erfolgen kann. Der hiesige Bahnhofs neubau ist kürzlich zu Ende geführt worden. Wie die Evangelischen in Böhmen einst katholisch gemacht wurden. In fast allen Theilen de» österreichischen Kaiserstaate« ist der Ruf: ,Lo« von Rom" laut geworden. Den Worten ist bald die Thal gefolgt: der Uebertritt zahlreicher deutschnationalcr Kreise zum Protestantismus oder AltkatholiziSmu». Am meisten breitet sich diese romfeindliche Bewegung in Böhmen au« und da« ist kein Wunder, denn wohl nirgends hat die römische Kirche und besonder« der Jesuitenorden ärger gehaust al« in Böhmen. Die Erinnerung an diese unheilvolle Wirksamkeit de« Jesuitenorden« bei der böhmischen Gegenreformation ist in mehr al« einer Be ziehung lehrreich: un« Reichsdeutschen kann sie zeigen, welche« die wahre Natur dieser »Gesellschaft Jesu", die sich auch bei un» wie Lämmer einschleichen will, ist. Die Deutschen Böhmen« kann sie lehren, daß der Jesuitenorden der geschworene Feind de» Evangeliums und de» DeutschthumS ist, und daß alle deutsch freundlichen Anwandlungen, welche die Vertreter der römischen Kirche jetzt hier und da zur Schau tragen, bloße Verstellung sind, um Leichtgläubige zu bethören. Nach der unglücklichen Schlacht am weißen Berge (1620), so schreiben die „Leipz. Reuest. Nachr.", begannen die Jesuiten den Böhmen ungeachtet der ihnen ver brieften Religionsfreiheit ,da« sanfte Joch" Christi, wie sie sich ausdrückten, auszulegen. Doch noch ein Jahr verging, ehe sich da» Unwetter entlud. Man pflog erst Vorberalhungcn und traf Vorbereitungen in Wien und Rom, um sein Ziel am besten und sichersten erreichen zu können. Da Hinrichtungen nur Märtyrer begeisterung hervorriefen, beschloß man einen anderen Weg cin- zuschlagen. Man wollte die Evangelischen so lange quälen und martern, bis sie schwach wurden oder au« Verzweiflung nachgaben. Wer aber auch dann noch seiner Ueberzeugung treu bliebe, der sollte au« der Heimath vertrieben werden. Die Seele dieser Benutzungen und da« eigentliche Hauptwerkzeug der Gegen-Refor mation war der Jesuitcnzögling und Kaiserliche Gcheimschreiber Graf Michna. Al« Jemand, den wohl vor den geplanten Grau samkeiten schauderte, den Vorschlag machte, sofort mit Ausweis ungen vorzugehen, da soll er gesagt haben: Nein, noch nicht, denn jetzt hätten sie ja noch zu viel mitzunehmen; e« ginge zu viel Geld au« dem Lande, und so ließ sich da« Exil zu leicht ertragen. Man müßte sic erst wacker au«ziehen und arm machen, ganz arm, dann werde Alle« viel leichter gehen. — Und so ist'« geschehen. Die Verfolgung begann mit der Zerstörung und dem Ver bot protestantischen Gottesdienste«. Professoren, Geistliche und Lehrer wurden au«gewiescn, um so durch Vertreibung der Häup ter die Kraft de« Widerstande« von vornherein zu brechen. Kirchen und Versammlungsräume wurden eingezogen und ent weder den Römischen übergeben oder auch, selbst wenn sie schön waren, geradezu im Zorne zerstört. Und nicht genug damit, in ihrer kindischen Wuth schämten sie sich auch nicht, Kanzeln und Altäre, so in Prag und Jglau, mit Ruthen zu peitschen. In der Kirche der Prager Brüdergemeinde streuten sie Schießpulver über den ganzen Fußboden und zündeten c« an, um durch Rauch und Flamme da» Ketzergist zu vernichten. Die Gräber der evangelischen Geistlichen und StandeSherren in den Kirchen und auf den Kirchhöfen wurden erbrochen und beraubt, die Gebeine zerschlagen und verbrannt, so in HoraSdowiz, oder sonstwie ge schändet. Ihre Leichensteine wurden mit Kvth besudelt, mit Steinen zerschlagen oder zertrümmert. Man kann sich denken, wie da den lebenden Pastoren mag mitgespielt worden sein. Zwar verfuhr man offiziell noch ver- hältnißmäßig gelinde mit ihnen und begnügte sich im Allgemeinen mit plötzlicher Ausweisung und Einziehung ihre« Vermögen», aber was halten die Aermsten von den durchziehenden Soldaten zu leiden! Da diese Erlaubniß zum Plündern erhalten hatten, so meinten sie sich gegen die ketzerischen Prediger Alle» erlauben zu dürfen. Die Feder sträubt sich, die Greuel und Schandthaten zu schildern, die an den Unglücklichen verübt wurden. Wo aber Geistliche trotz de« Ausweisungsbefehl« im Lande blieben und in Verstecken und Wäldern predigten, da wurde auch offiziell ohne Schonung gegen sie vorgegangcn; lange Einkerkerung und Folierung war ihnen dann gewiß. Freilich gerieth man nun bald in große Verlegenheit, al« e« galt, Ersatz für die Vertrie benen zu schaffen. An würdigen katholischen Geistlichen sebltc e«, so übergab man denn die Pfarreien ohne viel Bedenken auch ganz unwissenden und unsittlichen Menschen, besonder« au« Polen hcrbeigcholten Mönchen. »Sic predigten und lehrten zwar mit vielem Eifer," sagt von ihnen der selbst katholische Schriftsteller Pelzet, »allein von der anderen Seite führten sie ein lasterhafte« Leben. Viele gingen wieder nach Polen zurück, da sie zuvor den Bürgern ihre Töchter oder gar Weiber verführt und entführt hatten." Unzucht und Trunksucht waren jetzt an der Tagesord nung bei den Männern, die da« angeblich ketzerische und dem Teufel verfallene böhmische Volk dem Katholizismus und der Seeligkeit zurückgewinnen sollten. Die Hauptarbeit bei der „Bekehrung" Böhmen« leisteten die Jesuiten. Sie entfalteten dabei den größten Eifer und die größte Rührigkeit. Einige von ihnen verloren durch empörte Bauern ihr Leben. BeachtenSwerth ist die Art ihre« Vorgehen». Sie pflegten zunächst sehr freundlich mit den Leuten zu reden. Sie diSputirten mit ihnen und widerlegten ihnen ihr Bedenken — wer vermöchte auch gegen jesuitische Dialektik auszukommen —, wiesen sie hin aus alle die Heiligen und Märtyrer, Fürsten und gelehrten Leute, die der römischen Kirche angehört haben, die doch wohl weiser gewesen seien und die Schrift besser verstanden hätten al« ein beliebiger Bürger oder Bauer. Sic warnten vor dem Unheil, was die Hartnäckigen über sich, über Weib und Kind bringen würden, sie baten und schließlich drohten sie mit Gefängniß und Folter. Und auch auf Unwahrheiten kam e« nicht an, wenn sie dadurch ihr Ziel erreichten. So sagten sic den Leuten, wa« sie von ihnen verlangten, daß sei ja nur Aner kennung der höchsten Autorität de» Papste», im Uebrigen könnten sie glauben, was sie wollten. Ja, sie logen ihnen geradezu vor, drß in wenigen Jahren die ganze Welt wieder katholisch sein werde, daß ihnen die Auswanderung also gar nicht» Helsen würde. Ob sie denn um der paar Jahre, die sic dort länger protestantisch bleiben könnten, wirklich Alle» daran geben wollten: Familie, Hab und Gut, Heimath und Freundschaft? Wa» ihren Worten aber den rechten Nachdruck verlieh, da» waren die Bedrohungen und Quälereien, die jetzt von StaaiSwcgen gegen die Protestanten begannen. Alle evangelischen Bücher wurden zum Flammentode ver- urthcilt, und wer sie nicht auSlicferte oder gar welche verkaufte, wurde mit hohen Geld- und Gesängnißstrafen bedroht. So flammten denn bald allenthalben die Scheiterhaufen auf, worin fast die ganze böhmische Litteratur de« 15. und 16. Jahrhundert» zu Grunde ging. Die Jesuiten hatten da» Recht bekommen, die Häuser nach protestantischen Schriften zu durchsuchen; und sie forschten gar eifrig in allen Kammern und Winkeln umher, untersuchten alle Kisten und Kasten, ja selbst de» Nacht« drangen sie in die Wohnungen, um Bibeln und Gesangbücher auSzuspio- niren. Solchen, die sich standhaft weigerten, römisch zu werden, wurden die Kinder genommen und in jesuitische Schulen und Klöster gebracht. Protestanten durften keine Ehen schließen und erhielten kein ehrliche« Begräbniß. Häufig mußten sie auf dem Schindanger verscharrt werben. Beamte wurden entlasten, Hand werker durften nicht in die Zünfte ausgenommen werden, ja selbst Brot durfte den Evangelischen nicht verkauft werden. Wo e« aber trotz alledem mit dem Bekehrung-Werke nicht recht vorwärts gehen wollte, da verfügten die Jesuiten noch über ein Mittel, da« nie versagte, über die Hilfe der Dragoner. Diese Soldaten, meist Spanier, waren nicht ein Regiment, da« vor dem Feinde gestanden hatte, nein, nur zum Quälen und Beugen der Evangelischen waren sic bestimmt und mit aller Freiheit dazu »ersehen, und meisterhaft verstanden sie die Kunst, die Leute zu ängstigen und aus alle Art zu mißhandeln. Auch Scligmacker wurden sie genannt, weil sie vor Allem dazu ge braucht wurden, die Leute mit Gewalt, mit Säbelhieben in die katholische Messe zu treiben u. sie damit zur Seligkeit zu bringen. Auf« zahlreichste in die Häuser der Protestanten einquartiert, quälten sie die Wirthe durch Forderungen und Schläge aus alle erdenkliche Art, wurden aber sogleich weggenommcn, wenn Jemand sich katholisch zu werden bequemte. Welche Versuchung auch für bi«her standhaft gewesene Protestanten! Eine der empörendsten Quälereien war wohl die, wenn sie Mütter so anbanden, daß sie ihre Säuglinge nicht erreichen konnten, deren Weinen vernahmen und doch nicht eher sie tränken durften, bi« sie versprochen haben würden, katholisch zu werden. Doch sind un» Schilderungen davon, wie sie'« nun im Ein zelnen in Böhmen» Städten und Dörfern getrieben haben, leider nur wenig zugänglich. Und man kann c« wohl verstehen, we«. halb die jetzigen Machthaber ihre Veröffentlichung nach Kräften zu verhindern bestrebt sein werden. Reichlicher fließen die Quellen über die Wirksamkeit derselben Lichtenfteinschen Dragoner in dem benachbarten Kronlandc Schlesien, wo diese Seligmacher gleich falls bemüht waren, die bedauernSwerthen Einwohner in ihrer sanften Weise von der Wahrheit der katholischen Religion zu überzeugen. Der Historiker Worb« berichtet un« von einer Stadt, wo sic die Menschen viele Tage und Nächte nicht schlafen ließen, sodaß die Unglücklichen in eine Art von Wahnsinn verfielen, worin sie leicht zu bewegen waren, den Bcichtzcttel zu holen. Einige schleppte man an den Haaren zur Messe und zur Kom munion oder Peitschte sie mit Ruthen, bi« ihnen da» Fleisch vom Leibe fiel. Andere führte man unter den Galgen und drohte, sic zu hängen, oder setzte ihnen Degen und Pistolen auf die Brust und versicherte sie, daß sie nur durch den Abfall ihr Leben retten könnten. Den Wöchnerinnen nahm man die Kinder und legte sie in einen Winkel, daß sic die Mütter in einigen Tagen nicht stillen durften, wie sehr auch die armen Kleinen winselten und schmachteten. An der Gicht und an anderen schmerzlichen Krankheiten Darniederliegende quälte man so lange, bi« sic ver sprachen, ihren Glauben zu verleugnen. Da« Alle« geschah »zum größeren Ruhme der Kirche", der Kirche, welche die wahrhaft christliche und allein scligmachende zu sein behauptet. Mit dem Evangelium hat man auch da« Deutsch- thum zertreten. Aber in dem Aschenhausen haben immer Funken weitcrgeglimmt, und wenn nicht die Zeichen der Zeit trügen, ist jetzt der Augenblick gekommen, wo die Nachkommen jener Mär tyrer der Kirche, die ihre Vorfahren so schändlich behandelt, den Rücken kehren, dem jesuitischen Versucher die Thüre weisen, und zurückkehrcn zu dem alten evangelischen Glauben. Möchten die Evangelischen im Deutschen Reich ihre Schritte mit Theilnahme und Liebe unterstützen! Ihr Mermächtniß. Roman von Maximilian Moegetin. (20. Fortsetzung.) Zur bestimmten Stunde ging Hellmuth zum Baron von Walten und gegen 10 Uhr kehrte er zurück. Schon auf der Treppe zu seiner Wohnung hörte er Klavier spiel. Bald stand er an der Thür und lauschte demselben Spiel, da« er schon einmal gehört an jenem Abende, al« er da« erste Mal in Lindenheim war. „Wieder diese eigenartigen Weisen, die er so meisterhaft den Jndiancrstämmen oder jenem Volke abge lauscht hat, da« im südlichsten Nordamerika lebt," sagte sich Hell muth. Bald klang es wie der rollende Donner, dann klangen wie der friedliche Melodien so anschmeichelnd, daß Hellmuth wie ge bannt lauschte. Wie damals, so machte auch heute den Schluß jene» mexikanische Volkslied, da» er ohne Begleitung so ruhig spielte, al« schiene er ganz in sich vergessen. Dann wurde cs still. Hellmuth wollte nun öffnen, aber unwillkürlich trat er zurück. Den Kopf an das Flurfenster gelegt, sah er sinnend hinab auf die stille Straße. „Aber warum spielt er heute gerade diese Melodien, die ich doch in der ganzen Zeit nicht mehr von ihm gehört? Warum spielt er gerade heute jene Lieder, die da» Lieben und Leiden eine» ganzen Volke« auszusprechen scheinen?" So fragte sich Hellmuth und tausend Gedanken stiegen in ihm auf. Ist e» vielleicht die Ahnung einer nahen Tode», oder sind es wehmüthige Erinnerungen an die Jahre, die er drüben ver bracht und von denen er auf Fragen nur wenig und selber gar nicht spricht? Schon in den frühesten Jahren war er viel ernster als wir Alle, und selbst in der ungebundenen frohen Zeit unseres Studiums auf der Hochschule war e« nicht viel besser, aber die Jahre drüben scheinen ihn noch ernster gemacht zu haben. Frei lich seine Verhältnisse — sie haben seinen Charakter geboren und wahrlich nicht zu seinem Nachtheile, aber dennoch möchte ich wohl wissen, ob nicht ein dunkler Schatten auf seiner Seele liegt, deren Tiefe ich nie ergründen konnte. Au» diesen Gedanken fuhr er plötzlich erschrocken auf, al« der Zufall einen schwarzbehangencn Leichenwagen vorübcrführte, der die Straße hinabfuhr nach dem Frauenthore zu. Mit klopfendem Herzen öffnete nun Hellmuth und fand Ar thur in die Zeitung vertieft. „Nun Karl, morgen früh, nicht wahr?" „Ja, Arthur, morgen früh um 4 Uhr im Walde jenseits Oliva bei der Strauchmühle," erwiderte Hellmuth und ließ sich auf einen Sessel neben ihn nieder. „Pistolen aus 20 Schritte," bemerkte Hellmuth und blickte mit Wehmuth auf seinen Freund; aber dieser sah und hörte so vergnügt zu, als handelte es sich um alle» Andere eher, al» um ein Duell mit möglicherweise tödtlichem Ausgange. Hartung ist aus dem Wege nach Zoppot, um den vr. Lenz- mann zu bitten, der. auch gleichzeitig feine Pistolen mitbringen soll. Mit Walten habe ich nur wenige Worte gewechselt, aber er war schrecklich ausgeregt, und nicht weniger der Dirschaucr Goldstein, der da» Zimmer verließ, al» ich cintrat." Ein leichter Nebel lag auf Wiesen und Feldern, al» im Morgengrauen ein Wagen langsam den Sandweg bei Oliva hinauffuhr. In dumpfen Schlägen verkündete die Thurmuhr die Zeit. „Wir kommen noch viel zu früh," sagte Hellmuth, al» sic da» Dorf hinter sich hatten und aus den Weg kamen, der am Waldessäume entlang führt. Schweigend saßen sie nebeneinander, denn ein Jeder hing seinen Gedanken nach. Nach einer Viertelstunde ließ er den Wagen halten. „Wir sind am Ziel," sagte er im Flüsterton zu Heyd; und beide stiegen au». „Dort wo der nächste Grenzstein liegt, biegen Sie link» ab und halten nach ungefähr fünfzig Schritten auf dem schmalen Wege, der von dort zum Forsthausc führt. In einer Stunde sind wir spätesten« wieder da," bedeutete Hellmuth dem Kutscher. Festen Schritte» gingen sie dann in dm Wald und erreichten nach etwa zehn Minuten einen fielen Platz im hohen Holz. »Hier ist e», Arthur, hier müssen wir sie erwarten." „Hoffentlich lassen sie nicht lange warten," bemerkte Heyd und setzte sich in da« lhaufeuchtc Moo«, sich an eine Kiefer lehnend.
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