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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 01.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189908014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-01
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Monat
1899-08
-
Jahr
1899
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mäßigen Zügen sollen zur Aufrechterhaltung ter Ordnung au«- rcichcnbe militärische Begleit Kommando« beigegebcn werten; ebenso sollen die belressenden Bahnhöfe militärisch oter polizeilich über wacht werten. Das den Bestimmungen beigedruckte Formular eine« Gestellungsbefehls enthält u. A. den Vermerk: »5. Aus ruhiges, verständige« Verhalten während ter Fahrt und aus den Stationen werden Sie hierdurch besonter« ausmerksam gemacht; Anordnungen der Beamten :c. haben Sie Folge zu leisten. Zu widerhandlungen werten nach den Militärgesttzen beim Truppen- theil bestraft." Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Die geehrten Leser diese« Blatte« seien besonder« auf die Bilderreihe hingewiefen, die von Sonntag, dem 30. Juli an im Kaiserpanorama, Forststraßc (Fabrikgebäude der Firma A. L. Unger) zu sehen ist. Sic führt un« in da« Bergland von Savoyen. Wir sehen die grünen Wälder, die rauschenden Bäche und die hübschen Häuser ter Ortschaften, über ragt von den gewaltigen Feldmassen ter Alpen. Ein herrlicher Blick thut sich un« in da- Thal Argentiere auf. Zwei Bilder zeigen un« da« Dors Argentiere im Winter, und mancher Erz gebirger wird sich mit seinem Klima aussöhnen, wenn er die bi« an- Dach im Schnee begrabenen Häuser diese« Dorfe« sieht. — Der zweite Theil der Bilder führt un» au« den Thälern hinauf auf die Höhen. Wir sehen die Quelle de» Arveyron, von Schnee und Ei« bedeckt, und lhun einen Blick in die in der Nähe be findliche Ei-grotte mit ihren malerischen Zacken und Höhlen. Wir begleiten Reisende aus ihrem Wege über da« schlüpfrige Gletschcrmeer und weiterhin auf ihrem gefahrvollen Aufstiege. Wir sehen, wie sie Schritt für Schritt sich ihren Weg durch Schnee und Eis suchen, wie sie an schwindelnden Abgründen vorübergehen und mit schwankendem Wege tiefe Schluchten über brücken, bi» sie aus dem Gipfel de« europäischen König« der Berge, de« Mont Blanc, ankommen. — Allen Freunden der Natur sei der Besuch auf« Wärmste empfohlen. — Eibenstock. In SaupcrSdorf, Hartmannsdorf (Bz. Zw.), Wildenfels, Fährbrücke, Weißbach bei Wicfcnburg (Sa.), Wiesen burg (Sa.) und Kirchberg (Sa.) sind öffentliche Fcrnsprech- stellcn errichtet worden. Die Theilnebmer der hiesigen Stadt- sernsprechcinrichtung sind zum Sprechverkchr zugelasscn. Die Gebühr für da« gewöhnliche Dreiminutcngespräch beträgt 25 Pf. — Johanngeorgenstadt, 27. Juli. Unglaublich klingt eS, aber wahr ist Folgende«: Eine Viertelstunde von hier liegt der böhmische Ort Breitcnbach. Dortselbst befindet sich seit langen Jahren ein Postamt, in Verbindung damit seit einigen Jahren auch ein Telegraphenamt. Ein hiesiger Geschäftsmann wollte vor einiger Zeit auf genanntem Amt ein Packet aufgeben lassen, aber die Annahme wurde verweigert, der Schalter ge schlossen und dem Auflieferer bedeutet, er möchte in einigen Stun den wiedeikommen. Grund: ES sand ein Wechsel der Herren Postmeister statt. Letztere, der abgehende und der neu angekom- menc, waren bei der Uebcrgabe der Kassengeschäfte in Streit ge- rathen, welcher sogar in Thätlichkeiten auSartcte. Die Sache beschäftigt jetzt auch das Gericht. — Heute früh will derselbe Geschäftsmann auf genanntem Postamt abermals ein Packet auf geben lassen, aber die Annahme ward wiederum verweigert und der Auflieferer für den Abend wicderbcstellt. Und au« welcher Ursache? Der Herr Postmeister ist verreist! — In Anbetracht de« regen Zugverkehrs, der seit Eröffnung der Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt-Karlsbad herrscht, ist eine solche Postdicnst- abfertigungSweise mindestens eigenartig! — Johanngeorgenstadt, 29. Juli. Der hiesige Erz- gebirgSverein hatte bei der Königl. Generaldirektion der StaatS- eisenbahnen darum nachgesucht, daß die neue Eisenbahnlinie Jo hanngeorgenstadt-Karlsbad an die sesten Rundrcisetouren zwischen Sachsen und 'Nordböhmen angefchlosfen werde. Die Königl. Generaldirektion hat daraufhin geantwortet, daß die Ausgabe neuer Fahrscheinhefte zu Rundreisen zwischen Sachsen und Böhmen über Johanngeorgenstadt-Karlsbad in Aussicht genommen worden ist. — Dresden. Die Leutseligkeit und die Freund lichkeit unseres König« sind weil über die Grenzen unsere« Lande« hinau« bekannt und viele Histörchen darüber sind im Umlauf. 9!ur ein ganz kleiner Kreis dürfte aber von den nach stehend mitgetheilten Episoden Kcnntniß haben, weshalb deren Verbreitung um so mehr berechtigt ist, als sie vollkommen der Wahrheit entsprechen. Auf seinen Fahrten und Wegen wird der König oftmals von Leuten belästigt, die sich von einem Gna dengesuche eine bessere Wirkung versprechen, wenn sie dasselbe dem Monarchen persönlich übergeben. Der König weist keine« dieser Gesuche zurück, sondern er liest e« gewöhnlich sofort nach dem Empfange durch, dann aber gehl c« denselben Weg, den die schrift lich beim königl. Hau«ministcrium eingereichten Gnadengesuche durchlaufen. Bor der Entscheidung de« König« werden nämlich bei den verschiedenen Behörden Erkundigungen eingezogen, ob der Bittsteller auch der Allerhöchsten Gnade würdig ist und dergleichen mehr. Besonder« ost nahen sich dem Monarchen bei seinem Auf enthalte in Pillnitz Bittsteller. Ist der König zu Fuß, so ergreift er in solchen Momenten oftmals da« Wort, um sich nach Einzel heiten in der fraglichen Angelegenheit zu erkundigen, und beendet gewöhnlich die Unterhaltung mit einem Wort de» Tröste« und der Zusicherung wohlwollender Prüsung der Angelegenheit. Vori ge« Jahr erwartete eine einfache Frau mit einem Bittgesuch den Monarchen in Pillnitz. Al« sie den hohen Herrn kommen sah, warf sie sich vor ihm auf die Knie. Se. Majestät sah die«, ging rasch aus sic zu und nöthigte sie zum Aufstehcn mit den Worten: »Stehen Sie auf! Man kniet nur vor Golt!" Die Frau gehorchte. Dann erst nahm der edle König ihr da« Bitt gesuch ab und zog sie im Weitergehen in« Gespräch. Während des Aufenthaltes in Pillnitz unternahm der König, wa« heute mit Rücksicht aus sein Alter seltener geschieht, ost Gondelfahrten aus der Elbe oder er ließ sich nach dem am linken Elbuscr ge legenen einfachen königlichen Elbbade übersetze». Dabei wurden aber so gut wie nie die prunkvollen venezianischen Gondeln, die im Sommer vor dem Pillnitzcr König«schlosse sich aus den Fluthen der Elbe schaukeln, benutzt, sondern ein einfacher, grün und grau gelb angcstrichcncr kleiner Stechkahn mit einem schlickten Schutz zelte gegen die Sonnenstrahlen. Und warum? Der König wünschte c« auSdi ücklich so, »weil" — wie er sich äußerte — »die großen Kähne so schwer gehen und sich infolge dessen die Gon doliere beim Rudern zu sehr anstrengcn müssen, wa« nicht noth- wendig, weil der kleine Kahn für ihn genügte." Manchmal be nutzt der Monarch zum llebcrsetzcn auch da« al« öffentliche Fähre zwischen Pillnitz und Zschachwitz dienende Boot und dabei ist e« wiederholt vorgekommcn, daß ein größerer Trupp Passanten fast gleichzeitig mit dem hohen Herrn rem Kahne sich nahte und zu erst übergcsetzt wurde, ohne zu ahnen, daß der König sich gedul dete, nm sie nickt warten zu lassen. Solche kleine Episoden kennzeichnen wiederum in herrlicher Weise, daß im Charakter de« Sachsenkönig« Albert Schlichtheit und Menschenfreundlichkeit stark im Vordergründe stehen, zwei Tugenden, die im Bunde mit Ge rechtigkeit und Weisheit jedem Herrscher die Liebe und Treue seiner Unierthauen für alle Zeilen sichern und in FriedcnSperio den am besten geeignet sind, seinen Ruhm zu erhöhen. — Dresden, 28. Juli. Ein wahrer Auswuchs der Sport- fererei und der Reklame ist die Veranstaltung eine« Kinder- Dauermarsche« Berlin-Dre-den, der von einem 'Natur heilkundigen in Berlin entrirt werden soll. Der Marsch beginnt am 3l. Juli Vormittag» um 9 Uhr vom Dönhoff«platze in Ber lin und geht über Zoffen, Golßen, Finsterwalde, Elsterwerda, Großenhain und soll 6 Tage dauern. Die Strecke beträgt 28 Meilen, das wären etwa 4 bi« 5 Meilen auf den Tag. E« sollcn sich vegetarisch ernährte und nicht vegetarisch ernährte Kin der, Knaben und Mädchen im Alter von 8 bi« lö Jahren be- thciligen. In der Bekanntmachung heißt c« ferner: Es soll nicht ein Wett-, sondern ein ruhiger Dauermarsch sein, bei welchem sofort Halt gemacht wird, wenn sich Ermüdung zeigt. Man wird ja sehen, wieviel Eltern sich finden, die ihre Kinder an dieser höchst überflüssigen Veranstaltung thcilnchmen lassen. — Auerbach, 29. Juli. In den Häusern 254 i! und 266 LcS Brandkataster», welche äußerst baufällig, daher unbewohnt und in kürzester Zeit zum Abbruch bestimmt waren, ist in lctzt- vcrwichcner Nacht gegen l Uhr Feuer au«gekommen. Hierbei wurde auch da« Zuleger'sche Hau« und später die Häuser der Herren Schuhmacher Hendel (jetzt Herrn Emil Wolf gehörig) und Bäcker Martin vom Feuer ergriffen und zerstört. Sechs Fami lien verloren hierbei mehr oder weniger ihre Habe, doch hat eine größere Menge WirihschastSsachen gerettet werden können. Es liegt zweifellos böswillige Brandstiftung vor. — Klingenthal. Die Thalsache, Laß durch da« hiesige Zollamt täglich nicht weniger al» 300 Wagen böhmischer Braun kohle» zur statistischen Aufnahme für den Waarcnverkehr gelangen, läßt recht deutlich erkennen, in welch' bedeutendem Umfange die Einfuhr diese« gesuchten Brennmaterial« nach Sachsen sich vollzieht. — Aus dem Vogtlande, 29. Juli. Das gleich der bereit« im Betriebe befindlichen Volksheilstätte „AlbertSberg" ebenfalls in der AmtShauptmannschaft Auerbach zu errichtende zweite GenesungShauS für weibliche Lungenkranke (dasselbe soll „Carolagrün" heißen), wird einen Kostenaufwand von etwa 425,000 M. verursachen. Rach Fertigstellung dieser zweiten vogtländischcn VolkShcilstätte soll zwischen AlbertSberg und Carola- grün auch eine Waldkapelle erbaut werben. — Gegen eine Eisenbahngemeinschafl mit Preußen wendet sich mit aller Entschiedenheit, Ivie kürzlich die amtliche „Leipziger Zeitung" jetzt auch das sächsische „Vaterland", was deshalb von wesentlichem Belang ist, weil da« „Vaterland" das offizielle Organ der konservativen Partei ist und diese im Land tage aus alle Fälle den Ausschlag gicbt. Da« Blatt befürchtet, daß, wenn das Reich über Anlage neuer Bahnlinien zu befinden hätte, die noch nicht erschlossenen GcbirgSlhälcr Sachsens ihre Wünsche auf unabsehbare Zeit vertagen müssen, da jedenfalls gel tend gemacht würbe, daß Sachsen reich genug an Schienenwegen, auch an Gebirgsbahnen sei, und nun nur die bisher zurückgeblie benen Landstriche Berücksichtigung finden würden. Die Eisenbahn- Ueberschüsse in Sachsen seien fast so hoch, als da« gcsammte SlaatSsteuereinkommcn; e« sei zu bezweifeln, daß Sachsen eine auch nur annähernd so hohe Summe vom Reiche hcrauSbezahlt erhielte. Dann fährt da« Blatt fort: »ES läßt sich annehmcn, daß gegen die Beamten der sächsischen StaatSbahncn ein ähnlicher Modus eingehallen werden würde, wie der bei der Reichspost üblich gewordene. Hier sehen wir, baß die höchsten Stellen aus schließlich Nichtsachscn Vorbehalten sind, sodaß es saft den Anschein gewinnt, al« ob die sächsische Staatsangehörigkeit ein Hinderniß für da« Fortkommen und da« Aufstcigcn in die höheren Stellen de« Postdienstes bilde. Wir schließen die« aus der Thatsache, daß alle drei sächsischen Oberpostdirektioncn (Dresden, Leipzig, Chemnitz) in den Händen von Nichlsachsen sich befinden und daß auch unter den Posträthcn, die in Sachsen wohnen, die LandeS- kinber der Zahl nach keineswegs die Mehrheit bilden. Jedenfalls läßt sich die Ihatsächliche Zurücksetzung der sächsischen Postbeamten nicht bezweifeln und vor diesem Loose möchten wir unsere Eiscn- bahnbcamten doch bewahren." — Der 8 Uhr 1.5 Min. Vorm. von Adorf über Aue nach Chemnitz verkehrende Personenzug 'Nr. 1767 erlitt vergangenen Freitag eine Verspätung von über einer Stunde infolge einer beim Güterzug Nr. 5501 bei Rautenkranz vorgekommcnen Entgleisung einer Achse eines Langholzwagens. Personen wurden nicht verletzt, auch konnte die Entgleisung durch da« Zugspersonal bewirkt werden. — Die Sachsenstistung. unentgeltlicher Arbeitsnachweis für gediente Soldaten, bittet im Hinblick aus die im Herbst erfolgende Entlassung der Reservisten, ihr den Bedarf an Arbeitskräften so zeitig als möglich anzuzeigen. Geschäftsstellen befinden sich an sämmtlichen Sitzen der „An die Sachsenstistung." Ein Liebling der Magyaren. Ium so. Todestage Alexander Petöfi's, 's am 31. Juli 1848. Bon Itr. L. Bielitz. Die KriegSgöltin liebt es, mit freiheit-glühenden, muth- schwellenden Liedern besungen zu werden, doch hat sie die Hände, die der Leier zarte Sailen zu spannen gewohnt waren und statt ihrer zur Waffe griffen, kalt gemacht. KriegSruhm und Dichter ruhm, Helden- und Sängerglanz sollen, scheint e», nicht aus einem Wesen vereint ruhen und strahlen, sc erging e« Jbycu«, so erging e« Theodor Körner und so erging eS auch dem größe- stcn Dichter der Ungarn, dem sange-begabten Liebling de« Magy- arenvolkcs Alexander Petöfi. „ES schleudert ihn unter die Hufe seiner Pserde! — „Das ist das Loos des Schönen aus der Erde." läßt Friedlich von Schiller seine Thekla singen und hat damit da« Loo« auch unsere« Helden geschildert. An der Seite seine tapferen General«, al» dessen Adjutant, riß ihn ein neidische» Geschoß vom Sattel in den Staub und nicht einmal seinen Leich nam hat man wiedcrgesehen. Im Getümmel der furchtbaren Ent scheidungsschlacht bei SchäSdurg, in welcher die ungarischen Hon- ved« Wunder der Tapferkeit geihan, in welcher wild und wüthig gerungen ward um da« köstlichste der politischen Ideale, um die Freiheit, mengte da» grausame Schicksal auch ihn unter die Leichen haufen, die sich auf dem blutdurchtränklen, zerstampften Schlacht felde Ihürmtcn und ein gemeinsame« Grab barg sie alle, die Streiter für die Freiheit, die ihren Untergang nicht mehr sehen sollten. So legt da« Schicksal — um den Ausdruck eine« Volks liedes zu gebrauchen — seinen „Hobel" an und hobelt alle gleich. E« ist grausam, grausam ist c«, ca« Schicksal und unbarmherzig und doch ist c« gut. Welch' süßer Tod, welch' herrliche« Ent schlummern — nniten im Ruhmesglanz und im blühenden Frci- heil«traum! Du bist nicht grausam, grausam bist du nicht, o Schick sal und unbarmherzig! Der größte Lyriker Ungarn«, dessen beklagen«werthe« Ende wir soeben betrachtet, Alexander Petöfi, wurde geboren am 1. Ja nuar 1823 in dem Städtchen KiS-Kö:ö« im Pester Komitat, wo sein Vater Stephan Petroric», em einfacher ober wohlhabender Fleischhauer war. Seine erste Schule genoß der talentvolle, auf- geweckte, schon damals für alle« Schöne begeisterte Knabe nach- einander in KecSkemct, Gyönk und Pest. Mit 15 Jahren be suchte er da« Gymnasium der Stabt Schemnitz, dessen trockene Lehrthconccn ihn jedoch gar bald, freilich nicht zu seinem Gewinn, dermaßen anwieerten, daß er mitten im Schuljahr den Unterricht verlieb und sich auf eigene Faust auf ein mehrjährige» Wander- leben legte. Hier bildete sich nun, ganz entgegen dem Göthe'schen Au«spruche, sein Talent im Strom der Welt und dieser Schule verdanken wir den großen Naturalisier Petöfi. Seine erschütternd sten wie beseligendsten, lieblichsten wie sckwermüthigsten und üppigsten Weisen, die er später in seinen Liedern so frappant treffend anzuschlagen wußte, entspringen diesem, sozusagen fahren- den Sängerleben, diesem Rhapsodenthum obne Rhapsodien. Sein Vater freilich war unglücklich; seine Lehrer schlugen die Hände über dem Kopfe zusammen und sahen im Geiste idren Zögling schon al« gefürchteten Räuberhauptmann im Bakonyerwalde im Blute der Beraubten waiend und von ihrer Habe prassend unk schwelgend. Und wirklich konnte kein Sterblicher in diesem, unter Zigeunern, Schauspielern, Strauchdieben, Hirten, Soldaten, C«iko« und Studenten jahrelang kometenarlig herumschweiscndcn Jüng ling den künftigen Dichter vermuthen. Al« aber im Jahre 1842 »Der Weintrinker" (.4 bvrurü) im »Athenäum" erschien, dachte man ander«. Jede Zeile diese« einzigen Gedichte« schien ein Pinselstrich, getaucht in die Farben der 'Natur und de» realen Leben«, jede Strophe eine Miniatur photographie, ein Augenblicksbild mit allem Licht und Schatten eine« solchen. Der Name »Petrovlc«" stand unter dem Gedicht; e« war kein Zweifel, daß er c« war; der Alexander. Augenblick lich gab c« nur einen Petrovic« in gynz Ungarn, der in aller Munde war und al« dann im Jahre 1844 die erste Sammlung seiner Gedichte erschien, ward er in unglaublich kurzer Zeit zum berühmtesten Dichter seine» Volke«. Seine Lieder eroberten ihm Ungarn, Europa und im Laufe der Jahre die ganze zivilisirle Welt, soweit sie ihm nachzusühlen verstand. Schmerzlich fühlte er jedoch bald den Mangel tieferer wissen schaftlicher Bildung und warf sich mit einem Feuereifer auf die Erweiterung seiner Kenntnisse, wie e« nur Einer thut, der seinen und ihren Werth erkannt hat. Er studirte die moderne Literatur, lernte die Schwierigkeiten de« deutschen, englischen und französi schen Idiom« überwinden und die Klassiker dieser Völker im Ur text lesen. Er übersetzte seinem Volke den »Coriolan" von Shakespeare, der zum ersten Mal 1846 in Pest aufgeführt ward und seitdem vom Repertoire de« Nationaltheater« nie mehr ent schwunden ist. Da kam da« brausende, da« schäumende, da« tolle Jahr 1848! Schon früher hatte der feurige junge Dichter in seinen Gedichten keinen Zweifel gelassen über seine politischen Ideale, wenn er e« auch mehr oder weniger nur errathen machte. Da aber erschien am 15. März 1848 da» Lied »Talpra Magyar!" (Auf Magyar!") und eröffnete mit einem Male seinem Volke einen tiefen Einblick in seine patriotischen Ucberzeugungen. Da« Lied wurde zur Marseillaise der Magyaren und hat den Oesterreichern Ströme Blute« gekostet. Ganz 'Magyarenland griff c« auf und Grei«, Mann, Jüngling und Knabe sang e«. Diesem eisten Erguß seine« Freiheitsdranges folgten dann noch diele, viele ähnliche revolutionär gestimmte Lieder, welche jedoch sammt und sonder« nicht den überwältigenden Erfolg de« „Talpra Magyar!" er- reichten, obwohl e» auch ihnen nicht an Feuer und Zündstoff mangelt. So wurde Petöfi so recht zum livuMt <1o l'I>lo der ungarischen Erhebung. Er erschien gleichsam al« die poetische Verkörperung der unterdrückten Massen und sein Name ward zur Losung der Kämpfenden. Dock wollte der begeisterte Jüngling nickt nur — wie einst auch Theodor Körner e« nicht wollte — seinen Jubel den Siegern »nachleiern". Mitkämvsen wollte er, mitblutcn für die Freiheit seiner Nation, deren Liebling er geworden, mitsterben für die Unabhängigkeit de« Magyarenlandes, wenn c« sein mußte! Er trat im September 1848 in die Honvedarmcc ein und zeichnete sich in vielen Gefechten und Schlachten durch rühmlichste Tapfer keit au«. Bem, der berühmte Held au» Siebenbürgen« Ehren tagen, ernannte ihn zu seinem Adjutanten uud al« solcher folgte er dem tollkühnen Führer furchtlos in den dichtesten Kugelregen, ritt im Galopp jauchzend seinen durchlöcherten Czako schwenkend, durch da« Gesäuse der feindlichen Geschosse, um die Befehle seine« Vorgesetzten zu überbringen. Mehr al« einmal umarmte ihn Bem und hatte ihm die höchsten Auszeichnungen zugekachl. »Eljen Petöfi!" riesen die blut- und pulverdeschmierten, staub- und schweißbedecklen Szeiler ihm zu, sobald sie im Kampfe seiner ansichtig wurden und — da pfiff eine Kugel heran, er zuckte un merklich zusammen, erbleichte, griff mit beiden Fäusten in die Mähne seine» Pferde«, um im Sattel zu bleiben und sank tott aus demselben nieder. Dichter Pulverdamps verhüllte ihn seinem General und den Mitstreitern und al« die Wolke sich verzog — war Roß und Reiter verschwunden. Am Abend der Schlacht sand man wohl den Renner von Kugeln durchbohrt liegen, doch die Leiche Petöfi'« nicht. Ungarn war in seinem Herzen getroffen worden, al« der jugendliche Held vom Pferde sank; mit Petöfi'« Herzblut rann auch da« Leben-blut seine« Lande« dahin und die Erhebung nahm ein trauervolle« Ende. Da der Leichnam thatsächlich nicht aufgefunden wurde, wollte da» getreue ungarische Volk, die Csiko« der Pußta, die Rinder hirten von Kecikcmc und die Szekler Schäfer, die der junge Dichter in seinen Liedern unsterblich gemacht, lange Zeit an seinen Tod nicht glauben. E« war schier unmöglich, daß dieser Liebling de« Volk« so jung gestorben sein sollte! Diese Anhänglichkeit benutzend, tauchten verschiedene Nachahmer seiner Lyrik al« falsche Petöfi « auf, bis dann endlich die Uebcrzeugung mehr und mehr Boden gewann, daß seine Leiche unerkannt, weil unvermuthet, mit andern Leichen zusammen in einem der vielen Massengräber be erdigt worden sei. So lebte und starb der Liebling der Magyaren, der wie kein andrer Dichter, weder vor noch nach ihm, die leidenschaftliche Gluth, die rührende Naivetät, die himmelhoch jauchzende Lust, die zum Tode betrübte Melancholie und den derben, urwüchsigen Humor seine« Volke« gefeiert bat. Ihr Wermächtniß. Roman von Maximilian Mocgelin. (II. Fortsetzung.) Der Baron nahm die Martinibüchse und zeigte sie seinen Kameraden. »Ist au» San Franzi»ko! Wenn Franziskaner und Kon sorten drüben alle so schießen," sagte er halblaut und nur für einige Ohren bestimmt, »so kann man sich von manchen Aben teuern im schönen Westen einen Begriff machen — na, ich danke schön!" »Um GotteSwillen nicht so laut," sagte v. Hildborn mit warnender Stimme. Der Baron, ter ein Durchschnitt«schütze war, konnte aber auch mit der .Franzi-kancrbüchfe" keine bessern Rcjultate erziele«,
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