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«Wn wir der wahrhaft lächerlichen Labriolenge- penkn, welche die bairische Politik in dieser Frage alle Tage zur Belustigung de« europäischen Publikums aufzuführen für gut befindet. Alle Tage lesen wir Telegramme, welche eine neue Anschauungsweise des bairischen Cabinets hierüber enthüllen. Bald erklärt Baiern, es werde wahrscheinlich auf der Conferenz mit Preußen und Italien gegen Frankreich und Oesterreich stimmen, dann besinnt sich der edle Fürst Hohenlohe darauf, daß ja noch gar nicht feststeht, ob die Conferenz überhaupt zusammentritt und macht dafür einige unmaßgebliche Vorschläge. Dieses ganze Großthun mit seiner Politik ist um so lächerlicher, da in Baiern nichts dahinter steckt. Wollte Sachsen jetzt Baiern mit Krieg überziehen, so würden in 8 Tagen die sächsischen Fahnen in München wehen, denn Baiern hat weder Hinterlader, noch kann es auch nur 20,000 Mann setzt auf die Beine bringen, während Sachsen nach der Erklärung des Kriegs ministers von Fabrice in der zweiten Kammer nicht weniger als 67,000 Mann ins Feld rücken lassen kann. Doch kehren wir zu der Conferenz zurück. Nach der einen Meldung wäre deren Zusammentritt sicher zu erwarten. Man würde vergebens nach einer Unterlage suchen, auf deren Grund so widerstreitende Mächte wie Italien und der Papst zusammenkommen könn ten, wenn uns nicht der Telegraph aus Florenz die Mittheilung brächte, daß Frankreichs erfindungs reiches Staatsoberhaupt Vorschlägen wolle, daß für den Kirchenstaat ein europäisches Protectorat errichtet werde. Das wäre in der That ein Ausweg; denn der Vorschlag, mit dem sich der Papst tragen soll, nämlich, daß er aus den längst im Besitze des Königs Victor Emanuel befindlichen Theil von Umbrien Verzicht leiste, was er bisher nicht gethan, dagegen Victor Emanuel einm anderen Theil des von ihm besessenen Kirchenstaats wieder der Herrschaft des Papstes übergeben und ganz Europa feierlich diese erweiterte Herrschaft des Papstthums garantiren soll, zeigt nur, mit welchen sinnlosen Einbildungen sich immer noch das unverbesserliche Priesterthum in Rom trägt. Preußen nimmt zu der Conferenzfrage noch immer eine sehr vorsichtige Haltung ein. Es soll weder Ja noch Nein gesagt haben, doch schließt man eher auf ein Nein! penn es sich bestätigen sollte, daß cs sich nach den Theilnehmern der Conferenz erkundigt hätte. Da sich unter den von Frankreich Eingeladenen auch Sachsen und Hessen-Darmstadt befand, so ist man natürlich in Berlin dem ganzen Projecte nicht sonderlich hold. Nun herrscht zwar darüber aufrichtige Freude in Berlin, daß Sachsen mit Hinweis auf die norddeutsche Bundesverfassung die Einladung an das Bundes-Präsidium abgegeben hat, um so größer ist aber auch die Verstimmung darüber, daß Hessen sich beeilte, sofort dankend die Einladung anzunehmen. Höchst interessant ist die Haltung Oesterreichs; trügen nicht alle Anzeichen, so hat sich namentlich infolge der Reise de« Reichs kanzlers von Beust nach London eine kleine Abküh lung des zärtlichen Verhältnisses zwischen Paris und Wien geltend gemacht. Nicht umsonst meldet man aus Men, daß Oesterreich nur mündlich und im Sachsen. Bischofswerda, 25. November. Am 22. d verschied nach kurzer Krankheit der auch in weiteren Kreisen wohl bekannte und allgemein geachtete Ritter gutsbesitzer Herr v. Brescius auf Rothnauslitz und Hennersdorf. Vor Kurzem noch feierte der wackere Mann das 50jährige Besitzthums-Jubiläum seines Gutes im Kreise seiner Familie mW zahlreichen Freunde. Sein edles Herz schlug stets warm für Freunvschast und Geselligkeit und die Armüth verliert in ihm einen ihrer regsamsten Wohlchäter. Die Erde sei ihm leicht! Die zweite Kammer hat in ihrer Sitzung am 23. November die Berathung des Budgets begonnen. Zunächst fand eine sehr eingehende allgemeine De batte statt, in welcher die Abgeordneten Fahnaner, Riedel und Schreck erhebliche Ausstellungen gegen da« Budget im Allgemeinen, sowie gegen einzelne Etat« desselben vorbrachte» und zu begründen suchten.' Gegen dieselben ergriffen die Staatsminister Freiherr von Friesen, von Nostitz-Wallwitz und von Fahrt«; - -via Principe der Eonfereuz zugestimmt habe. <! eben noch eine Menge Ddme.stch AH französischen und dem italienischen Cabinet «MM ehe man daran glauben darf, daß die EmrfttW eine lebensfähige Unterlage gewinne. Die „France" meldet, daß die Regierung des Papstes die Einladung zur Conferenz im Princtp angenommm habe; dieser Entschluß sei nach eirwr länger» Unterredung, welche der Papst mit dem französischen Botschafter, Herrn von Sartige», gehabt, gefaßt worden. Es erscheine als gewiß, fügt die' „France" hinzu, daß auch die italienische Regierung nicht säumen werde, ihre desfallsige Entschließung zur Kenntniß zu bringen. Die schwebende Schuld Frankreichs ist seit 1866 um 49 Mill. Francs gestiegen. Der Satz-Jncasso hat sich von 215 aus 107 Mill., vermindert. Schatz- Bons sind im Bettage von 91 Mill, im Umlauf. Die Russificirung aller von Rußland in Besch genommenen Provinzen wird mit Macbt bettieben. So soll nun auch auf der Universität Dorpat in Liefland die russische Sprache als Borttagssprache eingeführt werden. Wobei man nicht bedenkt, daß unter den 580 Hörern der Universität 450 aus dM deutschen Provinzen stammen, die, vermehrt durch Lithauer und Polen, keineswegs dieser Lehranstalt den Character einer russischen aufprägen können. — Mit dem 13. November, dem 1. nach altem Styl, haben die Aemter im Königreich Polen aufgehört, das Datum nach neuem Styl zugleich mit dem des alten zu schreiben. Für sie existirl nun kein anderer Kalender als der in Rußland allein giltige Julianische. Gewiß, es ist nicht alles, sogar sehr vieles nicht Gold, was in Nordamerika glänzt. Wahrhaft glän zend aber sind die reichen Schenkungen und Stiftungen für Schulen und Bildungsanstalten. Im vorigen Jahre allein haben sie über 3 Millionen Dollars betragen.