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MvM, wen« auch imponirenden Demon- »nen, nicht eiuschüchtern lassen zu wollen, es , crt auf dem Todesurtheil, außer wenn die Königin Gnade walten läßt (siehe neueste Nachrichten). Der preußische Landtag ist noch mit seinen Vor arbeiten, Wahlprüfungen u. s. w. beschäftigt. Der unermüdliche Abgeordnete LaSker hat zur Rettung der bedrohten Redefreiheit 2 Entwürfe eingebracht, wovon der eine beabsichtigt, die Untersuchung gegen dm Abgeordneten Twesten niederzuschlagen, der an dere eine gesetzliche Erklärung des Begriffs der Redefreiheit, wie solche in der norddeutschen Bundes verfassung enthalten ist, herbeiführen will. Da der erste Lasker'sche Entwurf einen Eingriff in den Gang der Justiz bezweckt, so ist seine Verwerfung höchst wahrscheinlich. Von Erlaß einer Adresse an den könig hat man nach reiflicher Erwägung doch Ab- tand genommen. Man fürchtete, daß die wider hren Willen annectirten Abgeordneten dabei Dinge ägen würden, welche sehr unlieb zu hören wären. Wie sich freilich bei solchen Grundsätzen das Abgeord netenhaus für Redefreiheit begeistern kann, wenn es selbst der Minderheit das Wort abschneidet, ist schwer zusammenzureimen. Es erregt nicht bei den Preußen, wohl aber bei den Nichtpreußen eben kein erquickendes Gefühl, wenn der preußische Finanzminister bei dem dem Landtage vorgelegten Budget erwähnt, daß an Kriegs-Contri- butionen und Kriegsentschädigungsgeldern in die preußischen Staatskassen 60,487,000 Thlr. geflossen seien, sowie daß zu geheimen Ausgaben 729,000 Thlr. verbraucht worden. Nicht geringe Sensation erregte es im Abgeordnetenhause, daß die Entschä digung an den vormaligen Herzog von Nassau 8,891,000 Thlr., die an den vormaligen König Georg von Hannover 16,000,000 Thlr. beträgt. Aus München berichtet man, daß der junge König Ludwig nur wenig Freude am Umgang mit Seinesgleichen habe und daß ihm die Bürde der Krone verleidet sei. Er soll wiederholt haben ab danken wollen und sein Minister v.d.Pfordten ihn ein mal nur dadurch abgehalten haben, daß er ihm sagte: „Majestät, vier Könige kann Baiern nicht erhalten!" — Diese vier sind 1) der Großvater Ludwig l , 2) Otto von Griechenland, der damals noch lebte, 3) der gegenwärtige König, 4) sein ev. Nachfolger. Die Stimmung in Hannover ist allerdings nicht die beste. Als neulich in der Stadt Hannover die Bürgerschäftsvorstchcr gewählt wurden, schlugen die Anhänger der gestürzten Dynastie die national-liberale Partei auf vier Orten. — Beim Todestage des verstorbenen Königs Ernst August wurde dessen Denkmal Mit Blumen förmlich überschüttet. Die Polizei schritt Anfangs gegen die „Verunreinigung öffentlicher Denkmäler" ein, als jedoch die Anzahl der Blumenspcndenden immer mehr wuchs, zog sie eS vor, gewähren zu lassen. Oesterreich schreitet seinen kräftigen Entwicke- bmgSgang ruhig fort. Das Delegationsgesetz ist im Unterhause gegen 10 Stimmen angenommen worden, seine Annahme im Obcrhause steht in siche rer Anssicht. Dann erst wird Oesterreich eine Ver fassung haben und dann erst kann Herr von Beust sagen , daß er die chiderstrübenden Elemente unter einen Hut gebracht hat. Es war eine Riesenarbeit, der Hut sitzt auch nicht ganz correct, er drückt hier und da, aber sicher ist, daß Oesterreich nunmehr gut bedeckt ist. Herr von Beust wird, wenn ihm seine Herkules-Arbeit gelungen, in den Grafenstand erhoben und unter die Ritter des goldenen Vließes ausgenommen werden; die dankbare Bevölkerung Oesterreichs wird seine lebhafte Freude über die Segnungen, welche das Walten dieses einen Mannes über Oesterreich gebracht hat, durch ein National geschenk ausdrücken. Freiherr von Beust hat, wie die „Wiener Abendpost" meldet, per atlantisches Kabel ein Tele gramm vom kaiserlichen Consulate in der Havanna, datirt 19. November, erhalten, welches meldet, daß Vice-Admiral Tegethoff am 12. d. mit der Leiche des Kaisers Maximilian abgereist ist. Prinz Salm und alle übrigen fremden Gefangenen sind frei. Die französische Thronrede hat schließlich, nach dem die verschiedenen Partei-Blätter geradezu das Widersprechendste ans ihr herausgelesen haben, doch im Ganzen einen friedlichen Eindruck gemacht. Die preußische Thronrede bewirkte ein Steigen der Rente um 5 Centimes, die französische ein Steigen um 10 Centimes. Friedensversicherungen zum Anfang, Kricgsrüstungen in der Mitte, Drohungen am Schluffe sand man von vornherein in ihr, indeß einigte sich sehr bald die öffentliche Stimmung zu einer freund licheren Auffassung. Diese gute Meinung ist noch verstärkt worden durch eine Flugschrift: „Napoleon III. und Europa im Jahre 1867", welche dieselben Ge danken wie die Thronrede entwickelt hat. Ihr Ver fasser ist ein getaufter Wiener Jude, Namens Bauer, der jetzt katholischer Hausprediger in den Tuilerien ist. Diese Flugschrift enthält, wie -die Thronrede, den Gedanken, daß Frankreich die Veränderungen, die in Deutschland vor sich gegangen sind, anerkennen müsse. Doch darf man sich keinen allzurosigen Er wartungen hingeben, denn damit ist nicht gesagt, daß Frankreich auch das gutheißen würde, was sich in Zukunft noch in Deutschland verändert, z. B. wenn einzelne süddeutsche Staaten den Eintritt in den norddeutschen Bund verlangen würden. Im Uebrigeu hat man sich auf äußerst interessante Debatten im französischen gesetzgebenden Körper gefaßt zu machen. Die kleine Anzahl oppositioneller Deputirten hatte 3 Interpellationen eingereicht: 1) in Betreff der äußern Politik der Regierung, 2) der römischen Ex pedition, 3) der inneren Verwaltung, nämlich über die Anwendung der Gesetze über die persönliche Freiheit. Die letzte Interpellation ist natürlich von der streng kaiserlichen Mehrheit der Abgeordneten für unzulässig erklärt worden, die beiden ersten werden binnen Kurzem auf die Tagesordnung gesetzt werden. Dem Parlament ist eine Sammlung von Aktenstücken über die letzten Ereignisse vorgelegt worden unter dem Namen „Gelbbuch". Neues erfahren wir nicht ge rade daraus, es ergiebt sich nur sehr deutlich , daß Napoleon von den Planen Garibaldi'S sehr zeitig unterrichtet war und die italienische Regierung wieder holt hatte warnen kaffen. WaS macht abertzieCott- serenz? Ehe wir auf dieses Themakurz eiugehen,