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1869 Mittwoch, den 1«. März Rundschau. Kein Monarch auf der Erde hat wohl häufiger Thronreden zu halten, als der König von Preußen. Im gewöhnlichen Verlaufe der Dinge hat er drei' Erösfnungs- und drei Schlußreden zu halten oder halten zu lassen. Erst jetzt wieder hat er persönlich den Reichstag mit einer Thronrede eröffnet und durch seinen ersten Minister, Grafen Bismark, den preu ßischen Landtag durch eine Thronrede schließen lassen und über ein Kleines, so wird auch eine Thronrede zur Eröffnung des Zollparlaments erklingen. Diese wiederholte Thätigkeit im Thronredehalten als König von Preußen, Bundesoberhaupt und Präsident des Zollvereins drängt von selbst auf eine gewisse Gleich mäßigkeit im Ausdruck, auf eine Art geschäftlichen Stils hin. Gewöhnlich werden die Gesetze aufge zählt, die entweder porgelezt werden sollen oder die von dem betreffenden parlamentarischen Körper be lachen worden sind. Selten fügt es sich, daß der großen europäischen Politik gedacht wird. Wir kön nen uns daher auch enthalten, der Thronrede des Grafen Bismark ausführlich zu gedenken, mit der dieser im Namen des Königs am Sonnabend in Berlin den preußischen Landtag schloß. Dieselbe ent hält den Ausdruck der Befriedigung über das, was geleistet worden ist und der Hoffnung, daß das, was jetzt nicht geliefert worden ist, in späteren Sitzungs perioden geleistet werden wird. Zwar hat der Land tag nicht weniger als 85 Gesetze durchberathen, die ihrer Mehrzahl nach sich auf eine Gleichmäßigkeit in der Justiz und Verwaltung zwischen den alt- und ueupreußischcn Gebietstheilen sich erstrecken; aber die wichtigsten Gesetze, wie eins neue Gemeindeverfassung (Kreisordnung genannt) und die Vorlagen des Cultus- ministeriums bleiben unerledigt. Doch, schon drängt der neue Reichstag die Erinnerung an den verflosse ne preußischen Landtag aus die Seite und das, was der Reichstag beschließen wird, ist geeignet, alle Blicke auf sich zu ziehm. Der Schwerpunkt seiner Thätig keit wird in dem beruhen, was die Thronrede mit <n^v»uv zw« ---v .>«. ——- einem sehr sanften, unschuldig aussehenden Ausdruck kommen. Es ist das allerdings^ eine Behandlungs vermehrung der eigenen Einnahmen des Bundes" weise, die man i'Z nennt. Wir Andern nenne» dies Steuer-Erhöhung Schöpfer de« norddei Bienmdjuxmjigstrr Jahrgang. für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamtes und des Stadtrathe« zu Pischosswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 12'ft Ngr Inserate werden bis Dienstags und Freitags früh 8 Uhr angenommen. I-UMs und wenn man auch nicht alledem trauen darf, was über neue Steuer-Projecte, wie eine Gassteuer u. s. w., geschrieben wird, Thatsache ist es, daß die preußischen Cassen so leer sind, daß ein so starkes Deficit in dem preußischen Staatshaushalt bevorsteht (der Finanzminister v. d. Heydt beziffert es auf 7 Millionen Thaler), daß der norddeutsche Bund und das Zollparlament Alles wird thun müssen, um das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben in Preußen herzustellen. Nun wäre es freilich das Einfachste und uns Allen wäre geholfen, wenn sich der Bundesfeldherr entschlösse, 100,000 Mann we niger unter den Fahnen zu halten, da er nach der so trefflichen Preußischen Kriegseinrichtung sofort mit tels eines einfachen Telegramms von Berlin aus nicht nur diese 100,000 wieder einberufen,"sondern sofort 1 Million 200,000 Bajonette aufstellen kann; er wird sich indessen nicht dazu entschließen und als neulich das Gerücht ging, es stünden umfassende Armee-Reductionen bevor, so beeilten sich die Regie rungsblätter in Berlin, diese Meldungen sofort in das Gebiet der Fabel zu verweisen. Ergo, es bleibt bei den neuen Steuern und wahrscheinlich handelt sich's um eine Erhöhung der Branntweinsteuer und um Erhöhung des Eingangszolles auf Kaffee um 1 Thaler, welch' letztere Steuer das Zollparlament auszusprechen hätte. Außerdem wird man unbarm herzig alle Portobefreiungen, auch die der Behörden, cassiren und wird hierdurch 2 Millionen Thaler machen, die erhöhte Branntweinsteuer giebt 3^ Mill. Soviel über die Aufgaben, die dornenvollen, die den Reichstag erwarten. Uebrigens herrschte in Berlin über die Vor gänge, die mit der Eröffnung des Reichstags zu sammenhingen, eine arge Verstimmung. Da der preußische Landtag noch 2 Tage zusammen war, als schon der Reichstag eröffnet war, so hatte der Letz tere seinen Sitzungssaal nur leihweise von dem Herrenhause geborgt erhalten und da das Herren haus seinen Saal für sich allein brauchte, so hatte der Reichstag zwei Tage lang faktisch kein Unter ¬ weise, die man nicht gewohnt ist und die von dem rddeutschen Reichstags, dem Grafen