Volltext Seite (XML)
Bischofswerda, Stolpen «nd Umgegend. Amtsblatt des Königlichen Gerichtoamteo und des Stadtrathes z« Kischosswerda. Diese Seitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, und kostet vierteljährlich 12'j, Ngr. Inserate werden nur bis Dienstags und Freitags früh 8 Uhr angenommen. 78. I Mittwoch, de« S. October. I 18^>/ Eunöschau. Als Garibaldi die Rednerbühne auf dem Friedens- Congreß in Genf bestieg und laut ausrief: „Tod dem Papstthum!" ahnte er wohl selbst nicht, daß er im Laufe desselben Monats als ein Gefangener nach seiner Ziegeninsel gebracht werden würde. „Rom oder der Tod", das war sein Loosungswort, es gab ein drittes noch und das heißt: „Verbannung!" Gn ähnliches Telegramm meldet uns, Garibaldi sei aus der Festung Alessandria nach Caprera auf einem italienischen Kriegsschiffe „gebracht" worden, ein schon diplomatischer gefärbtes Telegramm verkündet: Gari baldi sei auf einem Staatsdampfer „abgereist" und eine dritte ganz verlogene Depesche zeigt an: er sei „auf sein Verlangen" nach Caprera geführt worden. Rein, der alte Herr sitzt jetzt gefangen, seine Insel ist sein Kerker, die Meereswogen sind die Kerkerwände und die um die Insel kreuzenden Wachtschiffe gleichen auf ein Haar den Schildwachen, die vor einer Kerker- thüre auf- und abpatrouilliren. Die italienische Re gierung hat, wie sich nicht leugnen läßt, mit aner- kennmSwerther Energie und Umsicht gehandelt, sie wartete so lange, bis Garibaldi in Asinalungo, dicht an der römischen Grenze, bereit war, den Aufstand in das römische Gebiet überzutragen, mit bewaffneter Hand einzufallen, da, wo man ihn nicht einmal will, wo er durch den Zauber seines Namens einen Brand in Europa entzünden wollte, dessen Umfang man erst aus der verödeten Brandstätte zu erkennen vermocht hätte. Garibaldi war für einen Unterthanen seiner Regierung zu groß geworden; aber der noch größere Bonaparte fand auf St. Helena Ruhe — nun ist Caprera das Helena Garibaldis geworden. In Wahr heit wollte Garibaldi nur mit bewaffneter Hand das ausführen, worauf die Entwickelung der italienischen Halbinsel, auch die Regierung Victor Emanuels hjn- weist: ein einziges Italien mit Rom als Hauptstadt. Eine andere Frage ist freiüch, ob die italienische Ein heit ein Segen für dieses Land geworden ist und wer die schlimmer als die österreichischen Finanzen zer rütteten Finanz-Zustände des Königreichs Italien «mit, wer die bodenlose Erschlaffung des Volkes, die immer wachsende Verarmung und das unglaub liche Elend in ganz Italien nur annähernd schildern hört, der fragt sich, ob wirklich Italien durch seine Staatsumwälzungen so viel an wahrem Glück ge wonnen habe? Aber, da es nun einmal so ist, so ist die Regierung darauf angewiesen, aus friedlichem Wege nach Rom zu gehen. Garibaldi, ein ehrlicher aber etwas beschränkter Patriot, wollte mit Gewalt den päpstlichen Stuhl Umstürzen, Victor Emanuel und sein Minister Rattazzi erinnerten sich, daß sie mit Frankreich die bekannte September-Conventton abgeschlossen haben, wonach der Abzug der Franzosen nur unter der Bedingung erfolgte, daß die italienische Regierung jeden Einfall bewaffneter Schaaren in den Kirchenstaat zu verhindern versprach, von Frankreich kam der stricte Befehl: jetzt diesem Unternehmen Garibaldis ein Ende zu machen und so wurde denn Garibaldi, welcher trotz des Abrathens seiner auf richtigsten Freunde daraus bestand, einen „Römer- zug" zu unternehmen, trotzdem, daß die Vorbedingung des Gelingens eines solchen Unternehmens fehlte und die Römer durchaus keinen Aufstand gegen dm Papst anzettelten, so wurde denn Garibaldi an der Spitze seiner Freunde von dem rächenden Arme der ita lienischen Regierung ereilt, gefangen über Florenz nach der Festung Alessandria geführt, dort gezwungen, von jedem Unternehmen gegen Rom abzustehen und gegen dieses Versprechen nach seiner Ziegeninsel „frei gelassen." Seine Freunde im Parlamente wolle» zwar diese Verhaftung als eine ungesetzliche angreifen, da Garibaldi als Deputirter unverletzlich sei, indeß, da er in t>»Aranti gefaßt wurde, so wird dieser Ein wand nicht viel helfen. Da« Volk Italiens verhielt sich ruhig; daß es in einigen Städten nicht ohne etliche Straßen-Aufläufe, Verhaftungen und Ver wundungen abging, ist natürlich, in Summa ist aber die italienische Regierung vollständige Herrin der 8a«. „Die italienische Regierung?" Richtiger frekkch hieße es: Napoleon, dmn trotzdem, daß die fran-> zöstschen Blätter galant und schonend versichern: da« ' italienische Labinet habe ganz „freiwillig" so gehandeH so weiß man doch, daß in dm französischen Mittel > meerhäfm Alle« bereit war, um sofort eine französische Armee nach Stallen überzusetzen und GaribÄdi zn