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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 04.05.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189905045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990504
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990504
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1899
-
Monat
1899-05
- Tag 1899-05-04
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Monat
1899-05
-
Jahr
1899
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sozialer Bedeutung Habei die Versicherung gegen Stellenlosigkeit, deren Benutzung jedem Mitglied?, da» dem Verbände l Jahr angchört hat, ohne irgend welchen Sonderbcitrag im gegebenen Falle zur Versügung sieht; und kam zu dem Schlüsse, daß c« Pflicht jede« Kaufmannes, der c» mit seinem Stande treu meine, sei, »er BerusSgcnosscnschask »Deutsch-Nationaler Handlungs gehilfen Verband" als Mitglied anzugehören. Reicher Beisall lohnte dem Redner für seine Ausführungen. In der daraus salzenden freien Aussprache, woran sich er freulicher Weise verschiedene Herren betheiligtcn, wurden verschie dene Vorurthcile gegen den jungen Verband, manche Bedenken in trefflicher Entgegnung namentlich von Herrn Schusscnhaucr unter lebhaftem Beifalle zerstreut. Desgleichen griff der Referent, Herr Meyer, nochmals in die Aussprache ein, um in gehobener, begeisterter Erläuterung die Gegner eines Bessere» zu belehren und für die herrliche Idee de» Deutsch-Nationalen Verbände» die Anwesenden zu erwärmen. Mit einem Heil dem deutschen Vaterland? schloß nach fast 3- stündiger Tagung die Versammlung. Der Erfolg de« Tage» war, daß 7 Herren dem Verbände beitraten und die Bildung einer Ortsgruppe, die mindesten« 10 Mitglieder zählen muß, in kürzester Zeit zu erwarten steht. ES wurde der Wunsch laut, daß auch die selbstständigen Herren Kauf leute den Bestrebungen näher treten möchten, umsomehr, da kein anderer Kaufm. Verband eine gleiche sichere Gewähr für harmo nisches Zusammenwirken zwischen Chef und Gehilfen biete, al» der Deutsch-Nationale HandlungSgehilfcn-Verband. Wir aber wünschen dem jungen Verbände, der so warm für den Kaufmannstand eintritt, der so ehrlich mit deutschem ManneS- muthe die Schäden aufdcckt und Len Weg zu einer gesunden, segensreichen Reform zeigt, ein frohe« Blühen und Gedeihen. — Dresden, 30. April. Ein scheußlicher Racheakt wurde gestern in der zehnten Abendstunde an der Familie des Besitzers de« Restaurant« »zum Rathskeller" an der Tittmann- straße in Vorstadt Striesen, Herrn Hainau«, versucht. In der vergangenen Woche war bereit« von eineni Unbekannten mehr mals in dem Grundstück eingebrochcn worden, wobei aber dem Verbrecher nicht» von Werth in die Hände fiel. Wahrscheinlich darüber erbost, beschloß er, Rache an der Familie Hainau» zu nehmen. Er schlich sich am Sonnabend, ohne bemerkt zu werden, in ein Schlafzimmer im ersten Stockwerke und versteckte sich da selbst unter einem Bett. Nachdem sich in diesem Raume ein älteres und ein jüngere« Mädchen schlafen gelegt hatten und scheinbar eingcschlasen waren, kam der Gauner au« seinem Ver steck hervor und begab sich in ein anliegende» Zimmer, woselbst er ein Feuer anlegte. Infolgedessen riefen die Mädchen um Hilfe, und als dieselbe kam, hatte der Verbrecher bereit« ein Fenster zerschlagen und war durch dasselbe in den Hof gesprungen. Er entkam, trotzdem die in der Nähe stationirte Polizcibezirkswache sofort gerufen wurde und die Verfolgung aufnahm. Da« Feuer, welche» immerhin einen Schaden von 300 M. verursacht haben soll, wurde bald gelöscht. — Weiter wird unterm 2. Mai ge meldet: Al« Urheberin de« versuchten Racheakte« ist die 17jährige "Nichte de» Besitzer« de« Etablissement« ermittelt worden. Dar Mädchen war bei ihrem Onkel al« Buffctmamsell »hätig, wurde aber sehr gut gehalten und nachsichtig behandelt, da sic vorgab, krank zu sein. Aus diesem Grunde konnte sie de« Abend» immer zeitig mit ihrer kleinen Cousine zu Bett gehen und diese Gelegen heit hat sie benutzt, um Kästen und Fächer zu durchwühlen. Da bei hat sie eine Damenuhr gestohlen und dann später veräußert. Am Sonnabend nun hatte sie sich, wie immer, mit ihrer kleinen Cousine zu Bett begeben, war jedoch wieder aufgestanLen und hatte im Nebenzimmer planmäßig ein Feuer angelegt. Dann hatte sie selbst um Hilfe gerufen, worauf die Recherchen nach dem vermeintlichen Thäter begannen. Al« man äußerte, eS wäre sehr zu wünschen, daß man den Schurken erwische, lächelte die Person, wodurch man aufmerksam wurde. Die Polizei nahm dann am Sonntag da« verkommene Geschöpf in ein scharfe« Verhör, da« mit einem Gestänrniß geendet haben soll und zur Inhaftnahme der Thäterin führte. — Dresden, 2. Mai. Ob da« Ständehaus Sachsens noch an den in Aussicht genommenen Platz kommen und damit die Brühlsche Terrasse zum größten Theil verschwinden soll, diese Frage wird immer verwickelter und, wie es scheint, auch aussichts loser. Um ein Urtheil von Fachleuten in den Händen zu haben, ließ der Rath von Dresden die Herren Stadtbauräthe Licht und Roßbach au« Leipzig, ferner die Herren Geh. Räthe Endc-Berlin und Professor von Thiersch au« München nach hier kommen und die beiden StändchauSmotelle besichtigen. Die genannten Ka pazitäten reihten gestern an die Besichtigung der Modelle eine mehrstündige Sitzung und gaben dann zu Protokoll, daß sie für eine Verminderung de« Bauprogramms und für die Erhaltung der Brühlschen Terrasse cinträten. Da« Gutachten der genannten Autoritäten soll demnächst amtlich veröffentlicht werden. — Plauen i. V. Gelegentlich der Weihe und Eröffnung de« neuen Seminargebäudes in Plauen i. V. hat sich Se. Excellenz der Herr Staatsminister vr. von Sehdewitz in seiner Weihe rede auch über die Wünsche nach einer völligen Umgestaltung unserer Lehrerseminare und einer besseren Vorbildung für den Berus de« VolkSschullehrcr« ausgesprochen. Der Minister führte hierzu Folgende« au«: »Die sächsische Regierung weiß, wie ich schon früher öffentlich ausgesprochen habe, recht wohl, daß die gegenwärtige Organisation unserer Lehrerseminare keine in sich abgeschlossene, keine vollendete, daß sic verbesserungsfähig ist, und die Regierung verfolgt daher alle Bestrebungen in dieser Richtung mit lebendigem Interesse und, wie ich wohl hinzufügen darf, nicht ohne Verständniß. Aber ich meine, daß e« gerade auf dem Gebiete der Schule angezcigt ist, ohne unsichere« Tasten und dadurch bedingte« und deshalb oft verhängnißvolle« Experimentiren, mit aller Ruhe und Besonnenheit zu verfahren. Wir werden nie, wie man un« jetzt zum Vorwurf machen will, rückwärts gehen, wir werden un« aber auch nicht überstürzen, sondern immer stetig vorwärts schreiten. Und schon heute möchte ich es al« meine Ueberzeugung anSsprcchen, daß ein mit einer guten BolkSschul- bildung in da« Seminar eintretender Zögling während eine« sechsjährigen Besuch«, wenn die Zeit klug und gewissenhaft aus- genutzt wird, recht wohl zu einem tüchtig ausgerüsteten BolkS- schullehrer herangebildct werden kann. Wenn aber freilich alle die aus Erweiterung der Wissensgebiete abzielenden Wünsche, die jetzt nach den verschiedensten Richtungen hin un» ausgesprochen werden, in ihrem ganzen Umfange erfüllt und nicht gleichzeitig nach anderer Seite hin Einschränkungen verfügt werden sollen, dann wird jener Zeitraum von sechs Jahren nicht hinrcichcn, oder c« wird die Gefahr einer oberflächlichen und dilcttirenden Bicl- wisserci hercinbrechen, vor der ich immer und immer wieder mit allem Ernste warnen muß. Wichtiger aber und dringlicher, al» jene Reform nach der intellektuellen Seite hin, scheint mir eine andere zu sein. Wenn wir mit offenem Auge in die Gegenwart, in die Welt, die un« umgiebt, hincinblickcn, so müssen wir zu der Einsicht kommen, daß wir al» Lehrer für unser Volk vor allem Männer brauchen, die sittlich gefestigte und gereiste Charaktere und lebensvolle, warmherzige Persönlichkeiten sind und die dadurch befähigt erscheinen, ein kernige«, kraftvolle« Geschlecht mit allseitig gesunder Lebensauffassung heranzuziehen. Dazu bedarf e» aber nicht der jetzt vielfach gewünschten, ja geforderten tief einschneiden den Reform unserer Seminareinrichtungen. Dazu sind ganz andere Dinge erforderlich. Dazu ist in erster Linie nölhig, daß der Lehrer der Pflicht, seinen Schüler nach Gotte» Geboten zu erziehen, und der Schüler der Pflicht, sich so von seinem Lehrer erziehen zu lassen, allezeit eingedenk bleibe. Dazu ist weiter nölhig, die guten Eigenschaften festzuhalten, die dem ehrwürdigen sächsischen Schulmeister der alten Zeit eigen waren, einen bescheidenen und zufriedenen Sinn, eisernen Fleiß und selbstlose Treue in der Arbeit, eine au« dem innersten Herzen herauSfließcnde aufrichtige Gottesfurcht. Dazu ist endlich nölhig, weitab von jedem geistigen Hochmuth und jeder trügerischen Selbstüberhebung, unausgesetzt an sich selbst, am eigenen Menschen Reform zu üben und dadurch eigene innerliche Verbesserung und Vervollkommnung anzustreben. Ich richte in dieser feierlichen Stunde an alle, die e« angeht — und ich nehme mich selbst hiervon wahrhaftig nicht au» —, die ernste Mahnung, in diesem Sinne sogleich und fort und fort Hand an die Reform anzulegen." — Mittweida, 2. Mai. In der heute Abend slattgefun- denen Stadtvcrordnetensitzung wurde nach lebhafter Debatte die Kündigung de» Herrn Bürgermeister« Apelt mit 10 gegen 4 Stimmen angenommen. Hierauf wurde einstimmig beschlossen, Herrn Bürgermeister Apelt da« Gehalt bi« Ende 1890 zu zahlen. — Falk en st ein, 1. Mai. Gestern Abend kamen in die Restauration de« Herrn Nestmann an der Bahnhofstraße drei böhmische Maurer und verlangten Bier, welche« ihnen der Wirth infolge ihre« betrunkenen Zustande« verweigerte. Die Leute mußten schließlich gewaltsam au« dem Lokale entfernt werden. Auf der Straße angckommen, schlugen sic zunächst da« obere Fenster der Hau«thüre ein. Als der Wirth auf die Straße kam, erhielt er von einem der Maurer mittelst eine« Messer« einen Stich in den Rücken, welcher zwischen der 0. und 10. Rippe durch ging und die Lunge verletzte. Herr Nestmann liegt krank dar nieder. Die drei Böhmen wurden verhaftet und dem Königlichen Amtsgerichte zugeführt. — Brunndöbra, 2. Mai. Ein hiesiger Düppelstürmer, der den Festlichkeiten in Dresden nicht mit beiwohnen konnte und deshalb seine Glückwünsche zuin Geburtstage des König« schriftlich übersandte, erhielt von Sr. Majestät einen Geldbetrag von 50 M., welcher dem Veteranen an GcmeinbeamlSstclle auSgehändigt wurde. — Untersachsenberg, l. Mai. Seit einiger Zeit sind hier ein 19 jähriger und ein 22jähriger junger Mann ver schwunden, ohne daß nian bi« jetzt über den Verbleib der Leute etwas Nähere« erfahren konnte. I>ie Bestürmung des Zeughauses zu Dresden und die Flucht des Königs nach dem Königstein vor 50 Jahren, am 3. und 4. Mai 1849. Von vr. R. Werner. Da« Jahr 1840 erntete in mancher Beziehung, wa« da» Jahr 1848 gcsäct hatte, und viele Ereignisse, namentlich auf poli tischem Gebiete, waren nicht» andere«, al« eine neue, allerdings durchgesehene, vielleicht auch vermehrte, nicht aber verbesserte Auf lage der Ereignisse von 1848. Die Zeiten hatten sich geändert und die Menschen mit ihnen; ihre Fehler aber waren dieselben geblieben. Diese Wandlung hatte auch La« demokratische Element mit der Zeit durck>gcmack>t, ohne indessen seine alte Frontstellung den Regierungen gegenüber zu verändern. Wie wenig auch die De mokraten bisher mit dem Frankfurter Parlament übereinzcstimmt, wie sehr ihre Wortführer auf dem linken Flügel in der PaulS- kirche da» Verfassungswerk bi» zur letzten Stunde bekämpft hatten ; die Weigerung der Regierungen, dasselbe anzuerkennen, gab den Demagogen sehr erwünschte und willkommene Veranlassung, zur .Durchführung der ReichSversassung" da« Panier der VolkSempörung aufzuwersen. Der malte Schein von Recht, aus den sie dabei fußten, verlieh diesmal der Erhebung eine größere Bedeutung und eine weitere Ausdehnung. Die gewaltigste Bewegung entstand im Königreich Sachsen. Hier waren die Gesetze und beschränkenden Einrichtungen de« allen Polizeistaat« schon sehr frühe den Märzstürmen zum Opfer gefallen. Die ungezügelte Freiheit der Presse und da» fast unbeschränkte Verein«- und Versammlung-recht kam der demo kratischen Partei sehr gelegen; ihre Grundsätze gewannen so in den untersten Schichten de« Volke« desto schnellere und erfolg reichere Verbreitung. Al» auf Grund eine« neuen Wahlgesetze« eine neue Ständeversammlung einbcrufen wurde, kam durch die vereinte Thätigkeit der sog. „VaterlandSvercine" ein Landtag zu sammen, ver für da« Frankfurter Verfassungswerk, solange e» noch unvollendet war, wenig Interesse bewies. Als aber Preußen die bezüglichen Beschlüsse der Nationalversammlung verworfen hatte, da drangen die Mitglieder diese« »Landtage«" mit großem Ungestüm aus die sofortige Anerkennung der Reichsverfassung von Seiten der sächsischen Regierung. Daß durch die, einen starken oppositionellen Schein verbreitende, offizielle Annahme der ReichSversassung von Seiten de« König» Friedrich August, Sachsen in eine schiefe Stellung, vielleicht in eine völlige Jsolirung im Verhältniß zu den andern Bundesstaaten gerathen, ja vielleicht in einen Krieg verwickelt werden könnte, wäre nur Wasser auf der Mühle der republikanischen Propaganda gewesen und hätte sie zu einem vielleicht »erschöpfenden Fischfang im Trüben" führen können. Die Regierung machte dieser demo kratischen Rechnung einen dicken Strich quer durch den Bogen und löste den Landtag, der das Beste de« Lande« entschieden nicht im Auge hatte, einfach auf. Diese Auflösung aber war da» Zeichen zum Ausbruch der Empörung. Schon am 2. Mai wurde von der gesummten Bürgerwchr Dresden» der Beschluß gefaßt, eine Adresse an den König zu richten und sich für den Fall der Nichtannahme derselben von Seiten de» König« demnächst bewaffnet cinzusinden, um vor da» königliche Schloß zu ziehen und der Verfassung de« Reiche» ein demonstrative» Hoch zu bringen. »Ich bin fern von jedem persönlichen Interesse," hatte der König Friedrich August der Deputation geantwortet, »und ich bin zu jedem Opfer für da« Wohl de» sächsischen Volke» und de» deutschen Gesammtvatcrlande« bereit. Ich hege aber von der jetzt beschlossenen deutschen Verfassung die Ueberzeugung, daß sie nicht zum Heile de« Volke« dienen werde und bin daher fest ent schlossen, in dieser Angelegenheit mit Preußen zu gehen." — Aus gleiche Weise beschicd der König auch andere Deputationen vom Magistrat, von den Stadtverordneten, vom Leipziger deutschen Verein u. s. w. Die Antwort auf die königliche Weigerung war ein Plakat, welche« nach wenigen Stunden an allen Hauptstraßen ecken erschien: »Alle für Einen; Einer für Alle!" »Männer der Bürgerwehr! Männer vom Militär! Erinnert »Euch, daß die Waffen, die Ihr tragt, alle Volkrwaffen sind! »Vereinigt Euch in dem heiligen Streben nach dem gemein- »schaftlichen Ziele! E« lebe die Souvcränetät de» deutschen »Volke«! Es lebe die Reichsverfassung!" — Gegen Abend wuchs nun die Aufregung in« Unbeschreibliche. Aus dem Altmarkt und in der Schloßgasse sammelten sich große Menschenmassen, größtcntheil« au« der Hefe de» Volke«. Man pfiff und schrie: »Erlebe die ReichSversassung! Der König muß zur unbedingten Annahme gezwungen werden!" und heulte und johlte die ganze Nacht durch. Am 3. Mai wurden um 1 Uhr Mittag« durch Generalmarsch die Kommunalgarden zusammenberu- sen. E» erschienen fast nur die demokratischen Elemente derselben, denen sich der Auswurf de« Volke« anschloß u. sehr bald zum Angriff auf die Truppen überging. Im Schlöffe befanden sich zur Zeit meh rere Abtheilungen Infanterie. In der Kavalleriekaseine wurden sechs Geschütze unter entsprechender Jnfantcriebcdeckung ausgestellt, ebenso mehrere Geschütze im Zeughause. Alle Eingänge de» Schlosses wurden von außen durch die Menge verrammelt. Zahllose Haufen begannen durch die Straßen zu wogen. E« wurden überall auf reizende Reden gehalten. Auch die Stadtverordneten traten zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um über die Nieder setzung eine« VertheidigungS-AuSschusse« zu berathen. Mittlerweile Halle der Pöbel die Kirchen erbrochen und um 5 Uhr wurde vom 5. Bataillon der Kommunalgardc der erste Angriff auf da» Zeug haus gemacht, dessen Thür mittelst eines leeren, schweren Wagens eingcrannt wurde. Sowie die beiden Thorflügel auSeinandcr- brachen, gab va» dort postirlc Bataillon Prinz Adalbert drei Salven ad, welche die rasende Rotte stutzig machten und mehr Erfolg gehabt hätten, wenn der Wagen nicht zur Deckung gedient hätte. Al« die Menge jedoch wieder anzudringen Miene machte, wurde sie von den Geschützen mit einer verheerenden Kartätschen salve empfangen, welche sie zum Weichen brachte. Inzwischen hatte die Turnerschaar da« dem Zeughause gegenüber befindliche Gebäude de« klinischen Institut« besetzt und ihre Schüsse bestrichen einen Theil de« ZcughauShofeS. Eine zweite Kartätschensalve räumte schrecklich unter den Angreifern auf und da« Zeughaus wurde vor der Hand behauptet. Man fuhr die Todten aus Wagen fort und stieß laute Racherufe au«. Nunmehr ertönten die Sturmglocken und der Generalmarsch wirbelte durch die Straßen. Da« RalhhauS wurde erstürmt und auf dem Altan desselben die schwarz-roth-goldene Fahne aufgepflanzt. Vor dem Schlosse wogte heulend und schreiend eine Menschenmenge, riß da« Pflaster auf und begann, die Fenster zum Wohnzimmer de« Königs zu bombardiren. Da aber rückten vier Geschütze und mehrere Schwadronen leichte Kavallerie herbei, stellten sich aus dem Brückcnplatz dem Schloß gegenüber auf und feuerten Salve auf Salve in die Angreifer. Diese mußten sich in die nächst liegenden Gassen zurückziehen und begannen mit dem Bau der Barrikaden. Bald war die ganze Schloßgasse verbarrikadirt, da« littcrar- ische Museum wurde von einer Abtheilung Turner besetzt, die übrigen Häuser von Kommunalgardisten. Dergleichen wurde der Neumarkt verbarrikadirt und am Eingänge der WilSdrufer Gasse erhob sich nach dem Postplatze zu eine riesige Barrikade, welche bi« in den ersten Stock der anliegenden Häuser reichte. Man r:ß überall da« Straßenpflaiter auf und deckte die Straßenschlcußen ab, um der Kavallerie da» Manöoriren zu erschweren. Um 0 Uhr Abend« war die Passage der Elbebrücke vollständig gehemmt. Doch befanden sich gegen 1l Uhr Nacht« die durchaus treu gebliebenen Truppen im sichern Besitz der ganzen Neustadt, der Bahnhöfe, der Eldbrückc, de« Schlosses, der Bilcergalleric, der Brühl'schen Terrasse und de» Zeughauses. — Am folgenden Morgen um 3 Uhr begann der Kamps auf der Schloßgasse von Neuem. Sturmgeläute, Salvengeprassel und Kanonendonner. Vom Militär wurden die in der Gasse befind lichen zwei Barrikaden mit Sturm genommen. Danach wuchs die Erbitterung und die Zahl der Insurgenten durch bewaffnete Zuzüge von außen her, schwoll immer drohender an. Da begab sich der König um 5 Uhr Morgen«, begleitet von seiner ganzen Familie und sämmtlichen Ministern unter militärischer Bedeckung mit einem Dampfer stromaufwärts nach der Festung Königstein, nachdem er folgende Proklamation erlassen hatte: »Die Meinem Herzen wahrhaft schmerzlichen Ereignisse de» »gestrigen und bemigen Tage«, welche zuletzt in gewaltsame „Angriffe auf da« Zeughaus und selbst auf Mein Schloß auS- ,arteten, während ein großer Theil der Kommunalgarde ihrer „Pflicht, für Erhaltung und Wiederherstellung von Ruhe und »Ordnung mitzuwirkcn, nicht nachkam, nöthigen Mich, Dresden »einstweilen zu verlassen und Mich nach der Festung Königstein „zu begeben. »Wenn Ich den von vielen Seiten an Mich gestellten An trägen, die von der Nationalversammlung zu Frankfurt ver kündigte deutsche ReichSversassung sofort anzuerkcnnen, zu will- »fahren Bedenken trug, so bin Ich dabei nur der innersten »Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer einstweiligen Be- »anstandung dieser Maßregel gefolgt und habe dabei nur da« „wahre Wohl de» gemeinsamen Vaterlandes im Auge gehabt, »sowie Ich auch durch diesen Meinen Entschluß die Grenzen »der Mir unzweifelhaft zustehenden Recht« keineswegs über- ,schritten habe. »Ich Hesse von dem früher so oft bewährten Sinne Meiner »geliebten Sachsen für Recht und Gesetzlichkeit, daß e« weiteren »ernsten Einschreitens nicht bedürfen soll und daß Ich deshalb »auch in kürzester Zeit in Meine theure Residenzstadt wieder »zurückzukehren im Stande sein werde. »Uebrigen« ist Fürsorge getroffen worden, daß durch meine »Abwesenheit von hier die RegierungSgeschäftc nicht unter- »brochen weiden." Dresden, den 4. Mai 1849. Friedrich August. Vr. Ferd. ZschinSky. Inzwischen häufte die RevolutionSsurie Sprengstoff auf Sprengstoff und Zünder auf Zünder und eine vernichtende Ex plosion war nur eine Frage weniger Stunden. Durch die Gaffen der herrlichen Elbestadl huschte da« — rothe Gespenst! In eigener Schlinge gefangen. Roman von Ernst v. Waldow. ll. Fortsetzung.) Wenden wir un« nun Denjenigen zu, in deren Schicksal das au« Amerika angekommcnc Ehepaar so verhängnißvoll eingrcifen wollte. Da« rostige Eisengitter de« großen Thore« von Schloß Ellernhoff wurde nicht ohne Mühe von dem alten Parkwärter aufgeschlossen, damit der Wagen de» Doktor» Wcnkland passiren konnte. Drei Stunden hatte der Besuch de« Arzte« im Schloß gewährt. Der Kammerdiener Benjamin Rose erzählte im Dienerzimmer, daß vorläufig alle Gefahr geschwunden und der Freiherr gerettet sei, wenn nicht Rückfälle einträten. In einem großen, unfreundlichen Raume lag der Besitzer de» ausgedehnten Gute«, der Freiherr Han« Kaspar von Ellern hoff, schwer erkrankt darnieder. Der alte Herr führte kein be-
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