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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 08.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190003089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000308
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000308
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-08
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Monat
1900-03
-
Jahr
1900
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privatisirender Bankier in Halle, der drille, geboren 1814, ist noch jetzt al« Nolar und Justizrath in Leipzig thätig. — Dre-den, Die Finanzdepulaiion ii, zu deren Geschäfts bereich alle Angelegenheiten gehören, welche da» Eisenbahnwesen beliessen, Hal die Petitionen um neu zu bauende Bahn linien durchberathen und wird demnächst durch ihren Bericht erstatter, Abg. Hoist, im Plenum der Kammer ihre Anträge stellen und begründen lassen. Wenn nun auch jetzt wieder nur eine verhältnißmäßig geringe Zahl der cingegangencn Gesuche die inSgesamml die Erbauung von 66 neuen Verbindungsbahnen und 24 Haltestellen betreffen, zur Berücksichtigung empfohlen wird, so findet diese Zurückhaltung der Deputation ihre triftige Begrün dung nicht nur in der allgemeinen Finanzlage und dem fühlbaren Mangel an technischen Kräften auf den schon in der Thronrede bei Eröffnung de- Landtage« hingewiesen wurde, sondern auch in dem beständigen Rückgänge der Reinerträgnisse unserer Eisenbah nen. Im Jahre 1896 betrug die Verzinsung de« in Eisenbahn anlagen inveslirten Kapital» noch Proz.; in den beiden fol genden Jahren sank sic aus 4,«» bezw. 4,«« Proz.; 1899 ging sie noch weiter zurück (der genaue Prozentsatz läßt sich zur Stunde noch nicht berechnen), so daß wir jetzt auf dem Punkte angclangt sind, wo die Einnahmen nach Abzug aller Unkosten gerade noch zur Verzinsung und Tilgung der Ellenbahnanleihen aurreichen. Nach Kapitel 16 des StaatShauShaltSetatr betrügt die Summe der Einnahmen au« den sächsischen Bahnen >37,905,270 Mark, der Ausgaben 102,223,070 Mk., mithin Ueberschuß 35,682,200 Mark. Da nun zur Verzinsung der Staatsschulden 26,754,412 Mk. und zur Tilgung derselben nach den Bestimmungen der be züglichen Anlcihegesetze 8^06,104 Mk., zusammen als" 35,260,516 Mk. bcnöthigt werden, kann von einem nennenSwerthen Ueberschuß nicht wohl die Rede sein. Veranlaßt wurde diese unersreuliche Thatsache, durch die Erhöhung der Materialpreisc und Löhne, durch die Abkürzung der Dienstzeit der Arbeiter, die eine beträcht liche Vermehrung der letzteren nach sich zog, durch die Einrich tung der Bahnsteigsperre, vor Allem aber durch die Erbauung zahlreicher neuer Linien, die nur geringe Betriebseinnahmen ab- warsen. ES ergiebt sich hieraus die dringende Mahnung für Regierung und Stände, die auf Herstellung weiterer Bahnverbin dungen gerichteten Wünsche recht sorgfältig zu prüfen und auf die Frage der Rentabilität etwas mehr Gewicht zu legen, al« da« bisher geschehen zu sein scheint. — Chemnitz, 6. März. In der Chemnitzer Papierfabrik zu Einsiedel stürz.e heute Morgen kurz nach 9 Uhr Herr Direk tor Münzner in ein Chlorbassin, an dem er mit Vermessungen beschäftigt war. Der Tod trat natürlich sofort ein. — Meißen, 5. März. Durch einen gräßlichen Unglücks fall wurde am Sonnabend Mittag« die in der Pforteschen Villa bei Ncudörschen wohnende Familie des Schutzmanns Heinemann in Trauer versetzt. Während die Frau ihrem Manne da« Mit- tagSbrod trug, hatte sie da« dreijährige Söhnchen zu den WirthS- lcutcn gegeben und da« jüngere Kind, einen einjährigen Knaben, im Wohnzimmer schlafend zurückgelasien. Da« Erwachen de« jüngeren Bruder« veranlaßte den kleinen Kerl, nach der elter lichen Wohnung hinauszugchcn, um mit ihm zu spielen, dabei hat er merkwürdigerweise den Nachtriegel vorgeschoben. Nach kurzer Zeit vernahmen die Hausbewohner und die Nachbarschaft ein klägliches Geschrei, man eilte sofort hinzu, doch sand man die Thür verschlossen, und obwohl der Kleine antwortete, öffnete er doch nicht. Man schaffte eiligst eine Leiter herbei, stieg aus den Balkon und gelangte, nachdem man eine Fensterscheibe eingeschla gen hatte, in die dicht mit Rauch gefüllte Stube. Hier fand man den Kleinen, noch vor Kurzem lustig plaudernden dreijähr. Knaben verbrannt in einer Ecke zusammengekaucrt toot vor, wäh rend dem jüngeren Kinde glücklicher Welle nur da« Haar etwa« versengt war. Die zurückkehrcnde Mütter erfuhr unterwegs schon die Trauerbotschaft. — Riesa, 4. März. Eine aufregende Szene spielte sich kürzlich auf hiesigem Bahnhofe ab. Ein in der BahnhosSrestau- rativn angestellteS Buffeimädchen, das wegen plötzlicher Geistes störung in ärztliche Behandlung gegeben war, hatte einen unbe wachten Augenblick benutzt, um durch ein Dachfenster auf da« Dach zu entweichen. Da« Mädchen erschien in der I I. Vor mittagsstunde im Nackstgcwande auf dem Dache des Gebäude« und wandelte zum Entsetzen der Zuschauenren aus dem schmalen Simse entlang. Bevor eine Katastrophe eintrat, gelang e« dem entschlossenen Vorgehen zweier Bureaubeamtcn, die Geistesge störte durck da» Dachfenster zurückzubringen. Am Nachmittag wurde die BedauernSwcrthe nach Dresden tranSportirt. — Neue Briefmarken zu 2 Pf. Vom I. April ab wer den bekanntlich die Taxen für offene OrtSsendungen (Postkarten und Drucksachen bi« zum Gewicht von 50 Gramm) auf 2 Pf. ermäßigt. Infolgedessen werden von diesem Tage ab neue Brief marken zu 2 Pf., sowie Postkarten zu 2 Pf. und solche mit Ant wort zu 4 Pf. zur Ausgabe gelangen. Diese neuen Werthzeichen zu 2 Pf. gelangen zunächst in derselben Ausführung zum Verkauf, al« die jetzigen 3 Pf.- und 5 Pf.-Marken. Da« Markenbild stellt alsoeinen ovalen Rahmen dar, in welcher der Werthbclrag eingedruckt ist; um den Rahmen ist ein Kranz gelegt, mit der Kaiserkrone Die Marken werden in schiefergrauer Farbe hcrgestellt. Später wird auch für diese Werthzeichen da« für die neue Postwerthzeichen- Serie angenommene Germaniabilv Verwendung finden. Um die unrichtige Frankirung von OrtSsendungen vor dem I. April zu vermeiden, wird bei den Pestanstalten mit dem Verkauf der neuen Marken an da« Publikum erst am 29. März begonnen werden. Vor hundert Jahren. 8. März. Ein Kalender vom Jahre 1800. Der ehrwürdige SchweinSleder- Oktavband betitelt sich „König!. Grok Brittanischer und Ehurfürstl. Braun schweig Lüneburgscher Staatskalcnder" auf das Jahr 1800, worin daS Staats- Verzeichniß der König!. Regierungen und übrigen hohen Civil- und Militär- Bedrenten in den deutschen Ländern, nebst einem genealogischen Verzeichniß aller Durchlauchtigsten Hohen Häuser in Europa befindlich. Mit Kgl. und Ehurfürstl. Bewilligung. (Das Exemplar kostet ungebunden 9 gute Groschen Lassen Münz). Lauenburg, gedruckt in der Berenbergschen Buchdruckerey u. zu bekommen bey dem Bürgermeister Meyer. WuS den Inhalt betrifft, so findet man zuerst daS Kalendarium, ähnlich wie heutzutage und astronomische Nachrichten. Den Haupttheil bildet eine Art Staatshandbuch, daS recht genau und übersichtlich gehalten; nach den Beamten rc folgen die „adlichen" Güter mit ihren Besitzern, dann folgt die Genealogie Europas und im An hang Posten Verzeichniß, Brief-Taxe, JahrmarktS-Verzeichniß und Gerichts tage der Hofgerichte. Der Kalender besitzt Goldschnitt. 9. März. Am 9. März 1860 ist der französische Staatsmann Glais-Bizoin geboren, ein Mann, dessen hier nur Erwähnung geschehe, um zu zeigen, wie leicht eS in der sti-anä« Nation ist. ein berühmter in der Geschichte bekann- ter Mann zu werden. Er bekämpfte die Julimvnarchie und war Mitunter zeichner der gegen das Ministerium Guizot gerichteten Anklageschrift. In der 1848er französischen Revolution spielte er auch eine kleine Rolle und später gehörte er in der französischen Kammer der kleinen Oppositionspartei gegen den Kaiser Napoleon Ul. an. Rach dem Sturze de- französischen Kaiserreiches wurde er Mitglied der Regierung der nationalen Vertheidigung, dann arbeitete er neben Gambetta in TourS. wurde später beim Kommun aufstand in Pari- verhaftet, konnte jedoch nach Versailles flüchten. Er ist 1877 gestorben. Zweifellos war GlaiS-Bizoin ein ehrenhafter Mann, aber Herzlich unbedeutend; er gehörte zu den nur in Frankreich möglichen Leuten, die bei allen Haupt und Staatsaktionen mit genannt werden, ohne daß sie eigentlich selbstthätig hervortreten. 1. Ziehung 3. Krasse 137. Körrigs. SLchs. Landes -Lotterie gezogen am 5. Mär; 1900. 50,000 Mark auf Nr. 3734. 40,000 Mark auf Nr. 95897. 20,000 Mark auf Nr. 51795. 10,000 Mark auf Nr. 74798. 5000 Mark auf Nr. I75V0 18155 21894 43719 5IV39 «4570. 3000 Mark auf Nr. 3183 15362 21764 25507 37943 44501 82183. 1000 Mark auf Nr. 3025 9126 13857 21657 22745 42005 43367 44199 44211 49810 55396 61136 68337 73625 84309 88801 92587 92941 98346. 500 Mark auf Nr. 3307 10554 15682 15719 18889 19287 20712 22322 23495 23778 27174 32032 32074 34292 34753 44711 57726 63773 64331 66116 66720 67566 71436 72569 76132 79116 79887 80754 82965 83225 83277 83676 84577 87250 87303 87463 91629 94894. 300 Mark auf Nr. 552 1054 1982 4139 5921 6587 8106 10409 11832 13298 13455 13474 14051 16003 18512 18919 19645 20021 20568 22902 22988 24017 25642 27110 27780 30186 30863 31169 32450 32499 33080 33366 33801 34832 35046 36114 37980 40772 44098 45234 46826 46877 48U 6 48412 48988 50351 52866 53400 54563 57772 60198 64684 67300 67604 67773 68700 71389 73257 74194 75875 77004 77655 77703 79172 79711 79892 80827 82338 88959 89411 89635 93644 93997 94417 94447 96324 97382 98062 98130. Won der Kreuze des HranMaates. Bon einem kapländischen Spezialkorrespondenlen. Die Hochstcppen de« Basutolandc« liegen hinler mir. Eisen bahnschienen bade ich bereil« seit fünf Tagen nicht mehr zu Ge sicht bekommen. Seitdem ich aber in die Provinz Natal cinge- treten bin, stoße ich fast täglich auf Verwundete. Ich habe mich zwei deutschen Berichterstattern — beide sind Korrespondenten größerer österreichischer Zeitungen — angeschlossen. Mein Reise kostüm habe ich den Verhältnissen de« Lande» und seiner gegen wärtigen Zustände entsprechend vervollkommnet indem ich mir einen guten Hirschsänger und ein echte« schottische» Plaid zugelegt babe. So reise ich europäischer Federfuchser in der malerischen Draperie eine« südafrikanischen RäuberhauplmanneS. Grund zum Scherzen habe ich eigentlich nicht, denn seit dem Augenblick, wo ich die Eisenbahn verlassen, habe ich gegen mein gute« Geld kaum einen Bissen Eßbare« bekommen. Zu den Greueln de« Kriege« hat sich nun al» unausbleibliche Folge die Theucrung gesellt. Hühnereier zu einem Stückpreise von 1 Schil ling sind eine so enorme Btlligkeit, daß man sich keine» Wege«, und wäre er noch so weit, verdrießen läßt. Frische Milch ist aus der Speisekarte der südafrikanischen Länder, ebenso wie Ge flügel oder frische« Rind- und Kalbfleisch, einfach gestrichen. Wen der hübsche Preis von lO bi« 12 Schilling dagegen nicht reuet, der kann sich schon einmal ein BüchSchen kondensirter Schweizer milch leisten. Die Einwohner sind Vegetarier im primitivsten Sinne de» Worte« geworden; etwa» Halphagra«, dessen Frucht körper sie zwischen zwei Steinen herauSzupressen wissen, wird breiartig mit Halbweg« genießbaren Blättern von Gemüsepflanzen zusammengekocht; al« SonntagSbratcn leistet man sich dann die Schnecken oder Regenwürmer, die man im Laufe der Woche müh selig gesammelt hat. Die Landschast selbst hat einen äußerst verdrossenen und mürrischen Anblick, der einem mit einem nicht näher zu bestimmen den Gefühl da« Herz im Leibe förmlich zusammenkrampft. Die jenigen Plätze, durch welche Militär hindurchgezogcn, oder an welchen gar ein Kampf stattgefunden Hal, bieten geradezu einen schrecklichen Anblick. Die Häuser sind in einen Haufen von Splitter und Geröll zusammengcstürzt. Dazu die trübe, feuchte und fröstelnde Witterung. Von den Menschen, die man antrifft — e« sind meisten« Verwundete — hört man kaum ein andere« Gespräch, al» über Granaten und Geschütze und mit jedem Alhem- zug glaubt man ein ganze« Quantum stickiger und dumpfer Melinitathmosphiire einzuathmcn. Da« hat Alle» etwa« überall« Beklemmende« und Beängstigende«, da« Höchstwahrscheinlich auch auf die b.reit« übermäßig dezimirten englischen Truppen seine fürchterliche Wirkung auSüben wird. Dagegen bereiten sich die Verhältnisse im Kapland, nament lich in Kapstadt immer schärfer und spitzer zu; wurde jedoch kürzlich erst auf eine englische Truppenabtheilung geschossen. DaS Verhalten der KaplandSburen bereitet den Engländern jedenfalls augenblicklich ebensoviel Sorge, wie ihre Sorge wegen der Miß erfolge im Kamvse mit den TranSvaalburen. Die KaplandSburen hallen sich vorläufig der Oeffentlichkeit gegenüber noch immer absolut neutral und die ErgänzungSmannschaftcn der englischen Kaptruppen rekrutiren sich ausschließlich au- dem englischen Ele ment. Da» gewagte Mittel, welche« neuerdings vielfach von Seiten der Engländer, ähnlich wie im Zulukriege, anzuwendcn versucht wird, nämlich die renitentere Burenbevölkerung de« Kap- lande« gegen die feindlichen StammeSgenossen aufzuhetzcn, ver sagt diesmal völlig, ein neuer Beweis dafür, daß der FreihcilS- geranke de« ,Lo« von England" sich nicht aus adbegrenzte Länder bezieht, sondern vielmehr da« ganze Afrikanverthum ergriffen hat. Mit einem rechten echt-germanischen Abentcurcrmuth haben wir drei — da« Berichterftattcrklecblatt — un« nun durchaus und durchum in den Kops gesetzt, auf eigene Faust nach den Brennpunkten de« Kriege« durchzudringen. Kimberley und Blumfontein sind ja die beiden Hauptminenplätze und mit ihrer Geschichte hängt auch zugleich die Geschichte der beiden Burcnrepubliken auf da« Engste zusammen. Cecil Rhode«, der als Sohn eine« irischen Landpastor» seiner Gesundheit halber nach Südafrika gegangen war, war wohl der erste Europäer, dessen Scharfblick erkannte, in welcher Weise die Minen in Be trieb genommen werden müßten, um denselben eine wirthschaftliche Bedeutung ersten Range« für die Zukunst zu schaffen. Seiner britischen, spekulativen Schlauheit gelang e« auch bald, sich in den Besitz der meisten Minenaktien zu setzen und so ungeheuere Reichthümcr aufzustapeln und durch den Besitz dieser hinwiederum auch zugleich in den Besitz eine« großen politischen Einflüsse« zu gelangen. Jceensall« war und ist Cecil Rhode« keiner von den Dum men! Er weiß, wa« er will! Ein allerliebste« Renkontre habe ich schließlich auch noch zu beichten, da« mir in Quithing, einer Grenzstadt oe« Oranjestaate«, mit einer nicht mehr jugendlichen Basulodame begegnete. Müde und zerschlagen kam ich eine« Abend« nach der genannten Stadt, in der Wwlhshäuscr oder gar Hotel« böhmische Dörfer sind. Fast alle Leute hatten Verwundete in Quaitier, auf deren Gesellschaft ich umsolieder verzichtete, da mir ra« Stöhnen und Röcheln der furchtbar Zugerickitelen mi Laufe der Zeit einfach unleidlicki geworden war. Eine Auswahl hatte ich also nicht und mußte also mit der Behausung der edlen Basulodame, einer tief schwarzen EvaSlochter, süilied nehmen. Ein penetranter Geruch durchzog da« ganze Hau«, denn meine Wirthin war nicht« we niger al« die Saldcnköcdin, »iius Apothekerin, der Weltstadt Quithing. Trotz meiner Müdigkeit ließ ich mich in ein längere« Gespräch mit meiner Wirthin ein, da« auf dieselbe augensebeinlich einen mächtigen Eindruck gemacht haben mußte, den ich erst am anderen Morgen gewahr werden sollte, al« mich meine ebenholz- farbene Gastgeberin inständig bat, doch noch länger zu bleiben. Meine Hinweise auf meinen Beruf al« Vertreter der europäischen Presse schien auf sie nur einen verteufelt geringen Eindruck zu machen, denn sie gab mir darauf in gebrochenem Englisch nicht undeutlich zu verstehen, daß sie doch — Wittwc sei, und mir schltmmsten- fall» nach Europa nachfolgen wollte! Tableau! Ich machte natürlich schleunigst, daß ich fort kam und auf gut eng lisch — d. h. ohne Dank und Abschied — verduftete. — Da« Benehmen meiner Basutowittwc ist aber einzig und allein auf die Kolonisation-Methode der Engländer zurückzuführen, die auch hier, in Bewährung de« allen guten Spruche«: ländlich — sitt lich! nicht« in ihrer Bedeutung eingebüßt oder verloren hat. In einer Beziehung sind ja die Engländer bekannt al» gute Koloni satoren; sie lassen nämlich Völkern, welche sic sich unterworfen haben, alle Macht. Gemeindeverwaltung und wirthschaftliche« Herkommen bletbt den einzelnen, untcrworsencn Stämmen immer völlig überlassen, jedoch sicht der Engländer trotz seine» au«ge- sprochenen Sinne» sür die Praxi« immer streng darauf, nicht« von den Sitten seiner Kolonialstämmc anzunchmen. Diese Eigen schaft hat sich aber gerade im jetzigen Kriege schwer gerächt. Der Bur, der gewöhnt ist, nur Galopp zu reiten, versteht nämlich mit den Pferden der Basutosteppe umzugehen, die eine gewisse Aebnlichkeit mit den Pferden der ungarischen Pußta haben. Für militärische Zwecke eignen sich diese Thiere absolut nicht, da sie sür Dressur im europäischen Sinne absolut unzugänglich sind. Dagegen sind sie im Futter äußerst genügsam. Der Engländer aber ist niemals auf die Eigenart der Basuiopfervc cingegangen und erleidet gerade jetzt an der Unbrauchbarkeit seiner TranSporl- thiere in der schwersten Weise Schiffbruch. In der nächsten Woche hcffe ich ein gut Stück im Oranje freistaat vorwärt» zu kommen, ich habe mir Smithfield al« näch sten Rastpunkl erwähl«. Aals ZLarnekow. s. Fortsetzung. .Holl still," befahl Eggert plötzlich, »ick ward di de Sak verteilen, un Du kannst di dat taum Exempel nehmen, denn in di steckt ok en Stück von de Barnekowsche Düsigkeil, de nick« nich dägen deiht. In bisse Bucht —" er hielt noch einmal an, und dann, wie meisten«, wenn ein feierliche- Gefühl ihn erfaßte, schlug seine Rede in die hochdeutsche Sprechweise um, wa« ihr im Kontrast mit seiner sonstigen Art ein kindlich rührende« Pathos verlieh, und er wiederholte: .In dieser Bucht sind zwei von Deinen Vorfahren jämmer lich umgckommen, mein Großvater und mein Onkel — durch freiwilligen Tod — Selbstmord meine ich — Du versteihst mi?" Ralf saß wie betäubt da. .Selbstmord?" stammelte er, .Dein Großvater und Onkel?" »Ja!" antwortete Eggert dumpf. .Großvater hat eigene Schuld und seine schwache Natur in den Tod getrieben, aber Onkel fremde Schurkerei — Weichlichkeit war freilich auch mit dabei." Ralf schüttelte langsam den Kopf, al» könne er da« Alle« nicht begreifen, und über Eggert« braungefurchte« Antlitz ging wie ein Wetterstrahl ein seltsam herbe« Lächeln. .Dat dücht di woll, al« verteilt ick di Lägen? Aewer hür man irst tau!" Er sah noch eine Sekunde starr vor sich hin und begann alSoann: .Unsere Familie ist alt, sie hat noch in den Fesseln der Leibeigenschaft geschmachtet. Dort, jenseit dieser Seen, Stunden weit von hier, lagen die Bauerngüter der Barnekow«. In alten Zeiten sind sie wohlbegütert gewesen, aber der dreißigjährige Krieg hat Alle« zu schänden gemacht. Von da an ging'« bergab mit ihnen. Beim Ackerbau war nicht« mehr zu holen, denn die Herren drückten und schunden die Bauern und nahmen ihnen Alle«, wa« sic hatten. Darum bin ich Fischer geworden, ich wollte keine Frohndicnste thun, wie mein Vater und mein Onkel. Ich kriegte aber den LoSjchein von ineinem Herrn nur mit vieler Mühe, denn ich war ein starker Arbeiter. „Ja, von außen waren die Barnekow« immer große, kräftige Menschen, wie Du und ich, aber innen, da fehlte e«, da waren sie weich und schwach und daran war nicht» al» die lange Skla verei schuld. »Von meinem Großvater red' ich nicht, da« verbietet mir die Ehrfurcht, aber von meinem Onkel will ich Dir erzählen, wa« mir die Leute erzählt haben. Er war viel älter al« mein Vater, den er nach der Eltern Tod zu sich nahm und erzog. Sein Gütchen bewirthschastete er schlicht und recht nach alter Weise, und die Zeil kam, daß er ein junge« blühende» Weib nehmen wollte. Er mußte aber die Erlaubniß seine« Herrn haben, und das Unglück wollte, daß dieser seine Augen auf da« Mädchen geworfen hatte. »Lange konnte mein Ohm daher die Einwilligung seine« Patron« zur Heirath nicht bekommen. Al- er aber immer wieder kam, schrie sein Herr ihn eine« Tage« wüthend an: »So nimm sie in Dreileusel» 'Namen — und möge e« Dir wohl bekommen!" Dabei stieß er hohnlachend mit dem Fuße nach ihm. Mein Onkel, froh der Erlaubniß, machte sich daraus nicht«, und ver anstaltete möglichst schnell die Hochzeit. »Ralf —," de« Alten Stimme bebte und röchelte vor plötz licher Aufregung, »sie hatten da ein fluchwürdige« Recht, — die Frohnherrcn meiner Vorfahren, und die Advokaten nannten es mit einem vermaledeiten Namen, — ich weiß ihn nicht und weiß auch nicht, ob e« noch in Kraft ist. Damal« war c«, denn al» mein Ohm, ein stattlicher lebensfroher Mann, seinen Abgott, die blondhaarige, weißhalsige Frau in die bräutliche Kammer geführt hat, da ist plötzlich sein Herr erschienen, die Thür hat er mit einem Fußtritt eingeschlagen und Hal meinen Ohm von der Seite seine« jungen Weibe« vertrieben. Da« war da« »Recht" de» Herm! »Der Unglückliche, der Schwächling Hal sich dem Frechen nicht widersetzt, nicht sein Weib beschützt — er war ja der leib eigene Knecht! Fortgestürzt ist er, in die Nacht hinau», seine Hochzeit-nacht, und hier, hier, wo schon sein Vater den Tod ge sunden, hat auch ihn nach drei Tagen der See emporgehoben au» seinem dunklen Schooß. Wunderst Du Dich nun noch, daß ich sage, ich kann aus dieser Stelle kein Possenspicl treiben lassen?" Mit immer größer und starrer werdenden Augen hatte Ralf an den Lippen gehangen, denen die unheimliche Erzählung in seltenem Fluß entströmte. Jetzt, al« der Alle schwieg, dröhnten die verklungenen Worte ihm noch immer wie Posaunenstöße im Ohr und Hirn. Nebel umflorte seinen Blick, blutrother Nebel, er legte sich aus ihn und drohte ihn zu ersticken. Sein Herz schlug wie wahnsinnig gegen die Brustwand, e« war ein Moment äußerster Pein und Qual. Er kämpfte mit heftiger Anstrengung dagegen, er versuchte, da» rothe wallende Blutmeer mit den Blicken zu durchdringen, — da, e« gelang! Gottlob, e« war ja die Sonne, welche glühend über die Wäldergipfel cmporftieg und in da« dunkle Versteck hineinleuchtete, die unbewegte, rälhselhaste, schauerliche Tiefe mit Lichtsunken übergoldend. Der Tag erstand in all seiner Herrlichkeit.
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