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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 20.02.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190002206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-20
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Monat
1900-02
-
Jahr
1900
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London, 17. Februar. .Daily Telegraph" meldet au» Naamvpoort vom >3. Fevruar: Ein sehr heftige» Gefecht sand auf beiten britischen Flanken in der Nähe von RenSburg stall. Der Feind, welcher den Engländern an Zahl überlegen, war etwa 4000 Main, stark. Eine Patrouille der Inniskilling-Dra goner wurde von etwa 500 Buren umzingelt, sic bahnten sich jedoch tapfer einen Weg, ohne einen Mann zu verlieren. Eine Kompagnie de» berittenen Neu-LüdwaleS-Regimente» wurde da gegen nievcrgcmacht. Die Bajonette der meisten Leute weisen jedoch die Spuren eine» blutigen Kampfe» mit dem Feinde auf. Bon 5 Offizieren der Kolonial'ruppen ist nur einer in da« Lager zurückgckehrt. E» wurde eine strategische Rückwärt-bewezung nach Arundel beschlossen; unsere Geschütze vom Colc»kop sind glücklich zurückgebracht worden, ein Maximgcschütz wurde zerstört, um zu verhindern, daß e» in die Hände der Feinde falle. Neun ver wundete Offiziere und 45 Gemeine sind in da» Feldlazareth von Naauwport gebracht worccn, die Zahl der Gefangenen ist zur Zeit noch unbekannt. — Die .Daily Mail" meldet au» Naauw- poort vom 14. d. Mt«.: Tie Engländer räumten vergangene Nacht RenSburg, ließen daselbst eine Menge Vorräthe zurück und konzentrirlen sich in Arundel. — Zwei Kompagnien de» Wilkshire-Regiment» verloren, al» sie sich vom Kioof-Lagcr zurück zogen, den Weg und werden vermißt, ihr Aufenthalt ist jedoch bekannt. Voraussichtlich werden sie heute Abend befreit werden. Pari», 17. Februar. Dem „TempS" wird au» London gemeldet: Die Buren dringen in der Kapkolonie energisch vor. Auf dem Kriegsamt hegt man ernste Befürchtungen bezüglich der Verbindungslinie de» General Roberts. Der Vorstoß der Buren, welcher gestern bi« RenSburg reichte, scheint sich schon bi« zur Linie de Aar-Kimberley erstreckt zu haben. Die Postverwallung giebt bekannt, - aß die Verbindung mit Kimberley noch nicht oder nicht mehr offen ist. In militärischen Kreisen herrscht allgemein der Eindruck, daß der Zug de» General» French zu gut gelungen sei, mit anderen Worten, daß General Robert« überflügelt und abgcschniiten worden sei. London, 17. Februar. Die Abendblätter melden aus Slcikslrom von heule: Die Buren begannen heute früh den Vormarsch auf die englischen Stellungen bei Molleno. Sic führten einige Geschütze mit sich und eröffneten da» Feuer auf die englischen Feldwachen. Aus Natal wird der „Daily-Mail" gemeldet, daß die Buren bei Ladysmith jede Nacht durch 2000 Kaffem Sandsäckc in da« Belt de« Klipflusse« legen lassen, um den Fluß abzudämmen. Die Arbeilen können nur Nacht« auSgesührk werden, da die Leute am Tage unter englischem Feuer sein würden; 10,000 Säcke sind schon im Flußbett und eine ähnliche Quantität wird vorbereitet. Man glaubt, wenn die Abdämmung gelingt, werde da» zwei eng lische Meilen außerhalb Ladysmith befindliche Hospital isolirl und zum Theil unter Wasser gesetzt werden und auch andere Stell ungen der Engländer würden isolirt werden. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Wenn auch bei den sächsischen StaatS- ciscnbahnen noch große Mengen Kohlen verfügbar sind, so erscheint doch angesichts der Strciklage und der Unberechenbarkeit in der Dauer dieser Bewegung die von der sächsischen Staatreisenbahn verwaltung in« Auge gefaßte Maßnahme, den Personenzugs verkehr schon jetzt nach Thunlichkcit einzuschränkcn, gewiß nur geboten. Die Einschränkung de» Verkehr» durch Einziehung einzelner Pcrsoncnzügc wird den allgemeinen Verkehr denn doch nicht so fühlbar beeinträchtigen, daß besondere Schwierigkeiten oder größere Nachtheile für da» reisende Publikum daraus erwachsen können. Jedenfalls ist eine vorübergehende theilweise Beschränk ung weniger störend, al» wie später eine gänzliche BctricbSein- stellung für den an sich möglichen Fall, daß die Streiks allge meine würden und von langer Dauer sein sollten. Bei dem all gemeinen Interesse, welche diese Maßnahme in weiten Kreisen Hervorrufen wird, lassen wir nachstehend diejenigen Züge hier folgen, welche, wie schon kurz erwähnt wurde, vom Montag, den 19. Februar ab bi» auf weitere» nicht mehr in Verkehr ge bracht werden, soweit solche direkt Eibenstock und die nächste Um gebung betreffen: Linie Adorf-Auc-Ehemnitz. Vorm. 9 Uhr 26 Min. von Schönheidcrhammcr nach Aue (Ank. Vorm. 10 Uhr 18 Min.), AbcnoS 7 Uhr 35 Min. von Aue nach Chemnitz (Ank. Abend» 9 Uhr 21 Min.); Vorm. 8 Uhr 11 Min. von Chemnitz nach Aue (Ank. Vorm. 10 Uhr 22 Min.), Vorm. 8 Uhr 13 Min. von Aue nach Schön- heidcrhammer (Ank. Vorm. 9 Uhr 13 Min ). Linie CarlSfeld-WilzschhauS-Kirchberg-Wilkau. Vorm. 10 Uhr 10 Min. und Nachm. 3 Uhr von Kirchberg nach Wilkau (Ank. Vorm. 10 Uhr 37 Min. und Nachm. 3 Uhr 27 Min.), Abends 7 Uhr 32 Min. von CarlSfcld nach Wilzsch- hau» (Ank. Abend» 8 Uhr 5 Min.); Vorm. 8 Uhr 14 Min. und Nachm. 2 Uhr l4 Min. von Wilkau nach Kirchberg (Ank. Vorm. 8 Uhr 42 Min. u. Nachm. 2 Uhr 42 Min.), Abd». 6 Uhr 20 Min. von Wilzschhau» nach Carls- feld (Ank. Abend» 7 Uhr). — Zur Erleichterung für da» reisende Publikum hat die Sächsische StaatSeisenbahnverwaltung eine Uebersicht in Druck erscheinen lassen, in welcher alle die der Personenbeförderung die nenden Züge aufgeführt sind, welche aus den verschiedenen Bahn linien in Rücksicht auf die unterbrochene Kohlenzufuhr au« den vom Streik betroffenen Kohlenbezirken vom 19. d. Mt». aus fallen. Da» 16 Seiten in Klein Oktavformat umfassende Heft chen bezeichnet 309 Züge, welche auf ihrer ganzen Bctricbsstrecke und 40 Züge, welche nur auf Theilstrecken eingezogen werden. Nach oberflächlicher Berechnung werden dadurch Lokomotioleistun- gen von gegen 11,000 stin täglich erspart. Der Gewinn an Kohle ist daher ein ganz bedeutender und dürfte die von der Sächsischen StaatSeisenbahnverwaltung getroffene Maßnahme an gesichts der überall drohenden Arbeitseinstellungen sich wohl recht fertigen. ES verkehren auf den sächsischen ZtaatSbahnen täglich gegen 1680 Züge für die Personenbeförderung mit einer Leistung von über 54,000 kin. Die ausgefallenen Züge sind hiernach ungefähr der fünfte Theil aller Lieser Züge. Die Uebersicht ist auf allen Stationen und den AuSkunstSstellen unentgeltlich zu haben. — Zwickau, >6. Fcbr. Das „Zwickauer Wochenblatt" schreibt: Berliner Blätter wissen heute zu melden, daß die Königin Marienhütte in CainSdors am gestrigen Tage infolge Kohlcnmangel» den Betrieb eingestellt habe. Die Nach richt ist in diesem Umfange nicht richtig. Wie un» aus Ersuchen vom Werke mitgeiheilt wird, ist nur der Betrieb der Kokerei theilweise eingestellt. Da« Walzwerk arbeitet diese Woche vier Tage und vier Nächte vollständig. Alle anderen Betriebe ar beiten voll. — Zwickau, l6. Febr. Gestern weilte Sc. Excellenz der Herr Staat-Minister von Metzsch in unserer Stadt, um sich über den Au« stand der hiesigen Bergarbeiter zu informiren. In Begleitung Sr. Excellenz besanden sich die Herren Geheim rath Merz, Oberfinanzrath Ur. Wahle und BergamlSdireklor Ur. Kretzschmar. Mittag» fand in der König!. KreiShauptmann- schaft hier eine Besprechung Zr. Excellenz mit einer Anzahl von Vertretern de« Verein» für bergbauliche Interessen statt, an welcher auch die Vorstände der hiesigen politischen und Bcrg- behördin theilnahmen. Wie wir erfahren, erklärte der Herr Minister, daß er auf Befehl Sr. Majestät de« König» nach hier gekommen sei, um an Ort und Stelle die einschlagenden Ver hältnisse, insbesondere auch die Stimmung der Werksbesitzer, kennen zu lernen. Bei der Vertraulichkeit der Besprechung ist e« unmöglich, weitere Millhcitungen über den Verlauf der etwa zweistündigen Verhandlungen zu machen. Der Herr Minister hob jedoch am Schluffe der Beralhung hervor, daß die Königl. Staatsregierung fest entschlossen sei, den Arbeitswilligen energischen Schutz angedeihcn zu lassen. — Die Grubenverwaltungcn haben heute Abend folgende Bekanntmgchung an ihre Arbeiter erlassen: Diejenigen Arbeiter, welche bi» Dienstag, den 20. Februar diese» Jahre« die Arbeit nicht wieder ausgenommen haben, sind von dem genannten Tage an auf Grund von 8 80a, Ziffer 5 de« all gemeinen Berggesetze« für da» Königreich Sachsen vom 16. Juni 1868 entlassen. Die auf Grund dieser obigen Bekanntmachung entlassenen Arbeiter gehen nach den Bestimmungen in 8 10 und 47 de« zweiten Statut der Allgemeinen Knappschaft»-Pens!on»- kasse für da» Königreich Sachsen aller ihrer Ansprüche an diese Kasse namentlich auch auf die Rückzahlung ihrer Beiträge verlustig. — Zwickau, 17. Februar. Die Königl. Amtshauptmann- schäft Zwickau veröffentlicht mit Rücksicht aus den Au-stand der Bergarbeiter eine Bekanntmachung, nach welcher in einer ganzen Anzahl von Ortschaften der Amtshauptmannschaft bis auf Wei teres sämmtlichc öffentliche Schank- und Gastwirthschaften mit alleiniger Ausnahme der BahnhosSrestauration in Wilkau von Abend» ff, 11 Uhr an bi« zum anderen Morgen 6 Uhr für allen Verkehr geschloffen werden müssen und die Abhaltung öffentlicher Versammlungen und Tanzmusiken zu unterbleiben hat bi» auf Weitere«. Auch das Polizeiamt Zwickau hat, gleich der Königl. Amtshauptmannschaft, eine für den 19. ds«. Mt». angezeigte öffentliche Bergarbeitcrversammlung, wie jede weitere derartige Versammlung, welche der Agitation für den gegenwärtigen Berg arbeiterslreik dienen soll, verboten. — Zwickau, 17. Februar. Die Lage de« Ausstandes hat sich abermals etwas verschlechtert. Nach den amtlichen Fest stellungen sind von der 4763 Mann betragenden Belegschaft der Abendschickt gestern (Freitag) Abend 2312 nicht eingefahren, während heute (Sonnabend) Morgen von 6999 Mann 2275 nicht erschienen waren. E» haben sonach gestern Abend 48,! Prozent, heute Morgen 32,:, Prozent der gesummten Belegschaft gestreikt. Nach einem Beschluß de« Vereins für bergbauliche Interessen wird eine Veröffentlichung der Zahl der Streikenden nach den einzelnen Werken nicht mehr statlfindcn, da die Aus ständigen die Arbeiter der Werke, auf denen noch Niemand oder nur Wenige in den Ausstand getreten waren, so belästigt und terrorisirt haben, daß die Leute, nur um diesen Anfeindungen zu entgehen, sich heute in erhöhtem Maße dem Ausstand angeschloffen haben. — -Nach einer Verordnung der Königl. General-Direktion der sächs. Staatseisenbahnen vom 20. Dezbr vor. Jahre« dürfen Hunde in die BahnhofSwirthschaft und in die sonstigen Warte räume nur dann mitgenommen werden, wenn sie an kurzer Leine geführt werden. Ausgenommen sind nur Schoßhunde, die getra gen werden. Zuwiderhandlungen unterliegen der Bestrafung nach den einschlagcnden bahnpolizcilichcn Bestimmungen. Vor hundert Jahren. so. Kelruar. Trachten um 1800 (111). Die männliche Tracht gleich der weiblichen ,u antikisiren fiel Niemandem ein. Die Zeit um 1800 und die folgenden Jahre sind erfüllt von dem Kamps des Sti.fels und langen Beinsleides mit Schuh, Strumpf und Kniehose, in welchem Kampse letztere verdrängt werden. (Allerdings taucht später noch einmal am französischen Kaiserhofe das alte zierliche Nocoeokostün, aus, allein Stiefel und Pantalon bewahrt sich seine Rechte bis in unsere Zeit.) Langsam aber sicher gestaltete sich der bisher weltgebietende Frack zuin Rocke, welcher letztere ebesalls vom franzö sische» Kaiserreich sür einige Zeit wieder verdrängt wird. Ganz furchtbar aber wogte der Kampf um deu „runden Hut", das ist unser heutiger Cylin- derhut, der sich um >800 Bahn brach gegen deu dreieckigen Hut mit Zops und Puder. Die Abneigungen, namentlich der Regierungen, gegen den run den Hut war um so größer, als man unter ihm revolutionäre Ideen wit- irrte. Kaiser Paul von Rußland verbot den runden Hut einfach ohne jede Ausnahme. Alle svlche Aerbote und Maßregelungen waren jedoch schließlich machtlos gegen eine Herrscherin, die noch nie besiegt worden: die Mode. St, Februar. Kurzen Prozeß, — so kurzen, daß gewissen Leuten, für die es keine öffentliche Meinung giebt, das Herz im Leibe darob lachen würde, — machte Napoleon Bonaparte vor 100 Jahren niit der „mißliebigen" Presse. Der erste Konsul der französischen Republik, neben den, die beiden anderen nur Staffage waren, delretirte einfach die fosorlige Unterdrückung von 83 Jour nalen und ließ nur einige wenige bestehen, die unter strengste Polizeiaussicht gestellt wurden. Ein Kautschuk.Paragraph besagte, daß alle Journal- auf der Stelle verboten weiden sollten, welche Artikel ausnähmen, die der Acht ung sür den gesellschaftlichen Berlrag der Bolkssouveränetät und dem Ruhm der Armeen zuwider wären, oder welche Ausfälle gegen Regierungen und Rationen thun, die mit der Republk entweder in Freundschaft oder im Bünd nisse stehen. Natürlich handelte es sich für Napoleon durchaus nicht um den Schutz der Republik, sondern um die Knebelungen der Zeitungen sür seine bevorstehende Diktatur und das spätere Kaiserreich. Bezeichnend für die damaligen Zustände ist -S, daß nur in England die Presse scharf und deut lich gegen Napoleon auslrat, während z. B. deutsche Blätter nur reseriren und sich ängstlich von jeder Politik sernhalten. Hin Al'otlengründer der Jassern. Zum 280. Geburtstage des Großen Kurfürsten, geb. am 18. Februar 1620. Von Vr. R. Waller. Wie die neuesten maritimen Hebelgriffe Großbritannien» dazu geschaffen zu sein scheinen, dem deutschen Volke von heute die Nolhwendigkeit der Vergrößerung seiner in ihren Anfängen bestehenden modernen Kriegsflotte zu Herzen zu führen, so halten die Uebergriffe der Schweden und Dänen, die vor drittehalb Jahr hunderten die Herren der Ostsee waren, c« dem großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu Gemüthe geführt, sich und seinem Lande eine Flotte zu verschaffen. Wie sein großer Enkel, unser jetziger allverehrler Kaiser, c« heute ist, dem da» Reich eine starke Flotte verdanken wird, so war e« der Große Kurfürst dem einst Branden burg seine ersten Fregatten verdankte. Vom Seehandcl, dessen hohe Bedeutung für die Entwickelung eine« Staate« und seine« Wohlstände» er in Holland kennen ge lernt hatte, war der große Hohcnzoller so gut wie gänzlich au«- geschloffen und da« nicht nur au» Ursache der großen Schweden- und Dänenflotten, sondern auch weil sein damaliger Antheil von Pommern keinen einzigen weilhvollen Hasenplatz enthielt. E» war ihm trotz aller Versuche, trotz der angestrengtesten Bemüh ungen, in denen er nicht nachlicß und verschiedene Tauschanträge, in denen er weit mehr bot, at» er an realem Werth erhalten hätte, nicht möglich gewesen, Stettin und damit wenigsten« die freie Schifffahrt aus der Over in seinen au«schließlichen Besitz zu bekommen. E« war bei dem glühenden Wunsche, welcher den Trotzen Kurfürsten beseelte, seinem Lande immer neue Hilfs quellen zuzuführen, kein Wunder, raß ihn ob der absoluten Er folglosigkeit seiner bisherigen Bemühungen schwerer Mißmuth, man kann sagen heiliger patriotischer Zorn, erfüllte. Dennoch blieb die Begründung einer brandenburgischen See macht, die Beförderung de« überseeischen Handel« und die Inschutz nahme de» Bestehenden bi« an sein Lebensende ein« seiner haupt sächlichsten Anliegen, wenn gleich ihm auch, wie er sich gewiß sagte, die Ungunst der geographischen Lage keine Erfolge von Dauer verheißen konnte. Seiner rastlosen Energie war e» zu danken, daß wenigsten« einige Fregatten den Stapel verlassen und da» Ansehen Branden burg« aus dem Meere vertreten konnten. Durch einen holländischen Kaufmann Benjamin Raule, den er zum Oberdirektor de» Seewesen« ernannt, ließ er eine Anzahl Kriegsschiffe bauen, die nicht nur bei den militärischen Operationen gute Dienste leisteten, sondern auch die Handel»interesscn schützten. Raule war Rheder und Schöffe zu Middclburgh in Seeland und erbot sich 1675, beim Ausbruch de» Kriege« mit Schweden, schwedische Schiffe zum Vorlheile Brandenburg« zu kapern und dem Kurfürsten Kriegsschiffe zu stellen. Auf diese Weise hoffte Raule sich, da er bi« an den Kragen in Schulden steckte, au» seiner finanziellen Klemme herauSzuwinden. So begab er sich 1676 nach Berlin, um die Ausrüstung der zu dem Krieg in der Ostsee verwendeten Fregatten zu leiten, 1677 wurde er dann, wie erwähnt, zum Generaldirektor der Marine ernannt. Nach dem Frieden von St. Germain, am 29. Mai 1679, welcher dem Großen Kurfürsten die denkwürdigen Worte au»preßte: „Lxoriro aliquis nostrm ox ovsibus uitor!" (Möge au« meinen Gebeinen ein Rächer entstehen!) Nach diesem Frieden, der eben Brandenburg von dem Ufer der Ostsee saft auSfchloß, in dem Friedrich Wilhelm die mit so vieler Anstrengung erworbenen pommerschen Besitzungen wieder räumen mußte, nach diesem schmachvollen Friesen, der dem Hohenzollern wie ein glühende« Eisen im Fleische gebrannt Haden muß, rüstete Raule neue Schiffe au«, um wenigsten» an Spanien (welche» durch Nichtzahlung an gekündigter Subsidien, welch' letztere dem Kurfürsten einen günst igeren Friedensschluß sehr wohl ermöglicht hätten) Rache zu nehmen, indem sic die rückständigen Gelder mit geladenen Kano nen und jeden Augenblick zum LoSdonnern bereiten Breitseiten einforderten. Die großmächligen spanischen Linienschiffe mußten ganz verblüfft gewesen sein, über da» urplötzliche Ausrauchen einer Kriegsmacht, die, obwohl vorher ganz unbekannt, sich solch deut licher Sprache zu bedienen erlaubte und so erging c» der ganzen Welt. Man mußte wohl oder übel zugcben, daß eine branden burgische Flotte existirte und ihre Existenz durfte ungestraft nicht verleugnet oder ignorirt werden. Sie war da, die brandenburg ische Flotte; ein Grund, daß alle Seemächte staunten. Aber sie war nicht da, nur de» Krieges und der Rache willen allein. Ihr Hauptzweck war und sollte der sein, dem überseeischen Handel durch Gründung von Kolonien feste Stützpunkte zu ver schaffen und ihn selbst zu beschützen gegen die Uebergriffe fremder Seemächte. Daher war denn auch die erste friedliche Folge der Errichtung der brandenburgischen Marine die, daß sich 1682 eine sogen, afrikanische Handelskompagnie aufthat, durch welche der überseeische Handel in feste Hand genommen wurde und welche zur Anerkennung der Oberherrschaft de» Großen Kurfürsten von Seiten einiger Ncgcrhäuptlinge auf Guinea und damit zur Gründ ung der ersten brandenburgischen — wir dürfen wohl sagen der ersten deutschen — Kolonie führte. Die Negerhäuptling- mußten sich nämlich verpflichten, nur mit brandenburgischen Schiffen Handel zu treiben und thatcn die» natürlich um so bereitwilliger, al« sie sahen, daß Brandenburg ein Staat war, der auch seine Handelsrechte zu schützen gesonnen war. Nun bildeten sich auch Handelsgesellschaften, Kommerzkollegicn, GeschLflSkompagnien und wie die kaufmännischen Gesellschaften sonst noch hießen, in anderen Städten, al» da waren Pillau, Königsberg u. a. Zu dieser Zeit bestand die brandenburgische Flotte schon au« 30 vcll ausgerüsteten Dreideckern, und Major v. d. Gröben konnte auf Grund diese» Rückhalte» 1683 mit nur zwei Schiffen und einer Kompagnie Soldaten die Gründung einer Kolonie an der Goldküfte vornehmen. Man pflanzte zunächst, als eine Art Geßler« Huk, die brandenburgische Fahne an einer Stange auf, die man einige hundert Meter vom Strande des Meere» in den Boden steckte. Späterhin errichtete man einige Fort» mit Garnisonen, ganz wie heute in unseren kolonialen Be sitzungen. Dabei stellte sich heraus, daß man die Fahne Branden burgs von Seiten der Eingeborenen wie einen neuen Fetisch ver ehrte und als die alten Verträge mit den Häuptlingen abliefen, schickten diese eine feierliche Gesandtschaft nach Berlin, um die Erneuerung derselben vollziehen zu lassen. Wenn da» koloniale und maritime Unternehmen de» großen Kurfürsten keinen dauernden Erfolg hatte, so lag da», wie wir wohl cinsehen, nicht an der Geschicklheit der Brandenburger, ihren Handel zu fördern und des Kurfürsten, ihn zu schützen, sondern vor allen Dingen daran, Laß ihm, wie eingang» erwähnt, die nölhigen Häsen, die nöthige Freiheit der AuSsahrt und Einfahrt nicht zur Verfügung standen. Außerdem hatte der 30 jährige Krieg und die folgenden unglücklichen Feldzüge da« Land selbst fast bi» aus» Mark ausgesogen und der Einwohner hatte sich indessen eine Trägheit und Unentschlossenheit, eine Art Furcht, entschlossen vorzugchen, bemächtigt und mit dieser Trägheit, Un entschlossenheit u. Furcht war Angesichts der Armuth de» Lande» und der ungünstigen geographischen Lage nicht viel anzufangen. Da waren denn auch die Hauptgründe, weshalb sich die großartigen Joeen de» großen Zollern mit seinem Lande nicht halten konnten und nach seinem Tobe vollständig in Nicht« zerflossen. Wenn aber nun da« kleine brandenburgische Völkchen, arm und muthlo», schon so Vielversprechende» leisten konnte, sollte e» nicht für da» reiche, starke, einige, geographisch für eine Flotte günstig gelegene — man denke nur an den Katser-WilhelmS-Kanal, der unsere Nordküste thatsächlich verdoppelt hat — sollte e» nicht sür da» freie deutsche Reich ein Leichte« sein, da» Höchste zu leisten und damit die großartige und so herrlich patriotische Idee de» Großen Kurfürsten in dem JlottenvermehrungSplan seine« Enkel«, der in jeder Hinsicht seine» großen Ahnen sich würdig gezeigt hat, endlich zu verwirklichen? „Lxoriro nostris sx ossibus — hat sich der uitor" ge sunden? Fragt die Jahre 1813 und 18701 Der Gott der Deutschen gab un» die „Rächer"! Der Gott der Deutschen wird auch die großartige Idee de» Großen Kurfürsten zur Wahrheit werden laffen! Er giebt un» auch eine Flotte! Kalf Aarnekow. Eine mecklenburgische Erzählung von A. v. d. Ost«u. Der Vollmond stand über dem See. Seine Lichter spielten und zitterten unermüdlich auf der dunklen regung-losen Fläche, al» wöben sie ein silberne» Netz, um Nixen und Eisen darin zu fangen. Kein Laut war hörbar, al» da» stille Flüstern der Schwarzpappeln vor dem Giebel de» niedrigen Hause», welche»
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