Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für ' BifetZofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt des Königlichen Verichtsamtes und Les AtaLtrathes za Dischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 12'j, Rgr. Inserate werden nur bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen. 11867 Sonnabend, den 2S. Mai Mitunter giebt es Ereignisse oder Fragen, an denen fast alle Staaten Europas gleichzeitig Theil haben, bei denen die Interessen der Einzelstaaten in Einem vereinigt sind. Seit der Beilegung der luxem- burger Streitfrage scheinen jene Verhältnisse einmal einen Aufschub erlitten zu haben; außer der weniger politisch als industriell und volkswirthschaftlich an Bedeutung gewinnenden großen Weltausstellung zu Paris giebt eS Nichts gegenwärtig, was die Interessen Aller in einen Punkt concentrirte; der Herumschauende Blick wendet sich daher nach jedem einzelnen Staate, um sich eine Uebersicht des Geschehenen zu verschaffen. Beginnen wir zunächst mit Deutschland, d. h. mit allen den Ländern in Europa, wo deutsch ge sprochen wird, so fällt uns zunächst Nordschleswig wieder auf. Warum? werden wir gleich sehen. Es ist bekannt, daß zu einer von Preußen festzu setzenden Zeit nach den Nicolsburger Be stimmungen eine Abstimmung der Bewohner Nord schleswigs hinsichtlich der Souveräns-Wahl stattfinden soll. Unter diesen Verhältnissen ist es erklärlich, daß 27 Prediger an Preußen nicht den Eid leisten wollten. Diese 27 sind nun ohne Anspruch auf Pension ihres Amtes entsetzt-. Preußen selbst macht keine Anstalten zur Abstimmung, in Kopenhagen sammelt man bereits für die „armen Vertriebenen", was Wunder, wenn sich aus dieser Wolke ein Gewitter bildet, wenn aus diesem Zögern Seiten Preußens ein zweites Luxem burg entsteht? Doch, bange machen gilt nicht; Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit sind zwei ver schiedene Dinge. Die preußische Regierung nimmt gegenwärtig die Zollverhandlungen mit Oesterreich wieder auf und hofft man, da es sich nur und einzig um die Weinzölle noch handelt, daß ein baldiger befriedigender Abschluß zu Stande kommen wird. Eine schöne Einrichtung der preußischen Regierung ist, daß bis auf Weiteres die reservepflichtigen Mann schaften (Landwehr) nicht auswandern dürfen. Steuern werden erhöht, verdient wird nichts, fort dürfen die Leute auch nicht: muß das Alles nicht direct zur traurigsten Aufregung. gegen die Bajonetten-Wirth- schaft BiSmark'S hinwirken? o tempors! o — Srvrümdzwanzlgster Jahrgang. Diplomaten! Da singt Schiller eindringlich! Seid einig, einig, einig! Das sind die Deutschen im Herzen längst, sie dürfen es aber nicht sein; da giebt eS Hindernisse im Nicolsburger Vertrag, im Vertrag mit Baiern, mit Würtemberg rc., vielleicht gar ein Bismark-Napoleonischer geheimer Vertrag, und dergleichen mehr. Doch wenden wir uns von diesem unerquicklichen Zustande ab und vertrauen auf Gott, der das Recht und das Rechte bestimmt und un zweifelhaft wieder zur Geltung bringen wird. Das „Wann" steht in Seiner Hand. Der Kronprinz von Preußen nebst Gemahlin sind bereits auf der Reise nach Paris; daß der König am 30. d. M. folgen wird, haben wir in letzter Nummer berichtet. Für die Mühe, den luxemburger Streit zu schlich ten, hat der Tausendkünstler, Herr v. Beust, Dank schreiben aus Berlin und Paris erhalten; bekannt lich ist sein ursprünglicher Vorschlag in dieser Sache angenommen worden. Jedenfalls ist auch ihm zu verdanken, daß die Protestanten in Ungarn ihre alten Rechte und mehr erhalten; nach und nach — anders ist es in Oesterreich nicht möglich — werden wohl auch die deutsch-österreichischen Protestanten dieselben Vortheile bekommen. Wie man Wien zu befestigen sucht, so geht man jetzt damit um, auch Prag und andere Orte durch Citadellen stark zu machen (lang sam! aber sicher!!). Wie gut, daß die Zeitungen nicht immer die maßgebende Stimme haben, sonst würden wir von Frankreich längst verschluckt worden sein. Na mentlich sind es die „Presse" und das „Journal des Debats", welche eine feindliche Sprache gegen Preu ßen führen. Sie heben hervor, daß das Nachgeben Preußens in der luxemburger Sache kein Freund schaftsdienst, sondern ein Ergebniß des europäischen Druckes sei; eine Erkaltung zwischen beiden Staaten sei daher das Erste, was daraus folge. Ferner er heben diese und andere Zeitungen — ob inspirirt oder nicht, ist unbekannt — ein Geschrei, daß Frank reich um keinen Preis abrüsten dürfe, da es noth« wendig sei, daß Preußen eine Lection über „inter nattonale Höflichkeit" bekäme. Wir könnten dafür den Franzosen lehren: „internationale Genügsamkeit" halten, (die Hälfte des Ausstellungsraumes ist ein anderer Beweis französischer Bescheidenheit).