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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 03.01.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190001032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000103
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-03
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Monat
1900-01
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Jahr
1900
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über da« deulsch englische Abkommen da« folgende Dementi: »Der »Berliner Lokal-Anzeiger" führt gegenüber dem von »W. T. B." verbreiteten Dementi fort, mit seinen Mitthcilungen über den angeblichen Inhalt de« deutsch-englischen Vertrage« Reklame zu machen. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß diese Angaben aus dreister und ungeschickter Erfindung beruhen." — Bei der Direktion der deutschen Ostafrika-Linie in Ham burg ist die Nachricht eingelaufen, daß der Reich «poftdampser »BundeSrath" vor der Delagoa-Bai beschlagnahmt und von einem englischen Kriegsschiff in Durban eingebracht worden sei und daß der dortige Kommandant eine Auskunft über die Ursache der Beschlagnahme verweigerte. E« wird versichert, daß der Dampfer keine KriegSkontrebanve an Bord hatte. Die von der Reichsregierung erbetene Vermittelung bei der englischen Regierung ist vom Auswärtigen Amt sofort zugesagt worden. Der Vorfall bildet den Gegenstand diplomatischer Erörterungen. E« ist wohl anzunehmcn, daß England zu den vielen Schwierig keiten, mit denen e« gegenwärtig zu kämpfen hat, nicht die Neig ung haben wird, noch solche Differenzen mit Deutschland hinzu zufügen. Man darf daher erwarten, daß England nicht zögern wird, den Zwischenfall gütlich beizulegen. — Vom südafrikanischen Krieg«schauplatz. Die unheimliche Stille auf sämmtlichcn Krieg-lheatern wird plötzlich unterbrochen durch sensationelle, vom Pariser »Tcmp«" unter dem 29. Dezember verbreitete Nachrichten, wonach e« den Eng ländern überall bitter schlecht gehen soll. E« ist unmöglich, die Richtigkeit dieser Nachrichten zu prüfen, doch sprechen mancherlei Anzeichen dafür, daß sie zu Ungunsten der Engländer arg über trieben sind. Angeblich sind im Londoner Krieg-Ministerium ge heime Berichte angekommen, die sich über die Kriegslage folgender maßen au«sprechen: »In Kapetown befinden sich mindesten« bl),000 Afrikander in offenem Aufruhr. In De Aar sind die Generäle French und Gatacrc hart bedrängt von den Oranjisten. Ihre Verbindungen sind durch die ausständischen Holländer de» Kaps abgeschnitten. Am Modder-River soll ein neuer blutiger Kampf Lord Methuen gezwungen haben, südlich zurückzuweichen. Auch er sei isolirt. Auf der Route Durban-Ladysmith sei Buller bi» Pietermaritzburg zurückgetriebcn. Die Lage in Ladysmith sei ver zweifelt. In Ladysmith herrsche zudem eine drückende Hitze, 104 Grad Fahrenheit im Schatten." — Die Zahl der Aufständischen in der Kapkolonie und Natal zusammen wurde bisher auf höchsten» 20,000 Mann angegeben. Seitdem hat die Ausstandsbewegung sich allerdings weiter ausgedehnt, die angegebene Zahl scheint aber doch etwa« hoch gegriffen zu sein und bedarf der Bestätigung. Von den Generalen Gatacrc und French liegt eine Meldung vom 28. Dezember vor, wonach die Lage bei ihnen unverändert war. Sie müssen sich zu dieser Zeit also noch in der Umgegend von Stormberg und EoleSberg befunden haben, d. h. über 200 bczw. über lOO Kilometer entfernt von De Aar, wo sie nach der Mel dung de« »Tempi" vom 29. Dezember den Oranjisten gegenüber in schwere Bedrängniß gekommen sein sollten. Da» ist also auch unwahrscheinlich. Daß Lord Methuen durch einen neuen blutigen Kampf zum Rückzüge gezwungen sei, würde eher zu glauben fein, ebenso, daß die Lage in Ladysmith eine verzweifelte sei. General Buller hat schon seit etwa acht Tagen au« Besorgniß für seine rückwärtigen Verbindungen, die von Weenen und Springfield bedroht werden, den Rückzug eine« Theil» seiner Truppen nach Freie und Estcourt angeorvnet nnd sein Hauptquartier nach Frere zurückverlegt. Diese Maßregeln mögen zu dem vielleicht über triebenen Gerücht Anlaß gegeben haben, daß er nach Pietermaritz burg zurückgetriebcn sei. Vom westlichen Kriegsschauplatz wird noch gemeldet, daß General Cronjc am 21. d. M. die Beschießung de« Lager» am Modder-Fluß begonnen hat, nachdem Lord Methuen die Auffor derung, sich zu ergeben, abgelchnt hat. Weitere Nachrichten besagen noch: London, 30. Dezember. Die »Time«" melden au« Chic- veley vom 28. d. M., gestern und heute früh fand ein heftige» Fcuergesecht bei Ladysmith statt. Wie berichtet wird, soll Gene ral White einen Ausfall gemacht und Hügel besetzt haben London, 30. Dezember. Au« dem Burenlager bei Colenso wird gemeldet, man bemerke, daß da« englische Lager bei Chieve- ley täglich anwachse und erwarte täglich einen neuen Versuch der Engländer, den Tugela zu überschreiten und Ladysmith zu entsetzen. Lorenzo-Marqucz, 30. Dezember. Nach einer au» Maseking in Prätoria eingegangenen amtlichen Depesche hat die Garnison von Maseking am 26. d. M. einen Ausfall gemacht, bei dem die Verluste der Engländer an Tobten und Verwundeten 109 betragen haben, während von den Buren 2 fielen und 7 verwundet wurden. Kapstadt, 30. Dezember. Da« britische Lager in Victoria- West wurde am 28. d. M. Abend« alarmirt. E« entstand ein heftiger Kampf mit einer Abthcilung Buren, welche, wie man glaubt, die Bahn zerstören wollten. London, 30. Dezember. Salisbury kam gestern Abend von Hatfield hierher und fuhr in« Kricg-ministerium, wo unter seinem Vorsitz eine Sitzung de« Wehr-Komitee» stattsand. E» verlautet, daß über die Besetzung der Dclagoabai berathen wurde. London, 30. Dezember. Da« »Reutersche Bureau" erfährt an amtlicher Stelle, der von dem englischen Kriegsschiff vor der Dclagoabai beschlagnahmte deutsche Dampfer »BundeSrath" soll bi» zur Entscheidung de« Prisengericht« in Durban unter Be schlagnahme bleiben. E» werde hervorgchoben, daß ein ernster Grund für da» Vorgehen der britischen Behörden vorliegen müsse, -- da dieselben die Beschlagnahme vor dem Prisengcricht vollständig rechtfertigen müßten. Ueberdie« werde erklärt, e» sei der Wunsch der britischen Regierung, daß der gewöhnliche gesetzliche Handels verkehr fremder Schiffe an der Ostküste Afrika« möglichst wenig Beschränkung erleide. London, 30. Dezember. Wie »Reuter» Bureau" erfährt, soll der deutsche Dampfer ,Bunde«rath" drei deutsche Offiziere und zwanzig Mann an Bord haben, welche beabsichtigen, in der Burcnarmee Kriegsdienste zu thun. Locale «nd sächsische Nachrichten. — Dresden, 30. Dezember. Der Wagenpark de» König» auf den sächsischen Staal»eifenbahncn, der zur Zeil au» sieben Waggon» besteht, soll demnächst um einen Waggon vermehrt werben. Der neue Hofwaggon wird in Bre«lau angefertigt und kostet über 90,000 M. Die Anschaffungskosten der Königl. Wag gon» werden au« den Mitteln de« König« bestritten, die Staat»- bahn hat nur nach der Jnbetriebstellung für die Verwahrung und Erhaltung de« Königl. Wagenmaterial« Sorge zu tragen. — Dresden. Da« amtliche .Dresdner Journal" ver öffentlicht folgenden Erlaß: Wie bekannt, findet sich auf ver schieden Sächsischen StaatSforstrevieren Hochwild (Rothwild) in größerer oder geringerer Anzahl vor. E« liegt in der Natur de« Wilde«, daß dasselbe zeitweilig namentlich zu Aesung«zwecken seinen gewöhnlichen Standort wechselt, hierbei, soweit die Forst reviere nicht durch Zäune umfriedigt find, auch auf angrenzend« t Privalfluren übertritt und an den daselbst vorhandenen Feld- und Wiesensrüchlen je nach der Jahreszeit mehr oder weniger Schaden verursacht. Nachdem die Klagen über solche Schäden in einigen Gegenden in neuerer Zeit sich gemehrt haben und in einzelnen Revieren auch die Forstkulturen durch Verbeißen und Zertreten und die jüngeren Holzbestände durch Schälen merklich zu leiden gehabt haben, ist mit Allerhöchster Genehmigung selten« de« Finanzministerium« in den hauptsächlich in Betracht kommen den Forstbezirken Schwarzenberg, Eibenstock, Auerbach, Grillen burg mit Revier Tharandt und Schandau recht« der Elbe ein verstärkter Abschuß namentlich von Mutterwild vorgeschriebcn worden. Die Maßnahme bezweckt lediglich den Bestand ve« Roth- wilde« in den gedachten Forstbezirken nicht über da» den Verhält nissen entsprechende Maß anwachsen zu lassen. — Plauen, 28. Dezember. In große Bctrübniß wurde gestern Abend eine hiesige Familie versetzt, deren rcichbcgabter Knabe sich beim Spielen durch einen unglücklichen Zufall er würgte. Ein ähnlicher trauriger Fall ist hier in Plauen vor längeren Jahren schon einmal vorgckommen. — Plauen i. B., 29. Decbr. Ein Zopfabschncider! Auf der Bahnhofstraße ist einem 10jährigen Mädchen, da« vor einem Schaufenster stand, der Haarwpf in der Länge von 35 en, abge- schnitten worden. E» ist jedoch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß e« sich um einen Schabernack oder Unfug handelt. Eine exemplarische Strafe wird aber auch in diesem Falle nicht au«- bleiben. — Aue, 29. Dezember. In einer Argentansabrik in Auer- Hammer hat sich ein schwerer Unglück«fall ereignet. Der 16 Jahre alte Fabrikarbeiter Franz Möckel au» Crottendorf blieb mit dem Schurz hängen und kam dadurch zu Fall, wobei ihm ein Block glühenden Erze» aus da» Bein stürzte, da» Bein zer splitterte und fast vollständig verbrannte. Der Unglückliche wurde nach der Heilanstalt von Ur. Pilling gebracht, in der ihm da» Bein abgenommen ward, doch verstarb er schon nach wenigen Stunden. — Auerbach, 30. Dezember. Gestern Abend 6 Uhr brach aus bi» jetzt noch unaufgeklärte Weise in einem über dem massiven Kuhstallgebäude de» hiesigen Rittergutes gelegenen Heuboden Feuer au», wodurch diese» Gebäude mit der eingebauten Wirlh- schastSküche und der Berwalterwohnung vollständig eingeäschert wurde. Etwa 200 Ctr. Heu, eine Anzahl Betten,-WirthschaftS- geräthe und Pferdegeschirre sind hierbei vom Feuer mit vernichtet worden. Der Kalamitose hat versichert. — Markneukirchen, 28. Dezember. Mit erfrorenen Füßen ausgefunden wurde in der Nacht vom 24. zum 2b. d. M. auf dem Wege von hier nach Breitenfeld derfjca. 40 Jahre alte Saitenmacher Martin von hier. Man fürchtet, daß die Füße abgenommcn werden müssen. — Markneukirchen, 29. Dezember. Dem hier statio- nirten Grenzaufseher John sind am WeihnachtSheiligcnabend bei einem Patrouillengange sämmtlichc Finger erirorcn, und zwar derart, daß dem Unglücklichen die zehn Gliedmaßen amputirt werden müssen und seine Pensionirung nöthig wird. Die Kälte stieg im oberen Vogtlande bei scharfem, eisigen Winde bi» aus 17 Grad It. — Klingenthal, 30. Dezember. Aus eine schreckliche Weise ist gestern Nachmittag 1 Uhr der 22 Jahre alte ledige Brauburschc Fischer in der Brauerei der Frau verw. Teller hier ums Leben gekommen. Derselbe war mit Aufschütten de» Nach wasser» beschäftigt, wobei er ausgeglitten und kopfüber in den mit 60grädiger Bierwürze gefüllten Maischbottich gefallen ist. Der Verunglückte hat sich zwar wieder herauSzuarbeiten vermocht, doch sind die erlittenen Verletzungen derartige gewesen, daß er denselben alsbald erlag. — Stolpen, 30. Dezember. Alle Versuche, die durch Schneewehen unsahrbar gewordene Bahnlinie Neustadt-Dürrröhr«- dorf wieder betriebsfähig zu machen, sind bi« jetzt erfolglos ge blieben. Der Schneepflug steckt mit zwei Maschinen bei Ober- hclmSdorf im Schnee fest. Eine von Schandau herbeigeholte schwere GüterzugSlokomotive ist bei dem Bemühen, die Schnee wehen zu durchbrechen und an den Schneepflug zu gelangen, de fekt geworden, an ihr ist ein Cylinderdeckel gesprungen. Eine zweite, von Neustadt zu Hilfe gerufene Maschine liegt mit ver bogener Kolbenstange unweit des hiesigen Bahnhofs auf der Strecke. — Neueren Nachrichten zu Folge ist die Strecke fitzt wieder fahrbar. D. Red. — Steinplei» bei Zwickau, 27. Dezember. Die Ein richtung bei Abwesenheit vom Hause den Wohnungsschlüssel für die Familienmitglieder irgendwo zu »legen", hat einem hiesigen Einwohner einen bösen Streich gespielt. Am 1. Feiertag hat während der Abwesenheit de» Fleischer« Hochmuth hier ein bi» jetzt noch unbekannter Dieb, der aber jedenfalls mit den örtlichen Verhältnissen wohl vertraut gewesen sein dürfte, die Gelegenheit benutzt, um, nachdem er vermittelst de» auf einem Schranke in der Hausflur niedergelegten Küchenschlüssel» bequem in die Wohn ung eingedrungen, durch Erbrechen de» in der Wohnstube befind lichen Schreibpulte» ca. 150 Mk. zu entwenden. Hierauf Hot der Thäter alle Thüren wieder regelrecht verschlossen und auch den Küchenschlüffel an den fraglichen Ort zurückgelegt. — Die Fahnen der Sächsischen Truppcntheile er hielten am 1. Januar, wie die »Kons. Landtags-Korrespondenz" erfährt, »Centennar-Fahnenbänder" verliehen. Dieselben sind In Lande-farben gehalten und tragen die Jahreszahl 1900 in einer Metallausführung nach Art der Schlachtenspangen. Vor hundert Jahre«. Zioriemerlung. Da» Jahr ISOV. Gewiß ist e« äußerlich in keiner Weise unterschieden- von den Jahren, die im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende dahingcrollt sind in daS Meer der Ewigkeit; aber sür die kultiviere Menschheit bedeutet eS einen wichtigen Zeitabschnitt, gleichsam einen Ruhepunkt in der jagenden Hast unserer Jahre, aus denen sich die Jahrzehnte deS Menschenleben- zusammensehen. So ist eS denn auch natür lich, daß sich der Blick deS denkenden Menschen vom Jahre 1900 rückwärts wendet zu dem gleichen Zeitabschnitte vor LOO Jahren, zum Jahre 1800. Die Frage, „wie hat eS im Jahre 1800 in d er Welt au-gesehen," erschöpfend an dieser Stelle zu beantworten, kann nicht unsere Aufgabe sein. Wohl aber wollen wir versuchen, unseren Lesern, an jedem Tage deS JahreS 1900 zurückblickend auf den gleichen Tag deS Jahre- 1800, em Spiegelbild jener fernen Zeit vor 100 Jahren zu entrollen, ein Bild, daß sich au- kleinen Mosaiks zu einem leben-wahren Gesammtbilde zusammensetzen möge. Und wenn auch in diesem noch mancher Strich fehlen mag, um ein voll kommene- Gemälde deS Jahre- 1800 zu schaffen, so wird doch der Zweck dieser kleinen Zusammenstellungen für jeden Tag deS Jahre- 1900 erreicht; den freundl. Leser anzuregen, zu vergleichen zwischen unserer Zeit und ver gangener Zeit. 1. Januar. DaS Reu-Jahr 1800 erscheint im äußerlichen nicht sonderlich von un- seren Neujahren verschieden gewesen zu sein; nur etwa- gemüthlicher und fröhlicher, trotz aller Kriea-Wirren, ist man zu jener Zeit gewesen. In den Zeitungen jener Zeit (selbst die bedeutendsten erschienen durchaus nicht etwa täglich, die meisten einmal wöchentlich, und da» größte Format ist ebenfall- ein mäßige- Quartformat) finden sich, wie heute Reujahr-gedichte und Be trachtungen, aber in Form und Inhalt wesentlich bester, al- vielfach die heutige Dutzendwaare. Auch die empfehlenden Glückwünsche an „Freunde, Bekannte und Gönner" und »war nicht nur vonKr^ni^ sondern von Leuten au- den Kreisen der oüwrt Ättznluufiuß fiuv vorhanden, in der Lscnklscns ' 8 5lk> M ) „Bossischen" z. B. stattet ein KrieakommiffariuS seine „unterthänigste Gra- tulation" öffentlich ab und ein Leutnant empfiehlt sich Verwandten und Freunden „ganz gehorsamst", während ein RegimentSchirurguS seine Hochzeit den Verwandten, Freunden und Bekannten „unter Berbittung der Glück wünsche" (!) ganz ergebenst bekannt giebt. Der Prediger von der Petrikirche aber weiht da- neue Jahrhundert damit ein, daß er bittet, seinem Gesinde nicht- ohne gleich baare Zahlung zu verabreichen (wir sind nach 100 Jahren „fortgeschrittener" und setzen unsere Frauen „in- Blatt", wenn sie zu borg süchtig). Ziemlich allgemein üblich waren die ReujahrSgeschente, die nicht nur an Domestiken rc. sondern auch an höherstehende Personen verabreicht wurden. Den wüsten Radau, mit dem man namentlich in Großstädten da neue Jahr zu begrüßen pflegt, kannte man vor hundert Jahren nicht; eS ging eben gesitteter und ruhiger zu, obschon man noch keine Schutzleute und keine elektrische Beleuchtung hatte. Mindesten- aber so lebhaft, wie man jetzt darüber diSkutirt, ereiferte man sich damals über die noch immer nicht entgiltig entschiedene Frage, wann das neue Jahrhundert beginne; die Ge- lehrten bewiesen 1801, das Volk meinte: 1800. ES sei schließlich noch der Schlußzeilen deS NeujahrSgedichteS der „Bossischen" erwähnt: Wo ist ein zweite- Volk, das ein Jahrhundert Hindurch so unaufhaltsam stieg? Einst klein, doch jetzt beneidet und bewundert Im Frieden und im Krieg. Wird höher noch die- edle Volk sich heben, DaS eines Vorzugs kam entbehrt? Gewiß, nur bleibe Friedrich Wilhelm leben. Und — mach uns seiner Werth! In der politischen Welt sah es vor 100 Jahren merkwürdig ge- sich vor Augen halten, daß die breiten Masten der Völker ein^Mitbestimm- ungsrecht innerhalb der Politik nicht hatten, daß diese vielmehr Sache einer verhältnißmäßig geringen Anzahl mehr oder minder hervorragender Männer, zuweilen sogar recht minderwerthiger Diplomaten war. Einen gewissen nationalen Patriotismus gab es allerdings, insbesondere in Frankreich und England, allein jenes nationale Bewußtsein, wie es heute ganz selbstverständ lich bei jedem Kulturvolle, war damals noch nicht vorhanden. In Deutsch land war die Zerrissenheit groß und sie war es. die dcm korsischen Eroberer bei seiner Zerstückelung damals Vorschub leistete. Der Abstand zwischen den Anschauungen jener Zeit und unserer Zeit geht schon daraus hervor, daß man die Vertheüung der Länder und Völker ohne Rücksicht auf Nationalität vornahm und es nichts seltenes war, daß Fürsten ihr Land und Volk gegen ein anderes eintauschten. 3. Januar. Wie gruppirten sich die Staaten im Jahre 1800? Die Augen der ganzen Welt waren auf Frankreich gerichtet, daß seit der Sturzwelle der großen Revolution als Hauptfaktor für alle politischen Verwickelungen gelten mußte; in der Republik „herrschte", wie man füglich sagen darf, der erste Konsul Napoleon Bonoparte, das spätere Kaiserthun» vorbereitend. Als Großmächte kamen vor allen Rußland (Zar Paul, kleinlich, despotisch, wahrscheinlich gemüthskrank, bereits im März 1801 ermordet), England mit seiner hohen Blüte in Handel, Gewerbe, Schiffahrt (König Georg 111) und Oesterreich (letzter römisch-deulscher Kaiser Franz 11) mit seiner da mals, wie heute, auS den entgegengesetztesten Elementen bestehenden Bevöl kerung inbetracht. Deutschland war vollständig geographischer Begriff; ein Zusammenhalt der Fürsten gegenüber dein Auslande war nicht vorbanden. Obschon um jene Zeit gar manches der kleinen Fürstenthümer, Grafschaften und dergl von größeren und stärkeren Nachbarn aufgesogen war, gab es doch noch eine Anzahl deutscher Souveräne, für deren Macht uns heute das Verständlich fehlt. Innerhalb Deutschlands war Preußen (Friedrich Wil helm Ul) zu einer Ar tStillstand in seiner Entwickelung gelangt, während die Fürsten des Südens mehr oder minder mit Frankreich sympathisirten. Italien war von den Franzosen überschwemmt, die Schweiz nicht minder, Spanien und Portugal wenigstens zeitweise. Schweden (Gustav IV) nährte einen glühenden Haß gegen Napoleon Bonaparte. Dieser ist es, um den sich die Geschichte damaliger Zeit dreht, wie durch ihn fast alle europä ischen und viele außereuropäische Staaten in die Welthändel verwickelt wurden. Die heiligen zwölf Rächte im Spiegel der Kultur geschichte. Von R. Jülich. Unsere heidnischen Vorfahren begingen zwei Hauptfeste im Jahre, die sich dem Laufe der Sonne anschlossen uno Sonnen- wcnoen genannt wurden. Wenn nach ihrem Glauben die Sonne ihren Lauf von neuem begann, um den »grimmen Winterriesen" zu vertreiben und den lichten Frühling zu dringen, dann feierten sie da» Fest der Wintersonnenwende, auch Julfest genannt. Diese« war gleichsam da« Geburisfeil per Sonne, deren «nnn- bild da« Rav (jul) war uno begann mit ver Nacht zum 25. Dezember, der heiligen Weih- oder Mutternacht. E« dauerte zwölf Tage, vom 25. Dezember bi« zum 6. Januar. E« war die» die Zeit der heiligen zwölf Nächte, an welche noch heute die in einigen Gegenden gebräuchlichen Bezeichnungen »Zwölf ten", »Zwöisnächte", »Unternächte", d. h. Zwischennächte und »Rauhnachle^ erinnern. In Schlesien sind es die zwölf Tage vor Weihnachten, in Mecklenburg und Franken die zwölf ersten Tage de» neuen Jahre«. Diese Zeit der zwölf Nächte wurde von allen germanische» Stämmen besonder« heilig gehalten und gefeiert. Man dachte sich die Götter zur Erde herabstcigend und Umgänge haltend. Aller Streit ruhte uno keinerlei Arbeit wurde »errichtet. „Zwölf Tage lang herrschte aus den Straßen und in den Wohnungen festlicher Jubel, wobei jeder Gast willkommen war auf dem Herde brannte der Weihnacht-ktotz, den sich jeder au« den Waldern holen konnte, ohne al» Holzfrevler bestraft zu werden und in der mit Grün geschmückten Halle erklangen während de» Mahle« besondere Lieder zum Preise de« Sonnenktnde». Auch vergnügte man sich mit allerlei Spielen und Räihselfragen und al« Festgericht ward ein Eber ausgctragen, welcher dem Frü ge heiligt war. Wenn nun nach dem Glauben de« Volke» die Göller in der Nacht ihre Wohnungen »erließen, um auf die Erve herabzustetgcn, so zeigte sich der Einfluß der göttlichen -Nahe in der ganzen Natur. Alle Geschöpfe jubelten dankbar dem Göttcrzuge entgegen, alle» Wasser ward gesegnet und in Wein verwandelt und alle« erhielt die göttliche Weihe. Man schöpfte daher in der Mutlernacht da« sogenannte Weihwasser au» den heiligen Quellen, um e» zum Weihgebrauch aufzude- wahren und die Wohnungen damit zu besprengen, man stellte da» Futter in« Freie, um e» dadurch weihen zu lassen, man holte die durch die umwanderndcn Götter gesegneten Pflanzen, um sie dem Bich zu geben und schüttelte die Bäume, um sie gleichsam au» dem Schlafe zu wecken, damit sie wach seien und bet Vertheilung de» Fruchtsegen» nicht leer au»gehcn möchten. Auch suchte man die Götter durch Gaben zu gewinnen und ihren Zorn zu besänftigen, brannte Feuer zu ihren Ehren un» hielt große Opfermahle ab." (v. Rhein«berg-Düring«felo, Da» fest liche Jahr.) Da» Lhriftenthum verkümmerte den Bekehrten ihre Fest freude nicht, nur gav e» derselben einen ungleich höheren In halt; e» verlegte — im Jahre 354 — da« Geburt»fest de« Gotte»sohne» in diese Zeit un» machte sie dadurch zu einer ebenso heiligen wie freudenreichen. So ist an die Stelle de« Julfeste« der nordischen Völker da« Weihnachttsest getreten, aber obwohl die christlichen Senvdoten alle» aufboten, um die Gebräuche au«- zurotten, die an den altheidntschen Glauben erinnerten, so ist e« ihnen doch nicht vollständig gelungen. Wir finden heute noch in vielen Bräuchen und Bottssagen, die sich auf die Zwölften beziehen, Anklänge an jene altheidnische Zeit und ihre Götter. Bor allem hat sich die Erinnerung an den Göltervater Wodan, der nach altgermanischem Glauben zum Feste der Wintersonnen wende mit dem Gefolge der Götter auf die Erde kam, in vielen Bräuchen und Sagen erhalten. Auf ihn weisen die Bezeich nungen Knecht Ruprecht (bruockperükt, der Ruhwglänzende), St. Nikolau«, der Schimmelreiter und die Sage dom »Wilden
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