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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 31.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189812316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18981231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18981231
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-31
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Monat
1898-12
-
Jahr
1898
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— Dresden. Die vier Pferde, welche dem Gewinner de« großen Loose« bei der letzten Pserdclotterie de« Dresdner Renn verein« al« Hauptgewinn zuficlen, sind nunmehr endlich an den Mann gekommen. Der in Annabcrg wohnende Käufer hat die Pferde bereit« abgeholt. Die seit dem 26. Oktbr. dem Gewinner entstandenen Futterkasten haben die Höhe von 542 M. erreicht. Der Werth eine« Pferde« ist demnach in dieser Zeit von dem lebenden Hauptgewinn selbst aufgcsrrssen worden. Wie verlautet, erhielt der Gewinner sür ein Pferd 600 M. Bekanntlich waren sic aber vom Dresdner Rennvcrcin zusammen auf 10,600 M. geschätzt worden. Der mit seiner Anzeige von der Staatsanwaltschaft abgewiescnc Gewinner hat sich damit nicht beruhigt, sondern zu nächst gegen da« Erkenntniß Beschwerde erhoben. Bleibt diese ohne Erfolg, gehl der Gewinner auf dem Civilwege klagend vor. — Leipzig. Vom geschäfisführenden Ausschüsse der Säch sisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstell ung ist den GaranticsondSzeichucrn für die Ausstellung die dcfi- . nitive Abrechnung mit der Bilanz über die Ausstellung und mit der Berechnung der nun endgiltig sestgcstcllten Höhe der von den GarantiefondSzcichnern zu zahlenden Beträge zugegangen. Danach zeigt ter Abschluß einen Fehlbetrag von 556,356,-c M. Hierzu treten noch Verpflichtungen in der Höhe von 104,328,-.« M. sür noch unbezahlte Rechnungen, für Zinsen und als Rückstellung für zweifelhafte Prozesse, sodaß voraussichtlich da« gesammte De fizit der Ausstellung 660,685,«^ M. beträgt. Die GarantiefondS- zeichncr wären genau gerechnet nach Höhe von 34 Proz. ihrer Zeichnungen heranzuziehen. — Plauen. Den Bemühungen des Präsidiums der Han dels- und Gewerbckannucr Plauen ist es gelungen, in Verbin dung mit dem Bogtländisch-Erzgebirgischen Jndustrieverein und dem Fabrikantcnvercin der Stickerei- und Spitzenindustrie zu Plauen eine GesammtauSstellung der Muster, welche von der mit Unterstützung de« Reichs nach Ostasien entsandten Sach verständigenkommission gesammelt worden sind, in Plauen zu ver anstalten. Die Ausstellung dieser hochinteressanten und nament lich für die Textilindustrie des KammerbczirkS wichtigen Muster wirb in der Zeit vom 2. bis einschließlich den 14. Januar 1899 in den gütigst zur Verfügung gestellten Ausstellungssälen der Königlichen Industrieschule zu Plauen, und zwar täglich von 9 bis 12 und 2 bis 4 Uhr stattfindcn. Zur Besichtigung der Ausstellung werden nur deutsche Interessenten zugelassen, während Ausländern der Besuch nicht gestattet werben kann. Ter Zutritt ist gegen Lösung einer Eintrittskarte zum Preise von 1 M. unb Eintragung von Namen, Stand und Wohnort des Besuchers in eine Liste, die am Eingänge zum Ausstellungsraum aufgelegt ist, gestattet. Die Karten sind beim Verlassen der Aus stellung wieder abzugeben. Für die Mitglieder der Handels- und Gewerbckammer Plauen, des Bogtländisch-Erzgebirgischen Industrie vereins und des FabrikantenvereinS der Stickerei- und Spitzen industrie ist der Eintritt frei. Es wird besonders darauf auf merksam gemacht, daß die Eigenartigkeit der Ausstellung den Be such auch für Damen außerordentlich lohnend machen dürfte. — Lengenfeld i. V., 28. Dezember. Das Bahnbau projekt Lcngcnseld-Mhlau tritt nunmehr in da« Stadium des Werden« ein. Am 1. April k. IS. wird hier ein Baubureau errichtet, wofür in diesen Tagen die nothwendigen Lokalitäten gemiethet worden sind. Mit dem gleichen Termin beginnen auch die Vorarbeiten bczw. die Vermessungsarbeiten für den Bahnbau. Der neue Bahnbau wird tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen, insbesondere ist hcrvorzuhebe», daß die hiesige neue BahnhofSanlagc nach ihrer Vollendung einer der längsten aller im gcsammten Vogtlande bestehenden Bahnhöfe sein wird. Sie wird reichen von der Polenzstraße durch die Erhebung des Plohncr Bergrückens bis hinan an die Stelle, wo der Plohnback die Zwickauer Chaussee durchbricht. Die Anlage ist so vorgesehen, daß sie in der Lage sein wird, s. Z. zugleich noch die projektirte Linie Eibenstock-Reichenbach in sich aufzunehmen. — Kamenz. Für den Ausgang des Jahrhunderts, dem wir cntgegengehen, dürfte e« interessant sein, zu erfahren, daß der cigenthümliche Fall, daß Jemand in drei Jahrhunderten gelebt hat, auch einmal cingetrcten ist. In der Begräbnißkirchc zu St. Just in Kamenz in Sachsen findet sich u. A. auch eine alte hölzerne Gedächtnißtafel aufgehängt, auf der wörtlich und deutlich lesbar folgende« steht: Hir ruhet in got Albertus Blau, handclSman alhir, von CurnS au« schotland gebirtig/ ist aufs dise Welt gcbohrcn Lo. 1599/ hat in ehcstandc gelebet 55 I. / halt erlebet KindeSkindeskindcr 24, ist gestorben 1710 seines alter« hundcrtt und elf jahr / sein Vater Johann Blau ist gewesen schiff Zollcinnehmer und gasthalter < hat lassen machen sein Ehdam Martin Reppe tLo. 1713. — Kirchberg, 27. Dezember. Der hiesige Stadtralh hat, nachdem der Schulausschuß eine Ausbesserung der Lehrer gehalte beschlossen hatte, dieselbe ganz gegen Erwarten abgelehnt. — Schneeberg, 28. Dezember. Bei den bedeutenden Bahnumbauten zwischen Stein und Aue erregt jetzt besonders der Bau de« 340 in langen zweigleisigen Tunnels bei Nie der sch lema Interesse. Die Richtstollen de« Tunnels, welcher einen etwa 40 m hohen Bergrücken der oberen Stufe der Phyllit- formation durchdringt, sind nach Aue zu bereit« 40 in, nach Niederschlema bereit« 85 m weil vorgetrieben. Im Innern hat man schon mit dem Vollausbruch des ganzen etwa 9 m weiten und 6 in hohen Tunnelprofils begonnen. Die der Firma Seim u. Riedel in Freiberg übertragenen Arbeiten werden ununter brochen Tag und Nacht fortgeführt. Gegenwärtig sind 2 Tunnel meister, 80 Mineure und Förderleute und 50 Erdarbeiter be schäftigt. Der Tunnel wird der sünftlängstc von den 39 Tunneln der sächsischen StaatSeiscnbahnen sein (Tunnel bei Niederau 513, bei Schandau 377, bei Altenburg 375 und bei Elsterberg 357 m). An der großen Muldenbrücke oberhalb der Prinzenhöhle wurde da« Gewölbe der 33 ui weitgespannten Flußöffnung im November geschlossen; die Brücke wird im Frühjahr fertig. Die Gleisanlagen dcS neuen Bahnhöfe« Niederschlema sind im nördlichen Theile der Anlagen bereit« fertig und sind zum Theil schon in Betrieb genommen. Im März nächsten Jahres gedenkt man mit dem Bau des Güterschuppens und im Mai mit dem de« Stalion«- gebäudeS zu beginnen. Die erwähnten Eisenbabnbauarbeitcn stehen unter der Leitung des Königs. Sektionsbureau Niederschlema. — Niederschlema, 27. Dezbr. Heute früh gegen 6 Uhr wurde auf hiesigem Bahnhofe der Hilfsweichemteller Grünclt von einem von Zwickau einlausendeu Güterzuge überfahren und so schwer verletzt, daß der Tod nach kurzer Zeit eintrat. — Wie un« mitgcthcilt wird, haben sich die bei der sächsi schen StaatSeiscnbahnverwaltung eingehenden Anträge aus Erstattung von Fahrgeld aus ganz oder thcilweise unbenutzte Fahrkarten in den letzten Jahren bedeutend vermehrt. ES ist in dieser Beziehung darauf hinzuweiscn, daß im Allgemeinen eine Verpflichtung der Eiscnbahnverwaltung zur Rückzahlung dcS Preises nicht auSgcnutztcr Fahrkarten nicht besteht. Trotzdem ist bisher au« BilligkeitSgründen in weitgehendem Maße den Er- stallungSanträgcn entsprochen worden, wenn sür die völlige oder thcilwcisc Nichtbcnutzung der Fahrkarten eine Bescheinigung de« dicnstthuenden Beamten derjenigen Station, von welcher ab die Fahrkarte nicht benutzt werden konnte, beigebracht worden ist. Diese Bescheinigungen können von den StationSbeamten natürlich nur innerhalb der Gültigkeitsdauer der Fahrkarten ertheilt werden. Da« Fehlen de« Kupirzeichen« in den Fahrkarten allein kann nicht al« Beweis sür die Nichtbenutzung angesehen werden. Vom l. Januar 1899 an sind übrigen« die Anträge auf Fahrgeld- und Gepäckfracht-Erstattungcn ebenso wie die Beschwerden im Personen- und Gepäckverkehre, soweit sie den inneren (Binnen-) Verkehr der sächsischen StaatSeiscnbahnen betreffen, an diejenige Königliche Eisenbahn-BetriebSdirektion zu richten, in deren Bezirk entweder die Reise begonnen oder die Ursache der Beschwerde entstanden ist. Diese Eisenbahn-BetriebSdirektionen haben ihren Sitz in Dresden - Altstadt (Hauptbahnhof), Dresden-Neustadt (Leipziger Bahnhof), Leipzig (Dresdner Bahnhof), Leipzig (Baye rischer Bahnhof), Zwickau und Ehemnitz. "Nähere Auskunft über die den EiscnbahnbclriebSdircktionen zugetheilten Bezirke ertheilen die Stationen. Dagegen finden ErstatlungSanträge auf Fahr karten, an denen außersächsische Bahnen mitbetheiligt sind, wie bisher durch die Königliche Generaldirektion der Sächsischen StaaiSeisenbahncn ihre Erledigung. Die Anträge sind schriftlich unter Beifügung der bezüglichen Fahrkarten oder Gepäckscheine an die VerkehrSkontrole I der Kgl. Sächs. StaatSeiscnbahnen in Dresden, Strehlenerstr. >, zu richten. — Nach den alljährlich gemachten Wahrnehmungen sind sich sehr Viele noch darüber im Unklaren, ob und was man auf die Neujahrskarten schreiben darf, um dieselben noch gegen die Drucksachcntaxe versenden zu können. Die Folgen davon sind theil« unnöthigc Ausgaben von zu hohem Franko, theil« vergebliche Absendung der Drucksachen. Außerdem tritt vom I. Januar ab eine Anzahl Aendcrungen der bestehenden Bestimm ungen ein, die den NcujahrSbriefverkchr sehr erleichtern. Als Drucksachen können befördert werden alle Arten von gedruckten, autographirten oder hektographirten Karten, gleichviel ob dieselben nur Druck oder auch Abbildungen und dergleichen enthalten. Außerdem ist c« zulässig, auf den Karten den Ort, das Datum und den Namen und Stand de« Absender« handschriftlich an- zugebcn. Dagegen sind Karten mit anderen schriftlichen Angaben, insbesondere auch solche, welche zur Bezeichnung deS Absenders schriftliche Vermerke, wie: „Dein Vater", „Deine Freundin", „Euere Kinder" :c. enthalten, gegen die. Drucksachcntaxe nicht mehr zulässig, sondern al« geschlossene Briefe zu versenden. Als Drucksachen können ferner noch befördert werden: I. gedruckte Visitenkarten, auf welchen außer Adresse sowie Titel de« Ab sender« die Anfangsbuchstaben üblicher Formeln zur Erläuterung des Zwecks der Uebersendung der Karte (wie z. B.: „U. G. z. w." oder „p. f." usw.) oder auch Glückwünsche mit höchstens 5 Worten (wie z. B.: „Herzlichen Glückwunsch zum neuen Jahr!") hand schriftlich angegeben sind. 2. Offene gedruckte Karten, welche aber die Bezeichnung „Postkarte" nicht kragen dürfen; Karten mit dieser Bezeichnung sind, gleichviel ob alles darauf gedruckt ist oder nicht, wie gewöhnliche Postkarten mit 5 Pf. zu frankiren. ES ist indeß neuerdings zugelassen, die Bezeichnung „Postkarte" hand schriftlich in „Drucksache" abzuändern. — Im Verkehr mit dem Auslande ist es gestaltet, auf den gedruckten 'Neujahrskarten eine Widmung niederzuschreibcn. — Die durch Kautschukbuchstaben unter Verwendung eine» Stempel« oder TypenhaltcrS hergestell ten Karten und Briefe sind von der Beförderung gegen die Drucksachentaxe ausgeschlossen. — Zum Schluffe wollen wir noch darauf aufmerksam machen, daß in einfache — mit 10 Pfg. frankirte — Briese häufig GratulationSkarlen von höherem Ge wicht al« >5 8 eingelegt werden, sodaß die betreffenden Empfänger dann La« leidige Strafporto von 20 Pf. entrichten müssen oder aber oft auch deshalb die Annahme verweigern. In letzterem Falle muß der Absender bei der Rückgabe eines solchen Briefe« dann das Strafporto noch obendrein bezahlen. Man lasse also in zweifelhaften Fällen die Briefe stets erst am Postschalter oder bei einem Kaufmann nachwiegen. — Erwähnen wollen wir end lich noch, daß unzulässige Drucksachen den Empfängern nicht mehr gegen Entrichtung eines Strafporto« ausgehändigt werden, sondern dieselben werden nach dem Aufgabeorte zurückgeschickt und wenn der Absender nicht zu ermitteln ist, einfach vernichtet. Sylvester. Dampfende Punschbowlen, klingende Gläser, dazu die braun gefärbten Pfannkuchen (Faschingskrapfen), in Norddcutschland auch die namentlich bei den Damen und Kindern beliebten Mohnpielen und allerwärt« die Sylvestcrkarpfcn, nebst dem obligaten Herings salat, — da« ist die Signatur des Sanct Sylvester«. Im Grego- r anischcn Kalender erhielt der 31. Dezember diesen Namen nach dem im Jahre 335 an diesem Tage verstorbenen Papst Sylvester I., welcher Kaiser Konstantin den Großen zum Ehristenthum bekehrt hatte. Da« sogenannte Patrimonium Petri, da« ist der weltliche Besitz an Gütern, welchen da« Papstthum besessen hat und «Heil weise noch besitzt, rührt von Sylvester I. her, der zugleich auch in Rom eine Sängerschule begründete und Len Ambrosianischen Kirchengesang cinführke. Wa« Wunder, daß dieser Tag so recht den Freuden der Welt gehört, bei dem Gesang und Fröhlichkeit eine Rolle spielen, wie selten. Glück hofft der Mensch von dem kommenden neuen Jahr und er zollt deshalb dem abzichenden Jahr am Sylvester den Tribut beim vollen Pokal, indem er den Lethetrunk, den Trunk der Vergessenheit, zu sich zu nehmen vermeint. Und in dem heißen Dampf dcS Punsches erscheinen ihm die vergangenen bösen Tage nur noch nebelhaft verhüllt, die Phantasie aber zaubert ihm liebliche Bilder von besseren Zeiten vor. Gott KronoS, der alte Zeitgreis, hütet ja bekanntlich im Hintergründe da« goldene Zeit alter, aus da« die Menschen nun schon von Jahrhundert zu Jahr hundert warten und jedesmal, wenn er sein Stundenglas um kippt, weil der Sand abgelaufen ist und ein neue« Jahr aus die Schwelle treten will, hofft man am Sylvesterabend aus die end liche Erfüllung langgehegter Wünsche. Vielkörnig ist da« Glück, darum muß auch der einschläfernde Mohn herhaltcn zum leckeren Mahle, darum ist der Rogen der Fische und sind deren Schuppen glückbedeutendc Symbole, deren man sich am Sylvester bedient. Und wenn die letzte Stunde de« Jahres herbeigekommen, dann richtet man thcilweise au» Ueber- muth, vielfach aber auch au« Aberglauben eine Frage an das Schicksal, indem man geschmolzenes Blei in« Wasser gießt und mit etwa« allzureichcr Phantasie au« den Gebilden Glück und Schmerz hcrauSzulcscn vermeint. Thörichtc Menschen, die da glauben, die uncrsorschlichen Wege ihrer Zukunft schon vorher errathen zu können und meisten« nicht daran denken, daß ein Jeder seine« eigenen Glücke» Schmied ist. In der eigenen Kraft liegt da« Heil der Zukunft: Sieh das Gute^llegt s? nab? Lerne nur da« Glück begreifen. Denn das Glück ist immer da," sagt der Dichter. Wer Einkehr in sich selber halten will, findet dazu am Syl- vestertagc den Werkstein, er prüfe sich selbst und sein vergailgeneS Leben und er wird sehen, daß er ach so manche« liebe Mal recht thöricht gehandelt hat; aber auch an wohlerwogenen und daher wohlgelungenen Thatcn wird sein geistige« Auge haften bleiben. Und so wird « immer sein; der nun einmal zu Jrrthümern ver anlagte Mensch wird immer wieder neue begehen, er wird immer wieder hoffen und harren. Da» ist der Trost bei der Sache und mit diesem Trost im Herzen feiern wir auch diesmal fröh lich und guter Dinge Sylvester. Kans im Glücke. Eine Weihnichts-Geschicht« von Meta Heyden. «Schluß.» Merkwürdig war e«: Han«, der sich sonst gewiß nicht rühmen konnte, bei einer Sache auSzuhaltcn, war, wenn e« sich um die Fabrik und technische Fragen handelte, unermüdlich, und e« kam ihm nicht darauf an, für die Lösung eine» technischen Problems eine Nacht zu spcndiren. Thatsächlich legte er auf alle seine Versuche, Experimente und dergl. keinen Werth; sie machten ihm Spaß, aber standen in seinen Augen tief unter aller Kunst und Wissenschaft. Han« hatte die Idee de« Onkels von der Sparfeuerung wohl begriffen. Die Sache intercssirtc ihn und er blieb noch eine ganze Weile vor dem Ofen stehen, der die bisher übliche Feuerung enthielt und an welchem der Onkel ihm da« gcheimniß- volle „Wenn" auseinandergesetzt hatte. Und wie er so dastcht, da fällt eS ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen: die Sache ist ja so einfach, und muß gelingen. Han« beeilt sich nicht einmal, die Geschichte läuft ihm nicht weg, er ist ja seiner Sache sicher. Dem Onkel sagt er vorläufig nicht«. Er will ganz in der Stille die nöthigen Versuche machen und dem Onkel dann Zeichnung und Beschreibung anonym zuschicken. Gelingt die Sache, nun wohl, dann kann er vor den Onkel hintreten und vielleicht kommt doch soviel dabei heraus, baß der Onkel einen Strich durch die Gedichte-Schuld macht; gelingt eS nicht, nun so hält er sich im Dunkeln. Und so setzt sich denn Han« wieder einmal mehrere Nächte dahinter und als er sein Werk besieht, dünkt c« ihm gut und er meint, es müsse gelingen. Aber er weiß auch, daß Theorie und Praxis ost genug Stiefgeschwister. Er packt Zeichnung und Be schreibung fein säuberlich zusammen und schickt beides an de» Onkel mit der Aufschrift: Au« Dankbarkeit von einem Unge nannten zur Weihnacht 18 . . Zwar ist es noch geraume Zeit hin bi« Weihnachten, allein so scheint eS Hans am passendsten. Je näher die schöne Weihnachtszeit rückt, desto geheimnis voller wird eS im Hause der Steuerräthin. In diesem Jahre erst recht. Denn man ist fest davon überzeugt, daß e« eine Verlobung geben wird, daß Han« und Gräfin Olga ein Paar werden und daß die Familien nun auch einander näher treten werden. Darauf spitzt sich nun Alle« im Hause unser« Han« zu, der indeß au« seiner Reserve nicht hervortritt. Um den Jungen am heiligen Weihnachtsabend in der Familie zu haben, ist die Beschecrung so spät festgesetzt, daß Han« zuerst Weihnacht bei seiner Braut und dann bei seiner Mutter feiern soll. Wie freut man sich schon daraus, den neugebackenen Bräutigam in Empfang zu nehmen. Han« ist in den letzten Tagen vor Weihnachten recht nach denklich und sonderbar, aber er spricht sich nicht au«. Ihm ist etwa« Sonderbares passirt, das seine Gedanken erfüllt, da« ihni keine Ruhe läßt. E» war an einem der Abende, die Hans bei der Gräfin zubracbtc. Wieder war hoch gespielt worden und wieder halte sich Gräfin Olga stark daran beihciligt. Da, mitte» im Spiele, hatte die junge Dame unfern Han« in eine Fenster nische gedrängt und ihm zugeflüstert: „Du hast wohl nicht einige Tausendmarkscheine bei Dir, mein Lieber?" Und al« Han« verblüfft verneinte, hatte ihn Cirox in« Nebenzimmer geleitet, hatte ihm Wechselformulare, Tinte und Feder zugcschoben und ganz ruhig gemeint: „Da, schreibe über 10,000 Mark, e« kommt ja nicht darauf an, Du brauchst es ja doch nicht zu decken, binnen we nigen Tagen kommen unsere Revenuen von den Gütern." Und willenlos hatte Han« geschrieben, völlig konsternirt ob diesem Vor gehen und wieder hatte er einmal Glück gehabt: er hatte sich verschrieben. Anstatt der „zehntausend" hatte er nur „tausend" hingemalt und Gräfin Olga Halle lachend gemeint: „Na, auch gut, mein Lieber, e« kommt ja zwischen uns nicht mehr darauf an." Und dabei hatte sie ihn so süß und viclverhcißend angc- blickt und Han« hatte da« schöne Weib im Arm gehabt und noch brannten seine Lippen von ihren Küssen. Später dann war er sich der ganzen schwülen Atmosphäre bewußt geworben, er hatte sich gesagt, daß seine Frau denn dock etwa« anders geartet sein müsse. Aber er hoffte auch, ganz ener gisch seinen Einfluß geltend machen zu können, er träumte davon, seine Braut so rasch al« möglich aus der, exotischen Gesellschaft heraus zu nehmen und in seiner gut bürgerlichen Familie zu bergen. Leise bei ihm aufsteigende Zweifel suchte er rasch zum Schweigen zu bringen. Die Ringe, die HanS augeschafft, hatte nur Mama gesehen. Sie hatte ihren Hans umarint und ein „werde glücklich" ihm zugeflüstert. Als HanS dann die Treppe von seinem Zimmer herabsticg und das Hau» verließ, da wurden Mamas Augen feucht und auch die Tanten und sonstigen weiblichen Familien mitglieder, die sich recht früh eingesunden hatten, zerdrückten ein Thränlcin im Auge. Eine aber, von der man wenig Notiz nahm, schluchzte draußen auf dem Korridor herzbrechend: Reseda, deren LicbeStraum heute zu Ende ging. Ein Gefühl, über da« er sich selbst keine Rechenschaft geben konnte, trieb HanS bereit« mit anbrechender Dunkelheit in das Haus der Gräfin RogalSka. Vielleicht, daß er noch beim Putzen des Weihnachtsbaumes helfen konnte; damit entschuldigte er seine Eile. Jedenfalls hatte man ihn nicht so früh erwartet; denn nur im Korridor brannte eine Lampe, die Zimmer, in denen man sich aufzuhalten pflegte, waren jedoch dunkel. Schon wollte sich HanS wieder entfernen, da glaubte er Olga« Stimme zu ver nehmen. Die Korridorthür war angclehnt, willenlos trat Hans ein, willenlos hörte er da«, was gesprochen wurde. Eine fremde Stimme war c-, die zuerst sprach, dann hörte er Olga« Stimme: „Du mußt Dich vorläufig noch fern halten, Liebster, damit der Tölpel nicht mißtrauisch wird. Heute soll Verlobung sein, meinet wegen. Erst muß ich das Hänschen um mindesten« 10,000 rupfen, er hat vorläufig nur 1000 unterschrieben, und wenn wir da« Geld haben, dann aus und davon." Han» war einer Ohnmacht nahe; da öffnete sich die Thür und, wie gewöhnlich, in Schönheit strahlend, erschien Gräfin Olga. „Geben Sie sich weiter keine Mühe, Gräfin," kam es tonlos von Han« Lippen, „ich lasse mich nicht mehr rupfen." Und im nächsten Augenblick stand er draußen und eilte die Treppe hinab. Hinter ihm gellte da» höhnische Gelächter der Hochstaplerin. Unserem Han« waren die Glieder so schwer wie Blei, al« er kurz darauf die Treppe de» elterlichen Hause« hinaufsticg.
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