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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 18.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189903185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990318
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-18
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Monat
1899-03
-
Jahr
1899
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Beilage zu Nr. 33 des „Amts- und Anzeigeblattes" Eibenstock, den 18. Mürz 1899. Gerechtigkeit siegt. Original-Roman von Gustav Lang«. (ä. Fortsetzung.) Die Bäuerin ist natürlich sehr erschrocken über Liesen Besuch. Sie hat in ihrem Leben noch nichts mit dem Kriminal zu thun gehabt ; schon da« Wort allein stößt ihr ein heimliche« Grauen ein, und nun sah sie sich mit einemmalc den Männern gegenüber, deren Pflicht es war, da» über den Tod Wilibald» schwebende Dunkel zu lüften und den Schuldigen dem strafenden Arm der Gerechtigkeit zu überliefern. Die Liebenswürdigkeit und Höflichkeit de» Untersuchungs richter», die sofort beim Verkehr mit Menschen dessen sonst so ernstes, fast unnahbares Wesen verdrängten und einem konzilianten Benehmen Platz machten, rüttelten auch die Bäuerin au» ihrer Befangenheit auf und verscheuchten ihre anfängliche Angst. Der Thränenstrom der Bäuerin, der beim Eintritt der Männer noch sehr reichlich geflossen war, verstechte zunächst, sie gewann e» auch über sich, den Eingetretenen die altmodischen, hochlehnigcn Armstühle zum Niederlassen anzubieten. Nicht ohne Interesse betrachtete der Untersuchungsrichter die noch immer hübsche Wittwe. Es währte eine geraume Weile, ehe er sich dazu verstand, das Nähere über den Zweck seine» Kommens auS- zusührcn. „Unzweifelhaft werden einige Angaben darüber, wie der Dahingeschiedene seine letzten Stunden verlebt und welcher Zweck ihn in der nächtlichen Stunde auf die Straße geführt hat, für die Untersuchung von Werth sein," wandte sich der Untersuchungs richter an die Bäuerin, nachdem er Platz genommen und seine beiden Begleiter seinem Beispiel gefolgt waren, „denn in später Abendstunde muß sich der Fall ereignet haben, da sonst bei dem früher herrschenden Verkehr die Unihat wohl schwerlich unbemerkt hätte geschehen können." Oesters durch Schluchzen unterbrochen, erzählte nun die Bäuerin, wie Wilibald den letzten Tag auf dem Einödhof ver lebt und sich dann gegen Abend voll frohen MutheS und Lebens lust nach dem Rainerhos begeben hatte und welcher Zweck ihn dahin geführt. War dann weiter bis zu der Stunde, wo man den Unglücklichen todt heimgebracht, geschehen war, darüber fehlte ihr jede Kenntniß. Der Untersuchungsrichter hörte ihr aufmerksam zu, ohne sie zu unterbrechen. Zuweilen, wenn er seinen Blick forschend durch die goldene Brille auf die Wittwe richtete, al» wolle er damit bi« in ihr Innerste» dringen, um ihre geheimsten Gedanken zu erforschen, da senkte die Erzählerin ihre Augen zu Boden. „Hm, hm," meinte der Untersuchungsrichter verdächtig und neigte leicht da» Haupt nach rechts und link». „Sollte hier nicht Eifersucht das Motiv zu der Thal gewesen sein?" Die Einödbäuerin schaute erstaunt, säst betroffen zu dem Sprecher auf, und in diesem Blick lag es, al« sei ihr eine plötz liche Eingebung, ein neuer Gedanke in den Sinn gekommen. Dem Untersuchungsrichter war da« veränderte Benehmen der Wittwe durchaus nicht entgangen, sein Blick war ja für der gleichen geschärft, die« brachte der Ruf mit sich. „Ich glaube, diese meine Annahme nicht von der Hand weisen zu dürfen und werde in der Untersuchung mein Augenmerk ganz besonders darauf lenken. Haben Sie vielleicht irgend einen Anhaltspunkt für diesen Verdacht?" Damit machte der Untersuchungsrichter eine Viertelwendung und saß nun der Bäuerin so gegenüber, daß sein Blick die Wittwe nur noch von der Seite streifte. Diese plötzliche, unvermittelte Frage setzte die Bäuerin in Verwirrung; eine Blutwelle schoß ihr heiß in» Gesicht, sodaß ihr Antlitz wie mit Purpur übergossen erschien. ES kam ihr mit einemmalc eine Andeutung in den Sinn, die ihr Wilibald ein mal kurz vor seinem Ende gemacht hatte, sie betraf seinen Stief bruder und Balbina, wie beide am Begräbniß des Einödbauern miteinander diskurirt hatten, was Wilibald« Eifersucht und Miß fallen erregt. Sie hatte diesem Umstand nicht die geringste Bedeutung beigelegt, aber jetzt fiel er ihr mit einemmalc wieder ein. Lag darin ein Fingerzeig für sie? Durfte sie schweigen, mußte sie vielmehr nicht Alles sagen? Diese beiden Erwägungen entstanden au» der Mahnung de« Untersuchungsrichter», zur Auf deckung der Wahrheit beizutragen, aber im Hintergründe lauerte wie ein böser Dämon noch ein anderer Gedanke und suchte sie in seine Gewalt zu bekommen — rückte ihr der Besitz de» Einöd- hofeS nicht näher, wenn Balthasar al« Mörder seine» Bruder» verhaftet wurde? Dieser letzte Gedanke hatte etwas zu Verlockende« für sie, daß sic ihn gar nicht wieder lo« werden konnte, und so gerieth sie einigermaßen in Verlegenheit. Auch die« entging dem Untersuchungsrichter nicht; doch ehe er dazu kam, seine Fragestellung fortzusetzen, trat der Gendarm in da» Zimmer und faßte in dienstlich-strammer Haltung neben der Thürc Posto. Einen Blick des Einverständnisses wechselten Untersuchungs richter und Gendarm miteinander, dann trat der Erstere mit dem Eingetretenen etwas abseits im Zimmer zu einer kurzen, leise geführten Unterredung zusammen, von deren Inhalt die anderen Anwesenden nicht« verstehen konnten, nur sahen sie, wie der Gendarm seinem Vorgesetzten einen Gegenstand behutsam überreichte und nach Entgegennahme eine« gleichfalls leise er- theilten Befehl« sich wieder entfernte. Die anderen Männer, denen dergleichen Verhandlungen fast etwas Alltägliches waren, bekundeten kein weitere» Interesse, um so augenscheinlicher dagegen die Einödbäuerin. Ihre verweinten Augen hefteten sich fragend, fast ängstlich aus den Untersuchungs richter, nachdem dieser mit der gleichgiltigsten Miene von der Welt ihr gegenüber wieder Platz genommen hatte. „Meine Fragestellung von vorhin hat noch keine Beant wortung gesunden," unterbrach der Untersuchungsrichter da« Schweigen. „Ich muß dieselbe noch einmal wiederholen. So eben wurde mir nun die Mittheilung, daß die Spuren de» Mör der- merkwürdigerweise hierher führen." „Jesu«, Maria! — steht mir armen Wittib bei! — e» ist nicht möglich!" rief die Bäuerin fast erschrocken au». „Wenn zunächst auch noch nicht erwiesen ist, daß der Mörder unbedingt hier zu suchen ist, so bleibt e» doch höchst verdächtig, daß an dem Wasserbehälter draußen vor dem Thore Blutspuren zu sehen waren; der Thäter hat sich also möglicherweise dort die Hände gereinigt. Ferner ist auch noch diese« Instrument, welche« zur Ausführung der That gedient haben mag, wie sein Aussehen verräth, direkt am Thoreingange gefunden worden," entgegnete der Untersuchungsrichter. „Man kann ja nun allerdings mancherlei Erklärungen für diese beiden gravircnden Umstände annehmen und auch gelten lassen, aber ich kann vorderhand meinen Verdacht nicht ganz aufgcben, Len Thäter hier zu vermuthen." Starren Blicke« schaute die Einödbäuerin auf den mit Blut flecken bedeckten Schlagring, den der Untersuchungsrichter wie spielend in seiner Hand hielt und zwar so, daß sie diese« gefähr liche Instrument sehen mußte, e» geschah die« sicher nicht ohne Absicht. „Er hat ihn umgebracht!" Die wenigen, aber bedeutungs vollen Worte entschlüpften ihren Lippen, nachdem sie sich von ihrem ersten Erstaunen etwas erholt hatte, hielt aber sofort die Hand vor den Mund, al« wolle sie weitere Worte zurückhalten, oder bereue die gesprochenen. Der Untersuchungsrichter hätte laut aufjubeln mögen. ES waren von vornherein eigentlich wenig Anhaltspunkte dafür vor handen, etwa» Näheres über den Vorfall auf dem Einödhof selbst erfahren zu können, er hatte e« mehr für seine Pflicht ge halten, hier einige darauf bezügliche Nachforschungen anzustellen, und er war durch einen an sich geringfügigen Umstand fast auf die Spur de« Thäter« gekommen. Die Reihe de« Erstaunens war an ihm — er war begierig, welche Mittheilung er im näch sten Augenblicke erfahren würde. „Wie, Sic wissen, wer Ihren Sohn ermordet hat?" fragte er hastig. „Nein, nein!" betheuerte die Wittwe jetzt. „ES war nur eine Vermuthung." „Aber ich habe Ihnen doch von Anfang an bedeutet, mir alle Ihre auf den Vorfall bezüglichen Vermuthungen, auch wenn Ihnen dieselben beweislos erscheinen, mitzutheilen," unterbrach sie der Untersuchungsrichter, und seine Stimme klang strenge, in einem Ton, den er meist anzuschlagen pflegte, wenn er sich auf ziemlich sicherer Fährte bewegte, denn dadurch kehrte er den Ver treter der strafenden Gerechtigkeit heraus. Ob diese weitere Aufforderung der Einödbäuerin willkommncn Anlaß bot, um ihre geheimsten Absichten der Verwirklichung näher zu bringen, wer mochte die« wissen? Sie konnte sich wohl nun wenigsten» vor den Menschen rechtfertigen, denn sie war ja gezwungen, gegen ihren Stiefsohn den Verdacht auszu sprechen. Wie sie aber im Beichtstuhl ihr Gewissen erleichtern würde, daran dachte sie jetzt offenbar nicht. Au« dem Munde der Wittwe erfuhr nun der Untersuchungs richter, wie Wilibald einmal die Vermuthung ausgesprochen, sein Stiefbruder scheine ein Auge auf Balbina geworfen zu haben. Er zeigte sich durchaus nicht überrascht, im Gegentheil, er winkte befriedigt, und als die Wittwe mit ihrer Erzählung geendet, die anfangs zwar etwas zaghaft, im weiteren Verlaufe aber so be stimmt wurde, Laß daraus der Verdacht de« Mordes gegen Bal thasar sich fast zur Thatsache verdichtete, da sagte er ruhig: „Sehen Sie, nur Eifersucht ist hier da» Motiv zur That gewesen, leider zeigt sie sich hier in ihrer ganzen Häßlichkeit, indem sie selbst vor zwei Brüdern nicht Halt macht, Fälle allerdings, welche, Gottlob, doch zu den Seltenheiten gehören. Ich sehe mich nun vor die schwere Pflicht gestellt, Ihren Stiefsohn, wenn auch nicht de« Morde«, so doch de» Todtschlag» dringend verdächtig, verhaften zu müssen." Die Einödbäuerin wagte nicht» darauf zu sagen, e« wäre auch überflüssig gewesen. Der Untersuchungsrichter und mit ihm seine Begleiter verabschiedeten sich kurz. Eine kleine Weile saß die Bäuerin noch wie gebrochen da, al« die Männer sie verlassen hatten, und solange ihre Schritte die hölzerne Treppe hinunter noch hörbar waren, aber dann, als sei plötzlich neue» Leben über sie gekommen, erhob sie sich von ihrem Platze und trat an dar Fenster, um verstohlen hinunter in den Hof zu schauen. ES dauerte nicht lange, da sah sie, wie die GerichtSpersoncn wieder in die Kutsche einstiegen und jetzt, von dem Gendarmen eSkortirl, auch Balthasar darin Platz nehmen mußte. Sie sah, wie er sich noch einmal nach rückwärts wandte, um herauszuschauen, schnell beugte sie sich vom Fenster ab, sie vermochte nicht, ihm in« Antlitz zu schauen, denn wa» sie darin lesen würde, war sicher nur eine Anklage gegen sic. Da« schwerfällige Rollen der Kutsche wurde hörbar als diese zum Hof hinausfuhr, und erst diese» Geräusch rüttelte die Bäuerin wieder au« ihrer crregungSlosen Stellung auf. Jetzt war sie Herrin vom Einödhof, und dieser für sie be seligende Gedanke drängte alle anderen Empfindungen zurück — weder die Vergangenheit noch die Zukunft fanden jetzt Aufnahme in ihrem Gedankenkreis — ihr schwebten nur die Bilder der Gegenwart vor, aber die häßlichen Flecken, die darauf sich zeigten, sanden keine Beachtung. 6. Kapitel. Die schönen Sommertage waren vorüber, etwa« frühzeitig hatte diesmal der unwirthliche Winter seinen Einzug gehalten, denn jetzt in den ersten Tagen de« November erglänzten die Gipfel der Berge bereit» im herrlichsten Weiß, und auch die Thäler bedeckte eine fußhohe Schneeschicht und der Wind fegte in solch eisiger Kälte daher, daß die arme, geplagte Menschheit ganz erschreckt darob war und schon einen sehr strengen Winter befürchtete. Aus dem Einödhof war Alle« noch beim Alten; die wenigen Monate, welche seil den letzten Ereignissen verflossen, waren ohne Einfluß geblieben. E« war ein fruchtbares Jahr gewesen und die Ernte hatte gut gesackt, Keller und Scheune sich in erfreu licher Weise gefüllt und die Einödbäuerin hatte wieder Lust am Leben gewonnen, denn sic konnte jetzt thatsächlich au» dem Vollen wirthschaften und fühlte keinen Mangel. Zwar hatten die Nach barn bedenklich die Köpfe geschüttelt, al« sic sofort nach dem Einbringen anfing, die Ernte zu verkaufen, ohne erst die Preis bildung abzuwarten, aber e» hatte ihr Niemand darein zu reden, und um Rath fragte sie keinen Menschen ; man hielt diese« ver kehrte Verfahren zunächst für Unkcnntniß der Verhältnisse, weniger dafür, daß sie bestrebt, möglichst schnell Geld in die Hände zu bekommen. Um ihren Willibald trauerte sic noch immer; die Nachbar innen behaupteten zwar, c» sei ihr nicht so ernst um da« Herz, und die Trauerkleidung sei viel zu kostbar für eine Bäuerin, die Wittib lege e« vielmehr darauf an, den Männern den Kopf zu verdrehen, und schön war sie, die» mußte ihr der Neid lassen, wenn auch böse Zungen behaupteten, sie verbringe ihre meiste Zeit vor dem Spiegel, trage viel zu viel Geld zu der Putzmacherin und Modistin und ihr Benehmen sei kein solche», wie e» sich für eine rechtschaffene Wittwe gezieme. Bon all diesen über sie umherschwirrendcn Gerüchten hatte sic natürlich keine Ahnung. Die Dienftleute hatten sich über ihr Regiment durchaus nicht zu beklagen;"e» wurde ihnen Man che» nachgesehen, wa» zu Lebzeiten de« Bauer» nicht der Fall war, und knickrig war sie auch nicht, darum wurde ihr von dieser Seite auch nur ein gute» LeumundSzeugniß ausgestellt. Auch ein Hcirath»antrag war ihr bereit» geworden; ein alter, schwer reicher Bauer, der schon seit langen Jahren Wittwer war, hatte sich in die hübsche Wittwe vergasst und ihr allen Ernste» einen HeirathSantrag gestellt, sie hatte ihn aber abgewiesen. In der Situation, in welcher sie sich jetzt befand, brauchte sie nicht da rauf zu warten, bi« ein alter, mit Zipperlein geplagter Bauer, der schon mit einem Fuße im Grabe stand, kam, dazu hatte e» später noch Zeit. Warum sollte sie nicht auf einen feschen Burschen hoffen, der ihr hübsch zu Gesicht stand, denn um Einödbauer zu werden, konnte sie schon mit in den Kauf genommen werden, und daß da« Besitzthum noch vollends in ihre Hände kam, dafür wollte sie schon sorgen, sic hatte ja den ersten Schritt dazu be reit» gethan, und der war geglückt, warum sollte sie ihr günstiger Stern nicht weiter geleiten auf der betretenen Bahn? Balthasar saß noch immer in der Kreisstadt in Untersuchung. E» wußte Niemand Nähere« anzugeben, wie c« um ihn stand, und wenn Jemand die Wittwe darüber fragte, so schwieg auch sie und zuckte nur so sonderbar mit den Achseln, daß halb und halb anzunehmen war, auch sie halte ihren Stiefsohn de» Mordes an seinem Bruder für schuldig, und so wurde die Zahl der Zweifler an Balthasars Schuld immer kleiner, und schließlich gab e« nur noch wenige, die ihn nicht für den Mörder hielten — VolkSstimme ist Gottesgericht, o wie sehr wurde diese« Sprich wort hier zu schänden! — Die Bäuerin saß in der vergnüglichsten Stimmung oben im hübsch durchwärmten Zimmer, sodaß sie das draußen tobende Winterwetter wenig ansicht. Sie war in einer angenehmen Be schäftigung begriffen — e« war neuer Staat angekommen und sie war jetzt damit beschäftigt, die umfangreichen Pappschachteln auszupacken. Hei, wie würden die Nachbarinnen staunen und gewiß vor Neid bald platzen, wenn sic sich beim nächsten Kirch gang in dem neuen Gewand zeigen würde. Behutsam legte sie einstweilen Alle« in die Truhe; sie hätte am liebsten gleich ein mal die hübschen Sachen angethan, aber e« war heute ein ge wöhnlicher Werktag, sie mußte schon ihre Ungeduld zügeln bi« zum nächsten Sonntage. Die Kleinmagd hielt sie in ihrem Thun auf, welche mit der Mittheilung kam, ein Fremder wünsche die Bäuerin zu sprechen, er warte vorläufig unten. „Wer ist'«?" fragte die Bäuerin kurz, der es gar nicht an genehm war, daß sie gestört wurde. „Kenne den Fremden auch nicht," antwortete da« Mädchen. „Ist er alt oder jung, hübsch oder häßlich?" erkundigte sich die Wittwe weiter. Die Gefragte brach in laute«, übermüthiges Lachen aus. „Wenn man da» sagen könnte; er ist so in einen dicken Pelz eingewickelt und hat die Kappe über die Ohren gezogen, da« man eigentlich nur noch die Nasenspitze sieht." „Dann ist e» wohl ein vornehmer Herr?" „Bäuerin, Ihr seid wunderlich — wahrscheinlich ist e» ein Stadtherr, die sein alle vornehm, auch wenn'S manchmal keinen bezahlten Faden auf dem Leib haben." „Wird wohl ein fremder Viehhändler sein ; es ist zwar jetzt nichts zu verkaufen, aber bring' ihn 'rauf, ich werde bald mit ihm fertig sein," sagte die Bäuerin; sie war doch begierig zu erfahren, wer bei solchem kalten Wetter den Weg nach dem Einöd- hos nicht scheute, und weil sie auch kein reines Gewissen hatte, so befiel sie jedesmal eine erklärliche Angst, wenn jemand Fremdes nach ihr fragte. (Fortsetzung folgt) Landwirthschaftliches. — Beim Pserdekauf ist besonder« auf die Bewegung zu achten. Al« ein großer Fehler muß e« angesehen werden, wenn ein Pferd mit den Bordersüßcn den Schmutz von sich wirft und gleichzeitig kleine Steine in die Luft fliegen läßt, während es die Hinterfüße vorwärt« bringt. Wenn ein Fuß eingezogen wird, so läuft er Gefahr gegen den andern zu stoßen; wird er seitwärts nach außen geworfen, so kann er da« Hufhorn leicht verletzen. Ein Pferd mit guter Hinterbewegung ist doppelt so lange dienstfähig, wie ein solche« mit unvollkommener; außerdem ist dieselbe auf schlüpfriger Fahrbahn von dem größten Werthc. An der Vorderbewegung ist häufig zu tadeln, daß viele Pferde ihre Vordertheile niedrig halten und da« Vordcrblatt unbewegt lassen, indem sie mit den Vorderfüßen auftreten. Wenn das Pferd seine Kniee hebt, muß da» ganze Bordcrtheil aufgehoben werden; denn da» verleiht dem Thicre Eleganz. — Das Tränken trächtiger Kühe mit zu kaltem Wasser zieht fast regelmäßig ein Verkalben nach sich; man sehe deshalb streng daraus, daß da« den Muttcrkühen zu gebende Ge tränk überschlagen sei. Leider kommt e« nicht selten vor, daß Viehbesitzcr kalte« Tränken anwcnden, um sich von dem Tragen oder Nichttragen einer Kuh zu vergewissern; — ein Mittel, wel che« grundsätzlich zu verwerfen ist. Ebenso verderblich, wie da« Tränken mit kaltem Wasser kann da« Verabreichen von unsau berem, namentlich mit Jauche versetztem Wasser werden. — Die Toulouser Gan« gilt für die schwerste von allen. Doch macht ihr die Emdener Gan» nicht selten den Rang streitig. Die letztere, ein Produkt deutscher Züchtung, macht einen thatsächlich imposanten Eindruck. Sie ist aber nicht allein ein wahrer „Riese" ihre» Geschlecht«, sondern sie vereinigt auch in harmonischer Weise die Kraft mit der Schönheit, sodaß sie al« eine Zierde de« Geflügelhof« gelten darf. Der wirthschaft- liche Werth der Emdener Gan« ist hochbedeutend. Au« ihrem Körpergewicht geht zur Genüge hervor, daß sic zur Zucht auf Flcischgewinnung geeignet ist. Dabei ist sic von großer Mast fähigkeit, setzt also bei entsprechender Fütterung sehr viel Fleisch und Fett an. Der Wohlgeschmack de« Fleische« ist überall be kannt und geschätzt. Auch die Eierproduktion läßt nicht« zu wünschen übrig. Im Allgemeinen beginnen die „Emdener" An sang bi« Ende Januar mit Legen und bringen e» durchschnittlich auf 50—60 Eier, welche da» respektable Gewicht von (70—200 Gramm pro Stück aufweisen. Zu Brüterinnen eignen sich die Gänse ebenfalls; man legt ihnen 15—l7 Stück Eier unter und hat wenig Umstände mit ihnen. Die Jungen kommen ohne Schwierigkeiten au« und entwickeln sich rasch. Einen ganz be deutenden Ertrag liefert die Emdener Gan« durch die schönen und guten Federn. Man wird nicht oft eine Gan« finden, die so reich befiedert ist wie diese.
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