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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 30.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189807308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18980730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18980730
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-30
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Monat
1898-07
-
Jahr
1898
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bekannt, sind jedoch Unfälle nicht oorgekomnicn. — Gestern Abend um ',2 < Uhr sand, eingeleitet don einer Ansprache l)r. Götz', die Vcrtheilung der Preise an die >28 Sieger de« Turnfeste« statt. Nachdem jeder von ihnen Eichenkranz und Diplom em pfangen hatte, dankte Rühl der Stadt Hamburg und allen Mit wirkenden und schloß mit einem Hoch auf die Stadt Hamburg. Ein Mitglied de« Genueser Turnverein« „Andrea Doria" über reichte hieraus ein Schmuckstück, da» vr. Götz dem Jahn-Museum cinzuverleibcn versprach. Guerra au« Rom überreichte ein Tele gramm de« König« von Italien, da« den wärmsten Sympathien de« Herrscher« dem Turnfeste gegenüber Ausdruck gab, und über reichte alsdann Namen« de« Turnverein« der Stadt Rom ein Fahnenband in den italienischen Farben für da« Bundesbanner. In seiner Schlußrede ermahnte Ur. Götz unter Hinweis auf die Erkrankung de« Fürsten Bismarck, treu zusammen zu halten und da» zu bewahren, wa« schwer errungen worden sei: da« einige deutsche Vaterland! Redner schloß mit einem „Gut Heil!" aus da« Deutsche Reich, worauf mit der Absinzung de» Liede« „Deutsch land, Deutschland über Alle«!" da« Turnfest geschlossen wurde. Hieraus begann der Fackelzug, der einen imposanten Eindruck machte. Trotz eine« ungeheueren Menschenandrange« ist Alle« ohne jede Störung verlaufen. — England. London, 28. Juli. Bom Eentralstrafge- richtShof wurde der Schuhmacher Trodd, welcher seinerzeit auf den deutschen Botschaftssekretär Grafen Arco-Valley geschossen hatte, für wahnsinnig erklärt und seine Jnternirung auf Lebens zeit angeordnet. — Spanien und Amerika. Endlich hat sich die spanische Regierung entschlossen, die Friedensverhandlungen cinzulciten. Auf Wunsch der spanischen Regierung Hal Frankreich seinen Bot schafter in Washington beauftragt, da« dortige Kabinct zu sondiren. Wie verlautet, sei für die UnionSrcgierung da« mindeste annehm bare Zugeständniß für den FricdenSschluß die vollständige Unab hängigkeit Euba« unter amerikanischem Schutze, die unbedingte Abtretung Portoricos und der Ladroncn, sowie die lleberlassung einer Kohlcnstation aus den Philippinen. Letztere« sei eine durch aus wesentliche Bedingung für den Abschluß des Friedens. Wenn Spanien die Zusicherung giebt, daß einem Waffenstillstand ein auf bestimmten allgemeinen Gesichtspunkten basirter Friedens vertrag folgen werde, so wird, wie man glaubt, Präsident Mae Kinley in die Einstellung der Feindseligkeiten einwilligen. Ueber die Landung der Amerikaner auf Portorico liegen nähere Nielbungen vor. Die Expedition de« Generals MileS, die am Donnerstag von Guantanamo abgegangen war, landete am Dienstag in Guancia nach einem Scharmützel zwischen spani schen Truppen und der aus 3V Manu bestehenden Besatzung einer Schaluppe de« Hilfskanonenbootes „Gloucester". In dem Scharmützel sind auf spanischer Seite vier Mann, auf amerikani scher Niemand gefallen. — Ehina. Einer Meldung der „Times" aus Hongkong voni 27. Juli zufolge proklamirtc der Leiter de« Aufstandes, Lilapya» in Kwang-si eine neue Dynastie unter dem Titel „Großer Fortschritt". Die Proklamation erklärt, daß der Aus stand sich erhoben habe, weil die große Dynastie gegen die Ge- waltthätigkeit der Mandarine ohnmächtig und weil da« chinesische Gebiet von Fremden in Besitz genommen werde. — Ein spätere« Telegramm der „Times" aus Hongkong besagt, einer Meldung au« Wutschau zufolge sei die Stadt Ljungun genommen worden. Tausend Aufständische seinen gefallen. In Kwang-si sei der Aufstand ziemlich unterdrückt. Locale und sächsische Nachrichten. — Earlsfeld. Es dürfte jedenfalls besonders jetzt in der Reisezeit von Interesse für unsere Leser sein, Laß seit Kurzem auf hiesiger Bahnstation direkte Billct« ausgcgcben werden nach: Dresden, Leipzig, Ehemnitz, Plauen, Eger, Auerbach, Schneeberg und Schwarzenberg. — Dresden. Eine lustige Geschichte rief hier am Mon tag große Heiterkeit hervor. In einem DamcnkonfektionSgcschäft auf der König-Johännstraße hatte eine Frau einen im Schau fenster mit 4 Mk. 50 Pf. ausgezeichneten Rock kaufen wollen. Da für denselben im Laden ein wesentlich höherer Preis verlangt wurde, ging die Frau zur Polizei und im Nu hatten sich viele Menschen angesammelt. Infolge falschen Alarm« erschien sogar — die Feuerwehr mit drei Gespannen. Der Laden wurde unter dem Beifall der Menge aus einige Zeit geschlossen. — Zwickau. Die Zwickauer Köhlen erfahren am I. August einen PrciSaufschlag von sechs Mark für 200 Zentner. — Plauen i. V„ 2V. Juli. Einen großen Umfang soll die von den „Alldeutschen" in Plauen am 4. September veran staltete Feier des Sedantage« annchmcn. Man rechnet auf eine Betheiligung von mindestens 3000 Personen. Au« Oester reich hat eine große Anzahl deutschgcsinnter Männer da« Er scheinen bereit« zugesagt, auch die Studentenschaft von Prag, Wien und Graz wird in ziemlicher Stärke vertreten sein. Deutsche Reichstags- und österreichische RcichSrathSabgcordnetc, u. A. der Badeni-Duellgegner Wolf, werden bestimmt erscheinen. Da« Fest soll keinem Parteizweck dienen, sondern ein allgemeine« deutsche« Volksfest werden, an dem sich jeder Deutschgesinnte bctheiligen kann; deshalb sind auch an alle deutschen Gruppen Oesterreichs Einladungen ergangen. Als Festplatz ist, da jeder Saal in Plauen an diesem Tage für da« Fest zu klein fein wird, der Schützenfest platz oder der Anger mit dem EirkusgebLude in Aussicht genom men. Von jedem Festtheilnehmer wird zur Bestreitung der großen Kosten ein Beitrag von 50 Pf. erhoben; dafür wird Zutritt zu allen Veranstaltungen, Eoncerten u. s. w. gewährt. — OelSnitz, i. V., 27. Juli. Infolge einer Verordnung des Königl. Finanzministeriums unterbleibt die ein König!. Regal bildende Perlenfischerei in den vogtländischen Gewässern bis zum Jahre >900. In den letzten Jahren hatte die Perlenfischern ein höchst unbefriedigende« Ergebniß, sic muß sich erst wieder erholen, und die Arbeit der hier wohnhaften Königl. Perlenfischer erstreckt sich bi« zu dem oben angegebenen Zeitpunkte darauf, die etwa aus« Trockene geschwemmten Perlmuscheln zu schützen und für Instandhaltung der solche Muscheln führenden Gewässer zu sorgen. — OelSnitz i.V. Um in Zukunft die hohe Umsatzsteuer zu umgehen, beschloß der hiesige Konsumverein, den Brotvcrkauf einzustellcn. In diesem Jahre hat der Konsumverein eine Umsatz steuer von 4574 Mk. an die Stadtkasse zu entrichten; nach Weg fall des Brotverkaus« wird nach Annahme de« Vorstände« de« Konsumverein« der Umsatz soweit zurückgchcn, daß in Zukunft etwa 3000 Mark weniger Steuern zu zahlen wären. — Zittau, 27. Juli. Kürzlich wurde mitgetheilt, daß der BczirkShauptmann de« benachbarten Reichcnbcrg sich beschwerde führend an den hiesigen Stadtrath gewandt, weil Zittauer Schul kinder im dortigen RathSkcller da« Lied „Deutschland, Deutsch land über Alle«" gesungen hatten. Diese« Vorgehen des tschcch- ischcn Beamten hat nicht nur hier, sondern auch in Reichenbcrg die größte Entrüstung hcrvorgcrufcn. Da« dortige Stadtverord- netcnkollcgium hat sich mit der Angelegenheit befaßt und gegen da« Vorgehen de« BczirkShauptmann« entschieden Verwahrung eingelegt, da dasselbe einen Eingriff in die Rechte der Stadtver waltung bedeute. Gleichzeitig richtete da« Reichenbcrger Stadt- verordnetenkollcgium an den Zittauer Stadtrath ein Schreiben, in welchem e« über daSPorkommniß sein tiefste« Bedauern aussprach. — Olbernhau, 27. Juli. Ein in seinem humorvollen Ausgange jedenfalls einzig dastehender Konkur« ist dieser Tage hier zu Ende geführt worden. In dem Pallentschcn Konkurs im benachbarten Rothenthal konnten nämlich infolge geschickter Verwerthung der Grundstücke seitens de« Konkursverwalter«, Recht-anwalt l)r. Dierks hier, nicht nur sämmtliche Gläubiger bi- auf Heller und Pfennig befriedigt werden, sondern c« blieb sogar für den, wegen Verschwendung entmündigten Pallent noch eine ganz hübsche Summe übrig. Ferner erhält P. durch den bedungenen „Auszug" auf Lebenszeit freie Wohnung, Kleidung, Essen und Trinken ; auch Doktorkosten und Sterbegelder sind vor gesehen. Außerdem bekommt P. ein wöchentliche« Taschengeld in Höhe von 50 Pfennigen, das zu den hohen Festtagen «Weih nachten, Ostern und Pfingsten) und zur — Rothenthaler Kirmeß verdoppelt wird. P. führt also jetzt da« behagliche Leben eine« Rentiers. — Kirchberg, 27. Juli. In dem Dachraumc de« an der alten Zwickauerstraße stehenden, dem Schuhmachcrmstr. Wischrob gehörigen, nicht massiven Hause entstand gestern Abend gegen '/,8 Uhr Feuer, welches sich schnell verbreitete und da« Haus einäschertc. Auch das Dach de« nebenan stehenden Schreiner'scheu Hauses wurde vom Feuer ergriffen, doch konnte hier da« Feuer durch die Thätigkeit der Feuerwehren auf das Dach beschränkt werden. Die erfolgte Verhaftung eine« Mannes und einer Frau soll mit der Entstehung des Feuer« zusammenhängcn. — Da« Gesetz, betreffend die GchalkSverhältnisse der Volksschullehrcr und die Gewährung von StaatSbeihülfen zu den Alterszulagen, wird im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen veröffentlicht. Durch dieses Gesetz wird da« Mindesteinkommen der ständigen Lehrer auf >200 Mk., da« der HülsSlehrer aus 850 Mk. und der Direktoren an Schulen mit zehn und mehr Lehrern aus 3000 Mk., au Schulen mit we niger Lehrern aus 2600 Mk. (allenthalben neben freier Wohnung bcz. Wohnungsgcldentschädigung) festgesetzt. Die Einkommen der ständigen Lehrer sollen sich durch Alterszulagen bis aus 2l00 Mk. (an Schulen bis zu 40 Kindern auf >900 Mark) erhöhen; das Einkommen der Direktoren erfährt eine Erhöhung von je 300 Mk. nach fünf-, zehn- und fünfzehnjähriger Dienstzeit. Den kleineren und minder leistungsfähigen Schulgemeinden werden zur Ausbring ung dieser DienstaltcrSzulagcn Beihülscn aus der Staatskasse ge währt. Das Gesetz tritt mit dem >. Januar 1900 in Kraft. — Eine für die Ortskrankenkassen wichtige Entscheidung hat jetzt die königl. KrciShauptmannschaft Dresden gefällt. Seitens des Großenhainer Stadtraths war der dortigen Ortskrankenkasse untersagt worden, da« Ziehen von Zähnen von sogenannten Zahnkünstlcrn vornehmen zu lassen, mit der Begründung, daß es keine zahntechnische Arbeit, sondern eine chirurgische Operation sei, die nach rs 6 de« KrankenversicherungsgcsetzeS nur von wirk lichen (approbirten) Aerzten vorgenommen werden dürfe. Hier gegen hatte die Ortskrankenkasse bei der königlichen KreiShaupt- mannschaft Berufung eingelegt. Nach einem Beschlüsse vom >2. Juli dss. IS. entschied die königl. Kreishauptmannschaft nun da hin, daß die Krankenkassen nicht da« Recht haben, selbst die Mit glieder zur Behandlung an Zahnkiinstlcr oder sogenannte Zahn techniker und Dentisten zu verweisen, cS müssen vielmehr die Kassenärzte in „jedem einzelnen Falle" „ausdrücklich" ihre „schrift liche Zustimmung" zur Ucberweisung an einen Zahntechniker geben, und nur dann darf der Kassenvorstand die Mitglieder überweisen. Dieser Beschluß der KrciShauptmannschaft ist von weitgehendster Bedeutung, da bei vielen Krankenkassen — auch auf dem Lande — bisher die Gepflogenheit herrschte, Zahnkranke ohne Weitere« einem Nichtarztc zu überweisen. Amtliche Mittheilungen aus der Hitzung des Htadtrattzs zu KibeultoL vom 22. Juli >898. Anwesend: 4 RachSmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. 1) Beschlußfassung auf mehrere Straf- und Steuererlaßgesuche. 2) Man nimmt Kcnntniß von den Verordnungen über u. Maßregeen zur Abwehr und Unterdrückung der Geflügel-Cholera rc-, l>. Verlängerung der dieSjähr. Sommerferien an der hiesigen Volks schule, sowie o. das Jnnungswesen. S> Als Nachaichungslokal für die im August dss. I». stattfindende Nach- 4) Vornahme einer Nachschätzung. n) Man beschließt, den Windischweg provisorisch herzustellen und verwilligt die Mittel an 322 MI. Das Stadtverordneten-Collegium soll um Mit entschließung, der BauauSschuß aber vorher um Prüfung des Kostenan schlages ersucht werden. 6) Vergebung der Brennholzlieferung. 7) Herrn Stadtrath Justizrath Landrock wird vom 28. dieses Monats ab em 4 wöchentlicher Urlaub ertheilt. Außerdem kommen noch verschiedene Sachen zur Erledigung, die des allgemeinen Interesses entbehren, bez. zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. Gedenktage rum 25 jährige« Negierungs-Auvittu« ASui, AtSerts va« Suchse«. 30. Juli. 1837. Das erste Elbdampfschiff „Königin Marie" verkehrt auf der Elbe. 31. Juli. 1873. Einweihung des Sachsendenkmals vor St. Privat. 1. August. 1867. Die sächsischen Soldaten tragen zum ersten Male Uniform nach preußischem Muster. Die Dame mit dem Hodtenkopf. Historischer Roman von E. H. v. D ed enr o th. (8. Fortsetzung.) VII. ES vergingen einige Minuten, ehe sich für Georg die Thüre zum Vorzimmer der Gräfin öffnete, er hatte Muße, sich von den erhaltenden Eindrücken zu sammeln. Wanda war e«, die ihm öffnete. „Willkommen", flüsterte sie lächelnd und hoch crröthend, „so haben Sie mir doch verziehen und nachgegeben, ich danke Ihnen von Herzen." Sie führte Georg in den Salon der Gräfin. Auf einem Lehnstuhl ruhte eine in weiche, überaus zarte Stoffe gehüllte Dame, deren Antlitz dicht verschleiert war. Da« milchfarbene Gewand, mit blaßrosafarbener Stickerei, ließ bei jeder Bewegung der Dame die schönen Linien edler Formen hervortreten, da« tief schwarze, mit echten Perlen durchflochtenc Haar umrahmte graziös die runden, vollen Schultern — e« wehte ein Zauber au« diesem Bilde, der jeden Gedanken daran bannte, daß unter dem Schleier ein unschöne« Antlitz verborgen sein könne. Die geheimnißvolle Gräfin erhob sich halb und reichte Georg eine schneeweiße, zarte, mit blitzenden Ringen geschmückte Hand. „Sie wollen keine DankcSworte", sagte sie, „aber Sie werden verstehen, wie gern ick Sie begrüße, wenn ich Ihnen erkläre, daß Wanda mir da« «heucrste Wesen auf Erden ist. Liebe kann man nicht erkaufen, und ich weiß e«, daß Wanda mich liebt, daß ihre Liebe den Schrecken und Abscbeu überwunden, den mein Antlitz Jedem einflößt." Die Gräfin sprach mit jener Stimme, deren wunderbarer Klang Jeden entzücken mußte, ihr ganzes Wesen hatte einen Zauber der Güte, Anmuth und Liebenswürdigkeit, der e» erklär lich machte, daß man sich in sie verlieben konnte, mochte ihr Ant litz aussehen, wie c« wollte. Der Argwohn lag sehr nahe, daß sie aus irgend einer Laune ihr Antlitz verhülle und selbst jene Fabel von dem Todtenkopf verbreitet habe, sei e» um lästige Be wunderer ihrer Schönheit fernzuhalten, oder Anbeter durch ein Räthsel zu prüfen und wo sie e« wollte, zu fesseln. Die Gräfin mochte errathen, daß Georg Aehnliche« dachte. „Wenn mein Antlitz weniger entsetzlich wäre", fuhr sie fort, „so würde ich cS nicht verhüllen, denn die Neugierde, welche mein Schleier erweckt, ist mir unerträglich. ES wäre eine gerechte Strafe für den Prinzen gewesen, der den Wunsch einer Dame nicht respektircn wollte, wenn ich seine Galanterien angehörk und ihn dann enttäuscht hätte, aber — Sie werden das vielleicht nicht begreifen, denn es kann sich Niemand in meine Lage denken — cS ist ein furchtbare» Gefühl für mich, da« Grauen und den Schrecken zu sehen, den ich cinflöße. Sie lächeln — ich bitte Sie, mir zu glauben. War gleichgiltige Leute von mir glauben, beachte ich nicht, aber wer mir meine Wanda au» Todesgefahr gerettet, dem möchte ich eine dankbare Freundin werden, an dessen wahrer Theilnahme ist mir viel gelegen." „Gnädigste Gräfin, ich muß Ihren Worten glauben", er widerte Georg, „aber gerade ihre Versicherung vermehrt die Neugierde, regt zu dem Zweifel an, ob Sic nicht zu hart über sick selber urthcilen. Aber ich habe kein Recht, Neugierde zu äußern und Ihnen zuzumuthen, mich auf die Probe zu stellen, Sie können sich mir, wie Sie wollen, zeigen, mein Urtheil ist gleichgiltig." „Sagen Sie da« nicht", rief die Gräfin erregt, „ich würde sonst die Probe wagen und da» bereuen. Glauben Sie, daß ich mich zur Einsamkeit vcrurtheilte, wie eine Aussätzige, wenn ich nicht erfahren, daß sonst Alles vor mir flicht? Glauben Sie, daß mein Reichthum die Leute nicht veranlaßte, ihren Abscheu zu überwinden, wenn da« möglich wäre? Die Einzigen, denen e« gelungen, ohne Grauen bei mir zu weilen, obwohl sie mein Ant litz gesehen, sind Wanda und mein Sekretär." Georg gab den Widerspruch aus, da er sah, daß er damit die Gräfin erregte. Auf ihr Befragen theilte er ihr mit, wa« ihn nach Berlin geführt, aber er vermied es, sic errathen zu lasse», daß er seiner Zukunft ziemlich trostlos entgegensehe. MurS- koff hatte ihr jedoch schon mitgetheilt, daß die Lage Georg'« keine günstige zu sein scheine, e« erhöhte ihre Achtung vor ihm, daß er nicht klagte. „Ich verheiße Ihnen Glück", sagte sie, „ein redlich Streben gelangt immer zum Ziele. Sie haben mir meinen Ring zurückgeschickt, weil ein Diamant darin. Wenn Sie argwöhnen können, daß ich so niedrig denke, Sie beschämen zu wollen, Ihren gerechten Stolz zu beleidigen, so wiederholen Sie diese Abweisung. Hier ist er. Verschmähen Sie die Erinnerung an eine Unglückliche, die Ihnen tief verschuldet ist?" Georg streckte die Hand aus und sie schob ihm den Ring selbst aus den Finger. Da bemerkte sic an seiner Hand einen schmalen Goldreif. „Ah," rief sie, „an diesen Finger stecke ich meinen Ring nicht, da« Zeichen der Freundschaft gehört an einen Anderen." „Der Ring ist ein Andenken von meiner Mutter," versetzte Georg leicht erröthend. „Verzeihen Sie, ich dachte, Ihr Herz wäre nicht mehr frei. Dann werde ich meinen Ring an den Ihrer Mutter ketten — möge er ihnen Glück bringen." „Eine Gabe von einer Verschleierten," scherzte Georg. Die Gräfin sprang auf. „ES soll kein Mißverständlich walten!" rief sie mit bebender Stimme und sie riß den Schleier ab. Es war Georg, al« ob all' sein Blut zu Eis erstarre, ein Grauen schüttelte ihn, er war von dem gräßlichen Anblick noch wie gebannt, als sie schon längst ihr Antlitz wieder verhüllt hatte. Da sah er, daß Wanda « Augen in Thränen schwammen, er fühlte, wie unendlich wehe er einer Unglücklichen gethan, die er dahin gebracht, ihn davon zu überzeugen, daß sie ihn nicht ge täuscht. Er ergriff die Hand der Gräfin, obwohl ihm da« Ueber- windung kostete, und drückte seine Lippen darauf. „Verzeihen Sie mir," sagte er leise. Die Gräfin preßte seine Hand in krampfhafter Erregung. Plötzlich schlug sic an die aus dem Tische stehende Glocke. „Fedor," rief sie dem eintretenden Sekretär entgegen, „schau her. Dieser Mann ist nicht geflohen und er hat mich gesehen!" MurSkofs starrte bald die Gräfin, bald Georg mit Über raschung und ungläubig an, aber e« blitzte in seinen Augen fast wie Haß, wenn sie aus Georg ruhten. „Bist Du eifersüchtig," lachte die Gräfin triumphirend, „grollst Du, daß Du nicht mehr der Einzige bist, der der Probe getrotzt? Schäme Dich, Fedor MurSkofs." Der Sekretär warf sich ihr zu Füßen, umschlang ihre Knice und küßte ihr Gewand. „Sie werden mich stet» erfreuen", sagte die Gräfin zu Georg, ohne den Knieenden weiter zu beobachten, „wenn Sie mich besuchen; jetzt wünsche ich, daß Sie sich von dem Entsetzen erholen, welches Sie so freundlich verbargen." Georg wollte widersprechen, aber eine Geste der Gräfin be deutete ihm, daß sie allein zu sein wünsche. Wanda geleitete ihn hinaus. „Sie haben meiner Herrin eine größere Freude bereitet, al» Sie ahnen können", flüsterte sic, „haben Sie Dank, tausendmal Dank!" Der Sekretär erschien in demselben Moment, wo Georg sich von Wanda verabschiedet hatte und sich schon entfernen wollte. Sein Antlitz war hochgeröthet, e« nahm erst allmählig die alte Farbe wieder an, sein ganze» Wesen erschien Georg verändert, e« war gemessener, e» hatte etwa« erzwungen Höfliche» und Un befangene«. „Halt", rief er, „Sie vergessen, daß Sie mir zugcsagt, mit mir zu speisen. Wenn ich Ihnen nicht zu gering bin, so bitte ich um die Ehre." „Sie scherzen, Herr MurSkofs. Und Appetit habe ich, da» leugne ich nicht." MurSkofs führte Georg in sein Zimmer, wo bereit« gedeckt war; er zog die Glocke und ein Lakai der Gräfin servirte ein im Hotel bereitete«, sehr opulente« Diner, der Sekretär kredenzte die auserlesensten Weinsorten — Georg hatte noch nie «inen solchen Luxu« gekannt. Solange der Lakai anwesend war, sprach man nur über gleichgültige Dinge. „Ich mache Ihnen übrigen« mein Kompliment", begann MurSkofs, al« der Lakai da« Dessert ausgetragen, „Sie haben die Gräfin gesehen und sich beherrscht." Georg fühlte, daß MurSkofs einen besonderen Zweck damit verfolgte, daß er diese« Thema anregte, der Blick de» Sekretär«
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