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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 08.02.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189802086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18980208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18980208
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-08
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Monat
1898-02
-
Jahr
1898
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Di» Sprache der Pester und Wiener Blätter ist fortgesetzt eine sehr lebhafte. Der »Pester Lloyd" schreibt u. A.: .Niemand braucht türkischer zu sein, al« die Türkei. Wenn aber der Sultan angesichts der ihm und seinem Reich« drohenden Gefahren in seinem Widerstand« gegen di« Kandidatur de« Prinzen Georg verharrt, sollen dann wirklich Mittel in Vorschlag gebracht werden, um die Zustimmung zu dieser Kandidatur in Konstantinopel zu erzwingen? Wie immer die Antwort daraus au«fallen mag, wa« Oesterreich-Ungarn betriff«, so hallen wir e« sür ausgeschlossen, daß sich unser Minister de« Aeußern an einem solchen Zwange »der gar einer bewaffneten Aktion zu solchem Zwecke betheiligen könnte. Wir halten die« sür ausgeschlossen, denn schwerlich dürfte Gras Goluchow«ki darüber in Zweifel sein, daß er für ein solche« Vorgehen weder die Zustimmung der öffentlichen Meinung in Oesterreich und in Ungarn, noch die Ermächtigung der beiden Parlamente jemal« erlangen könnte." — Politische Gründe für die plötzliche Schwenkung Rußland» sind nirgend« erkennbar, um so mehr befestigt sich die Annahme, daß die Gründe lediglich auf höfischem Gebiet liegen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 7. Febr. Unter den vielen Vergnügungen, welche die jetzige Zeit bietet, dürste da« Concert der Roßweiner Sänger doch einen ganz besonderen Anziehungspunkt bilden. Sie sind un« alte liebe Bekannte, deren Vorführungen Hierselbst stet« große» Interesse erweckt und ein zahlreiche» Publikum her beigezogen haben. Der Rus der Roßweiner Sänger, welche ihre Gesellschaft al» Muldenthaler bereit» im Jahre 1854 gründeten, ist ein weit verbreiteter, denn sie sind nicht nur vorzügliche Sänger, sondern auch seine Komiker, welche selbst verwöhnten Ansprüchen voll zu entsprechen vermögen. Der Besuch de» Concert» kann daher jedem Freund eine» gesunden Humor» nur empfohlen werden. — Eibenstock. (Eingesandt.) Die musikalischen Darbiet ungen de» am vergangenen Dienstag stattgefundenen II. Abonne- ment-Concerte» verdienen auch an dieser Stelle die vollste Anerkennung. War doch da» Programm diese» Concerte», im Gegensätze zu den hier üblichen Aufführungen selten» der aus wärtigen Kapellen, meist au» klassischer Musik zusaounengcstellt, der eine kunstgcmäße und taktvolle Einstudirung zu Grunde liegen muß. Wollen wir nur auf die Wiedergabe der beiden Nummern »Concert sür Pianoforte" (Herr Lehrer kotte) von L. v. Beet hoven mit Streichorchester-Begleitung und auf die »Berühmte Melodie" von Rubinstein Hinweisen, welche schweren Aufgaben die Vortragenden mit größter Geschicklichkeit zur Befriedigung aller Anwesenden gelöst haben. Auch im Nebligen wie» da« Programm sehr schöne, mit aller Hingebung zum Vortrag gebrachte Pie cen auf, so daß sich die hiesige Stadtkapelle unter freundlicher Mitwirkung de» Herrn Lehrer kotte und unter der altbewährten Leitung de« Herrn Stadtmusikdirektor Oeser den bisherigen Ruf gesichert hat. Alle« da» erkannte denn auch die Hörerschaft freudig an und zollte den Vortragenden lebhaften Beifall und Hervorruf. Da» Concert war gut besucht, derartige Unterneh mungen verdienen aber für die Folge ein noch vollere» Hau». Ein animirter Ball hielt die Anwesenden noch mehrere Stunden in fröhlichster Stimmung beisammen. Mehrere Concertbesucher. — Eibenstock. (Eingesandt.) E» steht un» wieder nach langer Zeit ein Kunstgenuß in Aussicht. Am Sonntag, den 13. Februar, Abend» 8 Uhr wird im „Fcldschlößchen" Herr Tello au» Prag, Operndirektor und erster Operntenor von großen Theatern, accrcditirt vom Hostheater zu München, im Vereine mit Fräulein Günzel, accreditirt vom Hostheater in Darmstadt, eine höchst renommirte Opern-Soubrettc mit silberheller Sopran stimme und blonder, hübscher, jungen Bühnenerscheinung zwei höchst komische und melodiöse Operetten: »Die verhängnißvolle Brautnacht" und «Han» und Hanne" zur einmaligen Aufführung bringen. Die Operetten sind nur für Tenor und Sopran ge schrieben, ähnlich der Operette »Zanetti von dem berühmten MaScagni, welche in Wien und der Operette .Wetterhäuschen", welche ständig am Frankfurter Stadttheater aufgesührt werden. Beide Operetten haben auf der ganzen Tourno de« Herrn Tello, sowohl in Gesang und Darstellung, al» auch durch besonder schöne Garderobe, äußerst gefallen. Die Operetten sind trotz ihrer Komik und Titel» äußerst decent, wa» alle Blätter einstimmig bestätigen; die» ist keine Lockspeise, sondern Thatsache. Die Vor stellung wird zu ausnahmsweise billiger, Preisen statlfindcn. Am letzten Sonntag haben dieselben in Adorf einen stürmischen Er folg gehabt. Die »Vogtl. N. Nachr." berichten darüber: »Am vergangenen Sonntag war im Schützenhau» Gelegenheit geboten, etwa» Neue» auf dem Gebiete der Operette zu hören. Der Besuch war ein zahlreicher, da doch erste Kräfte die Darsteller bildeten. Herr Operndirektor und erster Operntenor Tello au» Prag und die Opern-Soubrettc Frl. Günzel au» Wien leisteten in den zwei komischen Operetten: »Die verhängnißvolle Braut- nachl" und »Han« und Hanne" wirklich Vorzügliche». Jeden falls fand die erstere Operette den größten Beifall de» Publikum». In der tadellosen Begleitung de» hiesigen Stadtorchester» fanden die Vorstellungen, bei denen eine glänzende, gediegene Garderobe zur Verwendung kam, noch ihren besonderen Beifall." — Dresden. Zu dem von der Regierung dem Landtag vorgeleglen Gesetz, betreffend eine Vermögen»steuer, hat die Finanzdcputation der Ersten Kammer, an welche die Vorlage selbst freilich noch nicht gelangt ist, bereit« vorläufig Stellung genommen und zwar hat sie die Vorlage einstimmig abgelehnt. Die Ainanzdeputation der Zweiten Kammer hat sich noch nicht schlüssig gemacht, doch ist vorau»zusehen, daß die Vorlage auch von hier verworfen wird. Zur Befriedigung de» Steuerbcdürf- nisse» wird man vielmehr eine Erhöhung der Progression der Einkommensteuer Vorschlägen. Von derselben werden aber auch Einkommen unter 10,(XX) Mark getroffen werden, denn in über zeugender Weise ist osfiziö» nachgewiesen worden, daß der noth- wendige Sleuerbetrag von 5 Millionen Maik von den Steuer pflichtigen mit Einkommen über 10,000 Mark allein nicht getragen werden kann. Die Progression dürfte bi» 5 bez. 5'/, Prozent weitergesührt werden. — Oel« nitz I. V., 3. Februar. Nach längerer Pause ge lang in der Nacht zum Mittwoch unweit gaßmannlreuth wieder einmal die Wegnahme zweier starker Ochsen i Schmugglerwaare) durch die Grenzwache. Die Thiere stammten au« Böhmen und gelangen demnächst in Rehau zur Versteiger ung. Die Pascher entkamen. Vor einigen Tagen wurden zwei Pabstleithener Einwohner, welche de» Viehschmuggel« verdächtig waren, vom König!. Landgericht Plauen freigesprochen, weil man zwar in ihren Stallungen fremde« Vieh vorgefunden hatte, jedoch nicht nachzuweisen vermochte, daß die der Pascherei Verdächtigen die Ochsen auch selbst in den Ställen untergebrachl hatten. — Zittau, 4. Februar. Einen merkwürdigen Prozeß sührt zur Zeit die etwa 2000 Einwohner zählend« Stadt Ostritz bei Zittau in der sächsischen Oberlausitz. Sie hat die Reich«- postverwaltung verklagt. Da» Städtchen hat sich unter bedeuten den kosten eine elektrische Lichtanlage zugelegt. Da erschien die Reichspostverwaltung aus dem Plane und verbot kurzer Hand den Weiterbetrieb dieser Anlage wegen Störung der durch die Stadt geführten Telephonleitungen, und gleich unter Androhung einer Geldstrafe in Höhe »on 1000 Mk. Bereit» vor sieben Monaten war die Stadtverwaltung bei der Behörde um die Genehmigung der elektrischen Anlage eingekommen; im Vertrauen darauf, daß die Genehmigung sicher ertheilt würde, baute man ruhig fertig, und nun stellt sich herau», daß, wenn die Reich«post ihren Willen durchzusetzen vermag, ganz erhebliche Umbauten ge macht werden müssen. Die Stadtverwaltung von Ostritz hat aber nun den Spieß umgedreht und einen Proceß gegen die Reichs postverwaltung angestrengt, dahin gehend, daß dieselbe gezwungen werden soll, ihrerseit« die Telephonlettungen zu verlegen, indem ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen Beiden nicht besteht und die Stadt »Herr im Hause" bleiben will. Aus den Au»gang diese» Streite» kann man gespannt sein. — Aue, 5. Februar. Zur Realschule find bi« jetzt 37 neue Schüler gemeldet worden. Etwa noch beabsichtigte weitere Anmeldungen müssen, wie man un» mittheilt, baldigst, und soweit sie die V. oder IV. Klasse betreffen, spätesten» bi« zum 12. d. Mt». bewirkt werden. — Schneeberg, 4. Febr. Gestern Abend sand im be nachbarten Lindenau im Gerber schen Gasthose ein flotter Oekonomball statt, der aber gegen 12 Uhr jähling» durch Feuer lärm unterbrochen wurde. E» brannte die große Scheune de« Schnorrbusch'schen Gute» trotz der in kürzester Zeit auf dem Brandplatze erschienenen OrtS-geuerwehr, welcher sich auch bald daraus die von Grie»bach zugesellle, bi» auf die Grundmauern nieder. Da» nebenanstehende Wohnhaus blieb Dank der günstigen Windrichtung vom Feuer verschont. Ueber die Ursache de» Brande» ist zur Zeit nicht» bekannt. Brandstiftung wird vermuthet. — Euba, 4. Febr. Ein frecher Spitzbubenstreich ist dieser Tage hier auSgesührt worden. Al» ein hiesiger Fleischer meister mit seiner Tochter sich Abend» in der Wohnstube befand, wurde letztere plötzlich von außen zugejchlossen. Die Lingesperrtcn hörten, wie der Dieb sich hieraus in den gegenüberliegenden Laden raum begab und die Ladenkasse um ihren 10 Mark betragenden Inhalt entleerte. Al» «» den Eingcschlossenen gelungen war, sich zu befreien, war der Gauner bereit» spurlo» verschwunden. — Altenburg. Ein Bauernreiten findet zu Ehren de» Prinzen Ernst von Altenburg und der Prinzessin Adelheid von Schaumburg-Lippe, deren Vermählung am 17. d. Mt». in Bückeburg vollzogen wird, nach nunmehriger Bestimmung am 24. Februar, dem Tage de» Einzuge» de« neuvermählten Paare» in Altenburg, statt. An dem Zuge werden 180 Reiter und mehr al« 40 Wagen bethciligt sein. Nach Auflösung de» Zuge» wird eine Abordnung den höchsten Herrschaften im Schlosse die Glück wünsche der Landbewohner darbringen. Gedenktage zum 25 jährigen Aegierungs-ArröitLrrm König Akverl» von Sachsen. 8. Februar. 1884. Ueberführung der irdischen Hülle der verewigten Prinzessin Georg in die Familiengruft in der katholischen Hofkirche. König Albert be gleitet den Sarg. 9. Februar. 1897. Schluß des zweitägigen WohlthätigkeitsbazarS zum Besten des von der Königin Carola begründeten Krüppelheim. Reinertrag 68,000 Mark. Wie soll zu Gerste gedüngt werden? Da» ist eine der schwierigsten Fragen, wenn e» sich um die Gewinnung guter Braugerste handelt. Zunächst ist allerding» fcstzustellen, daß die Gerste zu ihrer normalen Ausbildung ein bestimmte» Maß aller Pflanzennährstoffe braucht; in sofern unter scheidet sie sich nicht von den anderen Kulturpflanzen. Sie nimmt aber dessenungeachtet eine Sonderstellung ein, da da» Ueberwiegen de« einen oder anderen Pflanzennährstoff» die Qualität der Gerste besonder« stark beeinflußt; überwiegt nämlich der eine oder andere Nährstoff in stärkerem Maße, so macht sich da» stet» in unlieb- samer Weise durch Qualität»verminderung bemerkbar. Ganz be sonder» gilt da« vom Stickstoff, der im Uebermaß vorhanden, die Eiweißbildung und die Ansammlung anderer Stickstoffverbindungen (Amide, salpeterscurc Salze u. s. w.) begünstigt und dadurch eine minderwerthige Waare Hervorruf«. Trotzdem darf der Stickstoff gehalt de» Boden« nicht zu gering bemessen sein, weil sonst nie drige Erträge und kleine unansehnliche Körner die unausbleibliche Folge sind. Ein unzureichender Stickstoffvorrath ist schädlicher, al» ein etwa» über da» Nährstoffbedürfniß hinausgehender. Eine auSgleichendc Wirkung üben im letzteren Falle Kali und Pho»phorsäure, durch deren stärkere Verwendung man die Gerste gewissermaßen zwingen kann, den Stickstoff zu einer reichen Erntcmasse zu verarbeiten und so den Protcingehalt de» Korne» verhältnißmäßig zu vermindern. Da, wie immer von Neuem betont werden muß, die Pho»- phorsäure in relativ geringster Menge im Boden enthalten ist, so ist von einer PhoSphorsäuredüngung für Gerste mit großer Sicherheit ein Erfolg zu erwarten. Eine Düngung mit 55 bi» 65 kg Pho«phorsäure, also mit etwa 3M bi» 400 kß Thomas mehl pro Morgen ist immer zu empfehlen. Auch die Kalisalze, sowohl Katnit al» auch concentrirte, wie Chlorkalium, sind bei der Gerste unentbehrlich geworden — mehr aus den leichten Bodenarten al» auf schweren. IM bi« 150 kg Chlorkalium oder 3M bi» 500 kg Kainit werden sich auf leich teren Böden, auch noch auf sandigem Lehm, al» von guter Wirk samkeit erweisen. Wie schon angcdeute«, würde e« verkehrt sein, die Gerste ganz ohne Slickstoffdüngung anzubauen; die Höhe der Stickstoff zufuhr muß allerding« scharf calculirt werden. Der Slickstoff bedarf einer reichen Gerstenernte vom Hektar ist mit 50 bi» 52 kg gedeckt. Diese sind enthalten in 2M kg schwefelsaurem Ammoniak oder in 350 kg Chilesalpeter. So große Stickfioff- OuantitSIcn wird man nie anwenden, da ein beträchtlicher THeil der Stickstofsbedars» au« dem Bodenvorrath gedeckt wird. Im Allgemeinen werden wir 80 bi« 130 kg schwefelsaure« Ammoniak oder IM bi» 200 kg Chilesalpeter pro Hektar al» Grenzzahlen annehmen dürfen. Ser Schmied von Gsservorn. Roman von E. v. Borgstede. (lr. Fortsetzung.) Biel trugen Gundula» Worte dazu bei, welche stet« ein Lob für den Schmied enthielten und dessen Fleiß, Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit rühmten. Selbst Fräulein Ulrike ließ sich herab, mit Friedel einige Worte zu wechseln, und wie hoch da« anzu schlagen war, wußte Niemand besser al» Bärbel. — — .Heinz!" rief Otto v. Laurin mit lauter, heftiger Stimme und öffnete di« Thür zum Zimmer seine« Bruder«. .Wa« soll ich eigentlich davon denken! Ich bekomme soeben eine Depesche mit dem Wortlaut: .Wagen zur Bahn senden, Papa!" Haft Du mir vielleicht den Alten auf den Hal« gehetzt?" .Papa» Besuch gilt nicht Dir, Otto," «ar di« ernste Er widerung, .sondern mir und meinen Angelegenheiten. Du weißt ja, wie die Sachen liegen, da soll noch ein letzter Sturm auf Tante Ulrike» Herz »ersucht werden." ,Na, dann ist e« etwa« Andere«; aber lieb ist e» mir eigent lich nicht, Heinz, nun werde ich wieder wie ein Schuljunge ab gekanzelt werden." Der Rittmeister fuhr selbst in» Thal hinab, um den Vater zu empfangen, und die Begrüßung war eine außerordentlich herzliche. »Ich hoffte, Dich wohl zu finden, mein Sohn," sagte der alte Edelmann, .ich vermisse noch immer die Farbe der Gesund heit auf Deinen Wangen." »Da« macht die qualvolle Ungewißheit, Papa; Du darfst mir nicht zürnen, daß ich Dir die Strapazen der weiten Reise auf erlegt habe; denn e» handelt sich um mein Leben-glück," bat Heinz, herzlich de» Vater« Hand drückend. .Nun, nun, so alt bin ich noch nicht, daß ich daheim bleiben müßte, lieber Junge; aber jetzt vorwärt« nach Berghau«!" Die Sonne neigte sich ihrem Untergange zu und übergoß Berg und Thal mit einem Meer «on Glanz. Jeder Riß, jede Spitze der Ruine, ja selbst der Epheu schien zu glühen, zu flammen und die Stämme der Waldbäume nahmen «heil an diesem Leuch ten. Fräulein Ulrike saß auf ihrem gewohnten Platz allein vor der Thür und betrachtete da« herrliche Bild vor sich. Die Rosen blühten im Garten, der Lenz war dem Sommer gewichen; wie lange noch, dann war der Herbst ta. Ihr Haupt ruhte in der Hand, ihr Geist war in Träumen verloren, da machten feste, schnelle Schritte sie aufblicken. Gundula und Susanns konnten c« nicht sein, e« war der Tritt eine« Manne«. Sollte Heinz e« abermal» wagen? Im nächsten Augenblick stand ein hochgewachsener, stattlicher Greis vor ihr, dessen leuchtende, schöne Augen unverwandt an ihrem Antlitz hingen mit einem ganz seltsamen zärtlichen Aus druck. Ulrike öffnete die Lippen, um ihn nach seinem Begehren zu fragen; aber kein Laut kam über dieselben, e« lag wie ein Bann auf ihr, den sie nicht zu brechen vermochte. .Ulrike," sagte da der Fremde weich, »kennen Sie mich nicht mehr?" Die alte Frau sank mit der Hand auf dem Herzen in ihren Sessel zurück, dann brach e« jubelnd von ihren Lippen: .Heinrich!" Herr von Laurin zog einen Stuhl an ihre Seite und legte seine Hand aus die ihre, indem er weiter sprach: .Ja, Heinrich! Und daß Sie mich erkannt haben, Ulrike, da» sagt mir, daß Sie mich nicht vergessen haben in all' den langen, traurigen Jahren unserer Trennung." »Sprechen Sie nicht von vergessen," in ihrer Stimme lag eine bittere, schmerzliche Klage; .da» hätten Sie wissen müssen, daß eine Natur wie meine nie vergißt." »Nie, Ulrike? Liebe und Treue vielleicht nicht, aber Schuld und Fehler wohl." »Auch da» nicht, da» erst recht nicht." .Sie sind hart und bitter geworden, Ulrike; einst waren Sie ander», ganz ander»." .Mahnen Sie mich nicht an da« Einst," die Matrone rich tete sich schwer alhmend empor, mit glühenden Wangen, .da ertrage ich nicht." .Und doch muß ich e«, Ulrike, ich muß e«. Und wenn die alte Wunde noch brennt, heiß brennt, wohl mir," sagte der Edel mann. .Deshalb habe ich den weiten Weg gemacht bi» in Ihre Berge, de-halb bin ich jetzt hier!" .Wozu da« Todte wieder lebendig machen, wozu zurückrufen, wa» ewig, unwiederbringlich verloren ist, Heinrich?" fragte die Dame herb, ihre Hand zurückzichcnd. .Um eine« jungen Menschenpaare» willen, Ulrike, daß sich heiß und innig liebt und nicht voneinander lassen kann u. will!" .Und wer fragte denn mich, ob ich konnte," rief Fräulein Strandow außer sich; .ich mußte entsagen, und sie werden e« auch!" »Ulrike, brachte Ihnen die» Entsagen Befriedigung, machte e« Sie froh und glücklich?" Dabei schaute er sie ernst u. durch dringend an. .Haben Sie e» jeden Tag von Neuem stolz em pfunden: ich bin befriedigt, weil ich mich selbst überwand, weil ick> den Mann aufgab, welchen ich so heiß geliebt? Sie schweigen! Ich weiß e«, Ihr Ja würde eine Lüge sein. Nicht« von alledem fühlten Sie in all' den Jahren unserer Trennung, nicht»! Ihr Leben war nur Pflichterfüllung, kein Glück." .Sie können nicht wissen," unterbrach ihn Ulrike. »Sagen Sie da» nicht, Ulrike, ich weiß e» dennoch! Habe ich doch einst Ihre Seele so gut gekannt mit allen ihren Regungen," versetzte Herr von Laurin ernst, »itlle», wa» einst Große», Sanfte« und Gute« in Ihnen gelebt, Alle», wa« der leidenschaftliche Jüngling geliebt, kann nicht todt, nicht erstorben sein!" Die Matrone verhüllte die Augen mit der feinen, weißen Hand, denn glühende Thränen verschleierten ihren Blick. Ja, ja, er hatte recht, Entsagen war kein Glück! »Ulrike, soll Gundula, da» srohherzige, lieblich« Kind, wirk lich von Ihnen zu demselben Loose verdammt werden, wollen Sie meinem Sohn dasselbe Schicksal bereiten wie mir? Antworten Sie nicht vorschnell, besinnen Sie sich; e« würde mir weh thun. Sie nicht mehr zu kennen." ,O, Heinrich, ich würde mein Herzblut geben, um meine Nichte glücklich zu machen, aber ich darf e» nicht. Der Schalten meine» Bruder» erhebt sich zwischen ihr und Ihrem Sohne, er trennt sie, wie er un» getrennt hat." .Dann haben Sie mich nie geliebt, ich wiederhole e», nie, Ulrike," versetzte Herr v. Laurin mit schwerer Betonung, »sonst könnten Sie unmöglich jene« furchtbare Wort wahr machen wollen, daß die Sünde der Väter heimgesuchr wird an den Kindern. Wir stehen beide am Rande de« Grabe«; Ulrike, ich mahne Sie; Sie fordern Vergebung und wollen selbst nicht verzeihen!" Die alte Frau athmete stoßweise und krampfhaft, ihre Blicke flogen wie hilseflehend umher. Mit überwältigender Macht sprach die Vergangenheit zu ihr durch seine Stimme und machte sie weich und versöhnlich. Sein Anblick schmolz Alle» hinweg, wa« lange, lange Zeit ihre Seele umpanzert hatte, da» Erbarmen wuchs riesengroß darin empor, und al» der Jugendgeltebte nun bat: »Sagen Sie ja um der wonnevollen, herrlichen Zeit willen, welche un« einst geblüht," da schluchzte ste auf: »Wenn e» Sünde ist, so komme der Fluch aus mein Haupt! Sie haben gesiegt, Heinrich, lassen Sie die Kinder glücklich sein." Lr führte ihre Hand an seine Lippen und sagte bewegt: „Dank, Dank, Ulrike, — ich habe Sie doch recht gekannt, und nun zu dem jungen Paar." .Wa« »erden Ste ihnen sagen, Heinrich," fragte die Dame, wie ein junge« Mädchen erröthend, »damit ste meine Einwilligung verstehen?" .Nur da» Eine, Ulrike, daß Sie mir »ergeben haben und zum Zeichen dessen meinen Sohn glücklich machen. Ist Ihne» da« recht?" — Di« Sonne war untergelaucht hinter den Bergen; am Himmel aber und aus den Wipfeln de« Walde« ruhte noch ihr Goldglanz,
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