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Amts- M AiizeWdlck für den Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. einschliehl. des »Jllustr. Untcrhaltungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen" in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Gchrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. V r s ch e i n t wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspallige Zeile 10 Pf. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 25 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. 45. Jahrgang. — r — Dienstag, den 8. Februar 18V8 Steckbrief. Gegen den Bürstensabrikant ttul,« rt Uv»«, geb. den 22. Oktober 1866 zu Schönheide, zuletzt wohnhaft in Obcrstützengrün, ist wegen Diebstahls Haftbefehl erlassen worden. Heh ist zu verhaften und dem nächsten Amtsgerichte zuzuführen. Eibenstock, den 4. Februar 1898. Königliches Amtsgericht. Ehrig. Die slawische Bewegung. Oesterreich, da» urdcutsche, da» Stammland der deutschen Kaiser au» dem Hause Habsburg, macht jetzt gewaltige Anstreng ungen, sich seine» deutschen Charakter» gänzlich zu entkleiden und rein slawisch zu werden. Wenn diese Bewegung nicht von vbenhcr unterstützt würde, könnte sie nicht bestehen und würde bald be deutungslos werden. Angesicht» der schweren Wirren, in die Gras Baden! durch seine Sprachenverordnungen da» österreichische Kaiserreich gestürzt hat, muß man beachten, daß der scharfe Gegensatz, der zwischen Tschechen und Deutschen zu Tage getreten ist, bei allen südslawischen Stämmen den lebhaftesten Widerhall findet. L« ist eine merkwürdige Erscheinung, daß alle diese sla wischen Stämme, durchweg untereinander in Hader lebend, gegen wärtig in ihrem Hasse gegen die Deutschen einig sind. Den Deutschen verdanken sie in erster Linie diejenige Höhe der Zivilisation, auf der sie sich jetzt befinden, die Entwickelung der Landwirthschast, von Handel und Gewerbe. Die Deutschen sind ihre Lehrmeister und Erzieher gewesen. Jetzt glauben die Slawen in ihrem Uebermuthe, daß sic die Deutschen entbehren, daß sie auf eigenen Füßen stehen und weiter kommen können. So gilt e» jetzt zunächst, die Deutschen au» dem Lande zu ent fernen und sie jede» Einflüsse« zu berauben. Wa» dabei herau«- komwt, lehrt da» stetige Sinken der tschechischen Universität Prag, die kaum noch mit andern wissenschaftlichen Anstalten in geistigem Wechsclverkehr steht und zu einer Pflanzstätte wilder politischer Agitaticn herabgesunken ist. Dieser Haß, den zur Zeit die Tschechen gegen die Deutschen pflegen, wird ebenso von den Polen und Slowaken, wie von den Serben und Kroaten, Slowenen, Bulgaren gehegt. Bi» vor Kurzem standen alle diese verschiedenartigen sla wischen Stämme unter Führung der Russen, unter dem Zeichen de« Panslawismus. Da» ist neuerdings wesentlich ander» ge worden. Da» russische Element ist infolge der jüngsten politischen Ereignisse in den Hintergrund gedrängt und nahezu au»geschieden; dafür tauchen immer deutlicher die Zeichen einer neuen politischen und zum Theil revolutionären Bewegung auf, die aus die Ver einigung de« mitteleuropäischen Slawenthum» hinauSläust. Die eigentlichen Führer dieser Bewegung sind hervorragende serbische und kroatische Gelehrte und Politiker. Sie haben in Agram einen eigenen Verein gebildet, um die Serben uid Kroaten thunlichst zu einer Einheit zu vereinigen, sie erfreuen sich der Förderung ihrer Ziele seilen» de» Bischof« Stroßmaher, de« Metropoliten Michael, dei Regenten Johann Ristitsch, Tauschanowitsch u. s. w. Sie geben in Prag in serbisch-kroatischer Sprache (beide Sprachen sind nahezu gleichlautend, nur haben die Serben da« cyrillische Alphabet) eine Zeitschrift „blovu ckoba" (Neue Zeit) für Litteratur, Politik und soziale Fragen herau«. Sie rcchnen mit der Auflösung Oesterreich» und der Zertrümmerung Ungarn« und sie erstreben die Bildung eine» großen flämischen Bundesstaate«, der alle mittel europäischen Slawen, mit Ausschluß der Russen, umfaßt. Diese Bewegung ist nicht zu unterschätzen; denn man darf nicht außer acht lassen, daß alle slawischen Stämme ihre Dialekte fast ausschließlich au» der altslowenischen Kirchensprache herleiten, in der die vielgenannten Apostel Cyrill und Methodiu» da« neue Testament au« dem Griechischen mustergültig übersetzt haben. Diese altflowenische Kirchensprache bildet dieselbe Grund lage de» Unterricht» in den Gymnasien und den Priester-Semi naren, wie etwa dar Lateinische in den höhern Schulen de» Westen»; wer sie beherrscht, kann leicht alle übrigen slawischen Dialekte erlernen. Die Pflege dieser Sprache macht bei allen slawischen Stämmen, insbesondere auch bei den Serben, große Fortschritte. Ganz besonder» verdient anerkannt zu werden ein große» philologische« Wörterbuch der serbisch-kroatischen Sprache, da» von Professor Danischitsch begründet und von Budmann fort gesetzt, nach Art de» deutschen Grimmschen Wörterbuch» herau»- gcgeben, nun schon bi» zum Buchstaben S und zum vierten Bande gediehen ist. Auch die Volksdichtungen der beliebten blinden BclkSsängcr, der GuSlaren, die methodisch gesammelt und weit verbreitet werden, werden in geschickter Weise der Vereinigung der südslawischen Stämme nutzbar gemacht. Freilich, der bekannte Professor für slawische Sprachen an der Sorbonne in Pari«, Loui» Leger, der vor einigen Jahren die slawischen Länder bereist und über sie im vorigen Jahre ein größere» Werk »Die slawische Well" herautgegeben hat, ist schließ lich zu dem Unheil gelangt, ,daß im eigenen Interesse der Slawen und ihrer Zukunft trotz ter Härten ihrer jetzigen Lage zu wünschen sei, daß der Zusammenbruch Oesterreich« nicht zu früh etntreten möchte; die Slawen würden dabei vielleicht mehr verlieren al« gewinnen." Diese» Unheil ist gewiß nicht schmeichelhaft, aber wir bezweifeln, daß e» bei der jetzigen blinden Aufregung irgend einen Eindruck auf die Slawen machen wird. Jedenfall» darf man diese jetzige Bewegung nicht au» dem Auge lassen; sie birgt eine Gefahr für den Frieden Europa». Tagesgeschichte. — Deutschland. Die »Allg. Marine-u. Handel«-Korresp." schreibt über die Entwicklung von Kiaotschau: »Wie wir hören, sind seiten« der großen, in China ansässigen deutschen Fir men bereit« Verhandlungen mit der Marinebehörde angeknüpst, um die Ansiedelung von Filialen jener Firmen in Kiaotschau in die Wege zu leiten. ES wird damit bestätigt, wa» wir von vorn herein betont haben, nämlich daß die Wichtigkeit von Kiaotschau al» handelspolitischer Stützpunkt kür europäische Interessen voll und ganz von ort»angesessenen Kaufleuten anerkannt wird. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die großen englischen und amerikanischen Firmen dem Vorgehen der deutschen Kaufleute unmittelbar folgen werden, wenn nicht bereit« jetzt Schritte hierzu in Kiaotschau selbst gelhan sind, wa» sich vorläufig unserer Kenntniß entzieht. — Im Wesentlichen handelt e» sich für die betheiligten Firmen darum, am Hasen selbst Bauplätze für Geschäft»- und Lagerhäuser zu erwerben. Die Auffassung in den Kreisen der in China ansässigen deutschen Kaufleute geht dahin, daß die früheren, von Kiaotschau au» vorhanden gewesenen HandelSwege nach dem Innern durch die Eröffnung unsere« Hafen« neu belebt werden und eine rege Aufnahme de» Handelsverkehr» mit dem Innern zu erwarten ist. Dieselbe wird zu Ungunsten de« Vertrag-Hafen« Chifu sich er weisen und auch Tientsin in Mitleidenschaft ziehen, sodaß die in beiden Häsen ansässigen Geschäftshäuser unbedingt ihre Filialen in Kiaotschau eröffnen müssen. Da die Häfen von Chifu und Tientsin vom Dezember bi» März der Schifffahrt unzugänglich sind, so bedeutet die Eröffnung von Kiaotschau für die Belebung de« Handelsverkehr« mit den Nordprovinzen einen wesentlichen Gewinn." — Berlin. Vor Kurzem wurde von amtlicher Seite mit- gethcilt, daß sich viele Leute wegen der Auswanderung nach Kiaotschau an da» AuSwärtigc Amt wenden. Der Professor l)r. Frhr. v. Richthosen sagt in seiner Broschüre: .Kiaotschau" aber: ,E« ist selbstverständlich völlig ausgeschlossen, daß Kiaotschau jemals ein Auswanderungsplatz für Deutsche werben kann. Dar Land ist so dicht bevölkert, daß ein Abfluß Le« Ueberschusse» der stetig zunehmenden Menschenmenge nothwendig geworden ist. Unsere Rasse vermag, wa» Lebenshaltung und Arbeitsleistung mit einem geringen Betrag von Mitteln betrifft, mit den Chinesen nicht in Wettbewerb zu treten." Daß die Chinesen überall wo hin sie kommen, durch ihre Anspruchs- und Bedürsnißlosigkeit den Wettbewerb der Weißen unmöglich machen, ist allzu bekannt. Daher sollten nur Deutsche nach Kiaotschau gehen, welche seste Stellungen erhalten haben. — Ueber die Fahrt de« Kreuzer« .Deutschland" nach Kiaotschau, an dessen Bord sich Prinz Heinrich befindet, waren vor einigen Tagen in Berlin ungünstige Berichte verbreitet. E» ist richtig, daß der Kreuzer von manchem kleinen Mißgeschick be troffen worden ist, sodaß die Ankunft in Kiaotschau sich nicht unbedeu tend verzögert hat, aber etwa«, wa« zur Beunruhigung Anlaß geben könnte, ist nicht passirt. Der Kreuzer verlor im Suezkanal den Anker und hatte dadurch eintägige Verzögerung. Dieselbe hat dann wieder zu einem Mißverständniß Anlaß gegeben, da» zu einer mehrtägigen Verzögerung führte. Nach der Insel Sccotra waren für einen bestimmten Tag Kohlendampser für die .Deutsch land" beordert, und der Kreuzer wäre sicher zur Stelle gewesen, wenn ihm da» kleine Malheur im Kanal nicht passirt wäre. Die Kohlendampser lagen vor Socotra und hielten sich dort einige Zeit auf. Dann dampften sie fort, da sie die .Deutschland" nicht antrafen. Als nun die .Deutschland" und der .Gefion" dort ankamen, war man natürlich in großer Verlegenheit, da man der Kohlen dringend bedurfte. E« blieb schließlich nicht« ander- übrig, al« den Dampfer .Gefion" auSzuschicken, um die Kohlen- "dampser auszusuchen und nach Socotra zurückzubringen. Eine weitere Verzögerung ist durch den Bruch einer Kolbenstange der Maschine de» Kreuzer« .Deutschland" verursacht worden. Hier durch entstand eine Verzögerung um 24 Stunden. Der schadhafte Kolben wurde auf hoher See in der Nähe von Aden ausgewechselt. — Kiel, 5. Febr. Während die Ablösung der Wache der kaiserlichen Werft von Gaarden nach Kiel überfuhr, wurde kurz vor der Landungsstelle in Kiel die Dampspinafse durch Voll schlagen zum Kentern gebracht und ist in Folge dessen gesunken, ö Matrosen und 3 Werftarbeiter sind ertrunken, 3 Matrosen wurden von dem in der Nähe liegenden Schulschiff »Rhein" ge rettet. Von den Ertrunkenen sind bisher 11 Leichen geborgen. — Gotha. Die Direktion der Thüringisch-Anhalti- schen-Lotteric hat beschlossen, die Zahl der Loose, die sich gegen wärtig aus 2b,000 beläuft, noch um weitere 5000 Stücke zu er höhen, da die« der in letzter Stunde erfolgte Beitritt de« Fürsten- thum« Lippe zu Len Garanliestaatcn erforderlich gemacht hat. Der neue Lotterieplan, der dementsprechend auch 2500 Gewinne mehr aufweist, soll von der im Juli d. IS. beginnenden zweiten Lotterie ab in Kraft treten. Da» Fürstenthum Schwarzburg- SonderShauien bezog bi« jetzt au« der Sächsischen Lotterie jähr lich 377b Mk.; au« der Thüringisch-Anhaltiichen dagegen wird e« einen jährlichen Gewinn von 2b,000 Mark haben, da der Gcfammtgewinn unter den betheitigten Staaten nach dem Ver- hältniß der Einwohnerzahl vertragsmäßig vertheilt wiro. — München, 4. Februar. Die soeben durch den Prinz regenten genehmigte Ausstellung der Büste Josef PschorrS in der bayerischen RuhmeShalle ist die erste derartige Ehrung der Großindustrie, da bisher nur dort die Büsten von Gelehrten, Künstlern, Staatsmännern und Feldherrn vertreten sind. Diese Auszeichnung wurde also nur dem wissenschaftlichen, künstlerischen und militärischen Berufe zu Theil. Josef Pschorr, gestorben I84l, ist der Begründer der Münchener Großbrauerei, die nicht nur den Staatssäckel zu einem ansehnlichen Theile füllt, sondern auch den Rus der bayerischen Bierindustrie über die ganze Welt verbreitet hat. Die RuhmeShalle soll ausschließlich dem Gedächtnisse jener Boyern gewidmet sein, die sich um ihr engere« Vaterland oder um die Menschheit im Allgemeinen in irgend einer Weise große und bleibende Verdienste erworben haben. Der Prinz-Regent verhehlte denn auch in der dem Rentier Mathias Pschorr gewährten Audienz nicht, daß er die Bitte, (um Aufnahme der Büste seine» Großvater» in die bayerische RuhmeS- hallc) besonder« im Hinblicke auf die großartige Wohlthätigkeit» stistung de« Bittsteller« gewähre. — Oesterreich-Ungarn. Der Hochschulstreik in Oesterreich ist nunmehr ein vollständiger. In Innsbruck hat der Senat der Universität mit Ermächtigung de« Unlerricht«ministers die Vorlesungen an den weltlichen Fakultäten ebenfalls auf 14 Tage ausgesetzt. In allen Hörsälen Oesterreich» herrscht also Ruhe — gleichzeitig wird aber ein bedenkliche» Anschwellen des nationalen Hader« auch zwischen den Studenten gemeldet. Eine ganze Reihe von .Holzereien" zwischen Slawen und deutsche.: Studenten sind bereit« vorgekommen und die Aufregung wächst dabei täglich. — Türkei u. Griechenland. Rußland hält an der Kandidatur de» Prinzen Georg für den Gouverneurposten von Kreta unverrückbar fest und hat wie c» scheint für seine Pläne die Zustimmung Frankreich« und England« gewonnen, während Deutfchland und Oesterreich sich Reserve auferlege». Die Frage spitzt sich immer schärfer zu der Möglichkeit einer Auflösung de« europäischen Concerte» zu. Die .Nowosti" be kämpfen die Opposition der deutschen und der österreichischen Blätter gegen die Kandidatur de» Prinzen Georg von Griechen land für den Posten de» Gouverneur» von Kreta und sagen: Wenn der Widerstand de» Sultan« gegen diese Kandidatur wirk lich von Berlin und Wien au« genährt wird, so könnte die An gelegenheit mit der Auflösung de» .Europäischen ConcerlS" enden, und Rußland, England und Frankreich werden in der orientali- fchen Frage überhaupt und in der kretischen Frage im Besonderen wieder freie Hand haben. Wa« Oesterreich und Deutschland durch eine solche Wendung gewinnen würden, sei schwer zu ver stehen. Da» Blatt schließt: Die Theilung der Mächte in zwei Lager könnte indeß Resultate ergeben, deren man sich weder in Wien noch in Berlin freuen würde. — Zur kretischen Gouvcrneursage liegen Mittheil ungen von Belang nicht vor. Der »Hamb. Korresp." läßt sich über .die neueste Phase der kretischen Frage" au» Berlin fchrciben: »Es täuscht sich Wohl Niemand mehr darüber, daß die Zustimmung de» Sultan» zur Kandidatur de» Prinzen Georg sür Kreta durch diplomatische Mittel schwerlich zu erlangen ist. Die Herstellung der Einstimmigkeit unter den Großmächten und infolge davon ein gemeinsamer Schritt der Botschafter bei der Pforte zu Gunsten der griechischen Kandidatur liegt außerhalb de« Bereiche« der Möglichkeit. Zur Anwendung gewaltsamer Mittel gegen den Sultan werden sich die Schutzmächte de« Helle nismus kaum entschließen, nicht au» Rücksicht auf die Person Abdul Hamid'«, wohl aber au« der Besorgniß, ihr eigene« Jnter- effe durch zweischneidige Maßnahmen zu gefährden. E« bleibt also nur die Möglichkeit, daß Prinz Georg durch einen revolu tionären Akt der kretischen Nationalversammlung zum Gouverneur auSgerufen werden könne. Daß Rußland hierzu mithelfen sollte, ist ganz auögeschlossen. Die Peter«burger Politik kann einem Triumph de« revolutionären Prinzip« nicht ihr amtliche« Siegel aufdrücken. Sie würde im angenommen Falle gewiß Werth darauf legen, bei einer völkerrecht«widrigen Entwickelung der Dinge auf Kreta ebenso unbetheiligt zu sein, wie die beiden anderen Kaiser mächte. E« fragt sich aber, wie lange man gerade von russischer Seite den unausbleiblichen Folgen einer griechischen Revolution auf Kreta unthätig würde zusehen können und ob nicht die Regier ung de« Zaren, wenn im Orient neue Friedensstörungen aut- brechen, durch den Gang der Ereignisse über den Rahmen ihrer bisherigen, lediglich diplomatischen Aktion herau«gedrängt werden müßte.