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Vellage zu Nr. 103 des sächsischen Erzählers. Das 50jährige Iuöitaum der Societät zu Nischofswerda. Diese, am 25. December 1814 gegründete geschlossene Gesellschaft feierte am 25. uni» 26^ d- W- ihr 50jähriges Stiftungsfest. Am eigentlichen Stiftungstage, am 25. d. M. Abends 7 Uhr, sand in dem glänzend erleuchteten und im Innern einfach geschmückten Gesellschaftslocale An kurzer Festact statt, welcher durch die vom Stadtmusikchor vorgetragene Jubel-Ouverture von C. M. v. Weber und durch eine vom Herrn Organist Zeil er geleitete Gesangaufführung der „Harmonie" eröffnet wurde. Darauf hielt der dermalige erste Vorsteher, Herr Advocat Roch, folgende Festrede: Hochgeehrteste Fistversammlung! >. Wie in dem Leben der Völker und ver Staaten, der Städte und Gemeinden, so giebt es, auch in dem einzelner Vereine und Gesellschaften Zeitabschnitte, wo dieselben lebhafter denn je an ihren Ursprung und an ihre Gründer erinnert werden! An einem solchen Zeitpunkte find auch wir heute angelangt: wir begehen heute «ine seltene Feier im Kreise unserer Societät, das 50jährige Bestehen derselben. Ein halheS Jahrhundert! — in der Weltgeschichte ein kleiner, fast verschwindender, im Leben eines Vereins ein langer und bedeutender Zeit raum! Denn sowie unter uns heute Keiner ist, der heute vor 50 Jahren die Societät gründen half, so werden von unS wohl nur sehr wenige heuto über 50 Jahre noch da sein, um das 100jährige Bestehen unserer Ge sellschaft zu feiern! Sie werden es mir erlassen, Ihnen die Geschichte derselben zu schildern, denn ein Mal bietet dieselbe überhaupt keine Momente von hervorragender Bedeutung und von allgemeintm Interesse dar, so dann aber haben wir, die wir dermalen die Ehre haben Vorsteher der Societät zu sein, uns erlaubt, allen ihren Mitgliedern Dasjenige, worüber wir schriftliche Aufzeichnungen in dem Album, dem Stammbuch« der Gesellschaft, vorgefunden haben und was uns bemerkenswerth erschien, in einem Schriftchen mitzutheilen, welche-, wie ich ausdrücklich zu bemerken Veranlassung finde, Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit weder bat machen wollen, noch sollen, noch auch können! Sie verstattcn mir daher, daß ich nur einige wenige Punkte auS dem Leben der Gesellschaft in kurzen Worten hervorhebe. Wie eine jede Familie, so hat auch ste während ihre- nun halb hunderijährigen Bestehens viel Leid erfahren, aber auch manche Freuden genossen. Schon ihre Gründung er folgte zum Theil mit in Folge vorausgeganqener Leiden, welche unsere Stadt und deren Bewohner im größten Maße betroffen halten. Nachdem sich bereits seit dem Jahre 1794 eine Anzahl derselben dann und wann zusammen gefunden hatte, uni sich von den Lasten und Mühen des Tages zu erholen, ohne daß jedoch bindende Bestimmungen über ihre geselligen Zusammenkünfte bestanden hätten, brach vaS Kriegsunglück deS Jahres 1813 über unser Vaterland und auch über unsere bis dahin so ziemlich damit verschont gebliebene Stadt herein, welche wie Sie wissen, in Folge eines am 12. Mai jenes JahreS um sie entsponnenen hitzigen GefechtS fast total, bis auf nur einige wenige Häuser in Flammen aufging. Der Verlust deS bisherigen Obdach? zerstreute ihre Be-' wohner in die nähere oder entferntere Umgegend und als envlich im Jahre 1814 der Friede der Welt gesichert erschien und, bis auf die glänzende aber kurze Epoche der 100 Tage im folgenden Jahre, auch gesichert war, und die Bewohner unserer Stadt in ihre Heimath und in ihre neuerbäuten oder noch neuerstehenden Häuser zurückgekehrt waren, da fanden sich auch Diejenigen, welche sich schon seit 20 Jahren gesellig vereinigt hatten, wieder zusammen und fühlten daS Bedürfniß einer engeren und bindenderen Vereinigung um so lebhafter, als sie längere Zeit hindurch von einander getrennt und entfernt gewesen waren. Nach mehrfachen Verhandlungen und Besprechungen hatten sich endlich 20 Bewohner dieser Stadl über gesetzliche Bestimmungen, nach denen ste künftig ihr geselliges Leben regeln wollten, vereinigt und unterzeichneten dieselben am 25. December 1814, von welchem Zeitpunkte an das Bestehen unserer, Anfangs „GesellschaftSverein", seit dem Jahre 1840 aber „Societät" genannten Gesellschaft zu rechnen ist. Leider ist eS »ns nicht vergönnt, auch nur einen von jenen !-0 Männern um uns zu sehen; denn der einzige noch am Leben befindliche, Herr OberamtsregierungS« und Appellationsrath Friedrich Wilhelm Klengel in Bautzen, den die Gesellschaft am 2 d. M. durch Acclamation zu ihrem Ehr«n- mitglieve ernannt Hal und den wir in unserer Mitte zu begrüßen hofften, ist in Familienangelegenheiten verreist und deshalb behindert, unserer Einladung zur Theilnahme an dem heutigen und morgenden Feste Folge zu leisten. Die übrigen 19 ersten Mitglieder aber haben, bereits seit zum Theil langer Zeit, der Natur ihren Tribut gezollt. Unter ihnen und vor allem aber haftet mein Blick an dem Bilde eines Mannes, welcher als der eigentliche und ursprüngliche Gründer der Societät zu betrachten ist, welcher bereits im Jahre 1807 den ersten, freilich gescheiterten Versuch der Gründung machte, welcher deren Statuten verfaßt, ihr Jahre lang und zu wieder- Hollen Malen und noch erst in neuerer Zeit, vor 8—9 Jahren als Vorsteher vorgestanden, welcher ihr einen großen Theis seiner Zeit und Thätigkeit gewidmet und allen ihren Angelegenheiten die regste und lebhafteste Theilnahme geschenkt hat. Seinen Namen brauche ich Ihnen nicht zu nennen, er ist auf Ihrer Aller Lippe. Nicht sollte es ihm vergönnt sein, den heutigen Ehrentag seines Lieblings- und SchoyßkindeS der Societät zu erleben und zu feiern. Denn obwohl man noch vor mehreren Jahren die Hoffnung hegen zu können glaubte, ihn heute in Unserer Mitte zu sehen, nahmen seine körperlichen Kräfte — denn sein Geist blieb bis zum letzten