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Ms- M MiMt für den Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, fowie bei allen Reichs- Postanslalten. Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- scrtionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. ILO Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. 44. Jahrgang. ' - Dienstag, den 21. Dezember L8OS Die Abfahrt des zweiten deutschen Kreuzer Geschwaders ist durch mehrere bedeutungsvolle Vorgänge mit einer unge wöhnlichen Feierlichkeit umkleidet worden. Die Anwesenheit de» Kaiser» in Kiel, die im dortigen Schlosse gewechselten Trinksprüche, da» Geleit, welche» Se. Majestät mit seinen drei ältesten Söhnen dem scheidenden Bruder gegeben ha«, und schließlich der Besuch de« Kaiser» beim Fürsten Bismarck — alle» vereint sich, um diesen Tag für immer denkwürdig zu machen. Da« Gefühl dafür bricht denn auch au« den Betrachtungen in der Presse lebhaft hervor, insonderheit au» den Erörterungen, welche sich an die Kaiserrede knüpfen und die bekunden, daß die von Allerhöchster Seite gesprochenen Worte mit den Empfindungen weiter kreise de» Volke» über- cinstimmen. So schreiben die .Beil. N. N.': »In der Form de» Scheidegruße» an den hinau»ziehenden Bruder enthalten die kaiserlichen Worte ein Regierung-programm, und zwar ein Programm, da» in seinem logischen Ausbau wie in seiner friedlichen Entschlossenheit in allen nationalge sinnten Kreisen Deutschland« de« lebhaftesten Beifall» sicher sein darf. L» ist darin eine Sprache, die wie ein frischer Morgenwind durch Deutschland wehen, da« deutsche Volk wie der zu seinen größeren Zielen wecken und damit dem Partei gezänk über allerlei Nichtigkeiten, dem Phrasenwust, in dem da» Land schier zu ersticken drohte, hoffentlich ein Ende machen wird. Der ostasiatischen Politik de» deutschen Reiche- ist damit Ziel und Richtung gegeben und zwar von dem grund legenden Gedanken au«: ,Reich»gewalt bedeutet Seegewalt, und Seegewalt und Reichsgewalt bedingen sich gegenseitig so, daß die eine ohne die andere nicht bestehen kann...' Deutsch land nimmt mit dieser Politik nur Besitz von Gütern, deren andere Nationen, Engländer und Franzosen, Holländer, Spa nier und Portugiesen seit langer Zeit sich erfreuen und die auch Rußland neucrding» in größerem Umfange sein Eigen zu machen sich anschtck«. Der zweiten Handcl»macht der Erde kommt c» zu, für den Schutz dieser ihrer LebenSinteressen und für den Schutz ihrer Volk»genossen im Brennpunkt diese« Interesse» feste Stützpunkte zu gewinnen und im allgemeinen Wettbewerb der großen Nationen die eigene, ihr innewohnende Kraft, die Ellenbogen zu brauchen, um nicht wiederum hinter den Anderen da» Nachsehen zu haben.' Und in der „Nat.-Ztg." heißt e»: »Mit der Rede de» Kaiser» ist die deutsche Besitz ergreifung in China endgiltig vollzogen, und zwar, wie man wohl annehmen darf, aus Grund internationaler Besprechungen, welche die friedliche Anerkennung der deutschen Stellung in der Siao-Tschau-Bucht gewährleisten. Die fremden Mächte erhalten in der kaiserlichen Rede die Versicherung, daß Deutsch land nicht« Andere« erstrebt, al« wa« sie, soweit sie ähnliche Interessen zu schützen haben, sich schon vorher gesichert: Eng land in Hongkong, Frankreich in Tongking, Rußland in der Mandschurei; au»drücklich weist der Kaiser da« deutsche Ge schwader auf »innigen Verkehr und gute Freundschaft" mit den anderen europäischen Flotten hin. Für Deutschland aber wird in Worten, die eine« tiefen Eindruck« nicht verfehlen und in den weitesten Kreisen entschlossene Zustimmung finden werden, darauf htngewicsen, daß durch Sicherung der deutschen Interessen in der weiten Well da« fortgeführt werden soll, wa« unter Kaiser Wilhelm I. und Fürst Bismarck durch die Errichtung de« Reiche« begründet worden — fortgeführt in friedlichem Wettstreit mit den anderen Kulturvölkern, aber wenn e« sein muß auch mit »gepanzerter Faust'. Mit dieser Rede hat der Kaiser sicherlich der großen Mehrheit de« deut schen Volke« au« der Seele gesprochen.' Solch' echten Widerhall findet die kaiserliche Rede bei der Mehrzahl der Blätter, in den Herzen aller Patrioten. Und auch im Au«land wird sie überall verstanden werden, wo Neid und Eifersucht die Ohren verstopfen. Denn laut und klar genug ist die Versicherung gegeben, daß nicht streit lustige Abenteuerpolitik, sondern da« gute Recht die deutsche Flagge nach dem fernen Osten geleitet: da« Recht, da« kreuz Christi zu schützen und zugleich aus dem Völkcrmarkte in Asien den Platz zu bestellen, welcher nach dem Vorgehen ander,r Nationen der Ärcßmachtwürde Deutschland« entspricht. Und den Deutschen im Aullande werden die Kaiserworte in Wahr heit al» ein Evangelium, al« eine frohe Botschaft klingen, daß de« Reiche« Schutz ihnen sicher ist, ihnen allezeit nach haltig gewährt werden soll. Im Inland selbst aber wird kaum »in anderer Satz größeren, herzlicheren Beifall gefunden haben al« der, daß da« Unternehmen in Oftasten nicht« weiter sei al« die logische Folgerung dessen, wa» der unvergeßliche erste Kaiser und sein großer Kanzler gestiftet haben. Nach geraumer Zett erscheint hier wieder einmal der Name de« Staatsmannes, den da« deutsche Volk so gern au« dem Munde seine« Kaiser« hört. Doppelt groß ist daher die Freude über die Nachricht, daß Se. Majestät e« nicht bei dem Gedenkworte habe bewenden lassen, sondern persönlich den Fürsten Bi«marck begrüßt ha», damit dem bedeutsamen Tage den schönsten Ab schluß gebend. E» erhebt die Vaterland-freunde, daß gerade in diesem Zeitpunkte der Kaiser und sein erlauchter Bruder bei dem Mitschöpfer de» Reiche« zu Gaste geweilt haben, und alle Patrioten erfüllt die Sicherheit, daß davon ein Segen ou»gehen muß für da» ernste Unternehmen Deutschland», daß e» gelingen wird zur Ehre de» deutschen Namen», zum Heile de« Vaterlandes! Tagesgeschichte. — Deutschland. Der „Köln. VolkSzlg." wird au» Berlin geschrieben: »Die Militiir-Strafprozeß-Rc- sorm hat, nach dem Ergebniß de« ersten Beralhung»tagc» zu urtheilen, sehr schlechte Aussichten. Da» Zentrum macht seine Zustimmung von einer Reihe wichtiger Aenderungen abhängig. Die bayerischen Zentrums-Mitglieder insbesondere sträuben sich gegen jede Verschlechterung ihre» Strafprozesse» und wollten vor allem da» bayerische Reservatrecht in Bezug aus einen eigenen bayerischen obersten Militär-Gerichtshof anerkannt und ausgesprochen wissen. Die übrigen Abgeord neten au» Bayern traten gleichfalls für da» Refervatrccht ein. Die Konservativen wollen die ganze Vorlage verweisen, wenn Aenderungen außer in nebensächlichen Punkten daran vorgenommen werden. Die Regierung scheint ebenfalls jede erhebliche Aenderung verweigern zu wollen. Unter solchen Umständen ist kaum abzusehcn, wie eine Verständigung erzielt werden soll.' — Die beiden Kriegsschiffe „Deutschland" und »Gefion" unter Führung de» Prinzen Heinrich find nun nach China unterweg». Der Kaiser hat sich in Kiel von seinem Bruder, den Schifs«osfijieren und Mannschaften verabschiedet und hat sodann dem Altreichskanzler in FriedrichSruh einen andcrthalbstündigen Besuch abgestaltet. Erzbischof v. Stablewski und Fürstbischof Kopp haben dem Kaiser nach kiel Glück- und Segenswünsche für die ausfahrenden Schiffe gesandt und haben darauf sehr huldvolle Antworten erhalten. Alle diese Thatsachen geben der Presse Stoff zu den mannigfachsten Erörterungen, die sich aus die allgemeine Lage im Innern und auf die Marinevorlage beziehen. — Zu dem Kapitel »Zeugnißzwang" schreibt die „Tägl. Rundschau": „Bei dem polnischen Blatte »Gazeta GrudziaSka' in Graudenz wurden kürzlich in einer klagcsache sämmtliche Angestellte der Druckerei von dem Untersuchungs richter vernommen; e« handelte sich um den Namen de« Schreiber« eine« Artikel». Einer der Druckerei-Lehrlinge konnte sich ganz genau daraus entsinnen, von wem der Artikel geschrieben worden sei, erklärte aber auf Befragen, daß er den Namen nicht nennen werde. Der Untersuchungsrichter machte den Lehrling auf die Folgen seiner Weigerung auf merksam, erhielt von ihm aber den Bescheid, daß er den Namen de» Verfasser» nicht angeben könne, weil er sich andernfall» eine» Vertrauen«bruch« schuldig machen würde und sich dann al» einen Hallunken betrachten müsse. Mit diesem Bescheide gab sich der Untersuchungsrichter zufrieden. Der Vorfall berührt wiederum die schwierige Prinzipienfrage, ob der Staat seine Machtvollkommenheit zur Ermittelung der Wahrheit soweit au«zudehnen befugt ist, daß er von dem Zeugen eine ehrlose Handlung »erlangen kann." — Einfuhr amerikanischer Pferde nach Deutsch land. In London ist, wie die »Intern, korresp.' berichtet, eine au» drei Personen bestehende Kommission de» Ackerbau- Ministerium» der Vereinigten Staaten cingetroffen, welche in den verschiedenen Ländern Europa« und besonder« in Deutsch land Ermittelungen über den Bedarf an Kavalleriepferden anstellen soll. Die nordamerikanische Regierung beabsichtigt von Staat»wegen die Zucht aller derjenigen Pserderassen zu unterstützen, welche in Deutschland, Frankreich und England im Heeresdienst gebraucht werden. Die Kommission wird Ende Januar in Deutschland eintreffen und eine mehrmonat liche Studienreise durch alle Theile de» Reiche« unterneh men. — Wir glauben nicht, daß diese Bestrebungen aus Er folg in Deutschland rechnen können, unsere Kavalleriepferde züchten wir un« am besten selbst. — Wilhelm»haven, 17. Dezbr. Der Lloyd-Dampfer »Darmstadt' mit dem Militärkommando für China an Bord, verließ heule Nachmittag 5 Uhr den neuen Hafen und ging sofort in See. An den Seeschleusen hatte sich eine überau» zahlreiche Menschenmenge angesammelt, welche in lebhafte Hochrufe ausbrach, die vom Schiffe au« erwidert wurden. Die Musik an Land spielte Abschied-liedcr. — Straßburg, 17. Dezember. Heute Nachmittag fand zwischen Schlettstadt und Eber-Heim ein Zusammen stoß zwischen einem Güter- und einem Personenzug statt. Neun Eisenbahnangeftellle wurden theilweise sehr er heblich verletzt. Der Materialschaden Ist bedeutend. Zwei Lokomotiven und mehrere Wagen wurden zertrümmert. Der Verkehr erlitt eine wesentliche Störung. Die Züge au» der Richtung Schlettstadt und Straßburg hatten größere Ver spätungen. — Brc-lau, 17. Dezbr. Aus dem hiesigen Weih- nachtSmarkte auf dem Ring geriethen zwei große Kolon naden in Brand und wurden vollständig eingeäschert. Der Schaden ist für die Betroffenen beträchtlich. — Italien. Rom, 18. Dezbr. In Citta di Ca stello bei Perugia verursachte heute früh 8'/^ Uhr ein hef tiger, zwölf Sekunden andauernde» Erdbeben in den Wän den und Decken vieler Häuser erhebliche Risse und Spalten und brachte zahlreiche Schornsteine in der Stadt und auf dem Lande zum Einsturz. Die Thurmglockcn schlugen an und die Bevölkerung war in große Bestürzung versetzt. Auch die SeiSniographen der Observatorien in Rom, Siena, Arezzo, Velletrie und Casamicciola auf Ischia haben Erdstöße ver zeichnet. — Spanien. General Weyler, der gegenwärtig in Madrid eine von Zweideutigkeit nicht freie Rolle spielt, sollte aus der Eisenbahnfahrt da» Zielobjekt eine« anarchistischen Komplott» werden. In Saragossa wurde ein Anarchist von seinen Genossen zur Verantwortung gezogen und gezüch tigt, weil er die ihm in Bezug auf den General Weyler cr- theilten Instruktionen nicht ausgeführt hatte. Da» anarchistische Komplott bezweckte, die vom General früher in Barcelona angeordnctcn Exemtionen von Anarchisten auf dem Monjuich zu rächen. Die Untersuchung wegen diese» Komplott» wird in Saragossa geführt. — Anläßlich der Meldung von der Wieder herstellung der Ruhe auf den Philippinen wurden in Madrid am Donnerstag die Häuser beflaggt; Abend« fand eine Illumination statt. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Freitag Abend» entfernte sich au« seiner Behausung der Handarbeiter Gotthard Sch. und wurde Sonnabend im Königl. Staatsforstrevier unweit de» sogen. Beckenhause» entleibt ausgefundcn. Der Fall ist um so be trübender, indem sich im vergangenen Sommer eine Tochter desselben gleichfall» da» Leben genommen hat. — Diese Woche starb der erst seit l. Oktober hier ttationirtc Gendarm Bre»- lawsky. Derselbe war vorher Wachtmeister bei der Feld artillerie in Dresden, konnte also seine Stellung nur kurze Zeit bekleiden. — Herr Lehrer Proitz verläßt am 1. Februar 1898 Schönheide und wird in gleicher Eigenschaft nach Zwickau übersiedeln. — Dresden. Aus Anlaß de« nächstjährigen Rcgie- rung»jubiläum« de« König» Albert errichtet die Stadt Dresden, den Wünschen de» König« entsprechend, eine gemein nützige Stiftung, für die mit etwa zwei Millionen Mark eine Anzahl Jugendspielplätze, wie insbesondere der Haidepark de» Verein« BolkSwohl, erworben werden. — Dresden. Da» königl. Ministerium de» Innern hat neuerding« eine Verordnung an die königl. AreiShaupt Mannschaften erlassen, in der sie die Gesichtspunkte feststellt, von denen bei Beurtheilung neuer Eisenbahn projekte, insbesondere von Güterbahnen, au»gegangen werden soll. In dieser Verordnung wird zunächst daraus hingewiesen, daß da» sächsische Eisenbahnnetz nicht nur nächst dem belgischen da» dichteste aller Lander der Erde sei, sondern auch in seiner Entwickelung nicht hinter der fortschreitenden Zunahme der Bevölkerung Sachsen« zurückgeblieben sei (1871: 2,500,000 Einwohner und nur 1060 km Bahnlänge, 1876 : 2,800,000 Einwohner und 1800 km Bahnlänge, 1896 : 3,800,000 Ein wohner und 2800 km Bahnlängc). Alle für den großen Handelsverkehr erforderlichen Linien seien in vollkommenster Weise au»gebaut und auch alle größeren Seitenthäler seien mit Schienengleisen versehen worden, so daß fast sämmtliche Städte de» Lande» Eisenbahnanschluß erhalten haben. Dessen ungeachtet habe sich die Zahl der Wünsche nach neuen Eisen bahnverbindungen noch nicht vermindert und selbst verhältniß- mäßig unbedeutende Ortschaften begehrten Anschluß an da« Eisenbahnnetz. Namentlich aber treten Bestrebungen auf Erlangung von Querbahnen in den Vordergrund. Diese Gesuche bedürften der sorgfältigsten Prüfung nicht bloß vom finanziellen, sondern auch vom volkswirthschaftlichen Stand punkte au«, ehe die Regierung ihnen näher treten könne. In ersterer Hinsicht werde daraus zu achten sein, daß der zu er hoffende Nutzen auch die zu bringenden Opfer rechtfertige. Sodann aber müsse vermieden werden, daß durch die Be günsligung solcher Projekte andere augenblicklich noch nicht so von der öffentlichen Meinung getragene oder von Einzel interessenten nicht mit der gleichen Energie betriebene, aber der Allgemeinheit nützlichere Projekte in den Hintergrund gedrängt oder überhaupt vereitelt werden. EI können weiter auch neue Ouerbahnen, di» nicht mehr den natürlichen oder von Alter« her gegebenen Verkehrswegen folgen, dann sogar mit direkten Nachtheilen für die Gemeinwirlhschaft verbunden sein, wenn dadurch die Produktion»sähigkeit der einzelnen Lande«theile verschoben und in ihrem sonst möglichst zu er-