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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 02.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189711022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18971102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18971102
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-11
- Tag 1897-11-02
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Monat
1897-11
-
Jahr
1897
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ausstellen lassen, an denen dem edlen Whist gehuldigt wu.de. In den Couloir» wurde geraucht und konversirt. Nur wenn der Lärm im Saale nach außen drang, lief ein Theil ter Rechten in den Saal, um da» gefährdete Präsidium zu decken. Die Galerien waren bi» in die ersten Margenstunden mit einem elegantem Publikum überfüllt, da» nicht »am Platze wich. In den Restauratianlräumen wurde immer frisch ser- virt. E« wurden bi« zum Margen vierzehn Hektoliter Bier und ein Hektoliter Wein au»geschenkt. Der Morgen kam und man srühstückle im Hause; um 5 Uhr Morgen« wurde im Buffet frische» KalbSgulha» servirt. Niemand wich vom Platze, die Erregung siegle über die Müdigkeit, und je weiter der Morgen vorschritt, desto empörter wurde die Linke, desto zäher in der Durchführung ihrer Nothwchr, desto losender wurde ter Lärm im Hause und desto schärfer die Angriffe wider da« Präsidium und die Regierung. Graf Baden! war bi« spät Nacht« im Hause geblieben. Ein Theil seiner Hoch- zeitrgäste — er beging die Vermählung seiner Tochter — erschien nach Mitternacht aus der Galerie, um Zeugen de« vermeintlichen Triumphe« de« Grafen Badeni zu sein. Locale und sächsische Nachrichten — Schönheide. Da» am Sonntag von hies. Schule im Gambrinu« aufgesührte Kindcrconcert hat gezeigt, daß neben ernster Arbeit auch die edle GesangSkunsl gepflegt wird. E» kam zur Aufführung .Blumenleben", Dichtung von Con rad Gachnang, Musik von Carl Julius Schmidt. E» würde zu weit führen, auf alle Einzelheiten einzugehen. Die De klamation, sowie Chor- und Einzelgesänge waren vorzüglich und da» zahlreiche Publikum lohnte mit regem Applau«. Die Einnahme war eine zufriedenstellende und wird zur Schmückung der neuen Schule verwendet. — Dresden, 28. Oklbr. Zu der vor wenigen Tagen in Dresden erfolgten Insubordination einer Sektion de« Eisenbahn Fahrdienstperjonal« nimmt jetzt einer der Betheiligtcn selbst da» Wort und erklärt zu der ersten kurzen Blättcrmeldung Folgende«: »Richtig ist, daß wir am 6. Ok tober laut Dienstturnu« die Züge 2352 nach Chemnitz und zurück, 2359 nach DrcSden-Friedrichstadt zu begleiten hatten. Abfahrt Morgen« 2 Uhr 40 Minuten, Ankunft Abend» in DreSden-griedrichstadt 10 Uhr 55 Minuten. Nun muß jede Sektion eine Stunde vor Abgang de« Zuger da sein, außer dem hatten wir diesen Tag bei Zug 2350 eine Stunde Ver spätung, kamen also erst Nacht« 12 Uhr nach Dresden - Frie drichstadt, waren also über 22 Stunden im Dienst. Nun ist in der Presse gesagt worben, daß wir am folgenden Tage, also am 7. Oktober, uns geweigert hätten, Dienst zu Ihun. Die« ist nicht andem. Wir haben unsere Züge 2396—2399, Abfahrt Nachmittag« 12 Uhr 46 Min., Ankunst Nachmittag« 8 Uhr 15 Min., welche wir laut Dienstturnu« zu fahren hatten, gefahren, waren also nach vorhergehendem 22stündigen Dienst wieder fast 10 Stunden im Dienst. Der Zugführer bekam aber den Befehl, noch am selbigen Abend nach Boden bach zur Abholung eine« Extrazuge« zu fahren. Der Zug führer mit seinen Leuten war aber nicht mehr im Stande, nach dem vorhergehenden langen Dienst (e« kommen aus den 6. und 7. Oktober, gleichmäßig vertheilt, aus jeden Tag über 15 Stunden Dienst) noch weiteren Dienst zu verrichten. Hätte die Sektion, wenn sic nicht so sehr ermattet gewesen wäre, diesen Extrazug abholen können, so hätte sie am 7. Oktober wieder 20 Stunden Dienst thun müssen, da betreffen der Gütcrzug erst Vormittags nach 6 Uhr in Dresden - Frie drichstadt einzvtreficn hat, und wäre dann also am 6. und 7. Oktober über 40 Stunden im Dienst gewesen. Der Zugführer mit seinen Leuten war aber nach siebentägigem anstrengenden Dienst vollständig dienstunfähig und mußten wir die« auch noch am 7. Oktober nach Beendigung de» Dienste« bei Herrn Assistent Böhme unterschreiben, daß wir in Folge zu großer Ermattung zu weiterem Dienst nicht mehr fähig wären. Die Folge davon aber war bi« jetzt, daß die ganze Sektion, der Zugführer, der Schaffner und 5 Bremser, vom Fahrdienst enthoben und zu StationSarbcitcn abkommandirt wurden. Wir hoffen aber, da die Sache sich jetzt noch zu Händen der Generaldireklion befindet, auf eine gerechte Beurtheilung. Denn diese willkürliche DienstauSdehnung, welche nicht erst seil heute und gestern besteh«, sondern schon seit sehr langer Zeit, hat eine Erbitterung unter dem gejammten Güter- und Personenzug-Personal hervorgerufen, wie noch nie zuvor. E« ist vorgekommen, daß manchen Sektionen viermal hinterein ander der freie Tag entzogen worden ist. Beschwert sich ein mal eine Sektion, so ist da« erste Wort, .die Leute langen nicht zu, Sie müssen fahren." Ist denn wirklich solcher Mangel an Leuten? Wenn da« Fahrpcrsonal nicht zulangt, nun, dann müssen eben mehr Fahrdienst-Sektionen gebildet werden." — Fall« die Angaben diese« unteren Beamten auf Wahrheit beruhen, und e« ist ihnen bislang nicht wicdersprochen wor den, dann walten hier allerdings Zustände ob, die sich weder mit der Sicherheit de« Betriebe», noch mit dem Ansehen der Staatsbahn - Verwaltung vertragen. E« ist dringend zu wünschen, daß hier nicht nur völlige Ausklärung, sondern auch Abhilfe erfolgt und auch im demnächst zusammentrcten- den sächsischen Landtage diesen Dingen mit allem Nachdruck auf den Grund gegangen wird. — Dre-den. In die Erledigung der Landtag-Vorlagen, ganz besonder« auch ter Eisenbahnvorlagen, wird dies mal ein beschleunigtere« Tempo kommen. E« sind bereit« die Vorarbeiten für die Ausgabe de« Etat«, auch de» außer ordentlichen, soweit vorgeschritten, daß die nach Zusammentritt de« Landtage» in Thäiigkeit tretenden Deputationen hinreichen den Arbeit-stosf voifinden und bereit« zu Beginn der Land- tag«verhandlungen eine intensivere Thätigkcit entsalten können. Die im Finanzministerium vorhandenen Pläne über den plan mäßigen Ausbau de« sächsischen Eisenbahnnetze« wurden in len letzten zwei Jahren vielfach revidirt, da der Wunsch nach Vermehrung der Strecken im Lande mehr und mehr ein dringender wird und die Industrie in Gegenden sich entwickelt, die unbedingt an da« Wellverkchr«netz angeschlossen werden müssen. Von dem Erlaß eine« Kleinbahngesetze« wird die Regierung deshalb absehen müssen, weil der Ausführung der Kleinbahnen unüberwindbare Terrainschwierigkeiten gegenüber stehen. Auch der Vermehrung der schmalspurigen Sekundär bahnen wird jcdensall« in Zukunft nicht mehr da» Wort ge redet werden. An ihre Stelle treten voraursichtlich die elek trischen Bahnen, denen die Regierung da« lebhafteste Interesse entgegenbringt. Die Erledigung der Cisenbahnpelitionen wird nach den abgegebenen Erklärungen de« Herrn Finanzminister» in dieser Landtag«periode auch eher vorgenommen werden, damit dieselben nicht, wie e» im letzten Landtage vorkam, erst in der vorletzten Sitzung der I. Kammer zur Eileoigung kommen. — Leipzig, 29. Oktober. Die Sächsisch-Thüring ische Industrie- und Gewerbeau»stellung hat be kanntlich insofern eine Mißhelligkeil hinterlassen, al« die Lei tung zahlreiche Nachforderungen für Platzgebühr u. s. w. an die Aussteller gerichtet hat. Die Sache hat jedoch Aussicht, gütlich beigelegt zu werden. Gestern Abend wurde nach längerer Aussprache, an der auch Rechtsanwalt Burcka« I theilnahm, der Beschluß gefaßt, der Au»stellung«leitung, die etwa 400 Klagen wegen Nachforderung für Platzgebührcn u. s. w. an gestrengt hat, einen Vergleich anzubieten, demzufolge je nach Lage Le« Falle« 15 bi« 25 Prozent auf die Nachsorderungen gewährt werden sollen, während die Kosten angemessen zu vertheilen sein würden. Ein Recht der AuSstellungSleitunz soll damit jedoch nicht anerkannt werden, sondern der Vergleich soll nur dem Bestreben dienen, da» gelungene Ausstellung« werk nicht mit einem Streite abschließen zu lassen. — Leipzig. Nach einem Inserat im „Stadt- u. Dors- Anzeiger" hat die Deutsche Reichsfechtschule, Verband Leipzig im I. Reichrwaijcnhau« Lahr je eine Freistelle jetzt und Ostern 1898 an bedürftige elternlose Knaben im Alter von 6 bi« 10 Jahren zu vergeben. Dieselben genießen vollständig freie Erziehung und Pflege, werten auch nach ihrer Confirmation unterstützt. Hierauf refleclirende Vor münder haben sich zu melden bei dem I. Vorsitzenden der Deutschen RcichSsechtschule, Heirn Uhrmacher Max Hille, Leipzig, Neumarkt 13. — Kirchberg, 30. Oktober. Ueber die Erlangung eine« Lehrerseminars in Kirchberg können wir mit- Ihcilen, daß z. Z. der hiesige Bürgervcrein ein Rundschreiben an die Bürgerschaft richtet, in weichem letzterer die Stadt vertretung ersuchen soll, zur Gründung eine« Kgl. Seminar« in Kirchberg eine Beihilfe von 100,000 Mk. zu bewilligen. Ob die Stadlvertrelung diese Summe bewilligen wird, ist fraglich. Bei einem so großen, der Regierung angcbotenen Opfer dürften die Aussichten, endlich auch hier eine höhere Schule zu erlangen, nicht ungünstige sein. Daß da« Schnee berger Seminar in der 'Nähe liegt, kann nicht stören, da dessen Bezirk sür Aspiranten ein sehr großer und dasselbe zur Zeit auch bereit« stark überfüllt ist; um nun kostspielige Anbauten bei demselben zu vermeiden, könnte die Ueberzahl der Zöglinge an da» in Kirchberg zu errichtende Seminar abgegeben werden, ähnlich wie e« bei den Seminarien DreS- den-Friedrichstabt und Plauen bei Dresden geschehen ist. Die Stadt Kirchberg selbst liefert soviel Seminar-Zöglinge, daß die letzteren allein z. Z. eine Seminarklasse in ter Zahl bil den. Die überaus gesunde und schöne Lage Kirchberg« dürfte die Errichtung eine» Seminar« in hiesiger Stadt ebenfalls sehr empfehlen. — Brambach, 29. Oktober. In der Nacht vom Mitt woch zum Donnerstag I Uhr sind wieder zwei in kurzen Zwischenräumen sich folgende Erdstöße deutlich wahrgenom men worden. Eigenthümlich ist, daß bei den Erdbeben in den lctztvergangenen Togen die Bewohner in den Häusern, welche direkt aus Felsen gebaut sind, die Stöße viel deutlicher gemerkt haben, al« die Bewohner in solchen Häusern, die nur auf gewöhnlichem Baugrunde (Erde) stehen. Heute, Freitag, früh wurde kurz nach 2 und '/.ö Uhr je ein Stoß bemerkt. — Schönberg am Kapellenberg, 29. Oktober. In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag, und zwar in der Zeit von früh 2 bi« 4 Uhr, wurden hier wiederum heftige Erd stöße mit donnerähnlichem Rollen verspürt. — Auch au» anderen Orten de» Vogtlande» wird von wiederholten Erd flößen am Donnerstag und Freitag berichtet. — In dem Spielplane der kgl. sächs. Lande»lotteric tritt, wie schon gemeldet, vom nächsten Jahre an insofern eine Aenderung ein, als da» Loo», aus da» am letzten Zieh- ung»taze der 5. Klasse der höchste Gewinn fällt, zugleich eine Prämie von 200,000 Mk. erhält. Der höchste Gewinn der kgl. sächs. LandcSlotterie beträgt also fernerhin im günstigsten Falle 700,000 Mark. Der niedrigste Gewinn der 5. Klasse ist von 265 Mk. auf 272 Mk. erhöht worden, dagegen sind u. A. 1l Gewinne zu je 15,000 Mk. in Wegfall gekommen. In Einnahme und Ausgabe stehen sich die fünf Klassen der Lotterie mit 18,135,000 Mk. gegenüber. — Aus den Eintritt eine« frühen und strengen Winter» soll nach den Beobachtungen der Landwirthe und Imker in diesem Jahre auch da» Verhallen der Thierwclt mit unzweifelhafter Sicherheit hindcuten. Die Schwalben haben sich diesmal ganz ausnahmsweise früh auf die Reise gemacht, und der Zug der wilden Gänse von Norden nach Süden ist in diesem Jahre'ganz besonder« früh beobachtet worden. Auch die Hamster bereiten sich auf da« zeitige Ein treten großer Kälte vor; denn sie haben ihre Baue bi» zu der außergewöhnlichen Tiefe von mehr al» zwei Metern in da» Erdreich verlegt. Ebenso richten die Bienen ihre Winter quartiere außergewöhnlich standhaft ein, indem sie ihre Woh nungen sehr stark mit Harz verstopfen und die zu denselben führenden Fluglöcher verkleinern. Die» alle» sind, wie wetter kundige Landwirthe versichern, untrügliche Zeichen dafür, daß wir einer harten Witterung entgcgengehen u. auch der Schnee in diesem Jahre besonder» früh fallen wird. — Altenburg, 27. Oktober. Der Mörder de» in Hinteruhlmann»dorf ermordeten I6jährigen Mädchen« Ulti mi g, der 24jährige, in Gö»dorf bedienstete Dicnstknecht Schäd lich, war entflohen, stellte sich aber heute bereit» dem Gemeinde vorsteher Käßner in GöSdorf und gestand seine Mordthat ein. Nach erstatteter Anzeige hatte sich heute Vormittag die hiesige Staatsanwaltschaft nach HinIeruhlmannSdorf begeben und die Untersuchung cingcleitet. Dabei stellte sich herau», daß ein paar Einwohner auch Jammerruse vernommen, aber denselben keine Bedeutung beigelegt hatten, weil man inmitten de» Dorfe« und zu solcher Tageszeit nicht« Böse« ahnen konnte. Andrees Kordpokfayrt. Wiederum kommt au» den Regionen de« Polarmecre« eine Kunde, welche die Möglichkeit nahelegt, daß die Männer, welche am 11. Juli den Flug zum Nordpol wagten, Ende Monat« September sich in der Nähe der Insel Spitzbergen, von wo sie ausstiegen, am Leben befanden. Zweimal wollen Eitmeerschiffer menschliche Laute gehört haben, die von unbe kannter Stelle her au« den eisigen Fluchen erschollen, und ein anderer Polarmeersahrer hat einen Gegenstand im Meere treibend erblickt, den er jetzt al« Andröe« Ballon deuten zu können glaubt. Ein schlüssiger Bewei«, daß e» sich um Lndräe und seine Leute handle, ist natürlich nicht entfernt geführt, immerhin ist e« erklärlich, daß bei der Spannung, mit der überall La« Schicksal der kühnen Männer verfolgt wird, jeder gern der Auffassung zuneigt, er könne einen Beitrag zur Lösung de« Räthsel» bringen, welche« über dem kühnen, wissen schaftlichen Abenteurer waltet. Der ,B. L.-A." erhält da« nachstehende Privat-Telegramm: Vardö, 27. Oktober. Seit einigen Tagen hält sich hier die Mannschaft eine» Schiffe» auf, da» in den Gewässern von Spitzbergen, und zwar im EiSsjord, Schiffbruch litt. Die Leute berichteten über einen Vorfall, der hier alle Ge- müther in Erregung hält. Die Leute glauben nämlich eine Kunde von Andröe zu haben! Zufolge dessen wurde heute mit den Leuten ein gerichtliche« Verhör angestell«, da« Fol gende« ergab: Die vier Zeugen erklärten einstimmig, daß sie am 22./23. September, al« sie die Dauman«ö an der Mün dung de« EiSsjord« passirten, wo sie bei Windstille eine halbe Stunde vor Anker gegangen waren, wiederholt Schreie hörten, die sie sür Hilferufe hielten. Wegen hohen Seegänge« und da ihr Schiff in einem kläglichen Zustande war, vermochten die Leute eine nähere Untersuchung nicht anzustellen. Bald danach ging ihr Schiff zu Grunde. Der Capitän der TromSöer Schaluppe „Malhgcn" nahm die «schiffbrüchigen hilfreich auf, und auf dieser Schaluppe, der „Malhgcn", ver ließen sie am 30. September den EiSsjord und vernahmen an derselben Stelle dasselbe laute Schreien. Der Capitän der .Malhgcn", der da« Schreien ebenfalls hörte, und den die Schiffer auf ihre Beobachtung am 22./23. September aufmerksam machten, war jedoch nicht geneigt, eine Unter suchung anzustellen. Er erklärte, seiner Meinung nach handle c« sich um Vogelschieien. Die vernommenen vier norwegischen Schiffer, die altbesahrenc Nordpolfahrer sind, erklärten aber auf« Bestimmteste, da», wa» sie gehört hätten, sei sicher kein Vogelschreicn, sondern Hilferufe gewesen. Was nun die Mit- iheilung dieser vier Zeugen noch merkwürdiger macht, ist die Meldung de» Capitän» eine» Walfischfänger», der um die selbe Zeit bei Spitzbergen kreuzte. Dieser, der Capitän de« .FiSkeren" au» Vardö, der heute bei dem Verhör der vier Leute ebenfalls zugegen war, machte folgende Aussage: .Am 23. September betrieb ich in den Gewässern von Spitzbergen den Watfifchfang und befand mich mit dem „Fiskeren" auf der Höhe von Prinz-Karl-Land. Plötzlich bemerkten wir am Strande gerade voran», etwa acht Seemeilen von DaumanSö und ungefähr eine Meile vom Lande, einen treibenden großen rothbraunen Gegenstand. Ich hielt da» Ding sür den Kiel eine- kieloben treibenden -gekenterten Schiffe». Eine nähere Untersuchung konnte ich nicht anstellen, La c» rasch dunkel wurde. Heute bin ich der Ansicht, e» könne sehr wohl AndröeS Ballon gewesen sein." Diese Mittheilungen haben nun hier ungeheure» Aussehen gemacht, und man wünscht sehr, daß unter allen Umständen augenblicklich eine Untersuchungs-Ex pedition nach Spitzbergen abgesandt werde. Da» gen. Blatt hat alsbald Gelegenheit genommen, die Ansichten hervorragender Autoritäten über diese Meldung einzuholen und wir schicken voraus, daß dieselben sich gegen die Annahme, es handle sich um AndrüeS Ballon, aussprechen. Herr Oi. Georg Wegener, der im Vorjahre aus der Däneninsel den Vorbereitungen zum Ausstieg de« Andröeschen Ballons beiwohnte, beurthcilt die Nachricht folgendermaßen: Wa« diese Meldung betrifft, so ist zu bemerken, daß die An nahme, Andröe sei nach Spitzbergen zurückgctriebcn, nicht« Unmöglicher hat, seit durch die neulich im Wortlaut wieder gegebene Brieftauben-Depesche AndröeS erwiesen scheint, daß der Ballon nicht mit der anfänglichen Geschwindigkeit von der Däneninsel unentwegt nach Norden geflogen ist, sondern entweder still gestanden oder rückläufige Bewegungen gemacht hat, denn nur so läßt sich erklären, daß Andree am dritten Tage nach seinem Ausstieg erst unter 82" 5' sich befand. — Au« der Nachricht wird nicht klar, woher die Hilferufe kamen; ob von jener Insel am Eingang de» Eisfjord« oder vom Fest land. Nehmen wir da» Erstere an, so giebt auf den ersten Blick die von anderer Seite am selben Tage in geringer Ent- sernung gemachte angebliche Beobachtung eine« treibenden Ballon« der Auffassung große Wahrscheinlichkeit, daß die Luftschiffer in der Nähe dieser Insel in« Meer gefallen wären und sich dorthin gerettet hätten. Näher betrachtet, zerfließt aber diese Wahrscheinlichkeit in Nicht«. Man bedenke, daß der Ballon nicht länger al« vier Wochen fliegen konnte, d. h. daß die Katastrophe, da Andrne am 11. Juli aufstieg, schon Anfang August erfolgt sein mußte! E« ist ersten» nicht wahr scheinlich, daß sich dann am 23. September noch der treibende Ballon in ihrer Nähe befunden hätte, e» ist ferner ganz un denkbar, daß die Schiffbrüchigen seitdem nicht bemerkt worden sein sollten; denn der Eingang de« EiSsjord» ist während de« Sommer« die allerbelebtcste Stelle der spitzbergischen Küste. Im Anfang de« August laufen die europäischen Touristen schiffe den EiSsjord noch ein und aus, und bi« zum Oktober verkehren dort norwegische Fangschiffe in Menge; wenn Andröe und seine Begleiter Lebensmittel bi» zum Ende de« Septem ber gerettet hätten, dann hätten sie auch die Mittel gesunden, sich während dieser Zeit den vorübersahrenden Schiffen be merklich zu machen. Angenommen aber, die Schreie seien vom Lande her erfolgt, nicht von der Insel, so ist c« auch in diesem Falle nicht möglich, sie mit der gemuthmaßtcn Ballon hülle in Verbindung zu bringen, denn wenn Andräe Anfang August am Ufer de» EiSsjord« gestrandet wäre, so würde er längst unter un« in Europa weilen und un« seine Erlebnisse mitgetheilt haben; liegt doch im Innern de« EiSsjord« da neue Touristen-Hotel, da» damal» noch im Betrieb und in regelmäßiger Verbindung mit Norwegen stand. Wir werden also nun den Ballonsund in da« Gebiet der Fabel oder bcstenfall» der tobten Walfische verweisen müssen und am Klügsten thun, wenn wir die angeblichen Hilferufe mit dem Capitän von Trom»ö für Bogelschreie halten. Die einzig denkbare Möglichkeit, daß Andrüe ander»wo in Spitzbergen gelandet und bi» zum 22. September an diese Stelle gelangt sei, ist endlich auch sehr unwahrscheinlich. War e« lichte» Wetter, so mußte er, wenn gehört, an der baum losen Küste auch gesehen werden. War e« neblig — wovon da« Telegramm aber nicht« meldet — so konnte er seinerseil» auch da« Schiff nicht bemerken. Herr Geheimrath von Bezold, der Leiter de« Meteoro logischen Institut» In Berlin erklärt, daß nach den Aussagen der Eilmeerschiffer Andröe« Expedition fast an derselben Stelle geendet haben müßte, von der au» sie ihrm Anfang genommen. Da» sei an sich nicht unmöglich, da ein Ballon mit seiner Fahrt sehr wohl eine Schleife beschreiben und so
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