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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 21.09.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189709219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970921
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-09
- Tag 1897-09-21
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Monat
1897-09
-
Jahr
1897
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eilig und ging direkt nach Hause, um zunächst seiner Frau den Inhalt de« Telegramm« mitzutheilen. Frau Brauer war davon sichtlich unangenehm überrascht. «Ich finde e« rücksichtslos, daß der Doktor, nachdem er in Clärchen Hoffnungen geweckt hat, die er nicht erfüllen kann oder will, sich bei un« zum Besuch anmeldet. Selbstverständ lich können wir ihn jetzt nicht mehr an seinem Vorhaben hindern, aber Clärchen darf ihm auf keinen Fall hier begegnen, da« Sind könnte den Tod davon haben. Ich werde sie sogleich von dem Eintreffen de« Dcctor« in Senntniß setzen und so fort einen Wagen mielhen, der sie nach Markhauscn zu meiner Freundin bringen soll." »Ich glaube, Du triffst nicht da« Rechte in diesem Falle, liebe Frau," entgegnete Brauer nachdenklich. »Laß den Dcc- tor ruhig kommen, er ist ein verständiger Mann und besitzt gewiß soviel Zartgefühl? daß er bald merkt, wie hier die Sachen stehen; er wird sich dann wohl selbst bald empfehlen." „Aber Du hast ihn ja absichtlich in Deinem letzten Brief kühl und förmlich behandelt und jede Anspielung darauf, daß wir uns aus seinen angemcldeten Besuch freuten, vermieden. E« zeugt gerade nicht von allzugroßem Taktgefühl, wenn er trotzdem sich bei un« anmeldet." „Der Form nach mag er ja nicht korrekt handeln, aber ich habe schon überlegt, ob nicht gerade mein kühle« Benehmen, da« ich nur Euch Frauen zu Liebe gegen ihn beobachtete, ihn erst recht zu einer Reise veranlaßt hat; er will offenbar per sönlich hier nachforichen, war die Veranlassung zu unserer plötzlichen Zurückhaltung gegen ihn ist?" „O, das wird er schon wissen, und mir ist die Absicht, welche er mit dieser Reise verbindet, längst bekannt. Der Mann, der mit einer Wittwe, welcher einst seine erste Liebe galt, wieder einen lebhaften brieflichen Verkehr anknüpst, dieser Mann weiß schon, wa« er will." »Zugegeben, Du hättest Recht, dürjen wir ihn deswegen tadeln? Er ist doch Herr seiner Entschließungen, denn er hatte sich Clärchen zficht erklärt. Wenn da« arme Kind sich übertriebenen Hoffnungen hingegeben hat, so ist da» schlimm für sie, aber ihn trifft doch nur der kleinste Vorwurf. Du lieber Gott, wie ost sagt ein junger Mann einem hübschen Mädchen eine Artigkeit oder ein schmeichelnde« Wort, mit dem er ihm zu verstehen zieht, daß er gern in seiner Gesell schaft weilt. Muß bei Euch Frauen denn immer der nächste Weg gleich zum Standesamt führen? Laß Clärchen selbst entscheiden." Brauer schritt zur Thür und rief die Tochter, welche in der Küche beschäftigt war, in« Zimmer. „Mein Kind," redete er die Eintrelende an, »der Herr Dcctor hat sich durch ein Telegramm heute Rachmittag bei un« zum Besuch angemeldet. Wenn Du den Anblick de» Herrn nicht glaubst ertragen zu können, so sag'« ; ich werde dann sofort einen Wagen bestellen, der Dich nach Markhausen bringen soll?" Clärchen» ohnehin schon blasses Antlitz wurde bei dieser plötzlichen Nachricht noch um einen Ton blässer und in ihren matten braunen Augen zuckte c» schmerzlich. „Ich weiß nicht, warum ich vor dem Herrn fliehen soll, ich that ihm nicht« zu Leide," sagte sie, und au» ihrer Stimme klang e« wie stille Ergebung in de» Schicksal» Willen. Der um sein heißgeliebte» Kind besorgte Vater nahm den Kops desselben zwischen seine Hände und schaute ihm in die traurig blickenden Augen. „Ich habe bislang nicht nach Deinen Herzensangelegenheiten gefragt, Clärchen, weil ich glaubte, die Zeit werde, wenn Deine schönsten Hoffnungen sich nicht erfüllt hatten, auch bei Dir heilend und schmerz lindernd wirken; ich sehe jetzt, daß ich mich täuschte. Du liebst den Doctor, sag'« nur offen und ehrlich." Clärchen schlug crrölhend die Augen nieder u. antwortete leise. „Ja, Papa, ich liebe ihn." „Und hat der Herr Dir seine Liebe gestanden?" „Nein — er — er hat c» mir nur merken lassen, daß er mich gern halte und — und hat gesagt: daß er sein Herz hier zurücklasse, wenn er fortginge." (Fortsetzung folgt.) Aeim Koffriseur. Erzählung von Wilhelm Appell. <2. Fortsetzung.) Während sie nun die Haare au« dem Papier nahm, erzählte sie, daß der Hoffriseur ihr zwanzig Dukaten dafür geboten hätte. Da verdüsterte sich da« Gesicht de« fremden Herrn und finster fragte er: „Diese Haare, die Sie hier zum Verkauf anbieten, rühren wohl von einer verstorbenen Schwester oder gar von der todten Mutter her, und für Geld wird nun da« theure Andenken dahingegeben!" Erröthend entgegnete sie, daß c» ihre eigenen Haare seien, die sic vor kaum einer Stunde sich selbst abgeschnltlen!" Die Züge de« Herrn wurden durch da« Vernommene nicht freundlicher, und vorwurfsvoll begann er wieder: „Also wohl um Putz und Tand dafür einzutaüschen, wurde da« Haupt de« schönsten und lieblichsten Schmucke» beraubt, den eine gütige Natur in verschwenderischer Fülle gespendet; Eitel keit ist da« Motiv Ihrer That gewesen?" Eitelkeit soll da« Motiv ihrer That gewesen seinl — Laut hinau« schreien hätte sie mögen vor Schmer; u. Jammer bei diesem Vorwürfe; Thräncn entstürzten ihren Augen und in den Händen barg sie da» Gesicht. Der Fragende erschrak über die Wirkung seiner Worte, al» er den ausrichtigen Schmer; de« Mädchen» iah. Freund lich ;og er ihre Hände vom Gesicht und führte sie zum Sofa, auf dem sie Platz nehmen mußte. Dann setzte er sich an ihre Seite und begann zu fragen und immer Weiler zu fragen, und so lieb und gut klang seine Stimme, daß sie nicht ander« konnte, al» die ganze schwere Last vom Herzen zu wälzen, und all' da« bittere Leid dem Fremden mitzutheilen, welche« sie in letzter Zeit erlitten. Nicht« verschwieg sie, jeden geheimen Gedanken offenbarte sie, sogar die Liebe zu dem Sohne de« reichen Handelsherrn that sie kund, und welchen Schmerz sie ihrem Leopold durch da« Abschneiden ihre» Haare« bereiten werde. Al« sie nun darauf kam, daß man ihren Vater krankheits halber au« der Armee entlassen, ihm den kärglichen Sold entzogen und keine Pension gewährt hatte, da färbte tiefe Röth« da« Gesicht de« neben ihr Sitzenden und mit erregter Stimme rief er: „Da« war de« Kaiser« Wille nicht, und nicht den Verdienstvollen und Würdigen, die bedürftig sind, galt da» Gesetz, sondern den reichen Prassern, für die keine Thaten sprechen!" Und al« sie darauf berichtete, daß man dem alten Sol daten seiner abgetragenen Uniform wegen die Audienz beim Kaiser verweigert, und ein Hoskavalier bei einer zufälligen Berührung mit ihm sich schon für verunreinigt gehalten habe, da sprang der Mann neben ihr plötzlich empor und ries ent rüstet: „Richt dem braven Osfizier, der au« Nolh u. Hunger die bessere Kleidung dahin gegeben, fällt die schlechte Uniform zur Last, in welcher er einhergehen muß. Dem Staate ge reicht solche« zur Unehrc, und der Kaiser müßte sich darüber schämen, wenn die« mit seinem Vorwissen geschähe. Er hat gewiß keine Ahnung davon gehabt, dessen seien Sie versichert, mein liebes Kind, und schwere« Unrecht hat er wieder gut zu machen!" Mit banger Scheu und doch mit staunender Bewunder ung hatte sie auf den Mann, der ihr jetzt ganz sonderbar vorkam, hingeblickt. Der aber faßte sich schnell und sich wie der neben sie setzend, bat er sie, weiter zu berichten. Und nun kam die Erzählung von dem Schmerz und der Verzweiflung tc« Vater« über die Schande, die ihm ge worden, .und wie sic sich ihre Haare abgcschnitten, um von dem Erlös derselben ihrem Vater eine neue Uniform schaffen zu können. Da erhob sich der Hörer plötzlich wieder, zog sie mit empor und band ihr schnell da» Tuch von dem Kopfe. Gleich daraus stand da« holde Mädchen mit den verschnittenen kurzen Haaren in keuschem Liebreiz vor ihm, während tiefe Scham aus ihren Wangen brannte. Al« der ernste Mann sic so betrachtete, erfaßte tiefe Rührung sein Herz und unwillkürlich hauchte er leise einen Kuß auf ihre Stirn. „Schön und lieblich müssen die blonden Locken Ihr Ge sicht umgeben haben," sagte er, „und Sie haben die herrliche Zier für den Vater geopfert. Hier nehmen Sic einstweilen diese» Gold für Ihre Haare, dem vollen Werthc nach kann ich sie nicht bezahlen. Gehen Sie getrost nach Hause, Ihrem Vater wird Gerechtigkeit werden, dafür sei mein Wort Ihnen Bürge." Damit überreichte er ihr eine Börse mit Gold gefüllt, die zu nehmen ihr fast bangte. Ihrem Danke Lust zu machen, fand sie keine Worte, und nur seine Hand konnte sie stumm ergreifen und schnell an ihre Lippen führen, während zugleich Thränen der Freude darauf rollten; dann aber eilte sie glück selig fort. Er aber stand, die Spuren der Thränen aus seiner Hand sinnend betrachtend, lange regungslos. Plötzlich wuroe rasch eine Seitenthür geöffnet und der Hoffriseur erschien in derselben, und sich tief verneigend, sprach er zu dem im Zimmer Weilenden: „Majestät, ich bitte aller- gnädigst zu verzeihen, daß ich so lange auf mich warten ließ. Au» meinem Vorrath ein ganz gleiche« Zopsband zu finden, wie da« von Euer Majestät verlorene, wollte mir lange nicht glücken." 3. De« andern Tage« schritt der Hauptmann Bergen in einer neuen Uniform durch die Straßen Wien« hin zur Kaiserburg. Er brauchte jedoch nicht erst in der Hofkanzlci um eine Audienz sich zu bewerben, denn schon gestern war ein Hoffourier bei ihm erschienen, welcher ein eigenhändige«, gütig gehaltene« Handbillet de« Kaiser« überbrachte, worin der Hauptmann für den nächsten Vormittag zur Audienz be fohlen wurde. Da« war ein gute« Zeichen, und Auguste, die unter dem Vorwande heftigen Kopfschmerze» den Kops dicht verbunden hatte, segnete still im Helzen den Geschäftsführer de» Hos- friseur», dessen Einfluß und Verwendung einzig und allein die gnädige Gewährung der Audienz zu danken war, wie sic wußte. Davon jedoch wußte sic nicht«, daß ein Handbillet de« Kaiser« auch an den Vater ihre« Leopold, den reichen Handelsherrn, abgesandt worden war. Ihrem Vater gegenüber brachte sie diesmal die erste Unwahrheit über ihre Lippen. Sie habe das Geld für die Uniform al« Vorauszahlung für die ertheilten Klavicrstunden in einem vornehmen Hause und für zu liefernde feine Sticke reien erhalten, meinte sic unter Zittern und Beben. Dem Vater gleich die Wahrheit zu sagen, hatte sic nicht den Muth gefunden, indem sie fürchtete, ihn damit zu erzürnen und um die ganze Freude zu bringen. So schritt denn der Hauptmann Bergen stolz und auf recht dahin zur Audienz. Er war trotz seiner Gebrechlichkeit noch immer ein stattlicher Mann mit einem edlen Gesichte, au« dem nun ein Schimmer froher Hoffnung leuchtete. Endlich war er in der Burg angelangt. Dort trat ihm schon der Kammerherr, der ihm gestern die nachgcsuchte Audienz beim Kaiser verweigert halte, entgegen, und bat de« begangenen Jrrthum« wegen sehr wortreich um Entschuldigung, denn nicht da« Kleid, sondern der Charakter verleihe in den Augen Seiner Majestät dem Menschen seinen Werth. Schnell versöhnt, reichte der Hauptmann dem Kammer herrn die Hand. Al« er hierauf in da» Vorgemach kam, empfing ihn der geputzte Hoskavalier, dem die bloße Berührung mit ihm schon so unangenehm gewesen war. In fast zer fließender Höflichkeit bat dieser, c« nicht übel nehmen zu wollen, daß er in der Zerstreuung und Eile aus der Treppe den würdigen Offizier ganz übersehen habe, wa« ihn tief schmerze. Trotz der höflichen Bitte war da« Gesicht de» Hoskavalier« ein recht süß saure« und schwer genug schien ihm dieselbe geworden zu sein. Aber auch ihm wurde gern ver geben. Dem Hauptmann schien e« dabei fast, al« hätten die beiden aus ihn gewartet, um sich zu entschuldigen. Al« er dann über die Schwelle der Arbeitszimmer» de» Kaiser« trat, sand er diesen hochausgerichtet in der Mitte des selben stehend und mit gewinnendem Lächeln reichte er dem Hauptmann die Hand entgegen, die dieser erfaßte und bewegt an seine Lippen führte. «Schluß folgt.) Vermischte Nachrichten. — London. Der englische Arzt l)r. Berdoe theilt in einer Zuschrift an die Presse mit, daß amerikanische Acrzle an Irrsinnigen Versuche mit Giften anstellen. Nach dem „Bulletin" der John Hopkin«-Universität in Baltimore ist die« wirklich der Fall und c» geschieht ziemlich offen. Zu kürzlichen Versuchen wurden acht Irrsinnige au« dem städtischen Jrrenhau« in Baltimore auSgewLhlt. Nach der Ansicht der Aerzte waren sie solange schon in der Anstalt gewesen, daß an Heilung nicht mehr zu denken war. Man gab solange Thhroid - Extrakt, bi» der Gewicht«verlust, die Schwäche de« Herzschlage« und andere gefährliche Symptome sich zeigten. Zwei der Unglücklichen wurden tobsüchtig und einer starb, ehe sich der Wuthansall gelegt hatte. Die Experi mentatoren zogen darau« den Schluß, „daß die Anwendung de« Mittel« nicht ungefährlich für Gesundheit und Leben der Kranken sei". Da« stimmt allerding« auffällig. In andern Ländern würde man solche Aerzte einfach vor die Gerichte bringen. Deren Urtheil möchte vielleicht auch für die Gesund heit, vielleich für da« Leben der behandelnden Aerzte nicht ungefährlich sein. — Die Frauen in Römhild, Meiningen, haben beschlossen, den Kampf gegen die häßliche Mode, Vogelleichen auf den Hüten spazieren zu führen, aufzunehmen; sie haben sich verpflichtet, fernerhin keinen Vogelaufputz auf ihren Hüten zu dulden. Möge diese« Verstand und Gemüth bekundende Vorgehen der Frauen in dem thüringischen Städtchen allerort« Nachahmung finden. — lieber einen neuen Fortschritt in der magi schen Kunst wird au« Amerika berichtet. Vor den erstaun ten Augen der Zuschauer erscheinen aus der schwarz auSge- schlagenen, völlig dunklen Bühne auf den Wink des weiß gekleideten Zauberer« hin leuchtende Becher, die mit Früchten gefüllt und auf Wunsch in nicht« verschwinden oder wieder erscheinen, ein leuchtende» Skelett, da» unter seltsamen Glieder verrenkungen über die Bühne tanzt, einen Armknochen in die Luft schleudert und wieder ausfängt und mit seinem eigenen Kopfe Ball spielt re. Da« scheinbar Unerklärliche beruht nach Mittheilung de» Patentbureaus von H. L W. Pataky in Berlin auf einer ganz einfachen physikalischen Erscheinung, daß man nämlich au« dem Hellen nicht in» Dunkle sehen kann. Der Zuschauerraum ist hell erleuchtet, während die Bühne ganz verdunkelt ist; e» sind daher nur diejenigen Per sonen oder Dinge zu erkennen, welche leuchtend weiße Farbe haben. Die Gehilfin de« Zauberer» sind nun schwarz angc- zogcn und vermummt, sie sind mit schwarzen Handschuhen und Tüchern ausgerüstet, mit welchen sie für alle Zuschauer un sichtbar die oben erwähnten Manipulationen aus die einfachste Weise von der Welt in» Werk setzen. — Ein eigenartige» Projekt hat ein russischer Ingenieur ersonnen, um den Hafen von Wladiwostok im Winter offen zu halten. E» wird nicht» Geringere« beab sichtigt als die völlige Absperrung de» Japanische« Meere« von Norden, indem man die Meerzunge zwischen der Insel Sachalin und dem Festlande zuschüttet. Gelänge die», so würde dadurch der jetzt au» dem Ochot»kischen Meerbusen kommende kalte Strom an dem Eintritt in» Japanische Meer gehindert werden. Man hofft nun, daß alsdann die von Süden durch die Straße von Korea eintrelende warme Ström ung kräftig genug sein werde, den Hafen von Wladiwostok im Winter eisfrei zu halten. Ein bestimmter, hierauf bezüglicher Plan soll der russischen Regierung bereit« vorgelegt worden sein. In St. Petersburg soll man die Absicht haben, der Sache nach Vollendung der sibirischen Eisenbahn näher zu treten. Im Falle der erfolgreichen Ausführung de« Projekte« würden auch die Nordküsten der japanischen Inseln Vortheil davon haben, obwohl die geplante Aenderung für sie nickt so wichtig ist wie für die sibirische Küste, weil sie bereit» von dem durch die Straße von Korea kommenden warmen Meere« - ströme bespült werden. — Au« der Franzojenzeit wird folgende Episode mitgelheilt: Im Ansang diese» Jahrhundert« wohnte in einem Hause der Holzgasse in Königsberg die Wittwe Hartung. Ihr Mann war l789 gestorben, doch zwei Söhne blieben ihr Trost. Der ältere, Johann Gottlieb, hatte vor Kurzem da« Asscssorexamen gemacht. Jetzt wohnte er bei seiner Mutter und wartete aus eine Anstellung im Gericht-dienst. Der jüngere Sohn, Georg Friedrich, führte da« Geschäft seine« Vater weiter, d. h. er druckte die Königlich Preußische Staat«-, Krieg»- und Frieden-zeitung, die heutige Harlungsche Zeit ung, die damals aber die einzige in der ganzen Provinz war. Da brachen furchtbare Zeiten herein. Die Scklachr bei Friedland am 14. Juni 1807 war geschlagen. Die Fran zosen unter General Soult besetzten Königsberg. Am zweiten Tage nach der Besetzung der Stadt eilte ein französischer Offi zier mit einer Abtheilunz Soldaten nach dem Hartungschen Hause. „Wo ist der verdammte Verräiher?" fragte der Offi zier. „Hier wohnt kein Vcrräther, sondern einer, der sein Vaterland lieb hat", antwortete der gerade anwesende Assessor Hartung. „Vaterland ist Frankreich. Der Buchdrucker Hartung verräth unser Vaterland. Hier diese Zeitungen sind Beweise. Hier ist unser großniächtigcr Kaiser Napoleon ge schmäht, er ist Dieb und Räuber genannt! Hier steht die freche Lüge, daß die Franzosen bei Friedland geschlagen sind! Hier sind wir Franzosen aufgefordert, unsere Fahnen zu ver lassen! Ist da» nicht Verrätherei? Wo ist der Vcrräther Hartung? Ich muß ihn in Prison nehmen." „Ich bin e«", antwortete ruhig der Assessor, sich für seinen Bruder au«gebend, „aber ich bin unschuldig. Ich drucke nur, wa« mir befohlen ist. Die Artikel sind mir von dem preußischen General v. Rüchel zugeschickt mit dem strengsten Befehl, sie abzudruckcn. Hier die von seiner eigenen Hand geschriebene Drohung, mick sofort zu süsiliren, wenn ich seinen Artikel nicht aufnehmen werde." „Kann nicht Deutsche« lesen. Sie müssen mir ins Gesängniß folgen!" sagte der Osfizier und führte den Assessor ab. Die Wittwe jammerte über den geraubten Sohn. Der Buchdrucker tröstete die Mutter und wollte al« der allein Schuldige dem Bruder nacheilen, die Verwechselung den Franzosen mittheilen und seinen unschuldigen Bruder auf freien Fuß setzen lassen. Die Mutter aber hielt ihren Sohn davon zurück: „Soll ich auch noch Dich verlieren?" So saß denn der Assessor Hartung, seine« Tode« harrend, monatelang im Kerker der Festung Friedrichsburg an Stelle seine« Bruder«. Al« die Verwechselung der beiden Brüder dem sranzösischen General Soult endlich mitgelheilt war, ließ er den Gefangenen frei und den schuldigen Bruder zum Verhör vorladen. Wie derum versuchte e« der Assessor, für seinen Bruder einzutretcn. Der Buchdrucker wollte jedoch davon nicht« wissen und eilte zum General Soult, um verhört zu werden. Mit ihm ging der Bruder. Beim Eingänge hielt der Assessor seinen Bruder zurück. „Fliehe Du und laß mich sterben", flehte er wieder. Der andere weigerte sich und trat ein. Lange wartete der Bruder draußen. Da« TodeSurtheil wurde vorläufig noch nicht gefällt, sondern zunächst strenge Hust verfügt. Doch schlug bald die Erlösung«stunde. Al» die Franzosen au« König»berg abzogen, wurde der Jnhaftirtc sofort frcigelassen, Beide Brüder starben in hohem Alter. — Berlin. Der Tod de« früheren türkischen Bot schafter« in Berlin, Aristarchi Bey, ruft die Erinnerung an
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