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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 17.08.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189708170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970817
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970817
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-08
- Tag 1897-08-17
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Monat
1897-08
-
Jahr
1897
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UN» an Rußland knüpft, zu charaktcrisiren. Da» Wort .Allianz' sollte endlich gesprochen werden. Man sollte endlich nach den Umarmungen, welche dem Kaiser Wilhelm gespendet worden sind, mehr al» je zuvor, wissen, ob zufällig da» Ein vernehmen zwischen Rußland und Frankreich nur ganz ober flächlicher Art ist, ob wir mit Rußland etwa aus dem gleichen Fuß stehen wie Rußland und Deutschland. Die Reise de» Präsidenten der Republik wird jetzt in Frankreich al» eine bittere Enttäuschung empfunden werden, wenn sie nicht den untrüglichen Bewci« einer Allianz zu Tage fördert. Alle oratorischcn Umschweife de» Protokoll«, alle geschliffenen diplo matischen Redensarten werden daran nicht« ändern. Die Frage bleibt einfach die: sind wir gefoppt worden? Ja oder Nein? Haben wir unser Geld hinauSgeworscn? (!) Dieser geheime namenlose Vertrag, der un», wenn er überhaupt existirt, an Rußland knüpft, fängt an, da» Land ernstlich zu beunruhigen. Er hat un». Niemand wagt e» heute mehr zu leugnen, zu der Dcmülhigung, der Schmach von kiel (!) ge führt. Durch seine unaufhörlichen Friedenöbetheuerungen erstickt er alle unsere Rückforderungen hinsichtlich der verlore nen Provinzen. Er bedeutet die ausdrückliche Verzichtleistung aus Elsaß-Lolhringen. Diesen Verzicht hat Rußland von jeher hartnäckig angestrebt. Wa» schert c» denn Rußland, ob wir um Metz und Straßburg trauern? E» kümmert sich darum so wenig, daß Rußland und Deutschland un», wie heute Jedermann weiß, in ihre Bahn heranzuziehen suchen, um England zu erdrücken. Dafür wird un» Egypten al« Ersatz angeboten. Wir wollen aber nicht» von Egypten wissen. Kairo kann für un» Metz und Alexandrien kann Straßburg nicht ersetzen. . . . Wir sagen also: E» lebe die russische Allianz, wenn sic nützlich, praktisch, für Frankreich wie für Rußland ehrenvoll ist und unseren rechtmäßigen Rückforder ungen al» Stützpunkt dient. Aber nieder mit der falschen Allianz, die nicht einmal dem 'Namen nach existiren würde, der Allianz, die in der Verzichtleistung auf unsere unverjähr baren Rechte, auf Elsaß Lothringen süßt. Keine Zweideutig keiten, keine schwulstigen Worte mehr. Wir wollen wissen, woran wir sind." Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 16. August. Gestern Abend fand im Saale de» „Deutschen Hause»" Hierselbst ein öffentliche« Concert zum Besten der Ucbcrschwemmtcn statt, wel che» recht gut besucht war und nach Abzug der nothwendigen Unkosten noch einen Reinertrag von 82 Mk. 60 Pf. ergab, der an da« Lande« Comitü nach Dresden cingesandt worden ist. Da» Concert selbst zeichnete sich durch ein abwechselung«- reiche«, schöne« Programm au» und wurde den einzelnen Dar bietungen auch der lebhafteste Beifall Seiten der Anwesenden zu Thcil. Denjenigen Herren und Damen aber, welche durch ihre persönlichen Leistungen und Bemühungen da» Gelingen de» Ganzen gesichert haben, sei hiermit der wärmste Dank im Namen der Calamitofen zum Ausdruck gebracht. — Leipzig, lb. August. Große Festlichkeiten stehen der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Ge- wcrbe-Au-stcllung in den nächsten Wochen bevor. Da» namenlose Elend, welches da» Hochwasser über weite Gegen den verbreitet hat, gab dem geschäftSführenden Ausschüsse der Ausstellung schon seil den UnglückStagen die Anregung, auch seinerseits zur Linderung der Nothlage beizutragen. E» ist vorläufig ein große» WohlthätigkcilSfcst mit Bazar, Tombola re. in der Ausstellung geplant; die Ausführung ist jedoch bi» nach Beendigung der Schulferien verschoben. Zuvor wird die Ausstellung noch einen großen PreiS-Blumenkorso sehen, welcher am Sonntag, den 22. August, vormittag» 11 Uhr auf dem Ausstellungsplatze veranstaltet wird. Die Bctheilig- ung daran verspricht nach den bis jetzt vorliegenden Nach richten eine großartige zu werden. — Chemnitz, 13. August. Vor einigen Tagen er schienen zwei Herren in dem hiesigen Restaurant zur „Kaß berg-Bastei" und verlangten Pilsner Bier, welche» sie auch bekamen und sich trefflich munden ließen. Al» sie nun hierauf fragten, wa» die» für Bier sei, und erfuhren, e« sei au» der Pilsner GenossenschaftSbraucrei, erklärten die Herren, solche» Bier könnten sie nicht trinken, denn sie seien Tschechen und al» solche gewohnt, nur Bier au» tschechischen Brauereien zu trinken, die Genoffenschaft»brauerei sei aber eine deutsche Brauerei. — Chemnitz, 14. August. Heute Morgen 4 Uhr 4 Min. wurde die Feuerwehr durch den Feuermelder Ncustädtcr- markt 18 (Gasthaus zur Linde) alarmirt. In dem an der Ecke der Zimmerstrabe und de« Antonsplatze» gelegenen Gast- Hau« „Auerbach« Hof war Feuer au«gekommen, welche» sich mit großer Schnelligkeit aus da» Dachwcrk de» ganzen Gebäudes auSdehnte. Demselben ist leider ein Menschenleben, und zwar schon vor Ankunft der Feuerwehr, zum Opfer gefallen. Ein Frauenzimmer, welche« sich bereit» im Erdgeschoß be funden haben soll, hatte sich, vermuthlich um noch einige ihr gehörige Gegenstände zu retten, nochmal« nach ihrer Kammer begeben und mußte so durch den stark entwickelten Qualm den Erstickungstod erleiden. Die von zwei Mitgliedern de» Samariter-Verein« unter Leitung zweier Aerztc sofort vor genommenen Wiederbelebungsversuche blieben ersolglo». Da« Feuer soll dadurch entstanden sein, daß ein Mädchen in der Schlaftrunkenheit da» brennende Licht in einer Kammer um- geworjcn hatte. — Chemnitz. Da« „Chemn. Tgbl." meldet: Die Nachricht de« „Riesaer Tageblattes", die wir schon in Nr. 193 unsere» Blatte» al» „kaum glaublich" bezeichneten, wird jetzt von zwei zur Zeit in Teplitz weilenden Chemnitzern de- mentir«. Dieselben schreiben un»: „Teplitz, den 13. August 1897. Sehr geehrte Redaktion! Wie wir au» dem Tageblatt Nr. 193 ersehen, soll dem „Riesaer Tageblatt" zufolge Pro fessor l)>. Falb, welcher zur Zeit de« Unwetter» in Teplitz anwesend war, bedroht und in Gefahr, gesteinigt zu werden, gewesen sein. Hier in Teplitz ist davon nicht« bekannt; im Gegentheil ist Professor 1)r. Falb in großem Ansehen gewesen und e» haben sich BolkSmassen angesammelt, um den be rühmten Mann kennen zu lernen und womöglich seine Photo graphie zu erlangen". — Oelrnitz i. V. Ein längere Zeit hier aushältlich gewesener „Oekonvmie-Jnspektor", welcher nach seiner Ver- heirathung vor etwa einem halben Jahre einen unweit Adors gelegenen Gasthof kaufte, seine« nicht einwandsreien Vorleben» wegen aber keine Schankkonzession erhielt, ist dieser Tage plötzlich verhaftet und dem königl. Amtsgericht Adorf zuge- sührt worden. Wie verlautet, erfolgt» die Verhaftung wegen dringenden Verdacht« der Doppelehe; eine in Frankfurt auf hältliche Frau mit zwei Kindern hat ältere Rechte an den Verhafteten, al» seine junge Gattin. — Mittweida. Ein Doppelmord, verbunden mit Selbstmord, versetzte die Gemüther der Einwohner am Donnerstag in Auflegung. Nachmittag» in der zweiten Stunde verbreitete sich da« Gerücht, daß der 37 Jahre alte Schleifer Otto Zimmer seine beiden zwei und vierjährigen Töchter Marie und Louise, sowie sich selbst durch Schnitte in den Hal» gelödtet habe. Al» die behördlichen Organe an Ort und Stelle gelangten, sanden sie da» Gerücht voll bestätigt. Der Mord und Selbstmord dürfte Vormittag» zwischen 10 und 12 Uhr geschehen sein, denn um 10 Uhr halte sich Zim mer au» der in nächster Nähe befindlichen mechanischen Kratzen- sabrik entsernt, und al» kurz nach 12 Uhr seine Frau vom Markte nach Hause kam, konnte sie keinen Eintritt erhalten. Dieser Umstand war e», der zur Entdeckung der Thal sührte. Gerüchtweise verlautet, daß der Mann mit einer Fabrikarbei terin eine Liebschaft gehabt haben soll, die nicht ohne Folgen geblieben ist. Der Mörder und Selbstmörder, der übrigen» al« ein fleißiger, geistig geweckter Mann geschildert wird, hinterläßt eine Frau und drei Kinder. Zimmer war ein eif riger Anhänger der Sozialdemokratie. — Au« Freiberg, 13. Aug. wird berichtet: Von einer Anzahl Sludirender der Kgl. Bergakademie wurde in der vergangenen Nacht die Leiche eine» Kommilitonen an die Polizeiwache abgeliesert. Kurz nach Mitternacht fuhr vor dem Ralhhause ein Wagen au» Frankenstein vor, aus dem sich die Leiche eine« Studircnden russischer Nationalität be fand. Begleitet ward das Geschirr von mehreren Studenten, die am Tage zuvor mit ihrem todten Genossen einen Rad- ausfluz nach Oederan unternommen hatten. Die Hinfahrt nahm einen fröhlichen Verlaus. Al» man auf der Heimfahrt den Berg von Frankenstein nach Oberschöna hinabfuhr, stürzte der eine Student mit seiner Maschine. Schwer verletzt und au» zahlreichen Wunden blutend, ward der Verunglückte von seinen Kameraden aufgehoben und einstweilen in den Straßen graben gebettet. Dort verschied er alsbald. Nach vielen Mühen gelang e», einen Wagen zu erlangen, der den Todten nach Freiberg überführte, wo er in der Todtenhalle unter gebracht wurde. — Mit der 133. königl. sächsischen LandeSlottcric, welche im Januar nächsten Jahre« beginnt, tritt eine be- merkenSwerthc Neuerung ein, welche die Gewinnchancen, so weit die Größe der Hauptgewinne in Betracht kommt, erhöht. Der seitherige Gewinn von 200,000 Mk. wird nämlich in eine Prämie umgewandelt, die auf den letzten größeren Ge winn — wa« unter „größerer Gewinn" zu verstehen, ist bis her noch nicht festgesetzt — der fünften Klasse jeder Lotterie entfällt. Im allergünstigsten Falle, d. h. wenn al» letzter größerer Gewinn bei der Ziehung der fünften Klasse da» große Loo» von 600,000 Mark gezogen wird, würde also in Zukunft der höchste Gewinn der sächsischen LandeSlotterie 700,000 Mk. betragen. — Die Einstellung der Rekruten soll auf Grund einer kriegsministeriellen Bestimmung nach näherer Anord nung de» Generalkommando« bei der Infanterie vom 12. bi« mit 16. Oktober d. I., bei der Kavallerie dagegen baldmög lichst nach dem 1. Oktober, jedoch erst nach Wiedereintreffen in den Standorten von den Herbstübungen, bei dem Train am 2. November d. I. rcsp. zum Frühjahr 1898 erfolgen. Die Rekruten für die Unterosfizierschulen, sowie die als Oeko- nomic-Handwerker au-gehobenen Rekruten werden am 1. Ok tober d. I. eingestellt.. Auf der Wanderschaft. Original-Erzählung au» der sozialen Bewegung der Gegenwart. Von Th. Schmidt. (It>. Fortsetzung). „Ah, welch eine wunderbare Fügung de» Schicksal», daß wir un» hier wieder treffen!" rief sic aus Wolter» zueilend u. ihm die Hand entgegenstreckend au«. Aber er kam der einstigen Geliebten keinen Schritt entgegen. Schnell gefaßt, trat er vielmehr einige Schritte zur Seite und sagte in kaltem, ge messenen Tone: „Sic irren sich wohl in der Person, meine werihe Dame, ich bin der Schlossergescll Fritz Wolter». Ich ieß vorhin unter diesem Baume ein Buch liegen. Sollten Sie dasselbe gefunden haben, so bitte ich um dessen Rückgabe." Einen Moment stutzte die schöne Frau, dann lachte sie belustigt auf. „Ach, da« ist köstlich, nun will er auch mir gegenüber den simplen Schlossergesellen weiter spielen. Mein guter Junge, der Spaß ist unbezahlbar! Hahaha! Komm Fritz, dafür muß ich Dich abküffen. Ja, mein armer Junge, Dein Buch habe ich gefunden, und c» hat mir Deine An wesenheit hier verrathen." Sie stellte sich dicht vor ihn hin und blickte zu ihm mit einem solch flehenden Au»druck in den schönen, dunklen Augen auf, daß e« ihm bei diefem Blick wieder so heiß in der Brust wurde, wie vor Jahren, al» sic sich in seine Arme warf und ihm gestand, daß sie ihn unend lich liebe. Aber schnell drängle er da» erwachende Verlangen, diese» verführerisch schöne Weib an sich zu reißen und mit ihr die Freude de» Wiedersehen» in einem langen Kusse zu feiern, zurück. Sic gehörte einem Anderen, da» war für ihn allein schon entscheidend; und wenn dieser Andere auch fein Feind war, so wollte er doch nicht ehrlo» vor seinem Gewissen handeln. Ueberdem empfand er keine Liebe mehr für diese Frau, im Gegentheil, ihr jetzige» frivole» Benehmen al» ver- heiralhetc Frau und Mutter zweier Kinder widerte ihn an. Welchen niedrigen Begriff mußte diese Dame von Sitte und Moral haben. Freilich, wa» konnte er auch von dieser Frau bessere» erwarten? Wie treulo» hatte sie an ihm gehandelt, wie schnell hatte sie ihn aufgegeben, al» sich ihr an der Seile eine» reichen Manne» ein glänzendere» Leben bot, al» er, der damal» noch unbesoldete Privatdccent an der Universität zu H. ihr bieten konnte, kalt und bitter klang daher jetzt seine Stimme: „Da Du bereit» mein Buch und dm darin verborgenen Bries durchforscht hast, so ist eine weitere Verstellung meiner- seit« nutzlo». Ja, Cornelia Lamossier, ich bin der Fritz Scholle, den Du wie eine au»gepreßte Citrone wegwarfst, al« sich Dir eine sogenannte „glänzende Partie" darbot. Wenn Du aber glaubst, baß ich Deinetwegen in der Ver kleidung eine» Schlosscrgcsellcn hierher kam, so irrst Du Dich sehr. Ich gebe Dir mein Ehrenwort daraus, daß ich bi» zu diesem Augenblicke nicht wußte, daß Du hier wohntest u. daß Du die Frau de« Fabrikbesitzer» Schilling, dessen Namen Du mir in dem letzten Briese ja auch verschwiegest, geworden warst. Di« Gründe, weswegen ich in der Fabrik Deine» Manne« al« gewöhnlicher Schlaffer arbeite, sollst Du noch früh genug erfahren." Eine Weile blieb Frau Schilling stumm. Obgleich seine Worte ihr klar und deutlich erklärten, daß sie nicht» mehr von ihm zu erwarten habe, daß sie ihm gleichgültig gewor den war, so wollte sie denselben doch nicht glauben. Sie erinnerte sich plötzlich der Besuche Clärchen Brauer» in der vergangenen Woche und der neugierigen Fragen, welche da junge Mädchen wegen Wolter« Photographie an sie richtete. Auf die Bemerkung Clärchen», daß ein Schlaffer bei ihnen wohne, der eine frappante Sehnlichkeit mit dem Bilde besäße, hatte sie nur geäußert, daß e» dann ein recht hübscher Mensch sein müßte, sonst aber über dieselbe nicht weiter nachgedacht. Jetzt fiel ihr da» warme Interesse ein, mit welchem Clärchen Brauer die Photographie betrachtet und von ihrem „jungen Herrn", wohl ohne daß sie selbst e» fühlte, gesprochen hatte. Gewohnt, daß alle Männer ihr huldigten, legte sie sich den Besuch und da» Benehmen Clärchen« Io au», daß diese von Wolter», der endlich nach langem Suchen ihren Aufenthalts ort ermittelt hatte, ohne Zweifel al« Kundschafterin ausge sandt, und daß sein jetzige«, frostige» Benehmen nur eine Marke sei, durch welche er sic einerseit» für ihren Treubruch strafen und andererseits ermitteln wollte, wie hoch er noch in ihrer Gunst stehe, und wie weit sie ihm entgegenkommen werde. Von dieser Annahme ausgehend, legte sie seinem kühlen Benehmen keine ernste Bedeutung bei. Sie hatte ihn tief gekränkt, da war e» natürlich, daß er ihr bei der ersten Begegnung herbe Vorwürfe machte und sich kalt und zuge knöpft gegen sie benahm. Mit der ihr eigenen Routine in der Behandlung von solchen Männern, welche nicht blindling» ihrem Triumphwagen folgten, änderte sie ihr Benehmen so gleich und sagte im Tone einer gekränkten Frau: „Ich will Dir Deine Worte und Dein Benehmen verzeihen, weiß ich doch im Vorau«, daß Du ander» über mich geurtheilt haben würdest, wenn Du den wahren Grund meine« Handeln» er fahren hättest. Ich habe Dir damals au» Hannover geschrie ben — Du hast die Annahme de« Briefe« leider verweigert — daß ich infolge einer heftigen Erkrankung an der Influenza meine Stimme verloren hätte und nun mit meiner alten be tagten Mutter gänzlich mittello» in der Welt stände. Unter diesen Umständen könne ich nicht daran denken, die Deine zu werden, weil ich Dir bei Deinem Fortkommen nur ein Hemm schuh sein würde. Ich war arm und Du besaßest nicht« al» eine Stelle, die vorläufig noch nicht» einbrachte; an eine Verbindung war in den nächsten Jahren sonach nicht zu denken. Ich aber mußte leben, und da ich auch für meine kranke und schwache Mutter zu sorgen hatte, so gab e» für mich keine andere Wahl, al« den mir zur Zeit gemachten HeirathSantrag de» reichen Fabrikherrn anzunehmen. Was ich in der Zeit gelitten, darüber will ich schweigen. Glaube mir nur, den ersten kurzen Bries, den ich Dir schrieb, und in welchem ich Dir nur meine Verlobung mit dem reichen Manne mittheilte, und Dich um Verzeihung bat — in einem längeren Briefe solltest Du Alle» erfahren, wie e» gekommen — dieser Brief hat mir viele schlaflose Nächte verursacht, ehe ich ihn zur Post gab, denn ich liebte Dich über Alle» und liebe Dich noch heute. Vielleicht war e» Unrecht von mir, Dich sogleich auszugeben, vielleicht hätte sich doch noch wohl ein anderer Ausweg, eine bescheidene Existenz gefunden, aber zum langen Ueberlegen kam ich damals nicht ; da» Un glück traf mich so plötzlich, daß ich jeden ruhigen Nachdenken unfähig war. Du Ihust mir weh, wenn Du mir vorwirsst, daß ich nur nach Reichthum und äußeren Glanz getrachtet hätte. Nein, da» war e» nicht, Deinetwegen löste ich da» Band, da» unsere Liebe geknüpft. Du solltest nicht von kleinlichen, häuslichen AUiagSsorgen niedergezogen werden, denn Dir stand eine glänzende Laufbahn bevor. Wenn, wie e» scheint, sich auch Deine Erwartungen und Hoffnungen nicht erfüllt haben, so darf ich jetzt mit ruhigem Gewissen sagen, daß wenigsten« ich nicht daran Schuld bin ; u. wenn ich Dir jetzt bei Deinem Fortkommen behülflich sein kann, so versüge über mich, ich bin zu jedem Opfer bereit — ja, glaube e» nur, solltest Du in Geldverlegenheit sein, so würde ich mich unendlich freuen, wenn Du eine größere Summe Geldes von mir annehmen wolltest. Du brauchst Dich nicht vor mir in Deiner jetzigen Lage zu geniren, ich kenne Dich zu gut, al» daß ich glauben sollte, daß Du durch eigene Schuld in diese abhängige und Deinen Kenntnissen nicht entsprechende Stellung gekommen bist. Wir Beide scheinen nun einmal vom Unglück verfolgt zu sein. — Wie? Du lachst ungläubig aus — ja, glaubst Du denn, daß ich glücklich bin?" „Nein, da« glaube ich nicht, daß Du glücklich bist, Cor nelia, Dich wird c i n Mann aus die Dauer wohl nie glück lich machen können. Du bist gewohnt, daß alle Männer Dir huldigen, für die Ehe, für da» Hau» bist Du offenbar nicht geschaffen, da» sieht man schon an Deinen Kindern. Mein Auflachen sollte nur die Verwunderung ausdrücken, wie doch die Begriffe über Glück so ganz verschieden sind. Du z. B. hast einen Mann, der, wie ich höre, sich jeder Deiner Launen willig unterwirft, Du wohnst in einem Palast, Luxu» und Wohlleben umgeben Dich, Du besitzest zwei Kinder und da behauptest Du noch, daß Du nicht glücklich seiest?" „Du vergissest die Hauptsache, mein Lieber, eine Frau will geliebt sein und wieder lieben und mit Stolz zu ihrem Manne ausblicken und — und da» kann ich nicht, denn meine Liebe gehört nur Dir." „Ich bitte Dich, sprich nicht in diesem frivolen Tone Weiler, Cornelia, wenn Du nicht willst, daß ich mich sofort entferne. Du hast die Probe auf wahre. Alle» überwindende Liebe nicht bestanden. Wenn ich auch Deinen Worten glaube, daß Du Dich in der Nolh befandest, al« Du den Antrag de» reichen Manne« annahmst, so kann ich Deine Handlungs weise doch niemals entschuldigen. E» bedurfte derzeit nur eine» Worte« von Dir und ich wäre aus der Stelle zu Dir geeilt, um Dir Alle«, wa« ich besaß, zu Füßen zu legen, und ich besaß mehr al» Du ahntest. Ich hatte Dich absichtlich über meine Bermögen«verhältnisse und Aursichten für die Zu kunft im Unklaren gelassen, denn ich wollte Dich prüfen, ob Du mir nur meiner selbst wegen Deine Zuneigung geschenkt hattest. Mit solchem Glanz und Pomp wie Du ihn jetzt ge wohnt bist, hätte ich Dich allerding« nicht umgeben können, aber ein freundliche«, sonnige« Heim sollte Dich doch auf nehmen, dafür wollte ich schon sorgen. Doch da« ist nun Alle« vorbei, Du hast ein bescheidene» Dasein an meiner Seite verschmäht und nach Allem, wa« ich über die Aufführ ung der Frau de« reichen Fabrikanten Schilling gehört, be glückwünsche ich mich heut», daß Alle« so gekommen ist." Die leidenschaftlich erregte Frau erblaßte tief bei diesen
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