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Amts- M AiWiMt für den Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Gtjirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Hlrngebung. Abonnement Viertels. 1 M. 20 Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. L4L Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. 43. Jahrgang. Dienstag, den 8. Dezember L8S« Der Kamöurger Kafenarveiler Streik zieht immer weitere Kreise; nicht nur, daß sich täglich mehr Arbeitergruppen der Bewegung an schließen, sondern der Aus stand ist auch in Bremen begonnen worden. Die großen Streik« der letzten Jahre sind zwar meisten« zu Ungunsten der Arbeiter auSgeschlagen und selbst die sozialdemokratischen Blätter warnen vor leichtsinnigen Ausständen. Aber in Ham burg scheinen sich starke Einflüsse internationaler Art geltend gemacht zu haben und die Zeit der Streiks ist durchaus nicht ungünstig gewählt. Für die „Vandratten" (so nennen sich die Leute de» Binnenlandes selber, wenn sie sich seemännisch bezeichnen wollen) ist c« nicht leicht, sich ein Bild von der ganzen Be wegung zu machen, wenn sie die Bezeichnung der einzelnen Kategorien von Hafenarbeitern nicht kennen. E« giebt da .Schauerleute", „Ewcrführer", „Kaiarbeiter" und wie die Namen sonst noch lauten. Die Arbeit der „Schauerleutc" besteht darin, daß sie die Schiffsgüter beim Entladen (Löschen) au« den innerem Schiffsräumen herausbefördern und beim Verfrachten der Schiffe die Güter in Empfang nehmen, um sie im SchifsS- innern geordnet unterzubringen (zu „verstauen"). Die Schauer leute sind meist ungelernte Arbeiter, Lastträger, die oft monate lang im Winter keine Beschäftigung haben. Diese gedrückte Arbeitcrschicht also hat den Ausstand begonnen. Den 5000 streikenden Schauerleuten sind nun auch etwa 3500 „Ewer- führer" beigetreten. Die „Ewersührer" haben auf ihren „Schuten" (große offene Kähne) die Stückgüter vom Schiff ans Land in die Kaispeicher und umgekehrt vom Land ans Schiff zu befördern. Sie vermitteln auch den Güterverkehr zwischen den Schiffen und den großen Hamburger Kaufmanns speichern direkt, indem sie mit ihren schwer beladenen Kähnen die Fleeten (Kanäle), die Hamburg durchfließen, entlang fahren. Sie ersetzen also nebenher auch noch da« in den großen Han delsstädten des Binnenlandes blühende Rollsuhrwerk. Diesen beiden Haupigruppen der Ausständigen haben sich etliche we niger bedeutsame Albeiterkategorien angeschlossen: 400 SchifsS- reinigcr — die beim Ber- und Entladen die inneren Schiffs räume, besonders die Eisentheile, gut zu reinigen haben und deren Thäligkeit für die Seetüchtigkeit der Schiffe so wichtig ist, daß die Versicherungsgesellschaften auf sic besonderes Ge wicht legen. Ferner die Schiffsanstreicher, die Kcsseljungen oder Kesselklopser — die die großen Dampfkessel von der fort während sich ansetzenden Steinschicht zu befreien haben. Alle diese BcrufSarten wollen beim Ausstand eine Lohnaufbesserung erzielen, die zwischen 50 Pf. und l Mk. pro Tag schwankt. Dem Streik stehen wohlgesinnt gegenüber — ohne sich gerade aktiv an demselben zu betheiligen — die Kai-Arbeiter, die die Stückgüter von den Ewerführcrn an Land in Empfang neh men, — die Maschinisten, die mit ihren kleinen Schlepp dampfern die vorher genannten Schuten schleppen, die Krahn- führer, die alle die unzähligen Krähne bedienen, welche die Lasten von den Schuten aufs Land heben und umgekehrt, die Donkyleute, die denselben Dienst auf den großen Schiffen ver richten wie die Krahnführer am Lande. Ein Theil dieser Arbeiter, die weniger durch ihre Zahl, al« durch ihre schwere Ersetzbarkeit für die Ausständigen werthvoll sind, hat sich be reit erklärt, mitzustreiken, sobald der Generalstreik beschlossen werde. Hamburgs Seeverkehr hat sich infolge der Hafcnvergrößer- ungen beim Zollanschluß und nach der Eröffnung de» Kaiscr- Wilhelm-Kanal« bedeutend erweitert und damit auch mehr Arbeitsgelegenheit und unzweifelhaft auch lohnenderen Arbeits verdienst gebraust. Dazu kam noch ein zwar langer aber milder Winter, der die Schifffahrt wenig beeinträchtigte. Klagen über eine Nothlage der Schaucrleute waren bisher nicht laut geworden, c» fehlte an allen Anzeichen für einen auSbrechen- den Streik, der nun doch ziemlich überraschend eingetreten ist und sich weit auSgebreiiet hat. Der Winter hat sich diesmal früher al» gewöhnlich ein gestellt, da» Beladen und Entladen der Schiffe darf keine Verzögerung erleiden. Die Reederei und der Handelsverkehr zur See befinden sich infolgedessen in einer Nothlage, die sich die Arbeiter zu Nutze machen wollen. Da aber bei plötzlich cintretendem starken Frost die Schifffahrt ohnehin gestört würde, so haben sie viel auf eine Karte gesetzt. lieber die weitere Entwickelung de« Ausstande« sind nachstehende Meldungen eingegangen: Hamburg, 4. Dezbr. Die Scntralstreikkommission Hal den Generalstreik aller im und am Hafen beschäftigten Arbeiter beschlossen. Ein heute früh veetheilte« Flugblatt fordert alle Qualarbeiter, Barkassenführcr und Rollkutscher aus, die Arbeit einzustellen, damit der Verkehr im Hafen von Hamburg vollständig ruhe. Um 8'/, Uhr verließ der größte Theil der Arbeiter der StaatSauair in großen Zügen die Arbeit ; ein kleiner Theil arbeitet noch weiter, vermuthlich nur bi« Mittag. Heute Mittag findet eine Versammlung der streikenden Ouaiarbeiter statt. Hamburg, 5. Dezbr. Heute Nacht trieben elf Schuten, welche loSgeschnittcn waren, gefahrdrohend im Hafen umher. Die innere Einrichtung eine« Schleppers wurde demolirt. Die Jutcfabrik, die chemische Fabrik und andere Etablissements stellen wegen Kohlenmangeis den Betrieb ein. — Die Truppen sind in den Kasernen konsignirt. Hamburg, 5. Dezbr. In der heutigen Versamm lung deS Arbeitgeberverbandes gelangte einstimmig die Meinung zum Ausdruck, mit der Ablehnung de« Schiedsgerichte« da» richtige getroffen zu haben. Der proklamirle Generalstreik im Hasen ändere bis auf den Ausstand der staatlichen Quai arbeiter kaum etwa« an der bisherigen Lage. Wenn die Arbeiterschaft gegenwärtig infolge der bedauerlichen Auf hetzungen seitens ihrer Presse die Gründe für die Ablehnung des Schiedsgerichte« verkenne, müsse man hoffen, daß die Zu kunft ihr, wenn der Streik niedergcworscn sei, zeige, ob die Hamburger Arbeitgeber kein Verständniß für die berechtigten Wünsche der Hafenarbeiter und Seeleute haben. Wenn e« der sozialdemokratischen Parteileitung wirklich um da» Wohl der Arbeiter, nicht nur um die Aufwiegelung der Massen und um die eigene Machtentsaltung zu thun sei, möge sie den Arbeitern rathcn, freiwillig die Arbeit wieder aufzunehmen, denn mit der gegenwärtigen Verhetzung der Massen richte sie bei den Arbeitgebern nicht« au», sic werde vielmehr den Arbeitern und ihren Familien nur schaden. Eins aber müsse offen ausgesprochen werden: Wenn thatsächlich durch die Ablehnung de« Schiedsgericht« die allgemeine Lage sich ver schlechten habe und der Streik verlängert worden sei, müßten die Arbeitgeber die Verantwortung dafür ablehnen. Die Ver antwortung für die Verlängerung de« Streike«, der nahezu erloschen war, sowie für die Aufreizung der Gemülhcr liege ausschließlich in dem unglücklichen SchicdSgerichtSvorschlag, mit dem den Arbeitgebern unzeitgemäß in den Arm gefallen und der Arbeiterschaft erst die Ansicht von ihrem vermeint lichen Rechte bcigebracht worden sei. — Berlin, 4. Dezbr. Wie verlautet, soll ein Kommando der hiesigen Schutzmann schäft nach Hamburg gehen, um die dortige Polizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord nung während der Streikbewegung zu unterstützen. Das Kommando besteht aus 5 Offizieren, 10 Wachtmeistern und 200 Schutzleuten. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kaiser hat in der Hannover schen Militär-Reitschule, wie der „Hann. Cour." zu melden weiß, in seiner Ansprache an die Offiziere auch den Brüsewitz- Fall erwähnt, der ihn äußerst schmerzlich berühre. Die Offi ziere sollten eingedenk sein, daß die Uniform keineswegs einen Gegensatz zwischen Offizierskorps und Bürgerschaft bilde, und daß ein derartiger Unterschied keinesfalls durch da« Benehmen der Offiziere markirt werden dürfe. — Da« Befinden de« Großherzog« von Baden giebt noch immer zu Besorgnissen Anlaß. Die letzte Krank heit hat den „M. N. N." zufolge seine Kräfte mehr angegriffen, al« man wissen lassen will, und die 'Nachricht, daß er deshalb den Winter über Erholung im Süden suchen und daß während dieser Zeit der Erbgroßhcrzog die Regentschaft führen wird, darf bi» jetzt al» zutreffend bezeichnet werden. — Spanien. Der Patriotismus in Spanien lodert angesichts der bedrängten Lage des Vaterlandes hell auf. In Santander sind Kaufleute, Industrielle und Finanzleute zu- sammengetreten, um der spanischen Regierung ein unverzins liche« Darlehn von 400 Millionen Frank mittel« einer Emission von Bond« zu hundert Frank, in zehn Jahresraten nach dem Kriege rückzahlbar, anzubicten. — Amerika. Für den Handelsverkehr mit den Vcr. Staaten ist eine Verfügung von Wichtigkeit, die Prä fident Cleveland erlassen hat. Danach tritt vom I. März l897 ab da« Gesetz außer Wirksamkeit, welche» die deutschen, in amerikanischen Häsen cinlaufendcn Schiffe von der Tonnen- Abgabe und anderen SchifffahrlSlasten befreit. Von diesem Zeitpunkt ab zahlen die deutschen Schiffe in gleitender Skala 6—30 Cent« für die Tonne und da« Jahr. — Da« sieht wie eine Erleichterung de» Verkehr» au», ist aber in Wirk lichkeit eine Erschwerung: Denn c« werden durch den Schluß satz beispielsweise dem Norddeutschen Lloyd in Bremen Mehr ausgaben von 150,000 Mk. jährlich auserlegt. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Al» gestern in der Bürstenfabrik von Baumann L Co. die eine Hälfte de« circa 100 Centner schweren Schwungrade« mittel« eine« Flaschenzuge« in die Höhe gewunden wurde, riß die Kette und die 50 Centner schwere Last stürzte in die Tiefe. Leider wurde dabei der an der Cirkelsäge beschäftigte Arbeiter Günnel so unglücklich getroffen, daß ihm ein Oberschenkel zersplittert wurde. Bi« jetzt läßt sich noch nicht sagen, ob eine Amputation sich nöthig macht. G. ist verheirathel und hat Familie. — Johanngeorgenstadt, 6. Dezbr. In der am vorgestrigen Abend im Hotel de Saxe hier abgehaltenen Ver sammlung des hiesigen „ErzzcbirgSvereinS" erstattete zunächst der Vorsitzende Bericht über die Schritte, welche er gegenüber einer Bemerkung in einem Wanderbüchlein de« Erzgebirges, welche die hiesige Gegend betrifft, unternommen hat. Hierbei kam ein Schreiben eine« Leipziger Herrn zur Verlesung, in welchem derselbe auf das Bestimmteste erklärte, nicht der Ver fasser des erwähnten Büchlein« zu sein, lieber die Verleihung de« von dem Vereine angeschafftcn Fernrohre« soll ein Regu lativ aufgestellt werden. Die Versammlung nahm sodann dankend Kennlniß von dem Geschenk eine« hiesigen Einwohner«. Da« zur Vertheilung gelangte diesjährige Mitgliederverzeichniß weist 101 Mitglieder, darunter 16 auswärtige, auf. Die Versammlung wurde mit einem Glückauf! auf das fernere Gedeihen des Verein« geschlossen, in welche« die zahlreich Anwesenden begeistert einstimmten. — Dresden. Dienstag Abend gcge:: ^8 Uhr wurde die Feuerwehr zur Hilfeleistung nach dem Terrassenufcr un weit der Steinslraße gerufen. Daselbst war am Elbufer ein dem Fuhrwerksbesitzer Herrfarth gehöriger Breitwagen, von welchem eben Schnee abgeladen worden war, mit seinem Hinter theile über die Kaimauer gerutscht und mitsammt den beiden Pferden in die Elbe gefallen. Bei dem jetzigen Wasserstande war e« den Thieren möglich, stehend die Köpfe über Wasser zu halten. Mit Gurten, die den Thieren um den Leib gelegt wurden, geleitete man sie an die nächste in der Kaimauer befindliche Treppe und führte sie über diese herauf. Soviel ersichtlich, hatten die Pferde äußerlich keine Verletzungen davongetragen. Der Kutscher, sowie der beim Abladcn milbeschäftigte Arbeiter kamen mit dem Schreck davon. — Meißen, 3. Dezbr. Ein bedauerlicher Un glucks - sall ereignete sich gestern Nachmittag auf der Nossener Straße. Der Oberstcuerkontroleur M. kam mit seinem einspännigen Dienstgcschirr von Schletta gefahren. Das Pferd war un ruhig geworden und ging durch. Dem scheu gewordenen Pferde kamen drei Geschirre de» Rittergutes Löthain entgegen. Da« erste Geschirr kam glücklich vorüber, aber am zweiten Wagen riß die schleudernde Kutsche den an der Seite gehen den Fahrknecht um und quetschte denselben zwischen die beiden Geschirre. Durch den Anprall wurden der Oberstcuerkontroleur sowie sein Kutscher au« dem Wagen geschleudert. Der Erstere stürzte dabei den steilen Abhang hinab und zog sich schwere Verletzungen zu. Ebenso schwer wurde auch der Kutscher de» Löthainer Geschirre« verletzt, während der vom Bock herab geschleuderte Kutscher Le« Steuerbeamten nur geringe Haut abschürfungen erlitt. — Schneeberg. Ein erfreuliches Zeichen von Pietät an ihre ehemalige Bildungsstätte beweisen die alten Schnee berger Realschüler dadurch, daß sie sich trotz der wegen Errichtung eine» Gymnasium« ersolgten Auflösung der Real schule seit nunmehr 10 Jahren alljährlich zu Weihnachten in der alten Bergstadt Schneeberg um ihre ehemaligen Lehrer versammeln. Die diesjährige Zusammenkunft findet am 2. WeihnachtSsciertage Abends 6 Uhr im Saale de« Sächsischen Hause» zu Schneeberg statt und hat sich deren Vorsitzender, Herr Bürgermeister Rosenfeld in Frohburg zu etwaigen Auskünften hierüber gern bereit erklärt. — Kirchberg. Am Donnerstag Vormittag 10 Uhr kam in der Tuchfabrik von Richard Weller in SauperS- dorf, und zwar durch Selbstentzündung der Wolle im Kar- bonisirofen Feuer au», welche« mit rasender Schnelligkeit um sich griff und da« ganze umsangreiche Etablissement in Schutt legte. Da sämmtliche Maschinen, der größte Theil de» Woll- vorrathc» und ein großer Theil de» Tuchlagcr« vernichtet sind, ist der Schaden ein ganz enormer. Da» neue Wohn haus de« Besitzer», wie auch die unmittelbar vor der abge brannten Fabrik stehende Schule konnten nur mit großen An strengungen gerettet werden. Bedauerlicher Weise ist dabei auch ein Arbeiter verunglückt; der Webmcifter Gustav Weller erlitt sehr schwere Brandwunden am Hinterkopsc und wurde besinnungslos in seine Wohnung gebracht. Durch da» Schadenfeuer sind etwa 200 Arbeitskräfte brotlos geworden, die bei dem augenblicklich flotten Geschäftsgang in der Tuch branch« einen recht guten Verdienst hatten. — Mülsen St. Micheln, 5. Dezbr. Ein aufregen der Vorfall trug sich hier in der Nacht zum Dienstag zu. Al» der Gutsbesitzer S., spät von auswärt- kommend, sich zur Ruhe begeben hatte, Hörle er an der HauSlhür ein sonder bare« Geräusch. Er öffnet seine Schlafstubenthür und fragt, wer da sei. In diesem Augenblick fallen zwei Schüsse. Im