Volltext Seite (XML)
für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt des ksnigl. Gerichtsamtes und -es Stadtrathes zu NischofswerSü. Diese Sektschrist erscheint wöchentlich zweimal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 12; Rgr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf., Anzeigen unter vier Zeilen mit 2j Rgr. berechnt Sonnabend, den 11. Januar. 11862. Frankreich und Rom. Er ist ein höchst interessantes Schauspiel, die welt liche Macht des Papste» verschwinden zu sehen; di« Ver geltung spielt ein Stück Geschichte von ungeheurer Be deutung so ziemlich geräuschlos vor unfern Äugen ab. Von Frankreich kam einst die Erhöhung dieser Macht, alS Carl der Große dem Papste oder vielmehr der ka tholischen Kirch« die .Merken'' schenkte und Frankreich ist e» wieder, da» diese Macht erniedrigt und ihren Fall vorbereitet hat. WaS die Karolinger und Capetinger als Frankreich» Beherrscher einst erhöhten, unterstützten und behüteten, um ihrerseits die Macht »er Kirche zu treuem Allünen zu haben —, da» reißen di« Napolro- nid«n nieder, die bestimmt find, gegen ihren Willen dem Geiste deS Jahrhundert» zu dienen. Doch e» ist nur daS äußere Gerüst, daS zu Rom die Napoleon« abtragen helfen — die wirkliche Macht deS PapstthumS hat die Aufklärung befiegt. Der MenscheNgeist ist zu etwa» Höherem bestimmt, al» von übermüthigen Priester» unter viie Füße getreten zu werden. Die Erlösung d«r Geister und Gemüther von dem Banne der Hierarchie erfolgte nicht durch da» Schwerk, sondern geschah durch daS Licht der Wissenschaften, da» sich allmälich über Europa verbreitete und dann erst unter den „Großen der Erde" Bundesgenossen fand, al» diese ihren Vortheil dabei sahen. Wir haben daher den Sturz der päpstlichen Ailgetvalt sowie den Untergang seiner weltlichen Macht nur in dem Mißbrauche zu suchen, den da» Papstthum mit seiner gedoppelten Macht getrieben hat —; e» schreckte nicht blo» die Völker, sondern eS bedrohte auch die Fürsten —, die besorgt um ihre eigene Hoheit, die Aufklärung willkommen hießen, die ihr Ansehen und ihr« Macht ungefährdet ließ. Langsam für da» kurzsichtige Menschenauge, aber ffcher und de- Ziele» gewiß, wandelt da» Verhängniß oder die rächend« Vergeltung ihren W«K, ste kommt bestimmt und wenn erst nach Jahrzehnten oder Jahr- hünderien und wo ste die Schuldigen nicht mehr am Leben findet, so trifft sie ihre Erben. Die» Verhäng- niß waltet auch jetzt über Rom, und da seine Stunde gekommen, wird kaum Jemand mehr den Untergang der weltlichen Macht de» Papste» aufhalten; die schlaue, habsüchtige Politik Loui» Napoleon» kann ihn noch ver zögern; um noch seinen Preis für sein Mitwirken von Siebzehnter Jahrgang. Italien zu erpressen, aber nicht verhindern. Befiegt von dem Geiste der Zeit erliegt da» Papstthum seinen» Schicksale, selbst las Concordat, daS seine Macht wieder befestigen sollte, dient nur dazu, »en Untergang zu be fördern und in kaufend und aber Tausend von treuen Anhängern der katholischen Kirch« die Sehnsucht nach einer neuen Ordnung der Dinge wach zu rufen. Weder Jesuiten noch Fanatiker werden da» morsche Gebäude vor dem Zusammenstürze bewahren. Man kann den Greis beklagen, der wie ein Gefangener de» Schicksals auf den Trümmern seiner weltlichen Hoheit fitzt und da» Verhängniß zu beschwören sucht, aber wir vermögen in diesem Verhängnisse nur die Vergeltung zu erkennen, die «ine Macht trifft, die den Geist de» Jahrhundert stet» verleugnet hat, die all« Zeit nur darnach strebte, di« Geister und Gemüther zu bannen und der Mensch heit Fesseln anzulegen, die ihrer unwürdig find. Sachsen. Bischofswerda, den 10. Jan. Die Freuden der Schlittenbahn waren nur von kurzer Dauer. Heute ist Regen und Thauwetter eingetreten. Thermometer 3 Grad über Null. DaS auch 'in unserer Stadt seit vorigem Herbst hier oft vorkommende Scharlachfieber scheint nun im Abnehmen zu sein, da man jetzt seltener von dergl. Krankheitsfällen hört. Die nun seit dem 1. Januar in'S Leben getretene Gewerbefreiheit hat auch für unser» Ort, wenigstens zur Zett, noch keine wesentlichen Veränderungen her vorgebracht. Die hiesige Junggesellenfraternität, wohl eine der ältesten Gesellschaften in ganz Sachsen, hat am vergangenen hohen Neujahr daS 241jährige Stif tungsfest und die 200jährige Einführung deS „Will kommens" durch einen solennen Ball im hiesigen SchießhauSsaale gefeiert. Die verschiedenen Trink geschirre und andere hierauf bezüglichen Gegenstände, welche bei einem solchen Vergnügen benutzt werden, zeichnen sich alle durch ein hohes Alter aus. In denk nahen Röderbrunn, OrtSantheil von Rammenau, ist auch für diesen Winter für die dorti gen Schulkinder ein Vicar in der Person deS emeri- tirten Lehrers Schmidt von der hohen KreiSdirec- tion angestrllt worden, welcher bis Ostern in jenem