Volltext Seite (XML)
«Mm. Die Lehrzeit kann dkl kürzer al» früher sei». Der Lehrherkmacht mit seinem Lehrling« ein«n schrift liches Vertrag. Bet unmündigen Lehrlingen muß der Bat« »der der Vormund sein» Einwilligung geben. — Derjenige .Meister" auf dem Dorfe «der In »er Htad», d« ein« Innung angehört, kann den Lehrvertrag mit dem Lehrling« und dessen Bat« oder Vormund allein nbschließe»; wenn ein selbstständiger Gewerbtreibender einer Innung nicht «»gehört, so muß der Lehrvertrag Mit einem Unmündigen vor der Obrigkeit abgeschlossen werden, also in Dörfern vor dem Amte, in der Stadt vor dem Stadtrath«. Wer da» unterläßt, kann bi» zu lO THlr. bestraft werden. Wenn der Lehrherr mehrere Gewerbe betreibt, so muß i« Lehrvertrage gesagt wer de«, welche» Gewerbe der Lehrling lernen soll. — Vor der Obrigkeit haben der Lehrherr, der Lehrling und dessen Vater oder Vormund zu erscheinen. Sie haben einen schriftlichen Lehrvertrag mitzubringen. — Ist im Lehrvertrage eine Probezeit au-bedungen, so wird diese in die Lehrzeit mit eingerechnet, wenn die Lehre fort- gesetzt wird. — Der Lehrherr kann den Lehrvertrag »inseitig aufheben , wenn der Lehrling entläuft, wenn dieser länger als 6 Wochen krank ist. Die Krankheit darf aber nicht durch die Arbeit beim Lehrherrn ent standen sein ec. Der Lehrling oder sein Vater oder Vormund kann den Lehrvertrag einseilig aufheben, wenn er vom Lehrmeister thätlich gemißhandelt oder in einer Weise von ihm bestraft worden ist, die gegen daS Ge werbegesetz ist re. Wenn ein Lehrling nicht förtlernen will und sein Vater oder Vormund ist damit einver standen, so kann der Lehrmeister den Lehrling nicht zwingen, die Lehre sortzusetzen. Der Lehrmeister kann ab« vor Gericht sein« Ansprüche auf Entschädigung machen. Unmündige Lehrlinge, welche ohne triftige Gründe gegen den Willen ihre» VüterS oder Vormund« dir Lehre verlassen, können, wenn der Vater oder Vor mund damit einverstanden ist, in die Lehre zurückgebracht und mit 8 Tagen Gefängniß oder 3 Thlrn. bestraft werden. — Wenn im Lehrvertrage nicht etwa« anders au-gemachl ist, so wird für da« erste Lehrjahr doppelt ft» viel gerechnet, als für jedes folgende. Wenn die Lehrzeit beendigt ist, hat der Lehrherr dem Lehrlinge «in Zeugniß zu geben. Darin muß stehen, wie lange er gelernt, welche Kenntnisse und Fertigkeiten er sich erworben und wie er sich betragen hat. Der Gehilfe („Gesell") muß nicht wandern, kann aber wandern. Er ist nicht gezwungen, in einer be- stimmten Herberge auf der Reise zu wohne». Herber gen zu billigem Wohnen können eingerichtet werden. AuS Innung«- oder Geseüeneassen können Geschenke an wandernde „Gesellen" freiwillig gegeben werden. — Ob d« Mühlenverband fortbesteht, hängt von der Abstim mung der Theilnehmenden ab. — Jeder selbstständige Bewrrbtreibende in Dorf und Stadt kann so viele Ge hilfen („Gesellen") und Gehilfinnen annehmen, als er will Die Gehilfen erhalten statt der Wanderbüch« Arbeitsbücher. DaS erste Arbeitsbuch erhält man von ftioem Amte oder seinem Etartrathe, wenn dieser die Polizei hat, also bei der Polizei feines Wohnorte. Wer «in Arbeitsbuch haben will, muß eine Bescheinigung eine» selbstständigen Gewerbtreibenden mitbringen, worin sicht, daß man bei ihm Arbeit bekommen soll. Ist der Gehilfe noch unmündig, so muß er auch eine Geneh- wigung sein«» Bat«» oder Vormunde» mit belbringtN. Die ArbeitSbüch« find zugleich ReistlegitiMation im In« land». Der Arbeitsgeber hat »iNzutragen, wenn dtr Schilfe abgeht, »en Anfang Und da» Ende der Arbeit»- Periode, ob er seinen Verpflichtungen gegen den Arbeit geber nachgekommen ist und ob er seine Beiträge zu den Verpflegung-rassen gezahlt hat. E» soll nicht hinrin- geschrieben werden, ob der Gehilfe geschickt ist, auch nicht , wie er sich betragen hat. — Man darf Leinen Gehilfen annehmen, der kein Arbeitsbuch hat od« wen« die Antritt«- und AuStrittSbescheinigUng nicht in Ord nung ist. Die Antritt»- und Austrittsbescheinigung wird von der Polizeibehörde de» Arbeitsorte» »ist«. Wechselt der Gehilfe seinen Arbeitsgeber mit einem andern in demselben Wohnorte, so braucht nicht vifirt zu werdt«. DaS Arbeitsbuch kostet 5 Ngr., da» Vistren kostet 2 Ngr. 5 Pf., da- Reisevisum 2 Ngr. 5 Pf., di» Eintragung einer AufenihaltSbescheiniqung auch so viel. Das find in Kürze die wichtigsten Bestimmungen de» Gewerbegesetzes in verständlicher Darstellung. Ueber Gemeinsinn. Bon Oscar Förster. Gememfinn ist Lie Geneigtheit der menschlichen Seel» für Ideen, welche einen gemeinnützigen edeln Zweck ver folgen, thatkräftig einzustehen; sein Wirkungskreis ist da» öffentliche Leben, sein Ziel »aS öffentliche Wohl. Der Gemeinfinn ist eine der höchsten Bürgerlugenden, er nährt Einmüthigkeit und Zusammenhalten, kennt keine engherzige Anschauungsweise und ist ein Feind de» JndifferentiSmu» (Gleichgiltigkeit). Für jeden Ort, er mag groß oder klein, reich oder arm sein, ist eS von großer volkSwirihschaftlich« Be deutung, ob unter seinen Bewohnern der Gemeinfinn recht tiefe Wurzeln geschlagen hat oder nicht; eS wird wobl kaum einen Ort geben, in dem da» segensreiche Walten des Gemeinfinn«« entbehrlich erscheint, wenn auch nicht zu erwarten ist, daß Jedermann eine tiefere Einsicht davon hat,, wo oder wie sich der Gemeinfinn bethätigen sollte oder könnte. Außer vielen anderen gemeinnützigen und wohlthä- tigen Institutionen, welche durch Gemeinfinn geschaffen werden, find eS jetzt vorzugsweise die Genossen schaften, welche zu Gunsten gewerblicher In teressen, dem Gemeinfinne ein große» Feld seine» segensreichen Wirken» erschließen. Die gewerblichen Genossenschaften find einHaupt- mittel, verschiedene Nachtheile der Gewerbe freiheit von unser«« Gewerbtreibenden ab zuwenden. Um Genossenschaften zu bilden, müssen zweierlei Kräfte thälig sein: Intelligenz und Capital; nun vereinigen sich leider diese Kräfte nicht überall bei den durch Genossenschaften zu verbindenden Gewerbtreibenden und daher muß den Letzteren der Gemeinfinn solch« Personen, welchen die obengedachten Kräfte beiwohnen, zu Hilfe kommen. Gemeinnützige Bestrebungen einzelner oder we niger Personen find in der Regel ohnmächtig, nament lich bedarf e», um Genossenschaften zu bilden, meh rerer Personen, welche theil» obige Eigenschaften besitzen, theil- die Unternehmungen moralisch unterstützen. Obschon e» unter solchen Umständen für den Bewerb»