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Amts- M WiMt für den Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. 8L. Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung 18»» Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. 44. Jahrgang. Dienstag, den 13. Inti Bekanntmachung. Nach tz 25 des Fleischbeschau-Regulativs vom 10. Februar 1897 soll das zum Verkaufe kommende Fleisch nicht mit dem Munde aufgeblasen werden. Es läßt sich jedoch nicht feststellcn, ob das Fleisch mit dem Munde oder mit dem Blasebalg aufgeblasen wird. Da diese Maßregel eine thatsächliche Werthsverbesserung des Fleisches nicht her- beisührt, dagegen beim Gebrauche des Mundes abgesehen von der Unreinlichkeit auch Ansteckungsgefahr in sich birgt, wird sie zur größeren Vorsicht überhaupt verboten, gleichviel ob sie mit dem Munde oder mit dem Blasebalg zur Ausführung gebracht wird. Zuwiderhandlungen iverden nach Z 26 des vorstehenden Regulativs mit Geld strafe bis zu 150 Mark oder entsprechender Hast geahndet. Eibenstock, den 9. Juli 1897. Der Rath der Stadt. I. V.: Justizrath Landrock. Flg. Pie Kandwerkervortage ist vom Reichstage endlich verabschiedet worden und zwar wesentlich nach den Vorschlägen der verbündeten Regierungen. Sic entspricht in ihrer Fassung nicht schlechthin den Erwar:- ungcn der ausgesprochenen Freunde der alten Zunftverfassung. Denn sie sieht von der obligatorischen Zwangsinnung und der grundsätzlichen Einführung des Befähigungsnachweise» ab. Aber die Befürworter eine« einheitlich und streng durchgc- führten JnnungSzwangeS und de» Befähigungsnachweise« baben doch guten Grund, sich de« Erreichten zu erfreuen. E« stellt immerhin eine reichliche Abschlagszahlung auf ihre Wünsche dar und entspricht genau demjenigen, wa« zur Zeit überhaupt möglich war. E« ist für sie schon von Werth, daß die verbündeten Regierungen sich als aufrichtige Freunde de« Handwerk» be- thäligt haben. Da« erweckt Vertrauen für die Zukunft. Die Regierungen wären dem Handwerk, wie der frühere Hand- werlSorganisationS-Entwurf dci Minister» v. Berlepsch beweist, auch gegenwärtig gern noch weiter cntgegengekommen, wenn e» nur nach ihren Wünschen gegangen wäre. Aber unter den obwaltenden Verhältnissen durften sic bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Man darf nicht vergessen, daß in den süddeutschen Bundes staaten die Begeisterung für die ZwangSinnung füglich nur eine sehr gcthcilte gewesen ist. Dort sind im Laufe der Jahre au« dem freien Zusammenschluß der Handwerker ganz lebens fähige Schöpfungen hervorgegangen, welche dem Handwerk eine gute Organisation und einen Hebel zu fruchtbringender Fortentwicklung bieten. Die süddeutsche Strömung ist zur Zeit nicht geneigt, diese Errungenschaften im allgemeinen Reichsintcresse preiSzugeben; und die auf die Gewerbesreiheit cingeschworene freisinnige Presse hat hier geschickt die Hebel angcsetzt, um eine allgemeine deutsche HandwerkSorganisation aus dem Boden der Zwangsinnung zu Hintertreiben. Mit dieser Thatsache hatten die verbündeten Regierungen zu rechnen. Wollten sic überhaupt dem Handwerk nützlich sein, so mußten sie sich mit dem zunächst Erreichbaren begnügen und doch zugleich Grundlagen schaffen, auf denen sich da» Handwerk im Sinne der Freunde einer straffen HandwerkS- organisation sortcntfaltcn konnte. Die« ist hinreichend ge schehen. Die Bestimmungen de« K 100, nach welchen von den Behörden die Bildung einer Zwangsinnung angeordnet werden kann, sobald die Mehrheit der betheilizten Handwerker der Einführung de« Beitritt«,Wange« zustimmt und die Zahl der im Bezirk vorhandenen bctheiligten Handwerker zur Bild ung einer leistungSsähigen Innung auSreicht, — diese Be stimmungen haben Gesetzeskraft erlangt u. leisten den Freunden der obligatorischen Zwangsinnung unstreitig großen Vorschub. Auch die zum Schluß noch angenommene Resolution, durch welche die verbündeten Regierungen in der nächsten Session um Vorlage eine« Gesetze« über die Einführung eine» Befähigungsnachweise« für die handwerksmäßigen Gewerbe ersucht werden, muß die Freunde einer festen Handwerks organisation mit Hoffnungen für die Zukunft erfüllen. Wie sich die verbündeten Regierungen zu dieser Resolution stellen werden, bleibt abzuwarten. Aber jedenfalls ist die öffentliche Meinung ihr nicht schlechthin ungünstig, und so haben die Handwerker Ihatsächlich Grund zur Zufriedenheit. Sie er halten durch da« neue Handwerkergesctz hinreichende Gelegen heit, sich zu organisiren, da« Handwerk zu fördern und die Unentbehrlichkeit der Zwangsinnung ihren BerusSgenossen überzeugend erkennbar zu machen. Mik dieser Errungenschaft können sie vorläufig zufrieden sein. Tagesgeschichte. — Berlin. Zur Ankunft de« Kaiser« Wilhelm in St. Petersburg sollen, wie die dortigen Blätter melden, von den beiden Regimentern, deren Chef Se. Majestät ist, dem in Warschau garnisonirenden St. Petersburger Leibgarde- Regiment und dem in Nowgorod stationirten Whborger In fanterie-Regiment je ein Bataillon nach St. Petersburg be ordert werden. Am Tage der Ankunft selbst, am 7. August, wird an der Peterhofer Landungsbrücke eine Ehrenwache vom St. Petersburger Leibgarde-Regiment ausgestellt sein. An demselben Tage wird Je. Majestät die Hauptstadt selbst be suchen, und an einem Parade-Diner oder Dejeuner beim Bot schafter Fürsten Radolin Ihcilnehmen. Bei dieser Gelegenheit wird der Kaiser auch die Deputationen der in verschiedenen Städten Rußland« lebenden deutschen Reichsangehörigen em pfangen. In Peterhof sollen dem Kaiser an demselben Tage noch die Botschafter u. Gesandten, die Minister und die Chef» der Hauptverwaltungen vorgestellt werden. Abend« findet eine Gala-Theatervorstellung statt. Der Vorstellung geht eine glänzende Illumination Vorau«. Am zweiten Tage besucht Kaiser Wilhelm da- Lager von KraSnoje-Sselo, durch das er eine Rundfahrt unternimmt. Der Tag schließt mit einem großen Zapfenstreich. Auf der Terrasse de» Schlosse« von KraSnoje-Sselo wird eine Ehrenwache vom Whborger Regi ment Kaiser Wilhelm ausgestellt. Am dritten Tage wird vor dem Kaiser eine Kavallerie Uebung stattfinden, an die sich dann eine allgemeine Truppenrevue anschließt. Wie russische Hof kreise versichern, wird auch die Kaiserin-Mutter Maria Fco- dorowna ein Prunkmahl veranstalten. Am 9. August reisen Kaiser Wilhelm und seine erlauchte Gemahlin von Peterhof ab. — Ferner wird der »Duna-Ztg." au« Peterhof berichtet: »Die umfassendsten Vorbereitungen werden zur Ankunft de« Monarchen getroffen, welcher mit außergewöhnlichem Prunk empfangen werden soll. Außer der vollständigen Renovirung de« Peterhofer Palai«, in welchem Se. Majestät absteigen wird, arbeiten gegenwärtig an 300 Arbeiter an der Olgainsel, um ein großartige« Seetheater, verbunden mit einem Seeballet, auf schwimmender Bühne fertig zu stellen. Die Beleuchtung de« prächtigen Schauspiel- wird vom Grunde de« See« durch 60,000 elektrische Kerzenstärken besorgt werden und dem Ganzen einen märchenhaften Zauber verleihen. Wie der Obermaschinen meister der Kaiserlichen Theater, Herr Petrow, mittheilte, der die Legung der ganzen Anlage besorgt, wird eine derartige Beleuchtung zum ersten Mal in Anwendung gebracht und ihre Legung ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Jeden falls dürfte aber der Effekt alle Erwartungen übertreffen. Für da« Seetheater, auf welchem die »Abenteuer de« Peleu«" inszenirt werden, wird eine Reihe hochbordiger, griechischer Trieren gebaut, welche auf den blauen Fluchen de» Peterhofer See« ihre Segel blähen sollen. Die hohen Herrschaften werden dem Schauspiel von dem der Olgainsel gegenüberliegenden Eiland, auf welchem sich ein kleine« Schloß befindet, zusehcn. - Die Lippesche Thronfolgcsrage ist, wie bereit gemeldet, nunmehr definitiv gelöst. Da« SchiedS-Gericht, welcher wie bekannt, unter dem Vorsitze de« König« von Sachsen tagte, hat zu Gunsten de« Grafen Ernst von Lippe- iS icstcrfeld und gegen den seitherigen interimistischen Re genten, den Prinzen Adolf von Schaumburg Lippe, den Schwager de« Kaiser«, entschieden. — Bekanntlich schwebte feit dem am 20. März 1895 erfolgten Tode de» Fürsten Woldemar von Lippe-Detmold die Frage, wer der rechtmäßige Herrscher de» Fürstenthum« sei, da der Bruder de« Ver storbenen, der 1831 geborene Fürst Alexander, krankheitshalber die Regierung nicht zu führen vermag. Ansprüche auf den Thron wurden von dem Fürstenhausc Lippe-Schaumburg und dem Oberhaupt« der erbherrlich gräflichen Linie, dem Grafen Ernst zur Lippe-Biesterfeld, erhoben. Durch den testamen tarischen Erlaß de« Fürsten Woldemar vom 20. Oktbr. 1890 war al« Regent Prinz Adolf von Lippe-Schaumburg bestimmt, welcher bekanntlich mit der Prinzessin Viktoria von Preußen, der Schwester Kaiser Wilhelm«, vermählt Ist. Da Gras Ernst zur Lippe diese testamentarische Bestimmung de« Fürsten Woldemar zu seinen Gunsten am 12. April 1895 anfocht, so beschloß am 24. April desselben Jahre« der Lippe-Schaumburg- ische Landtag, die Regelung der Erbfolgefrage dem BundeS- rath anheimzugeben. Dieser veranlaßte auf den Antrag Preußen« die Einsetzung eine» Schiedsgericht« mit der Aufl gäbe, die Angelegenheit endgültig zu entscheiden, nachdem die beiden um den Thron streitenden Parteien sich bereit erklärt hatten, dem Schiedsspruch sich zu fügen. Die Lippe-Biester felder Linie sollte nach Ansicht der Schaumburgcr und deren Rechtsvertreter, darunter Laband, durch unebenbürtige Ehen ihr Vorrecht verloren haben; aber auch im Stammbaum der Schaumburger Linie konnte man ein einfach adelige« Fräulein nachweisen. Prinz Adolf wird nun nach dem ihm ungünstigen Spruch da« Detmolder Schloß zu räumen haben. Der neue Regent, Gras Ernst zu Lippe-Biesterfeld, ist geboren zu Ober kassel bei Bonn am 9. Juni 1842. Er hat mehrere Söhne, sodaß auf absehbare Zeit die Lippe'sche Thronfolge bei der Biesterfelder Linie verbleiben dürft». — Der Bunde«rath wird zunächst «ine Autsührung«- anweisung nur betreff« de« die Bildung von Zwangs innungen behandelnden Theile« de« HandwerkSorganisalionS- Gcsetze» erlassen, deren wichtigster Theil ein Normalstatut für solche Innungen bilden dürste. Der Grund für diese Be schränkung liegt, wie osfiziö« dargelegt wird, theil» in dem Umstande, daß zunächst die JnnungSbildung durchgeführt sein muß, bevor an die Einrichtung der Handwerkskammern ge gangen werden kann, theil« in dem Wunsche, die Bundes- Regierungen sobald al- möglich in den Stand zu setzen, ihrerseit« mit der lokalen Organisation de« Handwerk« vor- zugchcn. Die Durchführung der organisatorischen Aufgabe, bei welcher c« bei Festhaltung großer allgemeiner GesichtS- punkte doch auf eine durchaus individualisirenvc Sachbchand- lung ankommen wird, beansprucht indessen zweifelsohne eine sehr geraume Zeit, sodaß e« sich empfiehlt, die Bundesregier ungen von Reichswegen sobald al» möglich zur Inangriffnahme derselben in den Stand zu setzen. — Türkei und Griechenland. Die Friedens verhandlungen in Konstantinopel sind völlig in« Stocken gerathen. Die Türkei, welche auf die Annexion von ganz Thessalien verzichtete und sich im Prinzip mit der von den Mächten vorgeschlagcnen strategischen „Grenzberichtigung" zu frieden erklärte, verlangt jetzt al« eine derartige »Grcnzberichtig- ung" die Erwerbung de« thessalischen Gebiet« nördlich vom Peneio«. Den Mächten scheint auch da« noch zu viel; ihre Botschafter haben in Konstantinopel dem türkischen Minister de« Auswärtigen Tewfik Pascha erklärt, daß ihnen die von der Türkei beanspruchte Grenzlinie unannehmbar erscheine, und darüber sind die Verhandlungen vorläufig sistirt worden. Von den Mächten ergriff nun zunächst Rußland die Initiative, um auf die Türkei eine Pression zu üben. Der russische Minister des Auswärtigen Graf Murawiew beantragte mittel» eine« Rundschreiben« an die Kabincte, durch einen Kollektiv schritt bei der Pforte diese zur baldigen Annahme der vom europäischen »Concert" gebilligten FriedcnSbedingungen zu bewegen. Gras Murawiew, der s. Z. mit seiner bekannten Note die Führung de« europäischen Concert« zur Bezwingung de« Widerstande« Griechenland» übernahm, tritt heute an der Spitze der Mächte al« Beschützer Griechenland» oder wenig sten» al« Vertreter griechischer Interessen gegen die Türkei auf; da« ist ein höchst bezeichnende« Moment für die völlige Schwenkung, die die Mächte in der türkisch-griechischen Affäre vollzogen haben. Auch der deutsche Kaiser ließ dem Sultan die Hoffnung ausdrücken, daß er der Räumung Thessalien» keine Schwierigkeiten bereiten und sich nicht in Widerspruch mit dem Gesammtwillen Europa« setzen werde. Weit wich tiger und bezeichnender ist aber noch ein Telegramm de» Kaiser« Franz Joseph an den Sultan, welche« die Antwort enthält aus ein Telegramm de« Letzteren, in welchem dieser die Unterstützung de« Kaiser« von Oesterreich in der Angelegen heit der thessalischen Grenzberichtigung angerufen hatte. Diese Antwort ist fast gleichbedeutend mit einer an den Sultan ge richteten Sommation, sich den Entschlüssen de« Conseil» der Großmächte zu unterwerfen, und die Veröffentlichung eine derartigen, da« Ansehen de« Beherrscher« eine« weiten Reiche« im hohen Grade beeinträchtigenden Schriftstücke» jedenfalls ein seltener Fall in der diplomatischen Geschichte. Durch diese« Telegramm de« Kaiser« Franz Joseph soll der von Ruß land zuerst unternommene Schritt offenbar verstärkt, wenn nicht gar überboten und dem Sultan in nicht mißzuverstehen der Weise zu Gemüthe geführt werden, daß Rußland und Oesterreich-Ungarn bezüglich der Orientpolitik jetzt Hand, in Hand gehen. Ob aber Rußland wirklich beabsichtigt, ernstlich gegen die Türkei vorzugehen, muß noch stark bezweifelt werden, und da die Türkei wohl weiß, daß im letzten Augenblick da» europäische Concert gerade so ihr gegenüber versagen würde, wie c« Griechenland gegenüber versagt hat, dürften die jetzt unternommenen Einschüchterung-Versuche wohl nicht den er wünschten Erfolg haben. Daß übrigen« bei der jetzigen Stellungnahme einzelner Mächte der Türkei gegenüber nicht nur Politische Beweggründe, sondern vorwiegend allerlei ver wandtschaftliche Einflüsse maßgebend sind, die sich seilen« de» griechischen Hose« geltend machen, geht klar und deutlich au« folgender Depesche hervor: Athen, 9. Juli. Die Botschafter der Mächte in Kon stantinopel verhandeln fortgesetzt mit der Pforte über die Feststellung der neuen Grenzlinie. Die Türkei ist bestrebt, fast die Hälfte von Thessalien für sich zu behalten, ungeachtet de« energischen Widerspruche« der Botschafter. Die Frage