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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 01.07.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189707016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-07
- Tag 1897-07-01
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Monat
1897-07
-
Jahr
1897
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die Lage, eben infolge ibrer so raich gewonnenen Ziege, keine einfache. E» darf eben nicht überfehen werden, daß man in Konstantinopel aus einen derartig ununterbrochenen SiegeS- zug der türkischen Waffen nicht gerechnet hatte. Wenn die türkische Hcere»leitxing auch wohl kaum daran zweifelte, mit den Griechen schließlich fertig zu werden, so hatte sie doch wohl nicht für möglich gehalten, daß der Gegner so unvor bereitet und so schlecht geführt, wie er sich nachher zeigte, den Kampf aufnehmen würde. Man ging also in Konstantinopel den kommenden Ereignissen zwar ohne sonderliche Furcht wegen de« eigenen Schicksal«, aber doch in der Annahme entgegen, daß nach einigen Zusammenstößen, die im wesentlichen alle« beim Allen lassen dürsten, Europa sich in» Mittel legen und einen Frieden diktircn würde, der ebenfalls im wesentlichen auf eine erneute Sanktionirung de« »latus izuu anto hinau«- käme. Indem die Pforte vor Eröffnung de« Kriege« sich mit den maßvollsten Friedensbedingungen für den Fall eine» den türkischen Waffen günstigen Verlaufe» begnügen zu wollen er klärte, halte sie e« nicht entfernt für möglich gehalten, daß ihr Thessalien gleichsam wie eine reife Frucht in den Schooß fallen und einige wenige, dazu noch nicht einmal besonder« schwere Wafsengänge genügen würden, die ganze griechische Herrlichkeit wie ein Kartenhaus hinwegzufcgen. Nunmehr steht die Türkei und Europa vor einer Situation, welche von der großmächtlichen Diplomatie mit dem vorher unter erheb lich anderen Voraussetzungen sestgestellten Maßstabe gemessen wird, während die türkischen Politiker und namentlich Militär« der Ansicht sind, daß die eigenen unvermuthet großen Bor- theile dem ottomanischen Staatswesen etwa« mehr eintragen sollten al« eine magere strategische Grenzberichtigung und die Vereinbarung einer geringen Kriegsentschädigung, deren Be zahlung durch da« ihatsächlich bankrotte Griechenland ein höchst unsichere» Ding ist. Die Regierung de« Sultan« hat nicht nur auf Europa, sondern auch aus die Verhältnisse u. Stimm ungen innerhalb de« eigenen Reiche« Rücksichten zu nehmen, und übrigens muß jeder realistisch veranlagte Politiker sich sagen, daß selbst durch da« bereitwilligste Entgegenkommen der Pforte noch wenig genug gewonnen wäre, sobald die auf dem Papier erzielten Abmachungen durch die Gewalt der Thal sachen an der Verwirklichung gehindert werden. Interessant im gegenwärtigen Augenblick erscheinen auch die nachstehenden Bemerkungen der „Hamburger Nachrichten" i Aus eine wichtige Erscheinung müssen wir erneut auf merksam machen, da« ist die Bewegung, welche der türkisch griechische Krieg und die Intervention der Mächte in der ganzen mohamedanischen Welt hervorgerufen hat. Sowohl die Siegerfreude, wie auch der nur zu berechtigte Unwille der Türkei darüber, daß die christlichen Mächte ihr die Früchte ihrer Siege zu rauben versuchen; beide« hat sich mit Blitzesschnelle bi« in die fernsten mohamedanischen Länder Asien« verbreitet und dort eine Bewegung erzeugt, in welcher man kaum etwa« andere« al« da« Ausflammcn de» alten GlaubenrfanaliSmu« gegenüber den Ungläubigen erblicken kann, der von jeher ein unlösliche« Band um die verschieden sten mohamedanischen Völker geschlungen hat. Die europäische Diplomatie, namentlich die englische, beobachtet Liese Bewegung bereit« mit großer Unruhe. England erntet jetzt die Früchte seiner verkehrten Politik. Al« ein Reich, dem 8t) Millionen mohamedanische Unterlhanen angchören, durfte England sich nicht mit der Pforte unheilbar verfeinden, nicht den Haß de» Islam aus sich laden. Seine Herrschaft in Indien würde mit einem Schlage zusammenbrechcn, wenn auch die moha medanische Bevölkerung Indien« von der allgemeinen Beweg ung ergriffen würde und sich gegen ihre Zwingherren erhöbe. Darum giebt der Uebersall englischer Truppen durch einen mohamedanischen Stamm im Tochithal zu denken. Die russi sche Presse verzeichnet schadenfroh diese« Mißgeschick und warnt die englische Regierung davor, au« diesem Anlaß nach be kannter Gewohnheit neue Eroberungen machen zu wollen, denn sonst könnten Ereignisse eintreten, welche der friedlichen Haltung Rußland« an der afghanischen Grenze ein Ende machen würden. Man kann sich der Empfindung kaum erwehren, daß dort längst erwartete Ereignisse näher seien, al« noch vor Kurzem anzunehmen war. In der Thal kann die Gelegenheit für Rußland, den vernichtenden Schlag gegen England in Indien zu führen, kaum jemals wieder so günstig sein wie jetzt, wo die Türkei mit Rußland verbündet ist, aus ein Zeichen de« Sultan« Abdul Hamid II. die gesammte mohamedanische Welt wider da« aller Well verhaßte England ausstehen, und Rußland auch in Europa mehr al« eine Macht auf seiner Seite haben würde. Tagesgeschichte. — Deutschland. Kürzlich meldeten verschiedene Blät ter, daß während der Kaisermanöver besondere Rad- fahrerabtheilungen gebildet werden sollen. Diese Versuche werden u. A. dahingehen, festzustellen, inwieweit eine rad fahrende Infanterie wohl im Stande ist, in Eile einen ent fernt gelegenen Punkt von taktischer Bedeutung zu besetzen und festzuhalten. Außerdem aber wird diese radsahrcndc Infanterie — und da« ist wohl die Hauptsache der Uebung — in weitestem Sinne zu Erkundungen verwendet werden. Weiter sollen Versuche dahin gemacht werden, inwieweit rad fahrende Infanterie in Verbindung mit anderen Waffen zu wirken und die Anstrengung der berittenen Truppen zu ver mindern im Stande ist. — Der Kaiser hat den bisherigen Botschafter beim Quirinal, Herrn v. Bülow, stellvertrctung«weisc zum Staats sekretär de« Auswärtigen ernannt. Ferner verlautet, daß der Staat«sekretär v. Bötticher sein Entlassung»- gesuch eingereicht habe. — Dei Reichskanzler Fürst Hohenlohe stattete dem Fürsten Bismarck einen vierstündigen Besuch ab und unternahm mit dem Fürsten in Begleitung de« Wirklichen Geheimen Ober-RegierungSrathe» Frhrn. v. Wilmowrki und de« Botschafter« v. Bülow eine antcrthalbstündige Spazier fahrt. — Die Mehrzahl der Versuche, da« sozialdemokrat ische „System" in die Praxi« umzusetzen, hat die gänzliche Unfähigkeit der Sozialdemokratie für die rationelle Verwaltung wirthschaftlicher Unternehmungen erwiesen. Brauereien, Bäcker eien, Hutfabriken und eine Reihe andrer ähnlicher wirthschaft- licher Gründungen sind an der Unfähigkeit der Leitung, zum Theil auch an der rücksickstrlosen Ausbeutung der Arbeit«krast zu Grunde gegangen. Wenn die Arbeiter diese Proben der sozialistischen Hexenmeistcrei richtig würdigen wollten, müßten sie allesammt der Sozialdemokratie den Rücken wenden. Neuer ding« ist wieder ein solcher Fall zu verzeichnen. Die sozial demokratische Genossenschaft« - Schuhfabrik, die seinerzeit von den au«gesperrten Schuhmachern in Erfurt gegründet wurde, ist in Folge finanzieller Schwierigkeiten eingegangen. An der Spitze der GenossenschaslSfabrik, die in allen Städten Deutschland« Filialen unterhielt, stand der Reich»tag»abgeord- nete Bock. — Hohenshburg, 27. Juni. Auf der sagenumwo benen Burg, dem ehemaligen Sitze Wittekind«, hatten sich heute mehrere Tausend Westfalen versammelt, um den Fürsten Bismarck zu ehren. Diese Zusammenkünfte sind von den Theilnehmern an der Fahrt der Westfalen nach FriedrichSruh im Jahre 1894 eingerichtet worden. An dem seiner Voll endung entgegengehenden Kaiserdenkmale brachte LandgerichlS- rath Bäumer au» Dortmund da« Hoch auf den Kaiser au«, da« jubelnde» Echo fand. Dann feierte Bürgermeister i)>. Haarmann-Witten den Fürsten in begeisternden Worten; u. A. führte er au«: „Auch unser jetzt regierender Kaiser, der erst vor wenigen Tagen in Bielefeld von den Westfalen rühmte, daß ihre Treue fester stehe, al« die ehrwürdigen Grund mauern der Sparrenburg, er kann e« nur gern sehen, daß diese westfälische Treue gehalten wird auch dem Einsiedler von FriedrichSruh. (Lebhafter Beifall.) Und wäre e« ander«, wir könnten darum doch nicht von un serem Bismarck lassen; wie in der Geschichte, so wird er auch in unseren Herzen unsterblich sein. (Beifall.» Ihn zu ver ehren, verträgt sich dann auch wohl mit unserem monarch ischen Gefühle. Gerade weil wir monarchisch gesinnt find durch und durch, meinen wir, Bismarck um so mehr feiern zu müssen, je weniger Beachtung er an höchster Stelle findet." Lomle und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 30. Juni. Heute Vormittag gegen 8 Uhr wurde unsere Landspritze für ein in S osa auSge- brochene« Schadenfeuer alarmirt. Dortselbst ist da» Fröhlich'sche Gut, jetzt dem Waldarbeiter Hermann Reiß mann gehörig, bestehend au» Wohnhaus und Scheune, niedcrgebrannt. Die Gebäude waren von alter Bauart und wurde das Hau« von 5 MiethSparteien bewohnt. Die Ent stehungsursache de« Feuer« ist noch unbekannt. — Zwickau, 26. Juni. Zweite Strafkammer. Die Waldarbeiters-Ehefrau Anna Emilie Zeitz er geb. Staab au« Eibenstock, 34 Jahre alt, hat geständigermaßen am 13. April d. I. in Eibenstock einer Tagelöhnersehefrau 3 M. baare« Geld entwendet und bei Ausführung diese« Diebstahls sich eine» falschen Schlüssel« bedient. Wegen schweren Dieb stahls erkannte man wider die Angeklagte auf eine Gefängniß- strafe von 3 Monaten und I Woche. — Zwickau, 28. Juni. Da« Meisterschaft»- Straßensahren über 100 Kilometer Strecke Dresden— Zwickau fand gestern bei prächtigem Wetter statt. Die Rad fahrer-Vereine der Zwischenstationen und der Endziele hatten die Tour mit Controlposten besetzt. Da» Hauptinteresse con- centrirte sich auf hiesige Stadt al» dem Ziele dieser Wett fahrt. Radfahrer von nah und fern, wie sonstige Freunde diese« Sporte» hatten sich am Zielpunkte, Ehrler» Gasthof im Stadttheil Pölbitz, woselbst Guirlanden über die Straße gezogen waren, vom frühen Morgen an ausgestellt und er warteten in größter Spannung, ein Spalier von Hunderten von Metern bildend, die Wettsahrer. Da« Erscheinen jede» Einzelnen wurde durch Fahncnschwenken vor der Endstation verkündet. Eine Anzahl heimische Fahrer fuhren ihnen, die Bahn frei machend, Vorau«. Die Eintrefsendcn wurden mit lauten BravoS begrüßt. Für Marode waren alle sanitären Vorkehrungen getroffen worden, allein sie trafen, mit Aus nahme eine« Fahrer», der bei Chemnitz — bi» wohin er die Führung bewahrt hatte — einen leichteren Unfall gehabt haben soll, iämmtlich in bester Verfassung hier ein. Al» Erster ging durchs Ziel Herr Paul Hasse-Mittweida in 3 Stunden 47 Min., al» Zweiter Herr Heinrich Micrsch- DreSden in 3 Stunden 52 Min., ferner in je wenig Min. Abstand die Herren Mücke-DreSden, Paul Zierold-Zwickau, Karl Kaiser-Reudnitz-Lcipzig, Fiedler-Lauter, Vöztcle-Schwar zenberg, Seidel-Pegau, Siering-Schönau b. Chemnitz, Mieteck- Bautzen, Iohn-DreSden, Wen;el-Dre»den, Pumpa-Reichenbrand u. s. w. Die ersten Sieger erhielten zunächst frische Eichen kränze verehrt, denen Abend« bei der solennen Preirvertheil- ung im Schwanenschlößchen elegante künstliche Eichenkränze mit Schleifen zugesügt wurden. Bon II bi» I Uhr wurde vom Sladtmusikchor Concert im Schwanenschlößchen gespielt. Darnach vereinigten sich Gäste und Gastgeber zu einem ge meinsamen Mahle. Abend» folgte im Schwanenschlosse Kammer» verbunden mit Prei»vertheilung. Al» Preise wur den gewährt: goldene Uhr und goldene Bunde»medaille dem McisterschaftSfahrer; Bowle und große silberne Medaille, 2. Preis ; ein prächtiger Handkoffer (30 Mark Werth) und kleine silberne Medaille; Photographiealbum u. s. w. Bezüg lich der Herrn Zierold wurde der Ausschluß de» Wettbewerbe beschlossen, bezüglich Herrn Seidel sollen noch Erhebungen gepflogen werden. Prämiirt wurden die ersten sechs Sieger. Außer diesen erhielten weitere vier Fahrer Kränze. — Schneeberg, 27. Juni. In der Zeit vom I. bi« 21. Juli wird die Gegend bei Dresden, Dippoldiswalde, Sahda, Marienberg, Annaberg, Schneeberg, Plauen, Zwickau, Glauchau, Rochlitz und Borna al« UebungSgelände für die unter Leitung de« Obersten und AbtheilungSchef« im großen Generalstabc v. Voß stattfindende die«jLhrige UebungSreise de« Cötu» III der Kriegsakademie benutzt werden. In Schneeberg werden am 10. und II. Juli verguartiert: 4 Stabsoffiziere, 2 Hauptleute bezw. Rittmeister, 58 Lieute nant«, 1 Zahlmcisteraspirant, 14 Unteroffiziere, 35 Soldaten 64 Osfizierburschen und 100 Pferde, darunter 29 Osfizierpferde. — Pockau-Lengefeld, 26. Juni. Bon hier wird folgender originelle Vorfall von einem Augenzeugen mitgetheilt: Jüngst hatte ich in der Nähe von Pockau-Lenge feld zu lhun und befand mich schon im Wagen de« Zuge», der mich in einigen Minuten nach Chemnitz führen sollte, al« ein origineller Vorgang meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Sin in Pockau ansässiger Bahnbediensteter hatte sich einem Herrn genähert, der im Begriffe war einzusteigcn, und der schon im W-rtesaal durch sein urwüchsige« Wesen meine Aufmerksamkeit aus sich gelenkt hatte. Der Herr mußte wohl ein Zahnarzt sein, der Arbeiter aber über Zahnschmerzen zu klagen haben, denn er ließ Ersteren einen Blick auf sein Gebiß lhun, da« dieser mit den Worten aufriß: »Heran« muß er!" Gesagt, gethan, der Herr Zahnarzt placirte den Patienten aus dem Sitzbrett» de« zur Abfahrt bereitstehenden Zuge«, rief dem Zugführer zu, er möge noch ein bi-chen warten, öffnete feine Handtasche, brachte eine gewaltige Zange zum Vorschein, mittelst deren er sich daran machte, unter großer Spannung de« ihn umstehenden Bahnpersonal« und de« milfahrenden Publikums, dem Patienten seinen Peiniger zu entreißen. Ein gewaltiger Krach und zum Vorschein brachte die Zange einen mächtigen Stockzahn, den der Herr Doktor Iriumphirend seiner Umgebung zeigte. AU' da« war da« Werk eine« Augenblick«!" — Der Herr Zahnarzt stieg ein, und unter allgemeiner Heiterkeit de« Publikum« setzte der Zug sich in Bewegung. Am heitersten war der Patient selbst, der während der Operation weder eine Miene verzogen, noch einen Laut von sich gegeben hatte, nahm ihm doch der Herr Zahnarzt für seine Bemühungen nicht« ab. Ich aber verspürte noch nach 10 Minuten den Krach de» gezogenen Zahne» an meinem eigenen Gebisse. — Werdau, 26. Juni. Freiwillig au» dem Leben g, schieden ist ein vor etwa 14 Tagen au» seiner Wohnung hier verschwundener, etwa 80jähriger Grei». Der Vermißte wurde jetzt, nachdem man nach seinem Verbleib bisher ver geblich geforscht hatte, in einem Walde bei Oberwiesenthal erhängt aufgefunden. Der Wunsch, vor seinem Ableben noch einmal die Wälder und Berge de» Erzgebirge» zu sehen, hak den lebensmüden Grei» veranlaßt, den langen und beschwer lichen Weg nach seinem früheren Aufenthaltsort Oberwiesen thal anzulreten. — Die Post- und Telegraphcngeschäfte im Regierung»- bczirk Zwickau werden vom 1. Juli an von der Obcrpost- direktion Chemnitz wahrgenommen. — Eger, 26. Juni. Wie die hiesigen „Nachrichten" mittheilen, ist in Franzensbad der Verkauf der Korn blume, die al» Lieblingsblume de« Kaiser» Wilhelm I. bei Kundgebungen von den Deulschböhmen mit Vorliebe getragen wird, untersagt worden. Merkwürdig, mit welchen Mitteln da» Deutschthum in Böhmen bekämpft wird, noch merkwürdiger aber, daß sich so viele Deutsche trotz der deutschfeindlichen Machinationen in Oesterreich den Tschechen und ihren Freun den gegenüber so zuvorkommend zeigen. Ist'» doch kürzlich in Sachsen vorgekommen, daß an einem Staatsbau Bekannt machungen für die Arbeiter der dort arbeitenden Tschechen wegen, in tschechischer Sprache veröffentlicht wurden. Wäre e« nicht besser gewesen, man hätte diesen bedeutet: Sachsen liegt in Deutschland, e» wird also hier deutsch gesprochen; wer'» nicht kann, mag sich über die cinschlagenden gesetzlichen Bestimmungen — um solche soll c» sich in den Bekanntmach ungen gehandelt haben, durch einen Dolmetsch unterrichten lassen. Auf der Wanderschaft. Original Erzählung au» der sozialen Bewegung der Gegenwart. Bon Th. Schmidt. I. (Nachdr. verboten.) Ueber die herbstlichen Fluren hatte sich die Abenddämmer ung herabgesenkt; au» dem freundlichen Thal, durch da» sich wie ein breite», silberne« Band der Fluß wand, stieg weißer Nebel aus, welcher da» am Fuße de» waldreichen Höhenzuge« gelegene Stäbchen bald so dicht einhüllte, daß nur noch die Dachfirsten und die schlanke Thurmspitze sowie zwei qualmende Fabrikschornstcine darau» hervorragten. In der Natur herrschte stiller, feierlicher Friede, welcher nur von den in kurzen Pausen durch da« Thal hallenden Tönen der Abendglocke de» fernen Städtchen» und dem Geläut einer in der Nähe von zwei gerade am Wegranve rastenden Wanderburschen vorbciziehenden Ichaihcerde unterbrochen ward. Ueber Tag war e« heiß gewesen; die Seplembersonne hatte ihre Strahlen mit versengender Gluth auf die staubige Landstraße geworfen und den beiden Wanderburschen dort im kühlen Grase, von welchen der Eine unau»gesetzl seine Blicke weil über die Fluren nach dem lieferlicgenden Städtchen hin schweifen läßt, manchen Schweißtropfen auSgcpreßt. „ES wird Zeit, daß wir aufbrcchen, Schlesier", mahnt der größere der beiden Männer sich erhebend, „Du hast noch bi» zum nächsten Flecken beinahe zwei Wegstunden und ich möchte gern vor völligem Anbruch der Dunkelheit die Stadt Blankenseld erreichen." Schweigend erhebt sich der „Schlesier". E« ist eine kleine schmächtige Gestalt mit eingesunkener Brust und hohlen Augen, welche einen Moment mit bewundernden Blicken zu der großen, kräftigen Gestalt seine« Begleiter« ausschauen. Nicht ohne Anstrengung erklimmt er den steilen Grabenrand, den der Andere mit zwei elastischen Schritten bereit« erstiegen. Seinen dünnen, nicht viel mehr wie ein paar abgenutzte Bürsten enthaltenden Berliner über die Schulter werfend, folgt er dem sichtlich große Eile habenden Begleiter. „He, Westfälinger, Du hast ja plötzlich Siebenmeilenstiesel angezogcn, laus nicht so, ich kann, weiß Gott, nicht mit," ruft der Kleine, und der Große hemmt sofort seine Schritte und blickt sich mit einem gezwungenen, freundlichen Lächeln nach dem Be gleiter um. „Du mußt schon entschuldigen, wenn ich Dir zu schnell gehe, Bruder Schlesier; aber wenn man so nahe dem Orte ist, in dem man seine Jugend- und Lehrjahre verbrachte, dann macht man unwillkürlich längere Schritte, antwortete der Westfälinger, aus dessen Antlitz jetzt ein tiefer Ernst liegt. „Ja, wer solche Lehrjahre durchgemacht hat, wie Du, den mag e« wohl wieder nach dem Städtle hinzichen", meint der Kleine. „Als ich vor zehn Jahren auf der Wanderschaft mal wieder an da» Nest kam, wo ich gelernt hatte, da bin ich in großem Bogen drum herum gegangen. Na, ich hab Dir ja schon erzählt, daß ich in der Lehrzeit wie ein Hund behandelt worden bin." Der Große nickte stumm und beide setzten eine Weile schweigend den Weg bi» zu einer Biegung der Landstraße fort, bei welcher sich eine zweite schmälere Chaussee abzwcigte, welche in westlicher Richtung zu Thal führte, während die erstere in da» nordöstlich gelegene Städtchen einmündete. „Hier müssen wir un» trennen, Schlesier," sagte der Große stehen bleibend und seinem Begleiter die Hand reichend, „Dein Weg geht link«, der meinige recht». Habe Dank für Deine Begleitung in diesen bösen vierzehn Tagen, die wir vom Rhein bi« hierher zusammen durchlebt haben. Verliere nur ja nicht den Brief, den ich Dir an meinen ehemaligen Schulfreund Hoffer in Bremen vorhin mitgegeben habe. Wenn er denselben liest, wird er, der fast immer fünfzig bi» sechzig Weber beschäftigt, Dir gewiß Arbeit geben; auch die Bedingung, daß Du den Brief nicht öffnest, wirst Du »rfüllen.
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