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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 17.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189706174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970617
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970617
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-17
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Monat
1897-06
-
Jahr
1897
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funden, welche der explodirten ähnlich ist. Dieselbe enthielt Pulver in bester Mischung und Eisenprojektile. Der Direktor de» Laboratorium» ist der Meinung, daß dieser Behälter bei der Explosion hätte große« Unheil anrichten können, wenn die Projektile au» demselben horizontal anstatt vertikal herau»- geflogen wären. Auf der Präfektur vermuthet man, daß der Urheber de» gestrigen Attentat» dieselbe Person sei, welche zur Zeit de« Besuche» de« Zaren geladene Röhren auf dem Eintrachtsplatze niederlegte. — Türkei und Griechenland. Die Frieden»- verhandlungen in Konstantinopel nehmen ihren regel mäßigen Fortgang. Die diplomatische Maschine klappert ge waltig, aber sie mahlt nur wenig. Genauere« über da» Ergebniß der Verhandlungen ist nicht festzustellen. In Kon stantinopler diplomatischen Kreisen vermuthet man, die Türkei dürste die Abtretung Kreta» an Griechenland für Thessalien Vorschlägen und, fall» ein solche» Abkommen vereinbart werde, auf jede Kriegsentschädigung verzichten. Einzelne Politiker betrachteten diesen Vorschlag al« die beste Lösung, aber man zweifele, ob er die Zustimmung der Großmächte finden werde. Locale und sächsische Nachrichten. — Leipzig, 14. Juni. In der Gartenbauhallc der „Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gcwerbeau»stellung zu Leipzig" ist bekanntlich seit einigen Tagen die Jagd- trophäenauSstellung eröffnet. Ihre Dauer ist noch aus einige Wochen, bi« in die zweite Woche de» Juli, bemessen. Bi» dahin wird sie, wie schon die ersten Tage bewiesen haben, eine nicht zu unterschätzende Anziehungskraft auf die Besucher der Ausstellung ausüben, und zwar nicht bloß auf die Männer der grünen Farbe, sondern auch auf solche, die nur platonische Beziehungen zur Jagd unterhalten. Die Zahl der in Leipzig ausgestellten Jagdtrophäcn beziffert sich aus Tausende; die Aussteller sind ausschließlich sächsische und thüringische Waid männer, aber ihre Beute haben sie sich nicht allein in ihren heimathlichen Wäldern geholt. Es befinden sich unter ihnen Jäger, die dem Wapiti in Nordamerika erfolgreich nachgcsteüt haben, Bären und Wölfe im Kaukasus erlegt, in Afrika Ele fanten, Löwen, Antilopen :c. zur Strecke gebracht haben. König Albert von Sachsen, die Herzöge von Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg und der Herzog von Anhalt haben e« sich nicht nehmen lassen, die Ausstellung zu beschicken. Nicht weniger al» 300 Hirschgeweihe hat König Albert der Ausstellung überlassen, deren Träger er selbst erlegt hat. Zu diesen Hirschgeweihen au» königlichem Besitz gesellen sich etwa 200 Rehgehörne und prächtige Auerwild- und Schwarzwild trophäen. Al« Staffage dienen der Ausstellung de« König» Büchsen, Gewehre, Sauschwerter und Saufedern, die der kost baren Sammlung der König!. Gewehrgaleric entnommen sind. Ein Kabinctstück ersten Range» ist die Pürschbüchse August de« Starken, die 38 Pfund wiegt. Der Herzog von Alten burg hat von seinen Trophäen Hirschgeweihe und starke Keiler:c. «»»gestellt, dazu alte Waffen und alte Bilder de» Jagdschlösse» Hummelshain. Der interessanteste Theil der Ausstellung de» Herzog» von Sachsen-Meiningen besteht in seiner kostbaren Gewehrsammlung, die nur au« Prachtexem plaren zusammengesetzt ist. Die ganze, reichhaltige u. inter essante Sammlung von Jagdtrophäen aller Art umfaßt 571 der kapitalsten Hirschgeweihe, 15 Damhirschgeweihe, 1936 Rchgehörne, 275 Gem«krikel, 138 Auerhahnlrophäen ic., im Ganzen 3557 Gegenstände von 132 Ausstellern. — Auf dem achten evangelisch-socialen Con- grcsse in Leipzig sprach am Freitag Prof. Schmoller über die Frage: „Wa« verstehen wir unter dem Mittelstand? Hat er im 19. Jahrhundert zu- oder abgenommen?" Er vertrat den Standpunkt, daß sich der Mittelstand erhalten werde. Die Statistik lehrt, daß der Kleinhandwerkerstand nur in Städten über 100,000 Einwohner im Schwinden be griffen ist. In Städten von 10- bi« 20,000 Einwohnern ist der Handwerkerstand im Wachsen begriffen. Ein kräftiger Bauernstand bildet auch ein Corielat für den Handwerkerstand. Im Jahre 1885 gab e« in Deutschland 73,441 Großbetriebe, 653,980 Mittelbetriebe, 1,053,580 Kleinbetriebe und 255,859 hau«industrielle Betriebe. Diese Zahlen beweisen, daß wir von der Aufsaugung de« Kleinbetrieb« durch den Großbetrieb noch weit entfernt sind. Auch im Handel hat die Zahl der Selbständigen zugenommen. Dieselbe betrug 1890 in Berlin 14,650. Wir können getrost der socialen Entwickelung mit Ruhe entgegensetzen. Wenn auch die Betrieb»koncenlration, die veränderte Betriebssorm rc. einen Theil der Handwerker vernichtet hat, so können wir die Betrieb»koncentration doch nicht al» Rückschritt, sondern al» wesentlichen Fortschritt be trachten. Die verbesserte Betriebssorm hat lehr wesentlich zur Hebung de» Verkehr« und de« allgemeinen Wohlstand« beigetragen. — Zwickau, l4. Juni. Heute Nachm. gegen -/,4 Uhr ertönte ein in der hiesigen Stadt wie Umgebung vernehm barer dumpfer Krach, wobei hier in den Straßen de« südlichen Stadttheil« die Fenster klirrten. Bald wurde bekannt, daß auf dem Hermannschacht de« Schaderschachte« bei Zwickau der LuftkomprcssionS-Kcssel explodirt, der Deckel, da» Gebäude durchschlagend, viele Hunderte von Metern hin- weggcschleudert worden sei. Acrzte und Krankenwagen wurden von hier requirirt. 7 Personen sind schwer, eine 20jährige Arbeiterin tödtlich verletzt. Die Schwerverletzten wurden in die hiesigen Krankenhäuser gebracht. Infolge der Explosion geriethen aber auch da« Kesselhaus, die Kohlenwäsche ic. in Brand. Bald standen alle Schachtgebäude in Brand, ohne daß die von hier und Umgegend herbeigeeilten Feuerwehren wesentliche Hilfe leisten konnten. Gegen 4 Uhr ertönte hier die Sturmglocke, die Schachtzugänge find, so weit bekannt, noch rechtzeitig vor den eindringenden Flammen und vor Bruch geschützt worden. Die schwergesährdete, im Schachte beschäftigte Mannschaft hat einen Fluchtweg nach dem Augustur schacht. Der Schaden ist noch unberechenbar, da viel theuerc Maschinen vernichtet worden sind. Die Brandstätte sieht so grausig au«, wie der Kasernenbrand. Viele Tausende Menschen sind dahin geeilt Eben hört man, daß noch ein zweiter Arbeiter getödtet ist. — Zwickau, 15. Juni. Ueber die Ursache der Explosion de» Luftkompression«kessel« aus dem Hermann schacht de« Schadervercin«, welcher übrigen» der Au»bruch de» Brande« aus dem Fuße folgte, vermuthlich durch Ent zündung von Kohlenstaub und Fetten, ist die Untersuchung sofort angestellt worden. Wie jetzt bekannt wird, ist gestern nur eine 20jährige Arbeiterin (Kohlenleserin) bei der Explo sion getödtet worden, dagegen sind heute noch von den im Krei«krankenstifl untergebrachten Schwerverletzten zwei ge storben; e« schweben leider auch noch drei Verletzte in Leben«- gefahr. Der Brand ist noch nicht völlig gedämpft, sein be drohlicher Charakter aber genommen worden. — Plauen i. B., 13. Juni. Krei»ver!reter Bier au» Dresden theilte bei der jüngst hier abgehaltenen gemeinsamen Sitzung de« KreiSturnralheS u. geschäft»führenden Ausschusses in Bezug auf den Leipziger Turnerstreit u. A. mit: „Man darf nicht denken, daß da» Fernbleiben der drei Leip ziger Turnvereine die einmüthige Ueberzcugung der Leipziger Turner ist. Diesen drei Vereinen, die sich fern halten werden, stehen 23 andere Vereine der Stadt Leipzig gegenüber. Diese werden stramm bei unserem Feste vertreten sein. Sie em pfinden die Verpflichtung, vereint mit allen 49 Vereinende» Leipziger Schlachtfeldgaue«, nun um so zahlreicher zu unserem Feste zu kommen. 52 Riegen sind bereit» vom Schlachtfeld gau gemeldet, ein Ereigniß, da» in der Geschichte der deutschen Turnsache noch nicht da war, da» aber noch dadurch über troffen wird, daß der Südvogtländische Gau etwa 100 Riegen stellen wird, der allerdings da« Glück hat, die Feststadt in seinen Marken zu bergen." — Plauen. Dem „V. A." wird geschrieben: Mit Bestimmtheit verlautet, daß von dem Pionier-Bataillon in Dresden eine Kompagnie abgezweigt und diese al« Stamm zu einem zu bildenden neuen Train-Bataillon verwendet wer den solle, da« nach Leipzig zu liegen käme. Man will darin den Beginn zur Eintheilung der sächsischen Armee in zwei Armeekorps sehen, welche Veränderung sich innerhalb zweier Jahre vollziehen werde. Plauen komme al« Garnisonstadt für später in Frage, wenn die Bildung einiger neuer Truppen- lhcilc für die Vervollständigung de« 2. Armeekorp« nothwendig geworden. Doch werde e« sich zu einigen Opfern entschließen müssen. — Auerbach i. V., 13. Juni. Heute wurde hier da» Kriegerdenkmal enthüllt und nach stattgesundener Feier an die Stadlbehörde zur Pflege übergeben. — Döbeln, 14. Juni. In den frühen Morgenstunden de» heutigen Tage« unternahmen zwei im hiesigen königlichen AmtSgerichtSgefängniß inlernirte Untersuchungsgefangene einen Ausbruchsversuch, der aber durch das Dazwischen kommen der AmtSgerichtSwachtmeisterS nur theilweise von Erfolg war. Ueber den Vorgang verlautet Folgende«: Ge meinschaftlich in einer Zelle waren der vielfach wegen Eigen- thum«vergehen bestrafte 27 jährige Handarbeiter Richard König au» Deuben bei Dresden und der 17 jährige Arbeiter Clemens Köllner au» Deutschkrone untergebracht, ersterer wegen Ein- bruchSdiebstahl, letzterer wegen Hehlerei. Etwa Morgen» gegen V," Uhr vernahm der erwähnte Beamte ein Geräusch, da» von den Zellen herzukommen schien. Als er nach der Ursache sah, gewahrte er den Untersuchung-gefangenen König, mit einem Stück Ofenrost bewaffnet; der Gcfangenc ergriff bei seiner Annäherung die Flucht nach der Hausflur und machte dort den Versuch, durch die HauSthür zu entkommen. Er wurde aber sestgenommen und wieder in Gewahrsam ge bracht. ES stellte sich aber heraus, daß auch der zweite Ge fangene, Köllner, au-gebrochen und wahrscheinlich während de« Vorgänge« mit König durch ein in der ersten Etage be findliches Fenster nach der Straße zu entkommen war. Die Beiden hatten in ihrer Zelle den Ofen eingerissen, waren durch die entstandene Oesfnung zunächst auf einen Corridor gelangt und hatten vermittelst eine» an dem Ofen befestigt gewesenen eisernen Stabe» eine Thür, die die Gefängnisse von den Expeditionsräumen trennt, erbrochen. Köllner hat sich freiwillig wieder der Behörde gestellt. Nach seinen An gaben ist er von dem Einbrecher König durch Drohungen an der Betheiligung zur Flucht bestimmt worden. — Sonderzüge nach Wien. Die Verwaltung der Sächsischen Staatseisenbahnen beabsichtigt im Verein mit der Oeftcricichischen "Nordwestbahn Freitag, den 16. Juli und Dienstag, den 20. Juli d». I«. je einen Sonderzug zu be deutend ermäßigten Preisen von Leipzig und Dresden nach Wien über Tetschen mit Anschluß nach Budapest verkehren zu lassen. Diese Züge weiden an den genannten Tagen von Leipzig, Dresdner Bahnhof, Nachm. 2 Uhr 40 Min. und von Dresden-Altstadt Nachm. 5 Uhr 30 Min. abgehcn und andern Tag« früh gegen '/,8 Uhr in Wien, Nordwestbahnhof, cintreffen. Die Fahrkarten erhalten eine 30tägige Gültigkeit. Die genauen Fahrpreise und die sonstigen Bestimmungen über Verausgabung von Anschlußsahrkarten können au» der gegen Ende d». Ml», erscheinenden Ueber - sicht ersehen werden, welche unentgeltlich von den Stationen der Sächsischen StaalSeisenbahnen, ferner von den Ausgabe stellen für zusammcnstellbarc Fahrscheinhefte in Leipzig (Dresd ner Bahnhof) und in DreSden-Altstadt (Carolastraße 16) zu beziehen ist. Brieflichen Bestellungen sind 3 Pfg. Porto in Marke beizufügen. Amtliche Wittheilungeu aus der 5. öffmtkichm Sitzung bes Stadtverordneten-Kollegiums vom 1. Juni 1897, Abend» 8 Uhr im RathhauSsaale. Vorsitzender: Herr Vorsteher Hannebohn. Anwesend: 20 Stadt verordnete, entschuldigt I. Der Rath ist vertreten durch die Herren Bürgermeister Hesse, Stadtrath E. Dörffel, Stadtrath Meichßner und Justizrath Stadtrath Landrock. 1) Das Collegium erklärt sich mit der Uebernahme der durch die Ueber- deckung des Dorfbaches der Stadtgemeinde zufallenden bleibenden Verbindlichkeit beziehentlich mit der Ausstellung des diesbezüglichen Reverses einverstanden. ung des zwischen der Gartenstraße und Neugasse liegenden GäßchenS hat der Rath beschlossen, die Sache zunächst zur Begutachtung an das Stadtverordneten-Collegium abzugeben. Nachdem die Herren Hirschberg, Rudolph und Schlegel zur Sache gesprochen hatten und Bedenken gegen die Einziehung des Weges über den Rathsbeschluß^ das Ausschreibung- - Verfahren wegen Ein ziehung des Weges zunächst einzuleiten, obgestimmt und demselben mit 17 gegen 3 Stimmen beigetreten. 3) Das Collegium Hkkärt sich einstimmig mit dem Ankäufe des HauseS Theaterstraße 3 rchDerstanden. Auf Antrag dE Herrn Stadtverordneten Hirschberg wird hierbei beschlossen, die Kauffumme für die beiden anaekauften Häuser Theater strave 1 und 3 au- dem städtischen Dispositionsfond zu nehmen. 4) Dir durch die 100 jährige Geburtstagsfeier Kaiser Wilhelm I. ent standenen Kosten werden nachverwilligt. k) Mit den in der Instruktion aufzunehmenden Bestimmungen, die Be schaffung von Armaturstücken für die Schutzmannschaft betreffend, erklärt sich das Collegium einverstanden. 6) Von der Genehmigung der Königlichen KreiShauptmannschaft Zwickau zur Verwendung des Sparkassenreingewinnes vom Jahre 189S, sowie 7) von der Uebersicht der Sparkasse auf daS Jahr 1895 nimmt man Kenntniß. 8) Die Armenkassen-, Wasserwerks- und WafferleitungSkassenrechnung aus daS Jahr 1898 sollen zunächst von Herrn Stadtverordneten Männel, der sich dazu bereit erklärt, nachgeprüft werden. S) Der Rath hat beschlossen, einen Bausachverständigen für die Stadt gemeinde anzustellen und zwar mit einem jährlichen Gehalte von 1800 Mark. Herr Bürgermeister Hesse legte »unächst die Rathsvorlage de- Näheren dar und wie- hierbei auf daS Strafbare eine- in dieser Angel, genheit hier herauSgegebenen Flugblattes hin. Herr Stadtverordneter Schumann trat für die RathSvorlage ein, ebenso Herr Stadtverordneter Hirschberg, während die Herren Schlegel, Männel und Tittel unter Darlegung ihrer Gründe sich gegen die Vorlage aussprachen. Nachdem noch Herr Ludwig und Herr Stadtrath E. Dörffel die Vorlage unterstützt hatten, wurde auf Antrag deS Herrn Stadtver ordneten Pfefferkorn die Debatte geschloffen. Die über den Rathsbeschluß vorgenommene Abstimmung ergab, daß die Vorlage mit 12 gegen 8 Stimmen abgelehnt wurde. Amtliche Mitt-eil««- aus der aememschaftkiche» Sitz««- der städtische« Kollegien vom 5. Juni 1897, Vormittag» '/,12 Uhr im RathhauSsaale. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. Anwesend: 5 Rathsmit glieder, 20 Stadtverordnete, entschuldigt 1. Den einzigen Punkt der Tagesordnung bildet die Vorlage wegen Anstellung eine- Bausachverständigen für die Stadtgemeinde. Der Vorsitzende stellt zunächst fest, daß die Sitzung legal einberufen und beschlußfähig ist. Er weist sodann auf den Zweck der heutigen Sitzung mit dem Bemerken hin, daß der Rath auf seinem Beschluß betreffs der Anstell ung eines Bausachverständigen stehen geblieben ist und begründete noch mals die Stellung des Raths, verlas hierauf die Auskunft des Stadt- rathes zu Stollberg, sowie den Beschluß des Stadtraths Hierselbst vom 2. Juni 1897. Herr Stadtrath Justizrath Landrock trat für die Vorlage ein, in dem er betonte, daß ein Grund zur gegenseitigen Erbitterung oder zur Erregung des Publikums nicht im Geringsten vorliege. Möge ev. auch die Königliche Kreishauptmannschaft entscheiden, gleichviel ob zu Gunsten des Raths oder der Stadtverordneten ; der Rath habe dann Wenigsten seine Pflicht gethan und das Stadtverordneten-Collegium seinen Stand- Herr Stadtverordneten.Vorsteher Hannebohn bat, die wegen Ueber- wachung der Bauten ergangene Mmisterialverordnung vorzulesen; die selbe wurde auch sofort von Herrn Bürgermeister vorgetragen. Herr Stadtrath Commerzienrath W. Dörffel erklärt, daß die Gas anstalt den Beitrag zum Gehalte von 400 Mark gewährt habe, um bei etwaigem Todesfälle des im hohen Alter befindlichen GasmeisterS einen genügend unterrichteten Techniker gleich bei der Hand zu haben und bat, die Sache nochmals in Erwägung zu ziehen und dem Rathsbeschluffe beizutreten. Herr Hannebohn sprach sich gegen die Vorlage aus, indem er be zweifelte, daß ein Mann Bausachverständiger und auch Sachverständiger für Gas und Wasserwerk zu gleicher Zeit sein könnte, im Uebrigen könnte aber auch wegen Beaufsichtigung der hiesigen Bauten ein hiesiger Baumeister zugezogen werden. Dies wurde vom Herrn Oberforstmeister Schumann mit der Begründung verneint, daß die Herren Baumeister Nachdem noch die Herren Schlegel, Landrock, Löscher, Männel und Commerzienrath Dörffel m dieser Angelegenheit gesprochen hatten, wurde auf Antrag des Herrn Herklotz die Debatte geschlossen und über den Rathsbeschluß, einen Bausachverständigen anzustellen bez. die hierzu erforderlichen Mittel zu verwilligen, abgestimmt. Nach der Abstimmung wird die Rathsvorlage von dem Stadtver ordneten-Collegium mit 12 gegen 8 Stimmen abgelehnt. Der Rath bleibt dagegen einstimmig bei seinem früheren Beschlüsse bestehen. Hiernach fand noch eine weitere Aussprache unter den Collegien in dieser Sache statt, die belanglos blieb. Der wilde Lu sch. Ein« Wilddiebsgeschicht« von Reinhold Gehlhar. (8. Fortsetzung). 5. Er kam morgen nicht und kam tagelang nicht. Und al» er endlich kam, war'« wie früher — sie gingen sich au» dem Wege, al« wäre inzwischen nie ein Wort der Versöhnung ge sprochen. Da ging er wieder fort, und e» dauerte über zwei Wochen, bi» er zurückkam. Eine erschreckende Veränderung war mit ihm vorgegangen. Der starke, riesenhafte Mann war hohläugig und eingefallen. In dem gespenstisch bleichen Gesicht glühten die Augen fieber heiß, ein Zittern und Schütteln lief zeitweise durch seinen gewaltigen Körper. Sein Gang war schleppend, seine Haltung gebeugt. Ihm lag etwa» auf der Seele, seine Augen schienen zu sprechen, während sic sich auf da» junge Weib hefteten und sich an ihrem Gesicht festsauglcn — schienen zu sprechen von einer unheimlich bösen Geschichte, die geschehen war oder ge schehen sollte. Aber seine Lippen fanden keine Worte. Nach dem er mehrere Stunden vor sich hin gebrütet, stand er plötz lich auf und ging davon. Wieder war er zwei Wochen fort. Auf dem Hof sah e» wüst und verfallen au». An Herbstbestellung dachte Nie mand mehr. Kein Stück Vieh, kein Pferd war mehr im Stall. Auch der alte, stumpfe Knecht war gegangen, da er keinen Lohn mehr erhallen konnte. Anna ging au» und ein, wie ein Gespenst in einer ver witterten, verlassenen Höhle. Seit Tagen hatte sie keinen Menschen mehr gesehen, al» sei ihr Hau» verrufen und ver schütt. Sic kochte ihre dünne Kartoffelsuppe und wartete ihres Kindes. Mehr lhat sie nicht — wa» sollte sie auch? Sie wartete, daß irgend etwa» geschehe, wa« ein Ende machte. — ES war ein dunkler, unfreundlicher Abend. Der Herbst wind fuhr pfeifend, stöhnend um da» einsame Hau». Er fuhr in den Kamin, fuhr in da» müde flackernde Feuer hin ein, al» ob e» kein Recht mehr hätte, auf dem unwirthlichen Herde zu brennen. Anna saß an dem Fenster und starrte in da» Dunkel. Ihr Kopf war dumpf und müde. Sie dachte nicht» mehr — sie wartete auf da» Ende. An ihren Füßen kroch da» Kind auf dem Fußboden. E» war ein arme», elende» Wesen. Die rechte Schulter war steif und in die Höhe gewachsen. Die Augen blickten blöd« und stumpf in die Welt. Anna nahm da» Kind auf ihren Schoß und drückte e» in schmerzlicher Mutterliebe an sich. „Du arme», arme» Kind! — Wollte Gott, e» wäre au» mit un» Beiden!" Da» Feuer flackerte aus, sein rother Schein leckte mit gespenstischer Zunge an ihrem Kleide. Leise, schleichende Schritte nahten. Mechanisch wandte sie sich um. Da sprang sie plötzlich auf, alle Lebenskraft er wachte und spannte sich in ihr zu neuer Energie — vor ihr stand Ignaz Michal«!!. Sie legte da» Kind in die Wiege und stellte sich vor ihn hin, kampsbereit, seinen Angriff zu erwarten. „Guten Abend, Anna. So allein, mein Schätzchen?" Keine Antwort. „Da» ist eine Abendstunde wie zum Küssen und Zärl- lichthun." Er faßte sie in dreister Liebkosung unter da» Kinn. Sie stieß in auswallendem Ekel seine Hand zurück.
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