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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 06.05.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189705061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970506
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-05
- Tag 1897-05-06
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Monat
1897-05
-
Jahr
1897
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zwei sich rechtwinklig anschließenden Flügeln von je ca. 165 Meter Länge. Die GesammtauSdehnung de« in wenigen Stunden vernichteten Baue« betrug demnach über 500 Meter. Da« durch kräftige Gliederungen und 16 stattliche Thürme belebte 4 Geschoß hohe Gebäude wurde nach den Spezial plänen der Architekten O. Haenel und Baurath Bruno Adam erbaut. Auf besonderen Wunsch de- verstorbenen Hrn. Krieg« Minister« v. Fabrik« und de« Hrn. Generalmajor Portiu« ist dieser riesige Bau im Charakter der von den vorgenannten Architekten ebcnfall« geplanten Dresdner Jäger-Kaserne er richtet worden. — Plauen i. B. Ein sehr bedauerlicher Fall hat sich hier ereignet. Die Ehesrau eine« hiesigen Beamten ist vom Verfolgungswahnsinn ergriffen worden. In diesem Zustande wollte sie gestern Nachmittag ihr kleinste» Kind zum Fenster hinab auf die Straße werfen. Schon hatte sie da« Kind durch da« Fenster gesteckt, al« e« glückte, da« Kind zu retten. — Meißen. Eine Radfahrersam ilie, ein Eltern paar mit drei Kindern und einer Hauslehrerin traf am Donnerstag vor. Woche auf der Reise von Hamburg nach Prag begriffen, auf dem Rade hier ein. Die radelnde Fa milie nahm im Gasthof »Zu den drei Rosen" kurzen Aufent halt und fuhr dann nach Dresden weiter. Die Kinder waren den Erwachsenen immer Vorau«. Die Leute erzählten, daß sic nur während de« Winter« ein feste« Domizil in Frank furt a. M. haben, sonst aber die größte Zeit de» Jahre» mit dem Rade auf der Reise sind. Ein solche« Nomadenleben ist zwar ein eigenthümliche« Vergnügen, aber e« schien dieser Sportfamilic, wie an der allgemeinen Begeisterung zu erkennen war, sehr zu gefallen. — Oederan, 3. Mai. Aus unerklärliche Weise war vor ungesähr 14 Jahren dem Friedensrichter B. Müller im benachbarten Falkenau sein VerlobungSring verloren gegangen. Am Donnerstag sand nun ein Knecht Müller« den Ring an einer Zinke der Egge auf einem weit entlegenen Felde wieder. — Lauter, 3. Mai. Gestern Abend feierte hier der Kgl. Sächs. Militärverein sein 25jährige« Fahnen jubiläum. Gegen 25 benachbarte Militärvereine und viele Ehrengäste waren erschienen. Hauptmann d. L., Kgl. Ober förster Grohmann-Lautcr, überbrachte da« der BcreinSfahne von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser verliehene Fahnen band nebst Fahnennagel. Viele Geschenke wurden dem Jubel verein noch überreicht, u. A. da« Lenbachsche Bild Sr. Maje stät König« Albert, von den Offizieren de« Orte« Lauter ge stiftet, und ein gestickte« Fahnenbandelier von Frauen der Militärvereinsmitglieder geschenkt. Die wackere Militärkapelle de« 133. Regiment« ließ ihre munteren Weisen dazu erklingen. — Au« dem Vogtlande, 3. Mai. Einen Noth- schrei erhebt ein vogtländischer Landwirth im „Vogtländischen Anzeiger". Er schreibt u. A.i »Die Lage von un« vogtländ ischen Bauern, ich schreibe au» eigener Erfahrung, ist zur Zeit eine so erbärmliche, daß wir bei fortdauernden schlechten Getreidepreisen langsam aber sicher dem Ruin entgegengehen. Ein Mann, welcher ein schuldenfreie« Gut sein eigen nennt, kann c« wohl noch längere Zeit mit ansehen, weil er zuzu setzen hat, — ernähren kann er sich und seine Familie von den Erträgnissen seine« Gutes nicht. Weit schlimmer steht c» aber mit denen, deren Güter, mit Hypotheken beladen, kaum fähig sind, die Zinsen auszubringen. Mögen auch viele Banken zu außerordentlich billigem Zinsfuß Gelder verleihen, mögen auch noch so viele kleiner« Hilfsmittel zu Gebote stehen, um die allgemeine Noch wenigstens etwas zu mildern, so ist doch der verschuldete Bauer wegen der immerwährenden Leere seine« Geldbeutels meist nicht im Stande, auch nur von diesen kleinen Mitteln Gebrauch zu machen, da doch überall mehr oder weniger Kosten damit verbunden sind. Und wenn er sich noch zu diesem oder jenem aufraffen kann, geholfen ist ihm damit nicht. Der immerwährende Geldmangel ist auch der Grund, warum immer schlechter gewirthschaftet wird. Da giebt c« ein Stück wilden Lande» urbar zu machen oder anzupflanzen, e» fehlt aber an Geld dazu. Da muß diese» oder jene« Feld drainirt werden; e« fehlt an Geld. Die eine Wiese bedarf nothwendig einer PhoSphorsäure-Düngung, aber woher da« Geld nehmen? Die« ist da« ewige Lied bei un« Bauern: »Ich habe kein Geld". Und wenn nun der Termin der Zinszahlung heranrückt, so muß eben Geld geschafft werden auf alle Fälle. Ein Stück Vieh nach dem andern wandert au» dem Stalle, oder da» Getreide, kaum gedroschen, geht in die Hände der Händler über, manchmal mehr, al» man ver kaufen dürfte zu Ungunsten de« Saatquantum»; man säet eben etwa« dünner, eine schlechte Erntp ist die Folge und so geht e« im Stalle und aus den Feldern bergab, immer bergab." — Nach der erschienenen Zeitcintheilung für die Herbst < Übungen de» 12. kgl. sächs. Armeekorp» wird die 32. Di vision nur ein Division»manövcr in der Amt»hauptmannschaft Zittau in der Zeit vom 4. bi» mit II. September abhaltcn. Dagegen betheiligen sich die anderen beiden Divisionen de» genannten Armeekorps an den in den AmtShauptmannschasten Plauen, Auerbach, Oel«nitz, Schwarzenberg und Zwickau statt findenden Manöver«. Die Brigademanöver finden vom 9. bi» mit 13., die Division-manöver vom 14. bi» mit 18. und da» Korp»manöver am 21. und 22. September d. I. statt. — Rcichcnberg in Böhmen, 3. Mai. Ein ernster Eisenbahnunsall ereignete sich hier am Freitag. Al« ^7 Uhr Abend« der von Reichenberg abgehende Lastzug der Südnorddeutschen Verbindungsbahn hinter Rosenthal ange langt war, riß plötzlich die Verbindung zwischen der Lokomo tive und dem Tender. Durch den plötzlichen und heftigen Ruck wurden der Maschinenführer Rambousek und der Heizer Ehrlich von der Lokomotive herabgeschleudert, während die Lokomotive, von dem schweren Lastzug befreit, führerlos in geradezu unheimlicher Schnelligkeit über Heinersdorf nach Langenbruck dahinraste. Bon dem auch nach der Lo»trennung der Lokomotive eine Strecke weitcrfahrenden Zuge wurde der Heizer Ehrlich überfahren und gctödtet, während der Lokomo tivführer Rambousek schwer verletzt wurde, aber doch mit dem Leben davon kommen dürfte. Die Bremser traten, al« sie die Situation übersahen, sofort in Aktion und brachten den Zug zum Stillstände, wodurch bei dem erheblichen Gefälle ein Zurückläufen de« Zuge« nach dem Reichenberger Bahn hofe vermieden wurde. Mittlerweile hatte die Lokomotive die Station Langenbruck erreicht, fuhr mit Windeseile daselbst durch und stieß schließlich bei Reichenau aus einen Lastzug aus, der die Richtung nach Reichenberg hatte. Durch den Anprall wurden beide Maschinen schwer beschädigt, doch ist glücklicher Weise kein weiterer Verlust an Menschenleben zu beklagen. 1. Zie-m,, 5. Klaffe 1S1. Köuiat. Sächs. Lauder-Lotterie gezogen am 3. Mai 1897. 30.000 Mar« aus Nr. 24293. lL.ooo Mark aus Nr. 42637 49900. 5000 .Mark aus Nr. 72584. 3000 Mark aus Nr. 6764 19444 15570 17354 I74SS 18333 18625 I873N 20080 21943 30456 32087 38498 48309 48071 47789 49483 57177 59078 59528 59539 88238 89153 70174 71574 73182 77238 77288 78478 81887 84531 859II 91245 98071 98548. 1000 Mark aus Nr. 1352 5332 5878 7987 8192 9330 11584 15888 19292 20143 21749 22I2I 22570 23809 24344 35510 37518 38459 39487 39851 40375 41327 44404 45731 48183 48577 48982 49300 53203 55142 57888 81915 62508 82510 84123 65985 74778 76458 81394 83347 84391 85996 88487 90070 90884 91230. 500 Mark aus Nr. 356 6418 I08I8 10945 II5I0 12410 13289 14657 18307 19004 I98I8 20897 25088 25154 25414 26805 27687 32663 36313 37292 40598 40873 43268 45232 47549 48541 48678 49041 50495 5I25I 51329 54518 56374 56418 58355 59858 60555 63045 65III 686II 88651 71825 75388 79291 81708 86833 87214 88932 89328 91258 93775 94614 95094 98781 995II. 300 Mark aus Nr. 67 272 1181 1787 2555 4297 4938 5075 5323 5727 7353 8012 9501 9993 13287 15511 18379 18750 18978 19358 19437 20540 23848 24198 24891 25185 25549 25974 26606 28622 2691I 27400 28337 29183 29382 29383 30049 30285 30589 3I4I4 32471 32868 35I4I 35501 35529 36055 36287 37479 40292 41254 41820 42209 42842 44455 45138 45967 46112 46194 46529 47764 47861 47922 48076 48873 51129 52258 52326 54853 55131 55802 56593 56774 58908 59147 59808 60105 60435 60813 83937 68781 67443 89246 69873 70591 70903 73174 73477 77719 80187 80474 80905 81253 81584 82186 82970 85056 85479 86349 87781 88081 88837 89704 90289 90299 90905 91361 93466 93850 94032 95025 96676. Sparsamkeit. Geld zu erwerben, ist nicht immer schwierig; sehr schwierig aber ist die Kunst, im Besitze de« Errungenen zu bleiben. In beiden Fällen besteht die Hauptsache darin, daß man weniger au»gebe, al» man cinnimmt; nur so kann man zu Wohlstand gelangen, e« sei denn, c» trete ein Glückrfall — eine Erbschaft, ein Lotteriegewinn u. s. w. — ein, und selbst in diesem Falle hört der Wohlstand über kurz oder lang wieder auf, wenn man nicht entsprechend zu wirthschaften versteht. Aber da« Sparen allein genügt nicht, man muß auch in der richtigen Art zu sparen wissen. Gar Mancher glaubt zu sparen, während er in Wirklichkeit nur eine einseitige Knickerei treibt. Viele halten sich für sparsam, wenn sie sich nicht satt essen, kein Geld für Seife ausgeben, bei ungenügendem Lichte lesen. Solche Art zu sparen taugt nicht«, am allerwenigsten, wenn solche Leute nach andern Richtungen hin verschwenderisch sind. Manche Frau, die hier und da zehn Pfennige erspart, wo sic übrigens hätte dreißig ersparen können, hält sich für so wunderbar sparsam, daß sie sich berechtigt glaubt, bei der nächsten Gelegenheit 4 oder 5 Mark für Putzsachen auSzu- gcben, wo 40 oder 50 Ps. genügt hätten. E» giebt Geschäftsleute, die au« Wirthschaftlichkeit jede» alte Couvert, jeden Briefbogen aufbewahren; sie ersparen da durch jährlich vielleicht 2 oder 3 Mark, scheuen sich aber nicht, kostspielige Gesellschaften zu geben und womöglich Pferd und Wagen zu halten. Ein so planlos „sparender" Mensch kann e» zu nicht« bringen. Der bekannte Amerikaner Barnum, der sich durch Sparsamkeit, Fleiß und Tüchtigkeit von einem Arbeiter zum Millionär cmporgearbeitet hat, that einmal den Ausspruch, daß solche Leute dem Manne gleichen, der au» Sparsamkeit zum Mittagbrot für seine ganze Familie einen Hering kaufte, dann aber eine vierspännige Kutsche miethcte, um den Hering nach Hause zu bringen. Die wahre Sparsamkeit besteht auch nicht darin, gute Maaren umsonst oder geschenkt haben zu wollen, und so den Erzeuger oder Verkäufer um seine Zeit und Arbeit zu bringen, sondern darin, die Ausgaben in vernünftiger Weise niedriger zu stellen, als die Einnahmen im äußersten Falle gestatten würden. Nöthigenfall» trage man einen Rock etwa» länger, richte ein alte» Kleid möglichst sauber wieder her, ehe man sich zu seiner Beseitigung entschließt, und nähre sich von ein facher Kost. Ein Pfennig hier in der richtigen Weise gespart und ein Groschen dort; schließlich kommt ein Sümmchen zu sammen, da« man auf die Sparkasse tragen kann, wo e» bei dem nöthigen guten Willen wenn auch langsam, so doch be ständig anwächst. Viel wenig machen ein Biel, sagt ein wahre» Sprichwort. E» fällt Vielen sicherlich schwer, sich in ihren unnützen Ausgaben einzuschränken, wer c« aber energisch versucht, wird bald große« Vergnügen darin finden, seine Ersparnisse an wachsen und sich in einem mäßigen, überlegenden Menschen verwandelt zu sehen. Der schon erwähnte Amerikaner Bar num hat mit Recht gesagt, daß man mit einem geringen Ein kommen glücklicher sein und mehr Genüsse haben könne, als mit dem zehn- und zwanzigfachen, je nachdem man sein Geld eintheilt. E» giebt Personen — und leider sind e» nicht wenig — die, sobald sie zu Geld kommen, ihren Bedürfnißkrei» bedeutend erweitern und Luxus zu treiben beginnen, so daß sic ihren Reichthum bald lo» sind. Sie fallen der Sucht, den Schein zu wahren und c» Anderen gleichzuthun, zum Opfer. E« ist jedenfalls viel vernünftiger, sich nach seinen Mitteln zu richten und c« nicht der „Welt" zuliebe zu unterlassen, für die Zu kunft zu sorgen. Wer da« Ihut, wird auch glücklich jein. Aus yeilerm Kimmel. Von I. Hutten. (9. Fortsetzung;. Im Spätherbst wurde ihnen ein Töchterchen geboren und vor diesem Glücke mußte jede Unannehmlichkeit de» Leben« in den Hintergrund treten. Wohl war e« Felix nicht lieb, daß Schultze ihn wirklich um de« streitigen Stück Wälde willen verklagt hatte und er manchen Termin in Königsberg wahrnehmen mußte, aber wenn er nach Hause kam, dann wich auch jeder Mißmuth au« seiner Seele; er hatte sein geliebte» Weib und sein Kind, da» sich täglich mehr entwickelte und täglich mehr in da» Her; de» Vater» schmeichelte. E» schien al» sollte die kleine Helene ein Segen für da» ganze Hau« werden. Wer hätte auch Frau Reginc, wenn sic ihr gewöhn liche» strenge» Regiment führte oder gar bei schlechter Laune die Küchenmädchen zu Thränen rührte und die Thüren zu warf, daß die Fenster klirrten, c« angesehen, daß sie so zärt lich sprechen könnte, wie sie e» zu diesem kleinen Gcschöpfchen gethan. Felix und Dora mußten ost lächeln, wenn sie un erwartet in die Kinderstube tretend, die große Gestalt mit glückseligem Gesicht an dem Bette Helenen« knieend fanden — sic mußten lächeln, aber sie wußten auch da« Stück Poesie, da» sich hinter diesem rohen Aeußern barg und in der Liebe zu Blumen und Kindern offenbarte, wohl zu schätzen. Frau Regln« trug e« al« einen stillen Schmerz mit sich herum, daß ihr in ihrer kurzen Ehe kein Kind geschenkt war, und jetzt schien e«, al« wolle sie auf da« Töchterchen ihrer Herr schaft all' ihre Zärtlichkeit übertragen. Sie trieb nahezu Ab götterei mit ihm; da« wußte am Besten der Inspektor, der auch darin ihr Vertrauter sein durfte und bei dem sie ein um so willigere« Gehör fand, al« er Meißner« mit Leib und Seele ergeben war. Jeden Abend, wenn er heimkam, unter richtete sic ihn von den Fortschritten ihre« kleinen Liebling« und bedauerte ihn, daß er da« Sind nicht vor dem Frühjahr, wenn e» in» Freie käme, sehen würde. E« that ihr um deffentwillen so leid, daß sie einen großen Entschluß faßte und eine« Tage« gehcimnißvoll zu ihm sagte: „Schmidtchen, morgen fährt unsere Herrschaft au«. Wollen Sie in der Zwischenzeit unser Fräulein sehen?" Der Inspektor war von der Zumuthung, unbefugt in da« Kinderzimmcr cinzutreten, etwa« betroffen, aber e« lockte ihn mächtig, da» Ideal Frau Reginen« kennen zu lernen, und ihr Zureden gab den Ausschlag. So wurde denn am nächsten Tage der Plan au«geführt, indem sie die Wärterin sortschickte und dem Inspektor da« Kind bi« zur Thür entgegentrug. E« wäre schwer zu sagen, ob Schmidt, trotzdem da« kleine Wesen in seinem zierlichen, weißen Kleidchen niedlich und rosig genug aussah, nicht doch etwa» enttäuscht war, aber jedenfalls war er klug genug, da« nicht zu äußern, und al» er schüchtern und bewundernd die kleinen Händchen küßte, da hatte er einen großen Fortschritt in Frau Rcgine» Gunst gemacht. E» war im Hochsommer de« folgenden Jahre«, al» Felix seiner Frau mitthcilte, daß er von Herrn v. Mohrthal zum nächsten Tage zur Jagd eingeladen sei. „Ich möchte ihm keinen abschlägigen Bescheid geben," fügte er hinzu, „aber Du, Dora, könntest unterdessen nach Königsberg fahren, unsere Besorgungen haben dort wirklich schon Eile." „Ja," erwiderte sie, „da« wäre wohl gut, aber Du täflest mich nach der Stadt doch nur mit unserem alten Leh mann fahren und magst selbst nicht gern einen anderen Kut scher annehmen." Felix stutzte, sagte jedoch sofort: „Wenn e« weiter kein Hinderniß giebt, so kannst Du ruhig sein, denn mir macht e« Vergnügen, die halbe Meile nach Glauken zu gehen, und dort steige ich zu einem der anderen Herren auf den Jagd wagen. Also e« bleibt dabei, Dora." Sic redete ihm nicht ab — hatte ihr Vater doch ost gesagt, daß viel Bewegung im Freien da« beste Heilmittel für Felix sei, — sondern erklärte sich bereit, in Königsberg Alle« gut zu besorgen. „Fahre nur recht früh," mahnte er noch, „damit ich Dich bei meiner Rückkehr schon zu Hause finde. Ich komme nicht spät heim, die der Jagd folgenden Gelage sind mir zu wider, da drücke ich mich, sobald ich kann." „Ich werde bald nach Deinem Fortgehen aussahrcn und in der Zeit, welche die Pferde zu ihrer Ruhe bedürfen, kann ich ganz gut meine Besorgungen erledigen. ES ist mir gar nicht recht, Helene für den größten Theil de« Tage« zu verlassen." Al» sie am Abend beisammen saßen, kam die Rede aus Herrn v. Scheppwitz. Dora fragte ihren Mann, ob er nicht wisse, warum derselbe in letzterer Zeit weit seltener käme und so zerstreut und aufgeregt sei. Felix war ernst geworden. „Also da« ist Dir auch schon aufgefallen? Ich fürchte, e« hat seinen guten Grund; ich Hörle neulich erzählen, daß er seit Kurzem viel in Königsberg sei und dort vorzugsweise mit einigen ziemlich unsoliden Offi zieren verkehre." „Könntest Du ihn nicht warnen und ihm zureden, un wieder zu besuchen?" „Ich habe eigentlich keine Veranlassung dazu, da wir Scheppwitz stet« gezeigt haben, wie willkommen er un« ist, will e« aber doch thun, wenn ich ihn morgen in Glauken treffe." „Ich kann eigentlich nicht behaupten, daß mir seine Na tur besonder« zusagt; er ist launisch, eitel und blasirt, aber oft bricht so viel Gemüth durch sein gleichgültige« Wesen, daß ich ihm nicht ernstlich böse sein kann. E» wäre ein rechter Segen für ihn, wenn er eine brave Frau fände." „Hast Du schon eine für ihn ausgesucht?" fragte Felix neckend. „Nein, lache nicht," bat Dora. Ich habe oft gedacht, er intcressire sich für Annchen. Wenn ich bedenke, wie ge ringschätzig er früher von ihr sprach und wie zuvorkommend er sic jetzt behandelt —" „Ich hoffe. Du irrst Dich," fiel ihr Felix in« Wort, „denn so sehr ich auch Scheppwitz alle« Gute wünsche — Deine Freundin ist für ihn zu schade. Er würde nie ihre tüchtige Natur zu schätzen verstehen und hat auch zu lange ungebunden gelebt, um nicht immer die Ehe al» Fessel zu betrachten." „Au« Anna werde ich erst recht nicht klug," meinte Dora bekümmert. „Während ich früher glaubte, e« walte eine Neigung zwischen ihr und Radowrky, will e« mir jetzt oft scheinen, al« sei sic gegen Scheppwitz' Aufmerksamkeiten gar nicht unempfindlich." „So sei froh, daß wir nicht Vorsehung zu spielen haben," tröstete Felix. Am folgenden Tage war herrliche« Weller. Beide Gatten freuten sich dessen, al« sie am frühen Morgen in da« Freie traten — Felix um seine Wanderung zu beginnen, und Dora, um dem Kutscher Befehl zu baldigem Anspannen zu geben. Dann kehrte sie in da« Hau« zurück, wo Lcnchcn, schon er wacht, ihr jauchzend die Aermchen entgegenstreckte. So schwer e« ihr wurde, sich von dem Kinde loSzuretßen, fuhr sie doch um ihre« Manne« Wunsch zu erfüllen, eine halbe Stunde später ab. Die Besorgungen in Königsberg wurden schnell erledigt; sic kam noch früher zurück, al« sie e« für möglich gehalten hatte. Felix war noch nicht zu Hause und so spielte sie mit ihrem Töchterchen, seine Rückkehr erwartend. Al« aber Stunde um Stunde verging, ohne daß er kam, wurde sie erst unge duldig, dann auch ein wenig unruhig, und zuletzt machte sie sich aus den Weg, um ihm entgegenzugehen. Sie traf ihn erst, nachdem sie eine ganze Strecke in den Wald hineinge wandert war. Sofort bemerkte sie, daß ihm etwa« Unan genehme« begegnet sein müsse und fragte ihn besorgt danach. ,E« war ein böser Tag," sagte er. „Du hast mich gewiß schon lange erwartet, aber ich mußte erst ein wenig Herum laufen, um mich zu beruhigen. Schultze war dort, und heute, ohne seine heuchlerische Marke, zeigte er sich so borhast und widerwärtig, daß e» unerquickliche Austritte gab."
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